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Wahlkampf in Südossetien

Regierung und Opposition stark zerstritten. Schwere Vorwürfe gegen den Präsidenten

Von Rainer Rupp *

In der ehemaligen georgischen autonomen Republik Südossetien finden am Sonntag (31. Mai) Parlamentswahlen statt. Es sind die ersten nach dem militärischen Überfall Georgiens im August 2008 und der anschließenden von Rußland unterstützten Unabhängigkeitserklärung. Die politischen Kräfte des Landes sind stark zerstritten. Die Opposition wirft der Regierung des bis 2011 amtierenden Präsidenten Eduard Kokoity Korruption und einen autoritären Führungsstil vor. Damit liefere Kokoity einen zusätzlichen Vorwand, die Souveränität des neuen südossetischen Staates nicht anzuerkennen. Bisher ist Südossetien nur von Rußland und Nicaragua anerkannt worden. Zugleich rief die Opposition den Kreml auf, den Teil der von Kokoity geplanten Verfassungsänderung zu stoppen, welcher die bisher geltende Begrenzung der Amtszeit der Präsidenten aufheben und ihm erlauben würde, auch nach 2011 weiter zu regieren.

Der russische General Anatoli Barankiewitsch, der eine entscheidende Rolle im kurzen August-Krieg zur Befreiung Südossetiens von den georgischen Invasoren gespielt hatte, warf jüngst Präsident Kokoity vor, das Land »in die Gesetzlosigkeit« abgleiten zu lassen. Die 450 Millionen Dollar russischer Hilfe für den Wiederaufbau seien – ohne sichtbare Spuren im Land zu hinterlassen – in dunklen Kanälen verschwunden. Zugleich hat der Chef der russischen Präsidialverwaltung, Sergej Narischkin, im TV-Sender Vesti 24 den Südosseten nahegelegt, die bisher geltende Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten beizubehalten. Dies war laut der russischen Onlinezeitung Politcom.ru soviel wie eine »höfliche Auforderung« des Kreml an Präsident Kokoity, den Platz für einen Nachfolger frei zu machen. Aber was, so fragt Politcom.ru weiter, wenn Kokoity diese Aufforderung »ebenso höflich ignoriert?«

In russischen Regierungskreisen scheinen die Klagen der Opposition zwar auf offene Ohren zu stoßen, aber der politische Handlungsspielraum des Kreml ist begrenzt. Seit der Unabhängigkeitserklärung verweist Rußland stets auf die nationale Souveränität Südossetiens, das von einer demokratischen Regierung geführt werde. Auch nur der Schein einer Einmischung des Kreml würde dem Westen die politische Munition liefern, um die Souveränität des Landes und die russischen Motive in Frage zu stellen. So hat Kokoity gute Chancen, am Sonntag die Wahlen zu gewinnen. Laut General Barankiewitsch habe er mit angeblich unlauteren Mitteln seine beiden Hauptkontrahenden weitgehend ausgeschaltet. Die Opposition beschuldigt Kokoity bereits jetzt der Wahlfälschung, was beim Kreml wiederum auf wenig Gegenliebe stößt, da Rußland sehr an einem Parlament interessiert ist, das durch die Wahlen unanzweifelbar legitimiert ist. Daher sollen unabhängige internationale Beobachter (Journalisten und Abgeordnete) aus Deutschland, Frankreich und Italien am Sonntag überall in Südossetien den Ablauf der Wahlen kontrollieren.

* Der Autor ist Mitglied der internationalen Beobachtergruppe für die Parlamentswahlen in Südossetien

* Aus: junge Welt, 30. Mai 2009

Weitere Meldungen **

Vor Wahlen in Südossetien: Republikchef bewertet Nato-Übung in Georigen als Provokation

ZCHINWALI, 30. Mai (RIA Novosti). Als eine unverhüllte Provokation hat Südossetiens Präsident Eduard Kokoity die Abhaltung einer Nato-Übung auf dem Territorium Georgiens bewertet, während in der Nachbarrepublik Südossetien Parlamentswahlen stattfinden.

Wie Kokoity in einem RIA-Novosti-Gespräch betonte, handelt es sich dabei um einen Versuch, die südossetische Bevölkerung unter Druck zu setzen.

