November 2002
Friedensbewegung in den Medien
Am Ende des Monats wollen wir noch ein Beispiel dafür geben, dass es auch auf lokaler Ebene hin und wieder gelingen kann, Themen der "großen Politik" in die Lokalzeitungen zu bringen. In der Braunschweiger Zeitung (gleichzeitig Zeitung für Gifhorn, Salzgitter und Wolfsburg) berichtete Katrin Teschner unter der Überschrift "Es besteht ein Rückfall in alte Denkmuster" am 30. November u.a.:
... Hieß es zunächst, dass sich die Deutschen nicht an einem Militärschlag gegen den Irak beteiligen würden, ist nun der Einsatz der in Kuwait stationierten deutschen "Fuchs"-Spürpanzer in der Diskussion. "Schröder wandelt die Ablehnung des Kriegs in aktive Unterstützung um", fürchtet Dr. Helmut Käss, Vorstandsmitglied der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) und wirft dem Regierungschef – wie die Opposition – "Wahlbetrug" vor. Die Mehrheit der Deutschen sei schließlich gegen einen Krieg gegen den Irak – aufgrund ihrer ablehnenden Haltung hätte die Regierung bei der Wahl entscheidende Punkte bekommen.
Als Konsequenz aus der jüngsten Diskussion fordern Käss, Sigrid Probst, Corinna Senftleben und Frieder Schöbel vom Braunschweiger Friedensbündnis eine noch heftigere Kritik an den USA. Die Vereinigten Staaten hielten weiter an ihrem Ziel fest, einen Irak-Krieg notfalls im Alleingang zu führen, warnen sie und stützen sich dabei unter anderem auf Äußerungen Scott Ritters, ehemals Leiter von Waffeninspektionen der UNSCOM im Irak, der es für möglich hält, dass ein Krieg noch im Dezember beginnt. Dabei wären die Folgen fatal – wie eine IPPNW-Studie ergeben habe.
(...)
Als Gegengewicht zu den USA müssten die Europäer eine eigene Position entwickeln– politisch, wirtschaftlich und auch militärisch, fordert das Friedensbündnis. Statt einer Mitgliedschaft in der Nato, die von den USA dominiert werde, plädieren die Mitglieder für den Aufbau einer europäischen Einsatztruppe und eine diplomatische Lösung auf Basis der Beschlüsse der UN. "Europa ist durch Freiwilligkeit, Kooperation und Friedlichkeit stark geworden", betont Käss. "Doch momentan besteht in der Außenpolitik ein Rückfall in alte Denkmuster."
Aus: Braunschweiger Zeitung, 30.11.2002
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Am 29. November berichtete das Neue Deutschland über die Aktion des gewerkschaftlichen Netzwerks gegen den Krieg (Autor: Peter Nowak) u.a.:
... Anders als in vielen europäischen Nachbarländern war der Anteil der aktiven Gewerkschaftler, die im Kampf gegen den Krieg aktiv waren, in Deutschland bisher gering.
Das könnte sich in Zukunft ändern. Ein »gewerkschaftliches Netzwerk gegen den Krieg« mit Sitz im Gewerkschaftshaus von Frankfurt (Main) hat innerhalb kurzer Zeit rund 1300 Unterschriften unter einem Text gesammelt, der für eine Wende zu einer antimilitaristische Politik Partei ergreift. Statt weiterhin Millionen und Abermillionen für Rüstungsprojekte zu verschwenden, sollen die Gelder für soziale Projekte verwendet werden, wird eine populäre Parole der alten Friedensbewegung in den 80er Jahren aufgegriffen. Kein Wunder, unter den Unterzeichnern befinden sich neben Betriebsräten, gewerkschaftlichen Vertrauensleuten und Gewerkschaftssekretären auch viele Aktivisten aus der Antikriegsbewegung der BRD. Schwerpunkt des Aufrufs ist aus aktuellen Gründen der Widerstand gegen einen Irakkrieg. Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre gewachsene Rolle in der Weltpolitik zu nutzen, um zur Deeskalation beizutragen und sich für die Stärkung völkerrechtlicher Regelungen einzusetzen. Konsequenterweise wird in dem Aufruf jegliche Beteiligung deutscher Soldaten am so genannten Anti-Terror-Kampf abgelehnt. Auch Spürpanzer in Kuweit wären demnach sofort abzuziehen. Statt militärischer Gewalt setzten sich die Unterzeichner des Aufrufs für zivile Konfliktlösungen ein und berufen sich dabei ausdrücklich auf das gültige Programm des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
Der Aufruf ist auch eine Kritik an der Politik der DGB-Führung. So vermisst die gewerkschaftliche Friedensinitiative in den Wahlprüfsteinen, die der DGB-Vorstand vor den Bundestagswahlen an alle Parteien geschickt hat, eine Erwähnung des Themas Krieg und Frieden. Auch in allen Erklärungen nach den Bundestagswahlen blieb es ausgespart. Das ist nicht verwunderlich, wenn man die Nähe der DGB-Führung zur SPD kennt. Der gewerkschaftlichen Initiative allerdings geht es nicht um parteipolitische Rücksichtnahmen. »Wir wünschen uns eine kämpferische Gewerkschaft sowohl in sozialen Fragen als auch in dem Widerstand gegen jede Kriegspolitik«, erklärte ein Sprecher. Die Resonanz ist groß. Wenn sich der Konflikt um Irak zuspitzt, könnte die Unterstützung noch wachsen.
