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Georgien streckt die Hand aus

Präsident Saakaschwili um besseres Verhältnis zu Russland bemüht

Von Irina Wolkowa, Moskau *

Georgien strecke Russland die Hand zu Partnerschaft und Zusammenarbeit entgegen, erklärte Michail Saakaschwili, der am Sonntag in Tbilissi zur zweiten Amtszeit vereidigt wurde.

Saakaschwilis Worten folgte tosender Beifall der Anwesenden. Angereist waren mehrere Staatschefs aus Osteuropa; die Ukraine war durch Premierministerin Julia Timoschenko vertreten, Russland durch Außenminister Sergej Lawrow. Angesichts der Spannungen im bilateralen Verhältnis sei seine Entsendung »keine einfache Entscheidung gewesen«, sagte Lawrow nach einer Begegnung mit dem Patriarchen der Georgischen Orthodoxen Kirche, Ilija II. Eben darum bedeute dieser Schritt eine »nicht zu unterschätzende Etappe« bei der Entwicklung der bilateralen Kontakte.

Russland und Georgien hätten gute Chancen für einen Neuanfang, sagte auch Saakaschwili zu Beginn seiner Unterredung mit dem Chefdiplomaten aus Moskau. Bei seiner Vereidigung hatte er allerdings auch erklärt, Georgien werde künftig bei seinen Bemühungen um Integration in westeuropäische Strukturen wie NATO und EU ein schärferes Tempo einschlagen. Außerdem versprach Saakaschwili, die Armut energischer zu bekämpfen und das Land zu einen.

Gleich nach den vorgezogenen Präsidentenwahlen am 5. Januar, die nach Massenprotesten der Opposition und Zusammenstößen mit Ordnungskräften Anfang November anberaumt worden waren, hatte der mit rund 53 Prozent der Stimmen im Amt bestätigte Saakaschwili der Opposition eine Regierungsbeteiligung angeboten. Er und seine Anhänger stünden dafür nicht zur Verfügung, erklärte deren Führer Lewan Gatschetschi-ladse jedoch auf einem neuen Protestmeeting, das am Sonntag gleich nach der Amtseinführung Saakaschwilis in Tbilissi stattfand, vor 60 000 Teilnehmern.

Gerechnet hatten die Organisatoren allerdings mit weit über 100 000. Experten erklären dies nicht allein mit der ungewöhnlichen Kälte, unter der Georgien seit Anfang Januar stöhnt. Vereinigt ist die Opposition nur dem Namen nach. Und Gatschetschiladse steht vorerst nur für jene neun Parteien, für die er bei den Wahlen als Herausforderer Saakaschwilis angetreten war. Laut amtlichem Endergebnis kam er bei der Abstimmung auf knapp 26 Prozent, Saakaschwili fuhr das Doppelte ein.

Die Opposition erkennt das Ergebnis jedoch nicht an. Sie spricht von massiven Fälschungen bei der Stimmenauszählung und besteht auf eine Stichwahl. Die Meinung internationaler Beobachter dazu ist geteilt. Kurzzeit-Beobachter lobten das Votum als absolut frei und fair, Kollegen, die bereits mehrere Wochen vor der Abstimmung in Georgien eintrafen, sprachen von erheblichen Behinderungen der Opposition. Diese dürfte alles daran setzen, sich bei den Parlamentswahlen im Frühjahr zu rächen und Saakaschwilis Vereinter Nationaler Bewegung die absolute Mehrheit zu nehmen.

Auch könnte es durchaus Verzögerungen beim NATO-Beitritt geben. Offizielle Verhandlungen will die Allianz Georgien zwar bereits im April anbieten. Laut NATO-Statuten dürfen Kandidaten jedoch keine offenen Konflikte mit ihren Nachbarn haben. Georgien indes bemüht sich seit Jahren vergeblich um die Reintegration seiner abtrünnigen Autonomien Südossetien und Abchasien. Die dortigen Separatisten werden von Moskau unterstützt, 80 Prozent der Bevölkerung haben bereits einen russischen Pass. Wegen Georgien aber dürfte die Allianz kaum bereit sein, ihr ohnehin gestörtes Verhältnis zu Russland weiter zu belasten.

* Aus: Neues Deutschland, 21. Januar 2008

Russland protestiert gegen PACE-Einladung an Georgiens Präsident

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) hat trotz der Proteste der russischen Delegation eine Einladung an Georgiens Präsident Michail Saakaschwili zur Teilnahme an der Wintertagung geschickt.
"Ich bedauere diese Entscheidung, die rein politischen Charakter hat", erklärte Konstantin Kossatschow, Chef der russischen PACE-Delegation und Leiter des Duma-Ausschusses für Auswärtiges, am 21. Jan. in Strassburg. "Als Mitglied des PACE-Büros halte ich die Einladung eines Spitzenpolitikers im Vorfeld wichtiger politischer Ereignisse im jeweiligen Land für unzulässig", so Kossatschow.
In diesem Fall handle es sich um die Einladung Saakaschwilis im Vorfeld der Parlamentswahl in Georgien, die voraussichtlich im Mai stattfindet.
Dies sei eine indirekte Einwirkung auf den Wahlkampf in diesem Land, so Kossatschow.
Saakaschwili soll am kommenden Donnerstag (24. Jan.) vor den PACE-Abgeordneten sprechen.

(Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 21. Januar 2008)




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