Die Botschaft heißt Harmonie
Obama verleiht Merkel Freiheitsmedaille und fordert Deutschland zu Libyen-Hilfe auf *
US-Präsident Obama und Bundeskanzlerin Merkel haben zum Auftakt ihrer Gespräche in Washington die Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft betont. Obama nannte Deutschland bei der Begrüßung am Dienstag (7. Juni) »einen unserer engsten Verbündeten«. Merkel sagte, Deutschland habe in der Welt keinen besseren Partner als die USA.
US-Präsident Barack Obama und seine Frau Michelle haben Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag mit militärischen Ehren in Washington begrüßt. Anschließend setzten Obama und Merkel ihre bereits am Vorabend informell begonnenen Gespräche mit der Begegnung im Oval Office fort. Dazukommen sollten auch die mit Merkel angereisten fünf Bundesminister für Finanzen, Inneres, Verteidigung, Wirtschaft und Äußeres sowie deren US-Kollegen.
Obama und Merkel hatten bereits am Vorabend (6. Juni) rund zwei Stunden lang gemeinsam in Nobel-Restaurant »1789« im Washingtoner Viertel Georgetown zu Abend gegessen. Das Gespräch fand nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen in »entspannter Atmosphäre« statt und berührte Themen wie den Umbruch in Nordafrika, die Lage in Afghanistan und den Nahostfriedensprozess. Beraten wurde demnach auch über die Eurokrise, die Weltwirtschaft sowie die Politik in Deutschland und den USA.
Bereits vor Merkels Eintreffen hatte Obama gegenüber Medien erklärt, er wolle Deutschland um ein stärkeres Engagement in Libyen bitten. Er freue sich auf die Diskussion mit der Kanzlerin, »wie wir gemeinsam noch mehr tun können, um effektiver auf die Veränderungen in der Region zu reagieren, inklusive Libyen«, sagte Obama dem Berliner »Tagesspiegel« vom Montag. Er lobte Deutschland dafür, dass es den Einsatz gegen Libyens Staatschef Muammar el-Gaddafi bereits indirekt militärisch unterstütze.
Die Menschen in Libyen, Ägypten und anderen Staaten Nordafrikas verdienten die entschlossene Hilfe Deutschlands und der USA, sagte Obama. Er wisse, dass »der Nahe Osten und Nordafrika vor vielen Herausforderungen stehen. Solche Übergänge sind nicht einfach und brauchen ihre Zeit.« Als Vorbild nannte er die Wende 1989 in der DDR und Osteuropa.
Obama nannte die Kanzlerin in einem Interview eine »gute Freundin und einen der engsten Partner in der Welt«. Er berate sich bei jeder wichtigen internationalen Frage mit Merkel und schätze »ihren Pragmatismus und ihre offenen Worte sehr«. »Ich kann ihr vertrauen, wenn sie eine Zusage macht«, sagte der US-Präsident.
Am Abend sollte Merkel im Rahmen eines Staatsbanketts von Obama mit der Freiheitsmedaille, der höchsten zivilen Ehrung der USA, ausgezeichnet werden. Sie ist nach Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl die zweite Deutsche, die die Medaille verliehen bekommt.
Zur Delegation gehörte auch eine Reihe von Bundestagsabgeordneten, darunter für die LINKE deren Sprecherin für Internationale Beziehungen, Sevim Dagdelen. Sie wolle, so Dagdelen in einer Erklärung, die in Deutschland von einer Mehrheit getragene Ablehnung des Libyen-Kriegs, »die viele US-amerikanische Kolleginnen und Kollegen teilen, auch in politischen Gesprächen mit Abgeordneten des US-Kongresses« deutlich machen. »Meine Unterstützung hat der Demokratische Kongressabgeordnete Dennis Kucinich, der Ende Mai eine Resolution in das Repräsentantenhaus eingebracht hat, in welcher er Präsident Obama zum Rückzug aller US-Streitkräfte aus Libyen aufforderte.«
* Aus: Neues Deutschland, 8. Juni 2011
Kaffeesatz und wilder Lachs
Von Roland Etzel **
Schon vor dem Merkel-Besuch in Washington tauchte der deutsche Blätterwald tief in den Kaffeesatz ein. Viel wurde gemutmaßt über ein gestörtes persönliches Verhältnis zwischen Kanzlerin und Präsident. Kann er ihr (wieder) vertrauen? Ist nach Obamas Verbannung an die Berliner Siegessäule bei seiner Wahlkampf-Rede 2008 der letzte Frust verflogen? Nach Analyse des Menüs beim Abendessen wurde dies mehrheitlich mit Ja beantwortet: Für Merkel gab's Wildlachs mit Frühlingszwiebeln, wohingegen Russlands Medwedjew 2010 mit Cheeseburger und Pommes abgespeist wurde. Wer die deutsche Stimmenthaltung bei der UN-Libyen-Resolution zum atlantischen Grabenbruch erklärt hatte, ist in Erklärungsnot.
Vielleicht ist alles aber viel schlichter. Die Merkel- wie die Obama-Regierung hatten wenig Interesse, sich am von Sarkozy losgetretenen Krieg zu beteiligen, ohne dies aber so klar sagen zu wollen. Die USA stecken in Billionendefiziten und scheuen einen weiteren teuren Waffengang; und Merkel weiß, dass Kriege hier erfreulicherweise noch immer unpopulär sind, wofür sich zwar eine gefühlte Mehrheit der deutschen Medien, nicht aber der Menschen schämt.
Dafür soll Berlin als »Strafe« nun einen Gutteil des »Wiederaufbaus« zahlen und – das war wohl die gestrige Botschaft in Sachen Libyen – den wird es wohl auch geben. Inklusive lukrativer Aufträge für deutsche Unternehmen.
** Aus: Neues Deutschland, 8. Juni 2011
Zurück zur USA-Seite
Zur Deutschland-Seite
Zurück zur Homepage