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Das Faustrecht bringt keinen Frieden

Friedensgutachten 2004 vorgelegt. Die Stellungnahme der Herausgeber im Wortlaut

Am 15. Juni 2004 haben die fünf führenden deutschen Friedensforschungsinstitute in Berlin das Friedensgutachten 2004 vorgelegt. Darin warnen sie u.a. davor, sich in der europäischen Sicherheitspolitik zu sehr auf militärische Mittel zu verlassen. Die EU solle sich stattdessen auf ihre Stärken wie zivile Krisenprävention und Diplomatie konzentrieren. Kritik wird auch an den USA und den anderen Staaten der Kriegsallianz gegen den Irak geübt, die mit dem völkerrechtswidrigen Krieg denm UN-System schweren Schaden zugefügt hätten.
Wir dokumentieren im Folgenden die einleitende Stellungnahme der Herausgeber im Wortlaut.



Zur gegenwärtigen Situation: Aktuelle Entwicklungen und Empfehlungen

Der militärisch relativ leicht erzielte Sieg im Irak droht in eine schwere politisch-moralische Niederlage des Westens umzuschlagen. Kriegführung undmilitärisches Handeln demokratischer Staaten stehen heute, ein Jahr nach dem schnell erklärten Ende des Krieges, noch mehr auf dem Prüfstand, als dies in den weltweiten Protesten gegen die Kriegskoalition im Frühjahr 2003 bereits sichtbar geworden war. Geblendet von der Hybris einer präzedenzlosen militärischen Überlegenheit hatte die Bush-Regierung alle Warnungen vor den unabsehbaren Folgen eines völkerrechtswidrigen Krieges in den Wind geschlagen. Jetzt herrscht zwischen Euphrat und Tigris das Chaos.

Der Westen und seine Vormacht haben einmal mehr die ihm in der islamischen Welt entgegengebrachten Ressentiments bestärkt und damit eine Besorgnis erregende Eigendynamik von Krieg, Besatzung, Widerstand und Vergeltung heraufbeschworen. Die gesamte Region ist heute noch weniger stabil als vor dem Irak-Krieg, auch wegen der prekären Lage in Palästina. Freiheit und Demokratie für Greater Middle East - solche Ankündigungen klingen gegenwärtig hohl, kooperationsbereite Partner in der arabischen Welt sind brüskiert. Wenn man nicht weiß, wie man die Voraussetzungen für Frieden schaffen kann, soll man keine Kriege führen. Mehr noch: Der Bruch der Genfer Konventionen durch US-amerikanisches Militärpersonal entzieht dem Ansinnen vollends die Berechtigung, Demokratie mit militärischen Mitteln ins Werk setzen zu wollen.

Der Krieg und die Besatzung im Irak haben die internationalen Beziehungen in Mitleidenschaft gezogen, ihre Grundregeln und menschenrechtlichen Errungenschaften werden durch die Strategien der Gewalt und der Entrechtlichung entwertet. Die menschenverachtenden Praktiken der Besatzungstruppen provozieren und bewirken bereits eine schreckliche Beschleunigung der Spirale der Gewalt, eine Aufrüstung von Köpfen und Herzen. Wie ein böser Fluch des völkerrechtswidrigen Krieges muten die jetzt aufgedeckten Folterpraktiken an, wer immer sie angeordnet hat. Wenn die Arroganz der Macht die Demokratie als solche zu diskreditieren droht, sind unsere ureigensten Interessen betroffen.

Seit den Anschlägen in Madrid am 11. März 2004 lässt sich nicht mehr verdrängen, dass auch die Europäer im Fadenkreuz islamistischer Terroristen stehen. Diese sehen sich durch die Irak-Politik der Bush-Regierung in ihrem Kampf gegen den Westen eher bestärkt, als dass ihnen der Rückhalt hätte entzogen werden können. Der "Krieg gegen den Terrorismus" und gegen die "Achse des Bösen" hat die Welt nicht friedlicher, sondern unsicherer gemacht. Der Irak ist Nährboden des transnationalen Terrorismus geworden.

Noch deutlicher als vor einem Jahr werden durch die drei meistbeschworenen Bedrohungen die friedenspolitischen Perspektiven verstellt. Transnationaler Terrorismus, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und der Zerfall von Staatlichkeit rückten ins Visier der internationalen Sicherheitsstrategen, weil man meinte, ihnen vor allem militärisch begegnen zu können. Sie sind jedoch nur ein Teil der heutigen globalen Bedrohungen. Will man wirkungsvolle Friedensstrategien entwickeln, muss der Blick geöffnetwerden für alle Gefährdungen, die das Leben und Wohlergehen der Menschen bedrohen: Hunger und Armut, wirtschaftliche Ungleicheit und politische Ungerechtigkeit, konfliktverschärfende Gewaltökonomien, gewaltsame Vertreibungen, Epidemien, Ressourcenknappheit sowie die vielfältigen ökologischenGefährdungen. Ihnen kann die Staatengemeinschaft weder mit Krieg und Aufrüstung, noch mit neuen Sicherheitsstrategien zu Leibe rücken. Nötig sind vielmehr gemeinsame Anstrengungen für eine gerechtere und spannungsfreiere Welt, die Zurückweisung von Gewalt als Mittel der Politik und die Umsetzung nachhaltiger Friedensprozesse und -strategien. Darauf konzentrieren wir uns im diesjährigen Friedensgutachten.

1. Europas politischer Wille zum Frieden

Die Erfahrungen zweier Weltkriege haben in Europa den Krieg als Mittel der Politik diskreditiert. Dies begünstigte zusammen mit der äußeren Bedrohung im Ost-West-Konflikt und dem Machtverlust der Nationalstaaten im Globalisierungsprozess die europäische Einigung. Sie zielte darauf, durch ökonomische und politische Integration nationale Feindschaften und Rivalitäten zu überwinden und die wirtschaftliche Entwicklung zu befördern. Die europäische Integration gilt mit Recht als erfolgreiches Friedensprojekt. Diese Erfolgsgeschichte prägt die europäischen Einstellungen zur militärischen Gewalt.

Am Vorabend des Irak-Kriegs waren die europäischen Staaten zerrissen zwischen der Ablehnung des Interventionskriegs und ihrer Loyalität zur transatlantischen Vormacht. Auch unterschiedliche Bedrohungsvorstellungen ließen die Ansätze einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) zurücktreten hinter die Betonung nationaler Außenpolitiken. Die Bundesrepublik Deutschland bezog zum ersten Mal in ihrer Geschichte an der Seite Frankreichs Stellung gegen Washington. London, Rom, Madrid und andere protestierten dagegen und ordneten die Bedenken gegen den Bruch des Völkerrechts der transatlantischen Solidarität unter.

Dagegen waren sich die europäischen Gesellschaften und öffentlichen Meinungen weitgehend einig in der Kritik am imperialen Gestus der Neokonservativen in Washington und ihrer Strategie von Präventivkrieg und gewaltsamem Regimewechsel. Ob die Friedensdemonstrationen am 15. Februar 2003 "rückwirkend als Signal für die Geburt einer europäischen Öffentlichkeit in die Geschichtsbücher eingehen" werden, wie Jürgen Habermas mutmaßte, wird sich weisen. Doch offenkundig widersetzen sich die Europäer der Rückkehr des Krieges als gewöhnlichem Mittel von Machtpolitik.

