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"Ich nehme diesen Preis als Aufruf zum Handeln an"

Barack Obamas Ansprache anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis / Fidel Castro: "Eine positive Entscheidung" (Wortlaut)

Die Auszeichnung Barack Obamas mit dem Friedensnobelpreis 2009 war ebenso überraschend wie umstritten (Vgl. hierzu unsere internationale Presseschau. Die Kritik etwa von Seiten der Friedensbewegung, so einen Preis müsse sich ein Politiker erst einmal verdienen, schien Obama geahnt zu haben. Denn in seiner ersten Ansprache im Weißen Haus, nachdem er von der Ehrung erfahren hatte, griff er mögliche Einwände gegen seine Wahl geschickt auf. Wir dokumentieren im Folgenden diese Rede - auch wenn sie das Grundanliegen der Kritiker/innen wohl nicht zu zerstreuen vermag.
Im Anschluss daran dokumentieren wir eine sehr weise und diplomatische Stellungnahme von Fidel Castro. Möge auch sie sich Präsident Obama zu Herzen nehmen!

Friedensnobelpreis für Barack Obama

Im Folgenden dokumentieren wir die Ansprache, die Barack Obama anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis am 9. Oktober 2009 im Rosengarten des Weißen Hauses hielt. Die Übersetzung besorgte der Amerika Dienst.

Rede des Präsidenten

Guten Morgen. Nun, das habe ich alles nicht erwartet, als ich heute Morgen aufgewacht bin. Nachdem ich die Nachricht erhalten hatte, kam Malia ins Zimmer und sagte: "Daddy, du hast den Friedensnobelpreis gewonnen und Bo hat heute Geburtstag!" Und Sasha fügte hinzu: "Außerdem liegt ein dreitägiges Wochenende vor uns!" Es ist gut, Kinder zu haben, die die Dinge ins Verhältnis setzen.

Ich fühle mich zugleich überrascht und zutiefst geehrt von der Entscheidung des Nobelpreiskomitees. Lassen Sie mich ganz deutlich sagen: Ich sehe sie nicht als Anerkennung meiner persönlichen Leistungen, sondern als Bekräftigung der Führungsrolle der Vereinigten Staaten im Namen der Wünsche von Menschen überall auf der Welt.

Ehrlich gesagt habe ich nicht das Gefühl, es zu verdienen, in einer Reihe mit so vielen visionären Persönlichkeiten zu rangieren, die mit diesem Preis geehrt wurden – Männer und Frauen, deren mutiges Eintreten für den Frieden eine Inspiration für mich und den Rest der Welt ist.

Aber ich weiß auch, dass dieser Preis für eine Welt steht, die diese Frauen und Männer – und alle Amerikaner – erschaffen wollen: eine Welt, die das Versprechen unserer Gründungsdokumente zum Leben erweckt. Und ich weiß, dass der Friedensnobelpreis zeit seiner Geschichte nicht nur zur Ehrung besonderer Leistungen verliehen wurde, sondern auch als Mittel, um bestimmten Zielen Schlagkraft zu verleihen. Daher nehme ich diesen Preis als Aufruf zum Handeln an – als Aufruf an alle Länder, die gemeinsamen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzugehen.

Diese Herausforderungen können nicht von einem Staatsoberhaupt oder einem Land allein bewältigt werden. Daher hat meine Regierung darauf hingearbeitet, eine neue Ära des Engagements einzuläuten, in der alle Länder Verantwortung für die Welt übernehmen müssen, die wir schaffen wollen. Wir können keine Welt hinnehmen, in der es in immer mehr Ländern Atomwaffen gibt und in der der Schrecken eines nuklearen Holocaust immer mehr Menschen bedroht. Daher haben wir begonnen, konkrete Schritte auf dem Weg hin zu einer Welt ohne Atomwaffen zu unternehmen, weil alle Länder das Recht haben, Atomenergie friedlich zu nutzen, aber auch alle Länder dafür verantwortlich sind, diese friedlichen Absichten nachzuweisen.

Wir können nicht die wachsende Bedrohung durch den Klimawandel hinnehmen, der die Welt, die wir unseren Kindern hinterlassen, für immer schädigen könnte – der Konflikte und Hungersnöte nach sich zieht, Küsten zerstört und Städte unbewohnbar macht.

Daher müssen alle Länder jetzt ihren Anteil der Verantwortung dabei übernehmen, die Art und Weise, wie wir Energie nutzen, zu verändern.

Wir dürfen nicht zulassen, dass die Unterschiede zwischen den Menschen die Art und Weise bestimmen, wie wir einander sehen. Aus diesem Grund müssen wir einen Neuanfang zwischen Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen, Hautfarben und Religionen anstreben, der auf gemeinsamen Interessen und gegenseitigem Respekt basiert.