Aus: Neues Deutschland, 30.11.2002
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In der "jungen Welt" vom 28. November berichtet Thomas Klein über eine starke Zunahme der militärischen Luftbewegungen am Rhein-Main-Flughafen. Ab 1. Dezember soll es noch einmal rund gehen. Der Artikel ("Neues Ziel Katar?") beginnt mit einem Rückgriff auf eine Presseerklärung des Friedensratschlags vom 24.11.02. Auszüge aus dem Artikel:
Ab 1. Dezember sollen sich Kriegsvorbereitung und Transportflüge der US-Truppen verstärken Einen Roßtäuschertrick nennt der Bundesausschuß Friedensratschlag die Ankündigung der Bundesregierung, es werde von seiten der Bundesrepublik keine Beteiligung an einem Irak-Krieg geben – genauer gesagt keine »aktive« Beteiligung. Die Äußerung des parlamentarischen Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, Hans Georg Wagner, die in Kuwait stationierten ABC-Spürpanzer »Fuchs« würden bei einem möglichen Angriff auf das US-Lager eingesetzt, bedeute ein Abrücken von den im Wahlkampf gemachten Versprechungen. Bereits in den letzten Tagen hatte die Bundesregierung angekündigt, dem US-Militär die Nutzungsrechte ihrer US-Basen in Deutschland nicht beschneiden zu wollen.
»Mit der Aufgabe ihrer Anti-Irakkriegs-Haltung verliert die Bundesregierung das letzte Pfund, mit dem sie noch im Wahlkampf gewuchert hat«, erklärte am Sonntag Peter Strutynski, Sprecher des Friedensratschlags. Hier handele es sich um einen weiteren Wahlbetrug, um einen mit Kriegsfolgen. ...
Aus: junge Welt, 28.11.2002
Am 27. November erschien ein weiterer Artikel im "Neuen Deutschland" über die Friedensbewegung. Er war etwas eigenartig und provozierte einen Leserbrief, den wir ebenfalls dokumentieren (auch wenn er nicht abgedruckt werden sollte*).
Irak-Krise
Rot-grüner Wahlbetrug mit Kriegsfolgen
Die deutsche Friedensbewegung nimmt die Bundesregierung beim Wort –
immer noch
Von Tom Strohschneider
Die Beschlüsse der NATO-Staaten auf ihrem Gipfel in Prag haben zu
heftiger Kritik der
Friedensbewegung geführt – und zugleich gezeigt, dass die deutschen
Antikriegsorganisationen auf einsamem Posten stehen.
Die Prager Gipfel-Beschlüsse, bilanzierte die Deutsche
Friedensgesellschaft-Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) resigniert, hätten gezeigt, »dass eine
friedliche Welt mit der
NATO nicht zu haben ist und von dieser offenbar gar nicht gewollt wird«.
Anlass zur äußersten
Besorgnis meinte auch der Bundesausschuss Friedensratschlag zu erkennen.
Immerhin würden
die in Tschechiens Hauptstadt beschlossenen neuen NATO-Aufgaben den
Rahmen der bisherigen
Allianz vollkommen sprengen; aus einem Verteidigungsbündnis sei ein
Eingriffsbündnis geworden.
Die Angriffstruppe der NATO sei, so die DFG-VK, eine »Kriegserklärung an
den Rest der Welt«.
Der nicht erst nach dem 11.September eingeschlagene Kurs des
nordatlantischen Bündnisses
durfte allerdings ebenso wenig überrascht haben, wie dessen deutsche
Unterstützung und die
Zustimmung von Rot-Grün zur Prager NATO-Erklärung zum Irak. Auf die von
Bundeskanzler
Gerhard Schröder und dem grünen Außenminister Joseph Fischer
vorgetragene Antikriegsrhetorik
hatte die Friedensbewegung genau deshalb im Herbst mit einem »Wir
glauben Euch noch nicht«
reagiert. Aller Skepsis zum Trotz steuert Rot-Grün nun aber dennoch auf
einen neuen Krieg zu.