Der Transatlantismus ist nicht obsolet

Vor die Alternative gestellt, in Brüssel den Zusammenhalt zu vertiefen oder mit Washington verbunden zu sein, werden viele, insbesondere der neuen EU-Staaten, die zweite Option vorziehen. Deshalb wird jeder Versuch, sich gegen die USA zu verbünden, Europa nicht einen, sondern spalten. Allerdings gilt umgekehrt dasselbe: Auch die unkritische Anbiederung an Washington ist kein Königsweg zur außenpolitischen Einheit Europas. Es fehlt nicht an brisanten Konfliktherden auf der Welt, für deren Bearbeitung die Ordnungsmacht USA auch künftig unabdingbar ist. Wir plädieren dafür, internationale Ordnungsbemühungen an den Kriterien der Friedensförderung zu messen.

Das gemeinsame Gesellschaftsmodell eint Amerika und Europa. Aber an der Frage, ob das Verfassungsmodell allein durch eigenes Vorbild, diplomatisches Werben und wirtschaftliche Anreize befördert werden soll, können sich die Geister scheiden. Ob der gemeinsameWertekanon gar mit Krieg und Waffengewalt über den Erdball verbreitet werden darf, trennt die Neokonservativen in Washington von den meisten Europäern, aber auch von der bisherigen Tradition amerikanischer Außenpolitik.

Vor diesem Hintergrund halten wir die Vorstellung, das größere Europa könnte - und sollte - den hegemonialen Unilateralismus der USA ausbalancieren, für Phantasterei. Gerade weil die Europäische Union sich nicht zu einer militärisch auftrumpfendenWeltmacht fortentwickeln wird, muss sie ihre spezifischen Fähigkeiten und Stärken zum Tragen bringen - neben, nicht gegen Amerika. Beiderseits des Atlantiks sind Lektionen zu lernen. Die Amerikaner sind dabei zu begreifen, dass sich militärische Überlegenheit nicht von selbst in politische Gestaltungsfähigkeit übersetzt. Die Europäer beginnen ihre weltpolitische Verantwortung zu erkennen - auch gegenüber Folgen amerikanischen Handelns.

Die EU-Erweiterung: ein historischer Meilenstein

Am 1. Mai 2004 hat die Europäische Union zehn neue Mitglieder aufgenommen und dieses Ereignis gebührend gefeiert. Es stellt einen Meilenstein dar auf dem Weg zu einem Europa, das mit seiner kriegerischen Geschichte gebrochen hat. Zwar zeigten sich auf dem Balkan die Grenzen des friedlichen Transformations- und Integrationsprozesses; doch blieben diesmal nationalistische Kriege die Ausnahme. Selten zuvor ist ein schwieriger historischer Neuordnungsprozess so umsichtig und erfolgreich betrieben worden.

Die EU erreichte dies im Wesentlichen mit ihrer Zivilmachtstrategie und soft power: Diplomatie, ökonomischen Anreizen, Assoziations- und Beitrittsperspektiven, nachbarschaftlicher Kooperation und Rüstungskontrolle. Die dominante Ordnungsvorstellung der Europäer bleibt die fortschreitende Verrechtlichung der internationalen Politik. Auch auf zwischenstaatlicher Ebene soll nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts herrschen. Dieses Ziel bleibt richtig, auch in Zeiten, in denen Mächtige das Recht mit Füßen treten. Umso mehr ist dadurch die Europäische Union als große Wirtschaftsmacht gefordert, ihren Einfluss auf die internationale Ordnung geltend zu machen.

Die Grenzen europäischer Friedenspolitik

Auch wenn es dem Wunschdenken vieler Europäer entgegenkäme, kann sich die Welthandelsmacht EU nicht aus ihrer globalen Verantwortung verabschieden und ihre internationale Politik auf die unmittelbaren Nachbarn beschränken. Zugleich aber lässt sich ihr bisheriges Erfolgsrezept, ihre Attraktivität in Stabilitätsexport umzumünzen, nicht einfach fortschreiben. Gewiss, der Stabilitätspakt für Südosteuropa versprach 1999 allen Balkanstaaten ausdrücklich eine Beitrittsperspektive. Und beim Nato-Mitglied Türkei wirkt das seit Jahrzehnten verheißene Beitrittsziel als Anreiz für Modernisierung und demokratische Reformen. Ankara ist im Begriff, die Auflagen der EU für den Beginn von Beitrittsverhandlungen zu erfüllen. Es scheint, als wolle die türkische Regierung unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die weitverbreitete Meinung widerlegen, der Islam sei mit Demokratie unverträglich. Das verdient jede Unterstützung. Der Beitrag der Europäer zur Verbesserung der Beziehungenmit der islamischenWelt und damit zur internationalen Entspannung wird auch daran gemessen werden, wie sie sich gegenüber der Türkei verhalten.

Die Erweiterung der EU ist - zumindest in den bisherigen Mitgliedstaaten - vor allem von den politischen Eliten vorangetrieben worden, ohne breite Partizipation der Bürgerinnen und Bürger. Das hat nicht dazu beigetragen, Ängste vor ungewissen sozialen Folgen abzubauen. Und es hat den notwendigen Wandel im Bewusstsein der Europäer nicht befördert, dass sie die Welt künftig mehr als bisher mitgestalten müssen. Dies betrifft in besonderem Maße ihre - neuen - unmittelbaren Nachbarregionen, für die eine Beitrittsperspektive unrealistisch erscheint. Gegenüber der Ukraine,Weißrussland und Russland ebenso wie gegenüber den Mittelmeeranrainern und Staaten im Mittleren Osten wird die EU Reformen, Demokratisierung und Kooperationsbereitschaft auf andere Weise fördern müssen: Durch neue Assoziations-, Nachbarschafts- und Partnerschaftskonzepte. Dabei kann sie an Erfahrungen mit der KSZE/OSZE und dem Barcelona-Prozess anknüpfen.

Doch wird die erweiterte Europäische Union weiterhin damit zu kämpfen haben, dass die alten Mitglieder außerstande waren, vor der Erweiterung die Institutionen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) zu reformieren. Das wird es der EU künftig nicht leichter machen, einen einheitlichen politischen Willen herauszubilden. Geprägt von Geschichte, Geographie und handfesten Interessen streben die außen- und sicherheitspolitischen Tendenzen in der EU der 25 auseinander. Für Spanien sind Marokko und sogar Lateinamerika näher als Polen und die Ostsee, Deutschland grenzt an neue Mitglieder und muss auf Kooperation mit Russland bedacht sein. Diese zentrifugalen Kräfte zu einem politischen Willen und zur Handlungsfähigkeit zu bündeln, wird noch schwieriger als bisher. Das bereitet vergleichsweise weniger Probleme im Bereich der gemeinsamen Außenwirtschaftspolitik. Doch machen sich Interessenunterschiede und -gegensätze umso schärfer geltend, je mehr der enge sicherheitspolitische Kern von Außenpolitik berührt ist. Das muss nicht nur von Nachteil sein. Gerade diese Zentrifugalkräfte wirken Bestrebungen entgegen, die EU zu einer Militärmacht weiterzuentwickeln.