Bis zu 1 000 Militärangehörigen aus Nato-Mitglieds- bzw. Partnerländern nehmen an der 2. Etappe der Nato-Übung Cooperative Lancer 09 auf dem Gelände des Stützpunkts Wasiane in der Nähe der georgischen Hauptstadt Tiflis teil.

„Die Abhaltung von Nato-Truppenübungen auf dem Territorium Georgiens ist eine große Provokation und ein Versuch, die Bevölkerung Südossetiens unter Druck zu setzen", sagte er wörtlich.

Nach seinen Worten schließe er eventuelle Provokationen am Tag der Wahlen nicht aus. „Gestern erhielten wir durchaus ernsthafte Informationen über einen Versuch, Terrorakte auf dem Territorium der Republik zu organisieren", fügte Kokoity hinzu. „Die Sicherheitsorgane prüfen jetzt diese Angaben."

Die ersten Parlamentswahlen in der Republik Südossetien nach dem Konflikt im August 2008 finden am morgigen Sonntag statt. Um die 34 Sitze kämpfen die Partei Einheit, die Kommunistische Partei, die Volkspartei und die Partei Vaterland.

Ende August hatte die Russische Föderaton die Unahbängigkeit Südossetiens und Abchasiens anerkannt.


Südossetiens Außenminister: Parlamentswahlen werden Anerkennung unserer Unabhängigkeit anspornen

ZCHINWALI, 30. Mai (RIA Novosti). Eine erfolgreiche Abhaltung der Parlamentswahlen am Sonntag in Südossetien könnte eine positive Auswirkung auf die internationale Völkergemeinschaft auf die zukünftige Anerkennung der Unabhängigkeit dieser Republik haben. Diese Meinung äußerte der südossetische Außenamtschef Murat Dschiojew.

„Die morgigen Wahlen werden der Welt erneut zeigen, dass die Prinzipien von Demokratie, Offenheit und Transparenz in Südossetien in vollem Umfang eingehalten werden", sagte der Diplomat am Sonnabend auf einer Pressekonferenz in der südossetischen Hauptstadt Zchinwali. „Dies wäre ein guter Impuls und ein Signal an die internationale Völkergemeinschaft: Das Volk Südossetiens ist dessen würdig, dass der von ihm gegründete Staat anerkannt wird und einen gleichberechtigten Platz unter den anderen Staaten der Welt einnimmt."

Wie er mitteilte, werden mehr als 70 Wahlbeobachter zu den Parlamentswahlen nach Südossetien kommen, unter anderem aus Deutschland, Polen, Tschechien, der Ukraine, Kasachstan und Kirgisien sowie aus Abchasien, Berg-Karabach und Transnistrien.

Nach dem georgisch-südossetischen Konflikt Anfang August 2008 hatte Russland die Unabhängigkeit der bisherigen georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien anerkannt.


Wahlen in Südossetien finden "trotz georgischer Aggression" statt

ZCHINWALI, 31. Mai (RIA Novosti). Der südossetische Präsident Eduard Kokoity hat am Sonntag (31. Mai) bei der ersten Parlamentswahl seit dem August-Krieg seine Stimme abgegeben.

„Trotz der georgischen Aggression gegen uns haben die Wahlebn heute stattgefunden", sagte Kokoity in seinem Wahllokal, das sich in der Schule Nr. 5 befindet. Das Schulgelände beherbergt auch einen Friedhof, auf dem einige Opfer des georgisch-ossetischen Krieges von 1991-1992 begraben worden waren.

Das ist die erste Wahl in Südossetien seit der Anerkennung seiner Unabhängigkeit durch den Kreml im August 2008. Georgien betrachtet Südossetien als seine von Russland besetzte Provinz.

Über 70 Beobachter aus Russland und weiteren Ländern sind bei der Wahl dabei, Um insgesamt 34 Parlamentsmandate buhlen die präsidententreue Partei „Einheit", die Kommunistische Partei, die Volkspartei der Republik Südossetien sowie die Republikanische Sozialistische Partei.

Alle Meldungen aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 30. bzw. 31. Mai 2009; http://de.rian.ru




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