Für die Friedensbewegung könnte sich nun als Problem erweisen, dass man
Schröders
Kriegs-Widerstand allzu ernst genommen hat. Zwar waren Anfang September,
also vor der
Bundestagswahl, einer Spiegel-Umfrage zufolge mehr als 90Prozent der
befragten Deutschen
gegen einen Irak-Krieg. Knapp 60Prozent wollten in Schröders Reden
jedoch allenfalls
Wahlkampftaktik erkennen. Nichtsdestotrotz setzte die Friedensbewegung
ihre Appelle in Richtung
Bundesregierung fort, ja nur nicht die eigenen Wahlversprechen zu
brechen. Die Mehrheit auch der
einem Militäreinsatz kritisch eingestellten Bevölkerung hatte sich da
offenbar längst von jeder
rot-grünen Friedensillusion verabschiedet. Bei dem weltweiten Aktionstag
gegen einen Irak-Krieg im
Oktober bildete die Bundesrepublik denn auch das
Mobilisierungs-Schlusslicht. Gegen einen
ohnehin nicht mehr zu verhindernden Krieg mit deutscher Beteiligung, so
schien es, wollten nur
noch wenige auf die Straße gehen.
Das Antikriegs-Engagement geht dennoch weiter – zu Recht, auch wenn
manche Initiative vom
Tempo der unmittelbaren Kriegsvorbereitungen eingeholt wird. So forderte
ein Ende vergangener
Woche im »Freitag« veröffentlichter Aufruf von mehr als 60 Kriegsgegnern
die Bundesregierung
noch auf, im Kriegsfalle die US-Militärbasen zu schließen und
Überflugrechte für Kampfflugzeuge
zu verweigern. Doch kaum war die entsprechende Ausgabe der Wochenzeitung
in Druck gegangen,
hatte Schröder erstmals unmissverständlich erklärt, »die
Bewegungsmöglichkeiten unserer
Freunde« nicht einzuschränken. Auch die Initiative Kirche von unten
(IKvu) – ein ökumenisches
Netzwerk von 37 Basisgemeinden – forderte die Bundesregierung in dieser
Woche auf, »wirksamer
als bisher« den US-Kriegsvorbereitungen entgegenzutreten.
Wirksamer als bisher? Der Bundesausschuss Friedensratschlag sieht die
Bundesregierung
inzwischen »wieder da, wo sie beim Jugoslawienkrieg« schon einmal war
und nannte die Abkehr
von der Anti-Kriegs-Haltung einen »Wahlbetrug mit Kriegsfolgen«. Nun
soll die Basis der
Regierungsparteien Druck auf ihre Führungen ausüben, »damit die
Bundesregierung wieder zur
Besinnung kommt«. Der DFG-VK geht es dagegen weniger um den
Geisteszustand der
Regierenden als um konkrete Schritte hin zu Abrüstung und
nichtmilitärischer Konfliktbewältigung.
Im Hinblick auf eine geplante Friedens-Großkundgebung am 15. Februar
2003 in Berlin
möglicherweise ein sinnvollerer Weg, als Rot-Grün weiter an
Wahlversprechen zu erinnern, deren
Einhaltung nie auf der Tagesordnung gestanden hat.
Aus: ND, 27.11.02
Leserbrief
Welcher Teufel mag wohl Herrn Strohschneider geritten haben, der
Friedensbewegung just in dem Augenblick eins reinzuwürgen, wo sie
versucht, ihren Widerstand gegen den Irak-Krieg zu verstärken und dabei
auch die Bundesregierung ins Visier zu nehmen. So deppert sind wir doch
nicht, dass wir nicht auch wüssten, welchen Wert die
Friedensbeteuerungen der Regierungskoalition im Wahlkampf gehabt haben.
Dass wir gleichwohl an Wahlversprechen erinnern, ist nicht nur unser
gutes Recht, sondern ich meine auch eine Notwendigkeit angesichts der
notorischen Vergesslichkeit des Wahlvolks. - Ärgerlicher aber ist der
Vorwurf an die Friedensbewegung, sie kämpfe weiter gegen einen "ohnehin
nicht mehr zu verhindernden Krieg". Ja wie? Im Pentagon wird ein Krieg
beschlossen - also wird er auch sein? Läuft so die Geschichte ab? Dann
braucht es wirklich keine Friedensbewegung mehr, dann braucht es
irgendwann auch keine kritische Presse mehr, Herr Strohschneider! Wer
sich dieser vermeintlichen Zwangsläufigkeit der Geschichte nicht
unterwerfen mag, kämpft weiter und versucht sich einem Krieg zu
widersetzen, so wie es unsere amerikanischen (Friedens-)Freunde unter
der Losung tun: "Stop the war before it starts!" Und die
Friedensbewegung hat viel mehr anzubieten als den Wunsch, die Regierung
solle wieder zur "Besinnung" kommen. Die zentralen Forderungen lauten,
die Verbände aus Kuwait und die Marine aus der Golfregion abzuziehen
und
den USA und Großbritannien den deutschen Luftraum für Kriegsflüge und
die Nutzung der Militärstützpunkte auf deutschem Boden zu verweigern.
Das Dumme ist, dass dies nur die Bundesregierung tun kann. Also muss
auch der Druck auf sie erhöht werden.
Dr.Peter Strutynski, Kassel
* Zumindest der zweite Teil des Leserbriefs wurde am 29.11.2002 im ND abgedruckt.