Sicherheitsstrategie - absichtsvoll unbestimmt

Mit der erstmaligen Verabschiedung eines Sicherheitskonzepts im Dezember 2003 (Solana-Papier) und den Formulierungen zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) im Verfassungsentwurf hat sich die EU auf das umstrittene Terrain der außen- und sicherheitspolitischen Strategiebildung begeben. Bei dem Versuch, sich neben den USA als strategischer globaler Akteur zu platzieren und gleichzeitig nationale Kirchturmpolitik durch eine gemeinsame EU-Politik zu überwinden, mussten jedoch allzuviele Kompromisse gemachtwerden.Herausgekommen ist eine Bedrohungsanalyse, die mit ihrer Akzentuierung von Terrorismus, Massenvernichtungswaffen,Staatszerfall und Kriminalität zu eng ist, um den komplexen Herausforderungen der Globalisierung und den verschiedenen Sicherheitsbedrohungen, wie sie etwa der Millenniumsreport der Vereinten Nationen beschreibt, gerecht zu werden. So wird Sicherheit von der EU in einem eng militärischen Sinne als Voraussetzung für Entwicklung definiert, während die umgekehrte Blickrichtung, die soziale, ökonomische und rechtliche Entwicklungsfaktoren zum Ausgangspunkt für Sicherheit macht, unterbelichtet bleibt. Die Logik dieser Analyse verwischt zudem die klare Trennung zwischen zivilen und militärischen Instrumenten in der Krisenprävention. Vielmehr findet de facto eine Prioritätensetzung zugunsten militärischer Ressourcen und Kapazitäten statt. Eine eindeutige Aussage, militärische Interventionen als ultima ratio zu betrachten, sucht man vergebens. Ebenso missfällt uns die unbestimmt gehaltene Rede von "raschem und wenn nötig robustem Eingreifen". Wann ist solches Eingreifen nötig und unter welcher demokratischen Kontrolle findet es statt?

Die falsch justierte Bundeswehr

Den Zwiespalt zwischen strategischer Vernunft und militärischem Ehrgeiz demonstriert augenfällig auch die deutsche Sicherheitspolitik: Hier das entschiedene Nein zum Irak-Abenteuer der Bündnisvormacht, dort die beflissene Anpassung der Verteidigungspolitischen Richtlinien an die konzeptionellen Vorgaben der Allianz. Zu weltweiter Kriegführung fähige deutsche Streitkräfte, wie sie die Struktur- und Ausstattungsplanung des Verteidigungsministeriums vorsieht, sprengen nicht nur den Verfassungsauftrag der Bundeswehr, sondern beruhen auch auf keiner sicherheitspolitisch überzeugenden Bedarfsanalyse.

Jedoch bestimmt der Umbau zur Interventionsarmee längst den Alltag der Bundeswehr. Sie übt bei Invasionsmanövern nicht die Verteidigung des eigenen, sondern die Einnahme feindlichen Territoriums. Sie investiert Millionen in die Anpassung des ursprünglich als Jagdflugzeug entwickelten Eurofighter an seine zusätzlichen Aufgaben als Jagdbomber. Sie besteht auf dem umstrittenen Truppenübungsplatz Kyritzer Heide, der als einziger in Deutschland die Simulation von Angriffsoperationen mit Luft-Boden-Raketen ermöglicht. Nach innen setzt sie das neue Leitbild der "Armee im Einsatz" um. Ziviles Traditionsgut, das die Bundeswehr substanziell von ihren Vorläuferinnen abhebt, droht dabei auf der Strecke zu bleiben. Schon fordert der Inspekteur des Heeres, General Hans-Otto Budde, statt des Staatsbürgers in Uniform den "archaischen Kämpfer". Diese Tendenzen laufen dem grundgesetzlichen Auftrag der Bundeswehr zuwider. Stattdessen sollte von deutscher Seite verstärkt daran gearbeitet werden, die Reform von Streitkräftekontingenten der EU in den Kontext des Aufbaus einer mobilen und rasch einsetzbaren Friedenstruppe zu stellen, die vom UN-Generalsekretär angefordert werden kann.

Abrüstung nur für andere?

Eine Schieflage zugunsten militärischer Optionen kennzeichnet auch den Verfassungsentwurf der Europäischen Union, etwa durch die Verankerung einer Rüstungsagentur in diesem Text. Eine solche Institution, mit der die Interessen europäischer Waffenlabors und -produzenten harmonisiert werden sollen, hat in einer Verfassung nichts zu suchen. Dagegen wurde ein von vielen Nichtregierungsorganisationen und der Friedensforschung gefordertes "Amt für zivile Konfliktbearbeitung" nicht aufgenommen. Das verrät viel über die Stärken gesellschaftlicher Kräfte und ihre Lobbyarbeit.

Noch bedenklicher und vor dem Hintergrund der KSZE-Erfahrungen völlig unverständlich erscheint uns, dass internationale Abrüstung nicht zum neuen sicherheitspolitischen Zielkatalog der EU-Strategie gehört. Mit Blick auf die Nichtweiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen soll zwar nach dem Willen der EU die Abrüstung der anderen forciert werden. Die eigenen Potenziale aber bleiben davon ausgenommen. Wir halten dagegen trotz der Blockadepolitik der USA neue Initiativen zur multinationalen Rüstungskontrolle für möglich und dringend geboten, zum Beispiel im Rahmen der NPT-Überprüfungskonferenz 2005. Auch die Staaten der EU geben nach wie vor zu viel und nicht zu wenig für Rüstung aus. Für die Beschaffung von Waffen beläuft sich das jährliche Budget in den Verteidigungshaushalten der EU-Mitgliedsländer zusammen genommen auf ungefähr 20 Milliarden Euro. Diese Beschaffungen sind nur zum Teil aufeinander abgestimmt und nach wie vor werden moderne Waffensysteme und sonstiges Gerät mehrfach entwickelt und produziert. Fast alle Länder verfügen über die drei Hauptteilstreitkräfte (Luftwaffe, Heer und Marine), statt durch eine Arbeitsteilung öffentliche Mittel effizienter zu verwenden. Von den Weltmilitärausgaben werden mehr als zwei Fünftel in den USA und ein weiteres Viertel in den EU-Ländern ausgegeben. Alle übrigen Länder der Welt teilen die restlichen 35 Prozent unter sich auf. Angesichts dieser Konzentration der Mittel auf wenige westliche Länder sollte sich die EU in den Vereinten Nationen für eine Umkehr des Trends steigender Militärausgaben einsetzen, um Mittel für langfristig orientierte Krisenprävention und Konfliktnachsorge verfügbar zu machen. Der Verhaltenskodex für den Export von Rüstungsgütern aus EU-Mitgliedsstaaten ist rechtsverbindlich umzusetzen.