Ferner müssen wir alle einen Beitrag leisten, um die Konflikte zu lösen, die über so viele Jahre hinweg so viel Schmerz und Leid verursacht haben, und zu diesen Bestrebungen muss das unerschütterliche Bekenntnis gehören, endgültig die Rechte aller Israelis und Palästinenser anzuerkennen, in Frieden und Sicherheit in ihrem eigenen Land zu leben.

Wir können keine Welt hinnehmen, in der immer mehr Menschen die Chancen und die Würde verwehrt werden, nach denen sich alle Menschen sehnen – die Möglichkeit, eine Ausbildung zu erhalten und einen annehmbaren Lebensunterhalt zu verdienen, die Sicherheit, nicht in Angst vor Krankheiten oder Gewalt ohne Hoffnung für die Zukunft leben zu müssen.

Und während wir für eine Welt eintreten, in der Konflikte friedlich beigelegt werden und Wohlstand geteilt wird, müssen wir uns der Welt stellen, wie sie heute ist. Ich bin der Oberbefehlshaber eines Landes, dessen Verantwortung es ist, einen Krieg zu beenden und sich an einem anderen Kriegsschauplatz einem rücksichtslosen Feind zu stellen, der die Amerikaner und ihre Bündnispartner unmittelbar bedroht. Ich weiß auch, dass wir es mit den Auswirkungen einer globalen Wirtschaftskrise zu tun haben, die Millionen von Amerikanern arbeitslos gemacht hat. Das sind Probleme, denen ich mich jeden Tag im Namen der amerikanischen Bürger stelle.

Ein Teil der Arbeit, die vor uns liegt, wird nicht während meiner Präsidentschaft abgeschlossen werden. Ein Teil davon, etwa die Abschaffung von Atomwaffen, wird möglicherweise nicht zu meinen Lebzeiten abgeschlossen werden. Aber ich weiß, dass wir diese Herausforderungen bewältigen können, solange wir uns darüber im Klaren sind, dass nicht eine Person oder ein Land allein das schaffen kann. Bei dieser Auszeichnung geht es nicht nur um die Bestrebungen meiner Regierung – es geht um das mutige Streben von Menschen überall auf der Welt.

Und aus diesem Grund muss diese Auszeichnung mit allen Menschen geteilt werden, die sich für Gerechtigkeit und Menschenwürde einsetzen – mit der jungen Frau, die trotz Schlägen und Schüssen schweigend für ihr Recht auf die Straße geht, angehört zu werden, für die Politikerin, die in ihrem eigenen Haus gefangen gehalten wird, weil sie sich weigert, ihr Bekenntnis zur Demokratie zu verwerfen, mit dem Soldaten, der Dienstzeit um Dienstzeit Opfer bringt für jemanden, der am anderen Ende der Welt lebt und mit allen Frauen und Männern auf der Welt, die ihre Sicherheit und Freiheit und manchmal ihr Leben für den Frieden riskieren.

Das war schon immer das Anliegen der Vereinigten Staaten von Amerika. Aus diesem Grund hat die Welt stets zu den Vereinigten Staaten geblickt. Und aus diesem Grund glaube ich daran, dass die Vereinigten Staaten weiter eine Führungsrolle übernehmen werden.

Vielen herzlichen Dank.

Originaltext: Remarks by the President on winning the Nobel Peace Prize; www.whitehouse.gov

Herausgeber: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten; http://amerikadienst.usembassy.de/


Fidel Castro Ruz: "Eine positive Entscheidung"

Am heutigen Vormittag, Freitag, den 9. 10., erwachte die Welt mit der Nachricht, dass „dem guten Obama“, dem Rätselhaften, wie ihn der bolivarianische Präsident, Hugo Chávez, bei der UNO genannt hat, der Friedens-Nobel-Preis verliehen wurde. Nicht immer teile ich die Standpunkte dieser Institution, aber ich sehe mich veranlasst anzuerkennen, dass dies meines Erachtens in diesem Augenblick eine positive Entscheidung war. Sie gleicht den Schlag aus, den Obama in Kopenhagen erlitt, als Rio de Janeiro und nicht Chicago zum Sitz der Olympiade 2016 gewählt wurde, was zornige Angriffe seiner Gegner der extremen Rechten hervorrief.

Viele werden der Meinung sein, dass er noch nicht das Recht errungen hat, eine solche Auszeichnung zu erhalten. Wir wollen in dieser Entscheidung weniger die Auszeichnung für den US-Präsidenten sehen, sondern betrachten sie als eine Kritik an der von nicht wenigen Präsidenten dieses Landes ausgeübten Völkermordpolitik, die die Welt an den Scheideweg geführt haben, an dem sie sich heute befindet: als eine Mahnung zum Frieden und zur Suche nach Lösungen, die zum Überleben der Menschheit führen.

Aus: Reflexionen des Genossen Fidel: DEM DOLLAR LÄUTEN DIE GLOCKEN, 9. Oktober 2009; www.cuba.cu/gobierno/reflexiones


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