***
"Erneuter Wortbruch" der Bundesregierung
Das Wochenende vom 23./24. November hatte es in sich, was den
Eiertanz der rot-grünen Koalition in Sachen Beihilfe zum Krieg gegen
Irak betrifft. Die deutsche Presseagentur dpa verfasste eine größere
Meldung über die zum Teil sich widersprechenden Verlautbarungen aus dem
Regierungslager. Viele Zeitungen griffen darauf zurück und titelten am
25. November: "Bundesregierung schließt Panzer-Einsatz in Kuwait nicht
aus". Immerhin wurde auch eine Stellungnahme aus der Friedensbewegung erwähnt - ganz am Ende der Meldung und noch dazu fast in einem Atemzug mit FDP-Gerhardt, aber man kann sich die Nachbarschaft nicht immer aussuchen!
Wir dokumentieren im Folgenden Ausschnitte aus einem Artikel aus der
Leipziger Volkszeitung - die anderen Zeitungen brachten fast wortgleiche
Meldungen. Andere Zeitungen hingegen wie die Frankfurter Rundschau oder
die Süddeutsche Zeitung ließen die Passage mit der Friedensbewegung
unter den Tisch fallen.
Die taz (auch sie versagte sich zunächst einen Hinweis auf die Friedensbewegung, sondern legte erst einen Tag später nach, siehe unten)
zitierte den CSU-Politiker Goppel mit folgenden Worten: "Generalsekretär
Thomas Goppel will sogar eine außerparlamentarische Opposition
unterstützen: `Wenn der enttäuschte Bürger auf die Straße geht, gehören
wir an seine Seite.´" Recht so, Herr Goppel! Wir dürfen aber sicher
sein, dass er das gar nicht so gemeint hat. Jedenfalls wird ihn die
Friedensbewegung bei ihren Aktionen gegen die "aktive" oder "passive"
Beihilfe der Bundesregierung zum Irak-Krieg nicht zu Gesicht bekommen -
und mit Sicherheit auch nicht vermissen.
Immerhin: Dass es heftigen Widerspruch aus der Friedensbewegung
gegen den Kriegskurs der Bundesregierung gibt, konnten am 25. November
die Leserinnen und Leser zumindest folgender Zeitungen erfahren:
Augsburger Allgemeine, Fuldaer Zeitung, Gifhorner Rundschau,
Goslarsche Zeitung, Harke (Nienburg), Heidenheimer Presse, Heilbronner Stimme,
Iserlohner Kreisanzeiger, Leipziger Volkszeitung, Märkische Allgemeine,
Neue Westfälische, Neues Deutschland, Thüringer Allgemeine, Trierischer
Volksfreund, Walsroder Zeitung, Westdeutsche Zeitung.
Bundesregierung schließt Panzer-Einsatz in Kuwait nicht aus
... Bei einem irakischen Angriff auf das US-Lager in Kuwait «kommen
unsere Kräfte selbstverständlich zum Einsatz», sagte der
Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Hans Georg
Wagner (SPD). In dem Lager sind wegen des Anti-Terror-Kampfes 52
deutsche Soldaten mit «Fuchs»-Panzern stationiert. Rot-Grün hat bisher
immer betont, Deutschland werde sich militärisch an einem Irak-Krieg
nicht
beteiligen.
Über den möglichen Notfalleinsatz deutscher Soldaten zeichnet sich
ein neuer Koalitionsstreit ab. Grünen-Vizefraktionschef Hans-Christian
Ströbele lehnte jede Hilfeleistung an die USA durch die «Fuchs»-Panzer
ab. Der in Berlin erscheinenden «Tageszeitung» (Montag) sagte er, auch
mit Nothilfe lasse sich eine Unterstützung der USA nicht rechtfertigen.
«Wenn man sich selber in Not bringt, indem man einen Krieg
anfängt, dann ist das keine Nothilfe.»
...
Struck hatte vor der Bundestagswahl angekündigt, im Falle eines
Irak-Krieges würden die Spürpanzer zur Abwehr von atomaren, biologischen
und chemischen Kampfstoffen aus Kuwait abgezogen. Nach der Wahl
relativierte er dies. ... Struck wies einen Bericht der «Frankfurter
Allgemeinen Sonntagszeitung» («FAS») zurück, wonach die USA die
Bundesregierung um Flugabwehr-Raketen für einen eventuellen Krieg gegen
den Irak gebeten haben. «Diese Meldung ist falsch», sagte er in der
ZDF-Sendung «halb 12». Das Blatt hatte unter Berufung auf
Regierungsbeamte in Berlin berichtet, die Bundesregierung solle auf
Bitten der USA Raketen
vom Typ «Patriot» zur Verfügung stellen.
Struck betonte, es bleibe beim klaren Nein zu einer deutschen
Beteiligung an militärischen Maßnahmen gegen den Irak. Die deutschen
Soldaten in Kuwait seien ausschließlich im Rahmen der Bekämpfung des
internationalen Terrorismus («Enduring Freedom») eingesetzt. ... Laut
Struck soll das deutsche Kontingent in Kuwait nicht verstärkt werden.
FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt nannte die rot-grüne Irak-
Politik eine Blamage für Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Für die
Friedensbewegung warf der Bundesausschuss Friedensratschlag der
Bundesregierung «neuerlichen Wortbruch» vor.
Aus: Leipziger Volkszeitung, 25.11.2002
Einen Tag später erschien in der taz ein Artikel von Lukas Wallraff (Titel: "Die US-Wunschliste bleibt geheim") in dem auch auf den Vorwurf der Friedensbewegung eingegangen wird, die Bundesregierung betreibe "Wahlbetrug". Ausschnitte:
Wahlbetrug will sich Rot-Grün nicht vorwerfen lassen - schon gar nicht bei der hoch emotionalen Frage von Krieg und Frieden. Bei dem klaren Nein von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) aus Wahlkampfzeiten zu einer deutschen Mitwirkung an einem möglichen Irakkrieg soll es bleiben. Dies stellte der stellvertretende Regierungssprecher Hans-Hermann Langguth gestern nochmals klar. Eine "aktive militärische Beteiligung" der Bundeswehr werde es nicht geben.
... In den kommenden Wochen dürfte vor allem die Frage erörtert werden, was das Wörtchen "aktiv" bedeutet. Dürfen deutsche Spürpanzerbesatzungen in Kuwait den USA helfen oder setzt sich der grüne Fraktionsvize Christian Ströbele durch, der im Falle eines Angriffs auf den Irak sogar "Nothilfe" für die USA ablehnt?
Sprecher der Friedensbewegung haben einen möglichen Einsatz der in Kuwait stationierten deutschen "Fuchs"-Spürpanzer gestern bereits als "Wahlbetrug mit Kriegsfolgen" bezeichnet. Die Sprachregelung, man werde sich "nicht aktiv" am Krieg beteiligen, sei ein "durchsichtiger Rosstäuschertrick", teilte der Bundesausschuss Friedensratschlag in Kassel mit. Das von Rot-Grün versprochene "Nein" zum Irakkrieg gelte offensichtlich nicht mehr. Dem widersprach Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) energisch. Struck versichterte gestern, die sechs in Kuwait stationierten ABC-Spürpanzer würden ausschließlich im Rahmen der Mission "Enduring Freedom" zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus eingesetzt. Doch dann kam eine Einschränkung: Im Falle eines Angriffs des Iraks auf Kuwait mit chemischen oder biologischen Waffen, so Struck, würden die Panzer mit ihren Messlaboren "vor Ort aktiv" werden.
...
Welche Art von Unterstützung sich die USA erwarten, bleibt unklar, seit die Existenz einer amerikanischen Wunschliste bekannt wurde. "Wir wollen Klarheit", forderte CDU-Chefin Angela Merkel. Doch nur die angebliche Anfrage nach deutschen Flugabwehrraketen wurde erneut dementiert. Regierungssprecher Langguth erklärte, "dass die Bundesregierung nicht beabsichtigt, sich zu Einzelheiten der Anfrage zu äußern". Die Wünsche der USA seien "wenig spezifiziert und zum Teil noch konkretisierungsbedürftig".
So bleibt es auch das Geheimnis des grünen Verteidigungspolitikers Winfried Nachtwei, was genau er meinte, als er gestern im Südwestfunk sagte: "Sicherlich könnten wir bei einer existenzbedrohenden Gefahr für Israel nicht einfach zusehen."
Aus: taz vom 26.11.2002
***
Zum Prager NATO-Gipfel (21. und 22. November 2002) hat sich natürlich auch die Friedensbewegung hier zu Lande geäußert. Dies fand - wie so oft - nur mäßigen Niederschlag in den Medien. Ein Auszug:
Friedensbewegung
Nato-Eingreiftruppe völkerrechtswidrig genannt
KASSEL, 22. November (dpa). Die deutsche Friedensbewegung hält die auf dem Nato-Gipfel in Prag beschlossene Gründung einer Nato-Eingreiftruppe für "völkerrechtlich, verfassungsrechtlich und politisch unhaltbar". Mit den Plänen verstoße die Allianz gegen den Nordatlantikvertrag von 1949, in dem die Nato "eindeutig und ausschließlich" als Verteidigungsbündnis konzipiert wurde, erklärte der
Bundesausschuss Friedensratschlag am Freitag in Kassel.
Die Elitetruppe solle nach den beim Prager Nato-Gipfel beschlossenen aktuellen Plänen dagegen für präventive Angriffskriege eingesetzt werden, kritisierte der Friedensratschlag. Die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen kommentierte, die Prager Beschlüsse zeigten, "dass eine friedliche Welt mit der Nato nicht zu haben ist und von dieser offenbar gar nicht gewollt wird".