Zivile GASP vor ESVP

Mit dem jetzt eingeschlagenen Weg einer Vorrangstellung von Sicherheits-, Verteidigungs- und Rüstungspolitik entfernt sich die Europäische Union mehr und mehr vom Modell einer Zivilmacht.Wir empfehlen den Verantwortlichen, statt sich bei den Details der ESVP im Gestrüpp von Industriekonkurrenz und nationalen Eigeninteressen zu verheddern,mehr auf die Fortentwicklung der GASP und die Imperative der Entwicklungspolitik zu achten. Die EU-Außenpolitik sollte sich auf ihre Stärken konzentrieren: wirtschaftliche Integration, Diplomatie, zivile Krisenprävention und Konfliktbearbeitung. Hierfür sollten die konzeptionellen und materiellen Ressourcen neu gebündelt werden, um die Fähigkeiten der EU zu verbessern, zum Abbau struktureller wie aktuell auftretender Krisenund Gewaltursachen in einem multilateral abgestimmten Handeln beizutragen. Dass dies in Übereinstimmung mit völkerrechtlichen Normen erfolgen muss, ist nach den Irak-Erfahrungen wichtiger denn je.

2. Frieden braucht Recht und internationale Kooperation

Eine Grundvoraussetzung für friedliches Zusammenleben ist Rechtssicherheit. Wo sie fehlt, greifen Individuen, Gruppen oder Staaten willkürlich zu Selbstschutz und Selbstjustiz. Dies führt unweigerlich in eine Spirale wechselseitiger Vergeltung. Solche Gewalteskalationen wiederum sind eine zentrale Ursache für den Zerfall staatlicher Strukturen (failing states). Auch in den internationalen Beziehungen zeigen sich vermehrt ähnliche Verhaltensmuster, etwa in der fast mechanisierten Abfolge palästinensischer Selbstmordattentate und israelischer Militärschläge, die zwischen Terrorverdächtigen und Zufallsopfern nicht unterscheiden. Die Enthauptung eines Amerikaners vor laufender Kamera wurde von den Tätern mit den Folterungen irakischer Gefangener durch amerikanische Soldaten gerechtfertigt, die massive amerikanische Bombardierung der Stadt Falludscha mit der öffentlichen Schändung von Leichen.

Das Völkerrecht ist durch den Irak-Krieg grob missachtet, aber in seiner Geltung nicht grundsätzlich beschädigt worden, darüber sind sich die Experten einig. Die USA und Großbritannien haben selbst versucht, den Krieg als Maßnahme innerhalb des Völkerrechts darzustellen. Die weltweite Kritik an ihrem Vorgehen demonstriert, dass kein neues Gewohnheitsrecht entsteht. Das Erschrecken über die Folgen erfasst die Bevölkerungen auch in den Staaten der Kriegskoalition und zeigt Spuren im Handeln ihrer Regierungen. Das muss als Chance begriffen werden, die Autorität des UN-Systems wiederherzustellen. Die Klagen über die Handlungsschwäche des UN-Sicherheitsrats sind begründet, aber die Ursachen dieser Handlungsschwäche dürfen nicht vergessen werden. Sie liegen bei den Staaten und zum erheblichen Teil in der mangelnden Bereitschaft der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats, den friedenspolitischen Auftrag dieses Organs und seine Zuständigkeiten anzuerkennen.

Deshalb begrüßen wir die Initiative des Europarats vom 28. April 2004. Sie zielt darauf, dass der UN-Sicherheitsrat alle Mitglieder der Vereinten Nationen besser repräsentiert. Seine Handlungsfähigkeit ließe sich durch eine Änderung des Vetorechts stärken, indem es nicht mehr von einem einzelnen ständigen Mitglied ausgeübt werden kann, sondern nur von zwei Mitgliedern, die gemeinsam votieren. Ferner sollte das Vetorecht auf Entscheidungen zu Verletzungen des Weltfriedens und zur internationalen Sicherheit beschränkt werden.

Menschenrechte zwischen Universalismus und Partikularität

Das Konzept der kodifizierten Menschenrechte räumt entsprechend einer abendländischen Vorstellung dem Individuum Vorrang vor der Gemeinschaft ein. Andere Kulturen, namentlich einige asiatische, betonen eine Vorrangstellung der Gemeinschaft vor dem Einzelnen. Auch die meisten Traditionen im Islam stellen die umma über das Individuum. Doch selbst Kritiker einer universellen Gültigkeit der Menschenrechte stellen sie nicht generell in Frage, sondern schlagen Modifikationen vor. Eine Möglichkeit, kulturellen Differenzen Rechnung zu tragen, besteht darin, subjektive Unrechtserfahrungen zum Ausgangspunkt für die Festlegung unabdingbarer persönlicher Schutzrechte zu machen. Aus allen Kulturen melden sich zum Beispiel Frauen zu Wort, die Verletzungen ihres Selbstbestimmungsrechts als Unrecht brandmarken. Misshandlung und Folterung von Gefangenen verletzen das Rechtsempfinden ungeachtet kulturspezifischer Rechtstraditionen; Völkermord und massenhafte Vertreibung treffen überall auf entschiedenen Widerspruch.

Offenkundig existiert ein unstrittiger und nicht verhandelbarer Kern von Menschenrechten, auch beim humanitären Völkerrecht. Wo es abweichende Interpretationen gibt, ist zuallererst Verfahrenssicherheit und Verfahrensgerechtigkeit erforderlich. Die Einsetzung des Internationalen Strafgerichtshofs trägt dieser Einsicht Rechnung. Kriegsverbrechen, wo und von wem immer sie begangen werden, müssen vor diesem Tribunal angeklagt werden können. Staaten, die das nicht akzeptieren wollen, gefährden die internationale Rechtssicherheit und damit den Frieden. Die USA müssen nach den Vorgängen im Irak erst Recht unter Druck gesetzt werden, ihre Ablehnung des Internationalen Strafgerichtshofs aufzugeben. Zudem sollten die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sich dem Verlangen der USA verweigern, amerikanische Staatsbürger von internationaler Strafverfolgung freizustellen.

Glaubwürdige Terrorbekämpfung muss durch ihr Vorgehen und die Wahl ihrer Mittel deutlich machen, was sie verteidigt. Missachtet sie Menschenrechte, Völkerrecht und humanitäre Grundregeln, wird damit nicht nur ihr Erfolg in Frage gestellt. Zugleich beschädigen die so handelnden Staaten die zu schützende Ordnung und disqualifizieren sich als Mitglieder der internationalen Rechtsgemeinschaft. Die Verbesserung der Sicherheit darf nicht auf Kosten verbürgter Grundfreiheiten und Rechte erfolgen.

Internationale Kooperation statt Allianzbildung

Europa muss ein vitales Interesse daran haben, jeden Rückfall der internationalen Ordnung in alte Machtpolitik und Allianzbildung zu verhindern. Dazu gehört auch, dass Russland und China so fest wie möglich in die kooperativen Institutionen der internationalen Ordnung eingebunden sind. Dabei geht es nicht um Gegenmacht oder eine gegen die USA gerichtete "Achse", sondern um die Stärkung des multilateralen Institutionalismus, wie ihn die EU verfolgt.

