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Verstößt Nutzung des "Bombodroms" gegen den 2+4-Vertrag?

Art. 5 schließt NATO-Verbände aus - Eine interessante Presseerklärung der PDS

Der außenpolitische Sprecher der PDS und frühere Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke hat vor wenigenn Tagen auf einen interessanten Aspekt aufmerksam gemacht: Die Teilnahme von NATO-Verbänden an Luft-Bodenübungen auf dem geplanten Truppenübungsplatz Kyritz-Ruppiner Heide (sog. Bombodrom) verstieße gegen die Bestimmungen des 2+4-Vertrages, insbesondere gegen dessen Art. 5.
Wir dokumentieren im Folgenden die entsprechende Presseerklärung vom 5. November 2001 sowie den Art. 5 des 2+4-Vertrags.
Den gesamten 2+4-Vertrag aus dem Jahr 1990, der ein wichtiges friedensorientiertes Dokument der Zeitgeschichte darstellt (und wogegen nach Meinung von Juristen die Bundesregierung mit der Teilnahme am Jugoslawienkrieg und an anderen Kriegen verstoßen hat), können Sie hier einsehen.



Presseerklärung vom 05.11.2003

NATO-Nutzung des Bombodroms verletzt 2+4-Vertrag

Wolfgang Gehrcke, außenpolitischer Sprecher des Parteivorstandes der PDS, hat sich in einem Schreiben an Bundesverteidigungsminister Struck für die strikte Einhaltung des 2+4- Vertrages ausgesprochen und dies insbesondere in Bezug auf eine erwogene NATO-Nutzung des Bombodroms in der Kyritz-Ruppiner Heide angemahnt:

Die Teilhabe von NATO-Verbänden an Luft-Bodenübungen auf dem geplanten Truppenübungsplatz Kyritz-Ruppiner Heide (Bombodrom) verstößt gegen die Bestimmungen des 2+4-Vertrages. Artikel 5 des 2+4-Vertrages schließt die Stationierung und Verlegung von NATO- Verbänden auf dem/das Gebiet der neuen Bundesländer völkerrechtlich aus.

Da bereits zum Abschluss des 2+4-Vertrages die Problematik von NATO-Manövern in den neuen Bundesländern zwischen den Vertragsparteien strittig war, hat sich die Bundesrepublik Deutschland in einer besonderen Protokollnotiz zum 2+4-Vertrag verpflichtet, die Anwendung des Wortes "Verlegung" in einer "vernünftigen und verantwortungsvollen Weise" zu handhaben.

Ich fordere von Verteidigungsminister Struck offenzulegen, in welchem Umfang NATO-Verbände an Übungen auf dem Bombodrom beteiligt werden sollen und welche rechtliche Beurteilung bezüglich des 2+4-Vertrages die Bundesregierung vorgenommen hat.

Die Bundesregierung sollte von den Plänen, den Truppenübungsplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide als Bombenabwurfplatz zu nutzen, endgültig Abstand und die juristisch untermauerten Interessen der betroffenen Gemeinden, der ortsansässigen Wirtschaft und der Bürgerinnen und Bürger in der Region ernst nehmen. Wenn im Zusammenhang mit der militärischen Nutzung des Bombodroms nun sogar der Bruch von völkerrechtlichen Verträgen in Kauf genommen werden soll, verlässt Minister Struck den Boden der Rechtsstaatlichkeit. Das Bombodrom darf nicht zum Symbol für eine deutsche Sicherheitspolitik werden, die sich um völkerrechtliche Verträge nicht schert, um weltweite Militäreinsätze trainieren zu können.


Artikel 5
des "Vertrags über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland" (2+4-Vertrag) vom 12. September 1990

(1) Bis zum Abschluss des Abzugs der sowjetischen Streitkräfte vom Gebiet der heutigen Deutschen Demokratischen Republik und Berlins in Übereinstimmung mit Artikel 4 dieses Vertrags werden auf diesem Gebiet als Streitkräfte des vereinten Deutschland ausschließlich deutsche Verbände der Territorialverteidigung stationiert sein, die nicht in die Bündnisstrukturen intergriert sind, denen deutsche Streitkräfte auf dem übrigen deutschen Territorium zugeordnet sind. Unbeschadet der Regelung in Absatz 2 dieses Artikels werden während dieses Zeitraums Streitkräfte anderer Staaten auf diesem Gebiet nicht stationiert oder irgendwelche andere militärische Tätigkeiten dort ausüben.

(2) Für die Dauer des Aufenhalts sowjetischer Streikräfte auf dem Gebiet der heutigen Deutschen Demokratischen Republik und Berlins werden auf deutschen Wunsch Streitkräfte der Französischen Republik, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika auf der Grundlage entsprechender vertraglicher Vereinbarungen zwischen den Regierungen des vereinten Deutschland und den Regierungen der betreffenden Staaten in Berlin stationiert bleiben. Die Zahl aller nichtdeutschen in Berlin stationierten Streitkräfte und deren Ausrüstungsumfang werden nicht stärker sein als zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Vertrags. Neue Waffenkategorien werden von nichtdeutschen Streitkräften dort nicht eingeführt. Die Regierungen des vereinten Deutschland wird mit den Regierungen der Staaten, die Streitkräfte in Berlin stationiert haben, Verträge zu gerechten Bedingungen unter Berücksichtigung der zu den betreffenden Staaten bestehenden Beziehungen abschließen.

(3) Nach dem Abschluss des Abzugs der sowjetischen Streitkräfte vom Gebiet der heutigen Deutschen Demokratischen Republik und Berlins können in diesem Teil Deutschlands auch deutsche Streitkräfteverbände stationiert werden, die in gleicher Weise militärischen Bündnisstrukturen zugeordnet sind wie diejenigen auf dem übrigen deutschen Hoheitsgebiet, allerdings ohne Kernwaffenträger. Darunter fallen nicht konventionelle Waffensysteme, die neben konventionellen andere Einsatzfähigkeiten haben können, die jedoch in diesem Teil Deutschlands für eine konventionelle Rolle ausgerüstet und nur dafür vorgesehen sind. Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.

Das ganze Dokument im Wortlaut:
Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland



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