Aus: Frankfurter Rundschau, 23.11.2002
Das Neue Deutschland berichtete im Aufmacher auf der ersten Seite u.a.:
Bundeskanzler Gerhard Schröder machte am Freitag nach dem NATO-Gipfel in Prag deutlich, dass der Luftraum über der BRD für US-Flugzeuge offen bleibe und die USA ihre Stützpunkte im Bundesgebiet bei einer Militäraktion nutzen könnten. »Wir haben nicht vor, die Bewegungsmöglichkeiten unserer Freunde einzuschränken«, sagte Schröder. Er verwies auf NATO-Statut und Stationierungsverträge, an die Deutschland gebunden sei. Die Bundesregierung hatte Anfang der Woche eine Anfrage aus den USA zur Unterstützung im Falle eines Krieges gegen Irak erhalten. Schröder erklärte, das Ersuchen werde sorgfältig geprüft. ...
Unterdessen hält die deutsche Friedensbewegung die auf dem Gipfel beschlossene Gründung einer NATO-Eingreiftruppe für »völkerrechtlich, verfassungsrechtlich und politisch unhaltbar«. Mit den Plänen verstoße die Allianz gegen den Nordatlantikvertrag von 1949, in dem die NATO »eindeutig und ausschließlich« als Verteidigungsbündnis konzipiert wurde, erklärte der Bundesausschuss Friedensratschlag. Die Elitetruppe solle dagegen für präventive Angriffskriege eingesetzt werden. Die Truppe aus voraussichtlich 21 000 Soldaten soll bis Oktober 2004 eine erste Einsatzbereitschaft erreichen. ...
Die NATO selbst will ihren so genannten Anti-Terror-Kampf auf eine breite Basis stellen und ihre Beziehungen zu Russland noch enger gestalten. Diesem Ziel dienten am Freitag mehrere Treffen auf dem NATO-Gipfel ...
Bei Protesten gab es – entgegen Vorhersagen der Medien – keine Ausschreitungen von Pakt-Gegnern. Tausende zogen friedlich durch die Stadt.
Aus: ND, 23.11.2002
***
Friedensdemonstration in Brüssel
Rund 10.000 Menschen haben am Sonntag, den 17. November, in Brüssel gegen einen möglichen Angriff der USA gegen den Irak protestiert. Wie das belgische Radio berichtete, kritisierten die Demonstanten auch die israelische Regierungspolitik.
Die belgischen Sozialisten hatten den USA in einer Streitschrift vorgworfen, zu einem Krieg gegen Irak bereit zu sein, ob mit oder ohne Unterstützung der Vereinten Nationen. Die Demonstranten forderten, dass Europa sich nicht an einem möglichen Militärschlag gegen den Irak beteiligen solle.
Der zweistündige Marsch durch Brüssel verlief nach Angaben der Polizei ohne Zwischenfälle. Zu der Kundgebung hatten 135 Organisationen aufgerufen, darunter Gewerkschaften und die Friedensbewegung. Die Polizei sprach von 6.500 Teilnehmern.
www.news.ch, 17.11.2002
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Am 15. November: Artikel in der Frankfurter Rundschau und in der jungen Welt: bereits ab 14. November bei ngo-online
Während die bewegungsorientierte Internetzeitung "www.ngo-online" (bereits am 14.11.) und die junge Welt am 15. November, also passend zur Bundestagssitzung über die Verlängerung des Mandats "Enduring Freedom", fast wortgetreu eine entsprechende
Presseerklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag veröffentlichten, griff die Frankfurter Rundschau auf ihrer Dokumentationsseite im Feuilleton auf eine Presseerklärung des Friedensratschlags zurück, die schon ein paar Tage alt ist und sich mit der Irak-Resolution des UN-Sicherheitsrats befasste (siehe:
"Kriegsgefahr nicht gebannt" - "Großer Spielraum für Interpretationen"). Dankenswerterweise hat die FR, soweit uns bekannt ist, als erste deutsche Tageszeitung auf dieser Seite auch die
UN-Resolution im vollen Wortlaut abgedruckt - in einer deutschen Übersetzung, die allerdings nicht, wie behauptet, von der AG Friedensforschung an der Uni Kassel besorgt wurde (wir wollen uns nicht mit fremden Federn schmücken), sondern von einem UNO-Übersetzungsdienst.
***
IPPNW-Studie zu den Folgen des Krieges
Am 13. November berichtete die Frankfurter Rundschau in einem Artikel über die neueste Entwicklung im Irak in einem Absatz auch über eine von der IPPNW herausgegebene
Presseerklärung:
"Die internationale Ärzteorganisation IPPNW warnte vor den 'verheerenden' Folgen eines Irak-Krieges. IPPNW legte eine Studie vor, der zufolge bei einem konventionellen Angriff mit bis zu 260.000 Toten gerechnet werden müsse. Beim Ausbruch eines Bürgerkrieges und dem Einsatz von Atomwaffen könnten bis zu 3,9 Millionen Menschen ihr Leben verlieren. Auch drohten weitreichende Umweltschäden."