Russland bleibt trotz seiner ökonomischen und politischen Schwächen nach wie vor die zweitgrößte Nuklearmacht und für die Sicherheit Europas von herausragender Bedeutung. Trotz aller Schattenseiten der "gelenkten Demokratie" ist Moskaus Außen- und Sicherheitspolitik unterWladimir Putin für den Westen eine verlässliche Größe. Am 29. März 2004 traten Bulgarien, Rumänien, Slowenien, Estland, Lettland, Litauen und die Slowakei der Nato bei - außer Slowenien gehörten alle vor der Zäsur von 1990/91 zum Lager des Warschauer Pakts. Es ist bemerkenswert, wie gelassen Russland inzwischen den machtpolitischen Verschiebungen begegnet, mit denen die Liquidierung des sowjetischen Erbes einhergehen, und wie sehr es auch gegenüber den Staaten der GUS auf imperiale Drohungen verzichtet. Deshalb tun die Westeuropäer gut daran, ihre Beziehungen mit Russland nicht ihrerseits abrupten Schwankungen auszusetzen, wie dies primär aus Wahlkampfgründen augenblicklich die US-Regierung tut. Die EU sollte die Kooperation mit Russland weiter intensivieren und dabei den Fortgang der ökonomischen Transformation und der Demokratisierung unterstützen. Das schließt ein, auf die Einhaltung der Menschenrechte - auch in Tschetschenien - zu pochen.

China betrachtet den Ausbau seiner Beziehungen zur EU als wichtigen Bestandteil seiner Außenpolitik und hat dies im Oktober 2003 zum ersten Mal mit einem offiziellen EU Policy Paper dokumentiert. Die sino-europäischen Beziehungen werden darin als frei von Konflikten und wechselseitigen Bedrohungen beschrieben. Ziel sei es, die Zusammenarbeit auf allen Politikfeldern systematisch auszubauen, wobei chinesische Grundsatzpositionen - etwa zu Taiwan und Tibet - nicht zur Disposition stehen sollen. Ausdrücklich wird die EU aufgefordert, das nach der Niederschlagung der Protestbewegung 1989 verhängte Waffenembargo aufzuheben. Entsprechende Neigungen gibt es in der EU, vor allem in Frankreich und Deutschland. Die USA widersetzen sich jedoch entschieden jeder Lockerung. Vor den Wahlen in Taiwan verschob die EU ihre endgültige Entscheidung, im Dezember 2004 soll darüber auf dem EUChina- Gipfel erneut beraten werden. Aus unserer Sicht ist die jüngste chinesische EU-Initiative zu begrüßen, da sie nicht zuletzt den Ausbau des Rechtsstaats- und Menschenrechtsdialogs ermöglicht und der EU ganz allgemein mehr Aufmerksamkeit in der chinesischen Außen- und Sicherheitspolitik einräumen könnte. Europa sollte diese Chance nutzen und China auch in einen Sicherheitsdialog einbinden, in dem der Export von Kriegswaffen jedoch nichts zu suchen hat. Dieser Dialog dürfte keine kritische Frage aussparen - weder die Menschenrechte, noch die Taiwanfrage oder den Territorialkonflikt im südchinesischen Meer.

3. Greater Middle East? Friedensstrategien als Quadratur des Kreises

Vieles deutet darauf hin, dass der Nahe und Mittlere Osten im nächsten Jahrzehnt noch stärker ins Zentrum internationaler Ordnungs- und Friedensbemühungen rücken wird. Washington hat nach dem offenkundigen Scheitern der Dominotheorie, die den Irak-Krieg als Auftakt einer raschen Demokratisierungswelle in den Nachbarstaaten ausgab, seine GreaterMiddle East Initiative entwickelt. Deren Geburtsfehler besteht unter anderem in der einseitigen Verkündung ohne jeden Dialog mit den Betroffenen und ohne jede Absprache mit den Verbündeten. Ungeachtet dessen liegt der Bedarf an einem politischen Gesamtkonzept in einer strategisch bedeutsamen Region voll historischer, ethnischer, religiöser und sozialer Verwerfungen offen zutage.

Eine regionale Friedensstrategie, die sowohl auf sicherheits- und rüstungskontrollpolitische Kooperation nach dem Vorbild von KSZE und OSZE als auch auf gesellschaftliche Modernisierung und Demokratisierung zielt, verdient Unterstützung. Die Europäer sollten offensiver als bisher versuchen, reformfreudige Kräfte zu stärken und existierende Regime durch Dialog, Anreize und konditionierte Hilfen zu Reformschritten zu motivieren. Alles Bemühen wird jedoch vergeblich bleiben, wenn die Entschärfung regionaler Konflikte, allen voran der zwischen Israelis und Palästinensern, weiterhin misslingt. Die Glaubwürdigkeit der EU in der Region hängt auch davon ab, wie klar sie ihren Standpunkt in dieser Frage gegenüber der Schlüsselmacht USA zur Geltung bringt.

Die verfahrene Lage im Irak

Als Akt der Willkür und der Selbstüberschätzung haben die Vereinigten Staaten mit ihrer Koalition den Feldzug gegen den Irak geführt und ein offenbar nicht vorbereitetes Besatzungsregime errichtet. Mit dem Krieg wurde das Saddam-System beseitigt. Doch nach einem Jahr Besatzung ist die Lage desolat. Der Irak ist bisher weder demokratisch noch frei und sicher schon gar nicht. Für viele Iraker ist die Hoffnung, die sie aus dem von fremden Soldaten herbeigeführten Tyrannensturz geschöpft haben, inzwischen wachsender Verzweiflung, Existenznot, täglicher Gefahr für Leib und Leben und selbst erlittener oder medial vermittelter Erniedrigung gewichen.

Auf dem Irak lasten Jahrzehnte der Diktatur, drei Kriege in einer Generation und zwölf Jahre ökonomischer Auszehrung durch ein UNSanktionsregime. Nach einem Jahr Besatzung sind Bombenanschläge und Feuerüberfälle ebenso an der Tagesordnung wie Kämpfe zwischen Besatzungstruppen und aufständischen Milizen unterschiedlicher Couleur. Es fällt schwer, die Gewaltformen noch auseinanderzuhalten. Sie lassen sich nicht als übliche Nachkriegswirren abtun. Wo endet der bewaffnete Widerstand gegen die ausländischen Okkupanten und ihre einheimischen Kollaborateure? Wo beginnt der importierte Terrorismus? Geht es noch darum, Gruppen mit der Gewalt eigener Milizen zu radikalisieren, oder befindet sich das Land bereits in einem Bürgerkrieg?

Die Kräfteverhältnisse zwischen säkularen, moderat islamischen und islamistischen Kräften sind unklar. Selbst der Zerfall des Irak in seine ethnischen und konfessionellen Bestandteile lässt sich nicht ausschließen.
Militärische Überlegenheit und politische Gestaltungsfähigkeit sind zweierlei. Viele, die vor diesem Krieg gewarnt haben, verfallen jetzt leicht in Häme: Sollen die USA doch allein wieder in Ordnung bringen, was sie mit ihrem Krieg angerichtet haben. Wir halten diese Haltung für unpolitisch und unverantwortlich. Zugleich sehen wir uns außerstande, jetzt eine überzeugende Friedensstrategie zu formulieren, die aus der verfahrenen Lage herausführen könnte. Es gibt keinen Ausweg, der nichtmit extremen Risiken behaftet wäre. Gewiss scheint nur, dass auch jene Staaten, die den Krieg abgelehnt haben, sich an den Hilfen für dieses Land werden beteiligen müssen, sobald der Irak kein besetztes Land mehr ist und eine souveräne Regierung in Bagdad darum nachsucht.

Jeder Ausweg aus der verfahrenen Lage birgt Risiken

Was tun angesichts der desolaten Situation? Allein mit Verstärkung der militärischen Präsenz lässt sich jene Ordnung und Sicherheit nicht herstellen, die der Aufbau eines demokratischen Gemeinwesens braucht. Vielmehr würde sie die Auseinandersetzungen voraussichtlich weiter radikalisieren. Aussichten auf eine wirkliche Verbesserung der Lage im Irak wird es vermutlich erst geben, wenn es nicht mehr die Streitkräfte der Kriegskoalition sind, die Sicherheit gewährleisten sollen. Man kann davon ausgehen, dass eine hinreichend repräsentative und legitimierte einheimische Regierung im Land auf mehr Akzeptanz stieße als fremde Truppen. So gesehen könnte ein rascher Abzug der USA als Signal für eine Deeskalation wirken.

Doch der Irak ist ein überaus fragiles Gemeinwesen, ohne lange Tradition unangefochtener Eigenstaatlichkeit, geprägt von religiösen und historischen Gegensätzen zwischen Schiiten und Sunniten, aber auch zwischen Arabern und Kurden. Saddam Husseins Diktatur hat die politischen Fliehkräfte mit einer totalitären Partei und der omnipräsenten Gewalt seines Sicherheitsapparats zusammengehalten. Hinzu kommt, dass der Irak mit sechs unruhigen und zum Teil ähnlich fragilen Nachbarstaaten verstrickt ist. Mit ihnen teilt er prekäre Grenzen und sie wirken auf die Verhältnisse im Irak ein: Iran und Saudi-Arabien, Kuwait, Jordanien, Syrien und die Türkei. Das Land durch abrupten Abzug sich selbst zu überlassen, könnte angesichts dieser explosiven Gemengelage bedeuten, es zusammen mit der gesamten Region dem Chaos preiszugeben.

Maßnahmen zur Deeskalation und Aufrechterhaltung einer im Irak auf absehbare Zeit notwendigen Sicherheitsgarantie können nur unter dem Dach der UNO glaubwürdig legitimiert und organisiert werden. Das gilt, obwohl das Ansehen der UNO im Irak durch die jahrelangen Sanktionen und den Krieg erheblich beschädigt worden ist. Die Vermittlungsarbeit des erfahrenen UN-Sonderbeauftragten für den Irak, Lakhdar Brahimi, verdient jede Unterstützung. Sie kann unter Umständen einen Weg weisen, damit nach einer substanziellen Souveränitätsübertragung an eine von allen Gruppierungen hinreichend akzeptierte Provisorische Regierung am 30. Juni allgemeine Wahlen bis zum Januar 2005 durchgeführt werden können. Um die Repräsentanz und die demokratische Teilhabe der Iraker in diesem Prozess zu befördern, sollte aus der Mitte einer einzuberufenden irakischen Nationalkonferenz eine beratende Versammlung gewählt werden, die auch verfassungsvorbereitendeAufgaben übernehmen kann.

Manches spricht für ein breites internationales Engagement, das auch Länder einschließt, die nicht als Kriegspartei belastet sind. Ähnlich wie seinerzeit auf der Afghanistan-Konferenz könnte für den Irak das bereits im Nahostkonflikt agierende Quartett - USA, EU, Russland plus UNO - aktiv werden und zugleich dessen sechs Nachbarstaaten einbeziehen, um gemeinsam einen Ausweg zu finden. Diese 4+6+1-Formel könnte am gemeinsamen Interesse der gegensätzlichen Nachbarn ansetzen, jede weitere Destabilisierung oder gar das Auseinanderbrechen des irakischen Staats zu verhindern.Das setzt freilich voraus, dassWashington bereit ist, auch mit Iran und Syrien zu kooperieren. Eine so zusammengesetzte internationale Konferenz könnte versuchen, einer die verschiedenen Kräfte einbeziehenden Provisorischen Regierung des Irak internationalen Rückhalt zu verleihen.

Den Rückzug aus Gaza als Chance nutzen

Auch wenn die israelische Absicht, aus dem Gazastreifen abzuziehen und einige Siedlungen in der Westbank zu räumen, erklärtermaßen nicht auf einen verhandelten und für beide Seiten akzeptablen Frieden zielt, so ist doch nicht auszuschließen, dass der Plan Bewegung in die festgefahrene Lage im Nahen Osten bringt.Der Rückzug wird allerdings nur dann einen Schritt in Richtung einer tragfähigen Konfliktlösung darstellen, wenn durchsetzungsfähige Akteure dafür sorgen und wenn nicht gleichzeitig die Be- und Zersiedelung der Westbank festgeschrieben wird.

Hier ist verstärktes Engagement der Europäischen Union als Partner im Nahost-Quartett gefordert. Der unilaterale Abzug muss als verbindlich vereinbarte und geordnete Übergabe der Sicherheitskompetenzen und der Infrastruktur der Siedlungen an die Palästinensische Autorität erfolgen. Denn wenn Israel darauf beharrt, den Gazastreifen als Sieger zu verlassen, besteht die Gefahr, dass die zurückbleibende Gesellschaft in Gewalt und Chaos versinkt, was vor jedem weiteren Rückzug Israels aus der besetzten Westbank abschrecken soll. Wenn hingegen im Gazastreifen ein Gemeinwesen entsteht, das selbst für Recht und Ordnung sorgen und Angriffe gegen Israel unterbinden kann, eröffnet sich die Chance, den Zirkel von Terror und Gegenterror zu durchbrechen und die von der Road Map anvisierte Zweistaatlichkeit wieder auf die Tagesordnung zu setzen.

Die EU kann diesen Prozess fördern, indem sie der Palästinensischen Autorität hilft, sich als legitime Führung im Gazastreifen mit breitem Rückhalt in der Bevölkerung zu etablieren. Unterstützung ist vor allem nötig beim Wiederaufbau und der wirtschaftlichen Erholung, bei den überfälligen Wahlen sowie bei der Kontrolle der nicht autorisierten militanten Gruppierungen. Eine internationale Präsenz, über deren Mandat, Führung und Ausstattung das Quartett untereinander und in Konsultation mit den Konfliktparteien Einvernehmen herzustellen hätte, würde signalisieren, dass das Quartett über seine Beobachterrolle hinaus bereit ist, substanziell Verantwortung zu übernehmen.

In die entsprechenden Maßnahmen sind kooperationsbereite und funktionsfähige Strukturen vor Ort einzubeziehen. Wenn islamistische Kräfte, die nicht nur aufgrund ihres bewaffneten Kampfes, sondern auch wegen ihrer sozialen Dienste populär sind, prinzipiell ausgeschlossen werden, dürfte die Hilfe von außen ihren Zweck verfehlen, das politische System zu stabilisieren. Dass die EU im Kampf gegen den Terrorismus dem Beispiel der USA gefolgt ist und auf ihre Liste terroristischer Gruppierungen nicht nur den bewaffneten Arm der Hamas, sondern die Organisation als Ganzes gesetzt hat, erschwert deren Einbindung in legitime, transparente und verantwortliche politische Strukturen.