Aus: FR, 13. November 2002 (Artikel ""Iraks Parlament legt sich quer")
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Kriegsgefahr nicht gebannt
Friedensgruppen warnen vor Folgen der Irak-Resolution des UN-Sicherheitsrates. Weitere Aktionen
Rüdiger Göbel
Die einstimmige Verabschiedung der UN-Sicherheitsratsresolution 1441 ist nicht geeignet, den von US-Präsident George
W. Bush forcierten Waffengang am Golf zu verhindern - im Gegenteil, neben der anhaltenden Kriegsgefahr hat sie den
Vereinten Nationen schweren Schaden zugefügt. Zu dieser Schlußfolgerung kommen Gruppen der Friedensbewegung.
Die Bundesregierung, bisher ebenfalls strikter Gegner eines neuerlichen Golfkrieges, begrüßte die Entschließung vom
vergangenen Freitag. Dabei enthält die Irak-Resolution - in leicht abgeschwächter Form - die wesentlichen von
Washington geforderten Elemente zur Kriegsermächtigung, insbesondere die Androhung "ernster Konsequenzen" für
Bagdad bei "Verletzung seiner Pflichten".
Die Entscheidung des UN-Sicherheitsrates vom 8. November "markiert das Ende der Vereinten Nationen als Organ, das
einmal zur friedlichen Lösung von Konflikten basierend auf dem Respekt staatlicher Souveränität und der territorialen
Integrität seiner Mitgliedsstaaten geschaffen wurde", schlußfolgerte die britische Gruppe CANA (Christians Against NATO
Aggression). Irak habe keine andere Wahl als diese "neue Form von Kolonialismus" zu akzeptieren. Doch selbst die
Annahme des Diktats werde Irak nicht vor massiven Bombardements schützen.
Die deutsche Antikriegsbewegung äußerte sich bis dato vorsichtiger. Die Protagonisten der Resolution 1441, die USA und
Großbritannien, "verfolgen offenbar andere Ziele als die übrigen Mitglieder des Sicherheitsrats", erklärte der
Bundesausschuß Friedensratschlag nach einer Beratung am Sonntag. Washington und London seien bestrebt gewesen,
eine Resolution zu erhalten, die ihnen die Möglichkeit gibt, im Falle irgendeiner tatsächlichen oder vermeintlichen
Behinderung der Waffeninspektionen im Irak militärisch zu antworten. Diesem "Kriegsautomatismus" wollten
insbesondere Frankreich und Rußland nicht folgen und haben daher die USA zur Abschwächung des ursprünglichen
Resolutionsentwurfs gezwungen. Die nun einstimmig angenommene Resolution scheine beiden Seiten Recht zu geben:
Die USA bewerten sie als hart genug, um im Fall einer - auch nur geringfügigen - Verletzung der Resolution Krieg gegen
Irak führen zu können, Frankreich und Rußland seien stolz darauf erreicht zu haben, daß es keinen "Automatismus" zum
Krieg gibt.
Viele Formulierungen in der Resolution lassen allerdings einen großen Spielraum für unterschiedliche Interpretationen.
Unscharfe Festlegungen, wonach der Irak "genaue", "vollständige", "endgültige", "verifizierbare" Auflistungen über
seine verbotenen Waffenprogramme abzuliefern hat, oder wonach die Inspekteure "ungehinderten",
"bedingungslosen", "sofortigen" und "uneingeschränkten" Zugang zu allen Stätten vermuteter Forschung, Entwicklung
oder Produktion von verbotenen Waffen und ihrer "Komponenten" und "Subkomponenten" erhalten müssen, sind
auslegungsfähig.
"Die Kriegsgefahr ist längst nicht gebannt", schlußfolgerte daher Peter Strutynski vom Bundesausschuß
Friedensratschlag. "Die UN-Resolution ist zwar besser als der Drohzustand zuvor, aber die ersten Äußerungen von Bush
und Powell lassen keinen Zweifel, daß die USA weiterhin zum Krieg entschlossen und bereit sind.
Aus: junge Welt, 12. November 2002
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Atomwaffen-Gegner:
Friedensaktivisten zu Haftstrafen verurteilt
COCHEM, 5. November (dpa). Wegen Hausfriedensbruchs hat das Amtsgericht Cochem (Rheinland-Pfalz) am Dienstag drei Atomwaffengegner zu mehrwöchigen Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt. Die drei Mitglieder der Initiative "Gewaltfreie Aktion Atomwaffen abschaffen" hatten nach Überzeugung des Gerichts im April den Maschendrahtzaun des Fliegerhorstes Büchel bei Cochem zerschnitten. Auf dem Gelände des Jagdbombergeschwaders 33 entfalteten sie dann Transparente mit der Aufschrift "Atomwaffen abschaffen". Ihrer Ansicht nach lagern dort Atombomben.
Eine Frau und ein Mann bekamen jeweils eine Haftstrafe von sechs Wochen. Eine zweite Frau muss für einen Monat ins Gefängnis. Alle drei Atomwaffengegner wollen Rechtsmittel einlegen.