Die Genfer Initiative weist einen Weg

Bei aller Unterstützung des israelischen Abzugsplans muss die EU peinlich genau darauf achten, nicht zum Helfershelfer eines Projekts zu werden, das dazu gedacht sein könnte, die Zwei-Staaten-Lösung endgültig zu beerdigen. Es gilt, "Gaza (plus)" als Einstieg zu nutzen und in beiden Gesellschaften wieder die Hoffnung zu wecken, dass ein gerechter Frieden immer noch möglich ist. Eine klar umrissene Lösung des Konflikts hat in der "Genfer Vereinbarung" Gestalt angenommen. Das unterscheidet sie von Vorschlägen, die bisher als "Friedensprozess" gehandelt wurden, aber folgenlos blieben, weil ihnen klare Zielvorgaben fehlten und es ihren Urhebern an Mut mangelte, Kompromisse zu schließen und sie gegen die Verfechter des Alles oder Nichts durchzusetzen.

In der Region selbst, die in Gewalt und Resignation zu versinken droht, gilt dieser vorerst letzte Versuch eines der politischen Vernunft Die Bevölkerung überzeugen verpflichteten Lösungsansatzes allerdings weithin als Träumerei. Umso dringlicher ist es, den betroffenen Menschen seine Tauglichkeit zu demonstrieren. Wie anders als durch die erklärte Bereitschaft, an der Konfliktlösung aktiv mitzuwirken und sich vor Ort zu engagieren - etwa beim Monitoring, bei der Streitschlichtung, bei der Ansiedlung und Entschädigung von Flüchtlingen, bei der Überwachung des israelischen Truppenrückzugs, beim militärischen Schutz des palästinensischen Staates usw. - kann die Staatengemeinschaft die zweifelnde Bevölkerung davon überzeugen, dass aus der Vision Realität werden kann? Wer die zivilgesellschaftliche Initiative in ihrem Bemühen unterstützt, einen friedenspolitischen Perspektivwechsel von unten nach oben in Gang zu setzen, signalisiert, dass er sich seiner Verantwortung stellen wird, sobald ein Vertragswerk zustande kommt.

Davon war in Berlin leider wenig zu spüren. Der fraktionsübergreifende Beschluss des Bundestages vom 13. Februar 2004 "RoadMap wiederbeleben - Genfer Initiative unterstützen" hält nicht, was der vollmundige Titel verspricht. Das deutsche Parlament folgte mit seiner lauwarmen Sympathieerklärung einer Einschätzung des Außenministers, der vor allzu konkreter Unterstützungwarnte, weil sie in Israel "großen Interpretationsbedarf" auslösen könnte. An keiner Stelle wird die Bundesregierung aufgefordert, im Sinne der Genfer Vereinbarung aktiv zu werden. Bleibt zu hoffen, dass die Regierung dies unaufgefordert tut, indem sie sich bei ihren Partnern dafür einsetzt, der Road Map mit Hilfe der Genfer Vereinbarung neues Leben einzuhauchen.

4. Frieden benötigt Krisenprävention

Die wachsende Aufmerksamkeit für langfristig angelegte Friedensstrategien reflektiert die Erfahrungen der vielfach erfolglosen Krisenprävention und Friedenskonsolidierung des vergangenen Jahrzehnts. Ausgehend von der 1992 vorgelegten und 1995 fortgeschriebenen "Agenda für den Frieden" des UN-Generalsekretärs Boutros Boutros-Ghali wurden, vor allem für das Eingreifen externer Akteure, Konzepte von "vorbeugender Diplomatie" sowie "Friedensschaffung, Friedenssicherung und -konsolidierung" entwickelt. Nach dem Willen der Vereinten Nationen sollte die Staatengemeinschaft eine größere Verantwortung übernehmen, um kriegerischen Konflikten vorzubeugen oder nach gewaltsamen Auseinandersetzungen in und zwischen Staaten und ihren Gesellschaften dauerhaften Frieden zu schaffen und zu erhalten. Die erhofften Wirkungen im Sinne erfolgreicher Gewaltprävention blieben jedoch weit hinter den Erwartungen zurück.

Eine der Ursachen hierfür liegt in der mangelnden Koordination.Wegen unterschiedlicher Interessen und Strategien lassen sich die beteiligten Staaten nur schwer auf ein gemeinsames Vorgehen festlegen. Staatliche Maßnahmen sind nur schlecht oder gar nicht mit den Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen verzahnt. Selbst zwischen den Ministerien eines Staates kann es Koordinationsprobleme geben. Deshalb begrüßen wir es, dass die Bundesregierung im Mai diesen Jahres einen Aktionsplan "Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung" verabschiedet hat, mit dessen Hilfe sie die Kohärenz in ihrer Krisenpräventionspolitik, insbesondere zwischen Außen-, Sicherheitsund Entwicklungspolitik vergrößern will.

Frühwarnung und Gewaltprävention

Die meisten Konflikteskalationen kündigen sich schon in einem frühen Stadium an. Fast immer gibt es deutliche Anzeichen für die - der Gewalt vorausgehende - Verschärfung des gesellschaftlichen Klimas, das Absinken der Gewaltschwelle oder eine zunehmende Militarisierung. Doch die Hinweise auf Eskalationsgefahren und die Erkenntnisse über Konfliktursachen bringen alleine noch keine abgestimmten Präventionsmaßnahmen hervor.

Die dazu notwendige Koordination kann schon auf nationaler Ebene scheitern. In Deutschland unterhält das Auswärtige Amt ein Krisenreaktionszentrum, das Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr analysiert kontinuierlich die Lage in Krisenregionen und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung lässt für seine Partnerländer jährlich Krisenindikatoren erheben. Es ist kaum zu verantworten, dass diese Informationen nicht für eine gemeinsame Lageeinschätzung und die Initiierung krisenpräventiver Maßnahmen zusammengeführt werden.

Jede zum Gewaltkonflikt eskalierende Krise erinnert daran, dass ein frühzeitigeres Einwirken auf Konfliktakteure und -ursachen vielen Menschen großes Leid ersparen, die Zahl der Opfer reduzieren und der internationalen Staatengemeinschaft Kosten ersparen könnte. Vor nunmehr zehn Jahren wurde trotz eindeutiger Signale nichts getan, um in Ruanda den Völkermord an den Tutsi zu verhindern. Es ist zu befürchten, dass sich solche erfolglose Frühwarnung auch heute wiederholen könnte, weil es häufig nicht gelingt, die Weltgemeinschaft für die drohenden Gefahren zu interessieren und die wichtigsten politischen Akteure auf nationaler wie internationaler Ebene zu den erforderlichen Konsultations- und Abstimmungsprozessen zu bewegen. In der Regel fehlt es nicht an Wissen, sondern es sind Versäumnisse politischer Entscheidungsfindung, die verhindern, dass rechtzeitig angemessene Maßnahmen zur Deeskalation ergriffen werden.

Im Falle des Sudan fordern Menschenrechtsorganisationen,Hilfswerke und Frühwarninstanzen seit über einem Jahr die internationale Gemeinschaft zu abgestimmtem, präventivem Handeln auf, insbesondere gegenüber der sudanesischen Regierung. Inzwischen hat dieser Konflikt, an dem die Regierung in Khartum, regierungsnahe Milizen und Aufständische beteiligt sind, Tausende von Toten gefordert. Mehr als eine Million Menschen wurden vertrieben, Hunderttausende flüchteten in den Nachbarstaat Tschad, wo ihnen in provisorischen Lagern Krankheiten und Hunger drohen.