Aus: Frankfurter Rundschau, 6. November 2002
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Hartmut Meesmann berichtete am 4. November in der Frankfurter Rundschau unter der Überschrift "Streit um 'doppelte Solidarität' in Nahost" von der Delegiertenversammlung von Pax Christi, die am vorausgegangenen Wochenende in Mainz stattgefunden hatte, u.a.:
... Der Bischof von Fulda, Heinz Josef Algermissen, ist neuer bischöflicher Präsident der deutschen Sektion von Pax Christi. ... Auf der jährlichen Delegiertenversammlung der katholischen Friedensbewegung in Mainz erhielt Algermissen, der von der Deutschen Bischofskonferenz für dieses Amt vorgeschlagen wurde, 87 von 97 Stimmen. Bischof Algermissen erklärte vor den Delegierten der diözesanen Pax-Christi-Gruppen, er wolle dazu beitragen, dass die Stimme von Pax Christi innerhalb der katholischen Kirche, aber auch in der Bischofskonferenz gehört werde. Er bekräftigte, dass ein möglicher Präventivkrieg gegen Irak ohne UN-Mandat aus seiner Sicht ethisch nicht zu akzeptieren sei. Auch bekannte der Bischof, dass er als junger Mann den Kriegsdienst sicherlich verweigert hätte, wenn er nicht Priester geworden wäre. ...
...
Während die Delegierten in Mainz einen Präventivkrieg gegen Saddam Hussein einhellig verurteilten, weil er vor allem die Zivilbevölkerung träfe, zeigten sie sich bei dem Versuch uneins, die Devise von der "doppelten Solidarität" mit Israelis und Palästinensern neu zu bestimmen. Die "Nahost-Kommission" zog einen entsprechenden Antrag zurück, nachdem ihr vorgeworfen worden war, die besondere Bedrohungssituation Israels zu wenig berücksichtigt zu haben. Konsens besteht allerdings darin, örtliche Friedensinitiativen auf beiden Seiten künftig noch stärker zu unterstützen. Derzeit sind drei Pax- Christi-Mitglieder im Rahmen eines dreimonatigen freiwilligen Friedensdienstes in Palästina. Sie wollen die Bemühungen um eine Entschärfung lokaler Konflikte mit ihrer Anwesenheit unterstützen.
Aus: Frankfurter Rundschau, 4. November 2002
***
Im Novemberheft der IG-Metall-Zeitschrift "metall" erschien ein Interview mit einem Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag.
"Bundesregierung muss zu ihrem Wort stehen"
Lässt sich der drohende Krieg gegen den Irak noch verhindern?
metall sprach mit Peter Strutynski, Politikwissenschaftler an der
Universität Kassel und Sprecher des Bundesausschusses
"Friedenspolitischer Ratschlag".
metall: Geht es US-Präsident Bush wirklich darum, die Produktion
von Massenvernichtungsmitteln im Irak zu verhinden?
Strutynski: Nein, denn dann hätte er ja auf das Angebot eingehen
können, Waffen-Inspektoren zu entsenden. In Wirklichkeit geht es
um die Kontrolle des Erdöls. Im Irak liegt immerhin das weltweit
zweitgrößte Reservoir. Um da ranzukommen, wollen die Amerikaner
Saddam Hussein beseitigen.
metall: Verbietet das nicht die UN-Charta ?
Strutynski: Richtig, nach dem Völkerrecht darf Krieg kein Mittel sein,
Regierungen zu stürzen - selbst wenn an der Spitze ein
Regierungsverbrecher wie Saddam steht. Würde das rechtens,
entstünden Verhältnisse wie im 30-jährigen Krieg. Das wäre das
reinste Chaos.
metall: Die Bundesregierung will sich nicht an einem Irak-Krieg
beteiligen...
Strutynski: ... aber sie ergreift leider keine Maßnahmen, die die
US-Regierung beeindrucken und den Krieg verhindern könnten ...
metall: ... beispielsweise?
Strutynski: Die deutschen Marineverbände müssten aus Ostafrika
und der Golfregion abgezogen werden, die Panzer aus Kuweit.
Genau das hat Schröder ausdrücklich abgelehnt, vor und nach der
Wahl.
metall: Der Abzug einiger Panzer aus Kuwait soll die Amerikaner
vom Krieg abhalten?
Strutynski: Die Bundesregierung handelt ja nicht alleine. Andere
europäische Staaten wie Frankreich sind auch gegen den Krieg. Und
der Druck der UNO zeigt deutlich, dass die USA weitgehend isoliert
sind und fast alleine diesen Krieg durchziehen wollen.
metall: Was plant die Friedensbewegung in Deutschland?
Strutynski: Die Friedensbewegung hat die große Mehrheit der
Bevölkerung auf ihrer Seite. Diese Anti-Kriegsstimmung wollen wir
mobilisieren. Nach den Aktionen am 26. Oktober sind zum Anfang
kommenden Jahres zentrale Großkundgebungen geplant. Die
Bundesregierung darf nicht vor dem Druck der USA einknicken und
muss zu ihrem Wort stehen.
Aus: metall, Monatsmagazin, November 2002, S. 7
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