Nach Einschätzung des UN-Gesandten im Sudan, Mukesh Kapila, und der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kommt es in Darfur auch zu "ethnischen Säuberungen". Die Staatengemeinschaft hat sich bisher auf Appelle beschränkt, einenWaffenstillstand einzuhalten.Wir unterstützen die Forderung humanitärerOrganisationen, zum Beispiel sudanesische Auslandskonten einzufrieren, den Handel mit sudanesischem Öl zu beschränken und Finanzhilfen und Entwicklungsprogramme zu konditionieren, um zu erreichen, dass die sudanesische Regierung die Kampfhandlungen einstellt.

Inzwischen fordern UN-Generalsekretär Kofi Annan, aber auch deutsche Politiker, eine militärische Intervention unter UN-Mandat, um das nackte Überleben der Bevölkerung Darfurs zu garantieren. Sie könnte möglicherweise kurzfristig noch Schlimmeres verhindern und Hilfsorganisationen ermöglichen, das Leid der Vertriebenen zu verringern. Besser wäre aber gewesen, die Eskalation bei den ersten Anzeichen durch massiven Druck auf die sudanesische Regierung zu verhindern.

Solche rechtzeitige Krisenprävention leidet allerdings unter dem ernsthaften Problem, dass sich ihre Erfolge kaum sichtbar machen lassen. Eine abgewendeteKonflikteskalation, ein verhüteter Gewaltausbruch und der verhinderte Zusammenbruch eines Staates bringen nach den Regeln unserer Mediendemokratie keine Schlagzeilen in der Weltpresse hervor.

Aktionsplan Zivile Krisenprävention der Bundesregierung

Wir halten den jüngst vom Bundeskabinett verabschiedeten Aktionsplan "Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung" für einen Schritt in die richtige Richtung, um Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik stärker auf das Ziel der Krisenprävention zu verpflichten. Um diesem Ansinnen allerdings das erforderliche größere Gewicht zu verleihen, wäre die Einrichtung eines/er Bundesbeauftragten für zivile Krisenprävention sinnvoll gewesen. Jetzt müssen auf anderem Wege Koordinationsinstanzen, Arbeits- und Beratungsstäbe eingerichtet werden, die nicht nur dem Meinungsaustausch dienen, sondern auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen aktuelle, systematische Kriseneinschätzung vornehmen und den Handlungsbedarf definieren.

Um Ansatzpunkte und Handlungsebenen der Prävention in den beobachteten Krisenländern zu identifizieren, sind auch die dort tätigen nichtstaatlichen Einrichtungen der Entwicklungszusammenarbeit mit ihren Konfliktanalysen zu konsultieren. Sie können häufig durch ihre Kontakte zu zivilgesellschaftlichen Gruppen und Akteuren ergänzende Informationen beisteuern und zugleich die möglichen Handlungsebenen für konkrete präventiveMaßnahmen erweitern.
Um zivile Krisenprävention substanziell zu stärken, muss allerdings zunächst der Bundestag zusätzliche Haushaltsmittel hierfür bereitstellen. Darin liegt eine große Schwäche des Regierungsdokuments, dessen 161 Aktionen vornehmlich daran ausgerichtet zu sein scheinen, keine Kosten zu verursachen.Wer ernsthafte Krisenprävention betreiben will, dem muss diese Form der Friedenspolitik auch bei den Haushaltstiteln etwas wert sein.

Friedenskonsolidierung

Inzwischen verfügen wir über zahlreiche Erfahrungen mit der Komplexität von Friedensprozessen. Deutlicher geworden sind die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen externer Einflussnahme durch internationale, staatliche und nichtstaatliche Akteure. So lässt sich beispielsweise eine Reform des häufig im Konflikt zerrütteten Sicherheitssektors von außen unterstützen. Bei der Etablierung und Stärkung rechtsstaatlicher Normen und Institutionen oder beim Aufbau neuer Polizeistrukturen leisten ausländische Fachkräfte wichtige Hilfestellung. Die internationale Gemeinschaft kann auch dazu beitragen, Gesprächskanäle zwischen den Konfliktparteien herzustellen und als Drittpartei den Dialog zwischen ihnen in Gang bringen oder aufrechterhalten. Hingegen ist der Aufbau demokratischer Strukturen nur eingeschränkt von außen beeinflussbar und die gesellschaftliche Versöhnungsarbeit muss vornehmlich von den internen Akteuren selbst getragen werden.

Krisenprävention und Friedenskonsolidierung müssen zu festen Bestandteilen aller auswärtigen Beziehungen werden, der internationalen Wirtschafts- wie Agrarpolitik, der Umwelt-, Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Dadurch kann nach und nach nicht nur die Lebenssituation in den von Gewaltkonflikten bedrohten Ländern verbessert werden, sondern auch die globale Gefährdungslage. Zerfallende Staaten besitzen zwar ihre jeweils spezifische gesellschaftlich-politische Dynamik, sind jedoch auch ein Ergebnis versagender oder untauglicher internationaler Krisenprävention,wie Jugoslawien zu Beginn der 1990er Jahre und zuletzt Afghanistan schmerzlich gezeigt haben.

Strukturelle Konfliktursachen abzubauen ist der langfristigwirksamste Beitrag zur Verbesserung globaler Sicherheit. Dies macht weder militärische Maßnahmen als ultima ratio in akuten Notlagen überflüssig, noch die notwendige Vorsorge obsolet, um terroristische Bedrohungen abzuwehren und die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu unterbinden. Eine umfassende Friedensstrategie aber orientiert sich an Sicherheit und Wohlergehen aller Menschen und leitet zum Handeln an, bevor Ordnungen zerfallen, Faustrecht, Selbstjustiz und Vergeltung die Oberhand gewinnen oder Menschen ihrer fundamentalen Lebensgrundlagen beraubt werden. Mehr denn je ist es heute an der Zeit, eine solche Umorientierung für eine internationale Friedenspolitik voranzutreiben.



Das Friedensgutachten
ist das gemeinsame Jahrbuch der fünf Institute für Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland. Einzelanalysen von mehr als 30 Wissenschaftlern aus verschiedenen Disziplinen untersuchen internationale Konflikte und entwerfen Friedensstrategien. Auf diese Beiträge stützt sich die hier dokumentierteStellungnahme der Herausgeber.

Dr. Christoph Weller ist Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Instituts für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen (INEF),
Dr. Ulrich Ratsch ist wissenschaftlicher Referent und stellvertretender Leiter der Forschungsstätte der Evangelischen Studien- gemeinschaft (FEST),
Dr. Reinhard Mutz ist Geschäftsführender Wissen- schaftlicher Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg,
Dr. Bruno Schoch ist Projektleiter an der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK),
Dr. Corinna Hauswedell ist Projektleiterin am Bonn International Center for Conversion (BICC).


Das Gutachten ist zu beziehen: Münster: LIT Verlag 2004, ISBN 3-8258-7729-9, 12,90 Euro

Zusätzlich zum Gutachten sind Unterrichtshilfen und Materialien unter dem Titel: "Friedensgutachten 2004 - didaktisch" erschienen. Sie sind zu beziehen beim Institut für Friedenspädagogik Tübingen, E-Mail: kontakt@friedenspaedagogik.de. Das Heft kostet fünf Euro.

Über vergangene Friedensgutachten liegen folgende Seiten vor:
Friedensgutachten 2003
Friedensgutachten 2002
Friedensgutachten 2001





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