Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Chronik Afghanistan

Januar 2007


Montag, 1. Januar, bis Sonntag, 7. Januar
  • Bei der Explosion eines Sprengsatzes sind im Westen Afghanistans zwei afghanische Polizisten getötet worden. Die Bombe ging am 1. Jan. in der Provinz Herat hoch, als eine Polizeipatrouille vorüberfuhr. Ein dritter Polizist sei bei dem mutmaßlichen Taliban-Angriff verletzt worden, wie der Bezirkschef von Schindand erklärte. Am 31. Dez. 2006 hatten die Taliban den Angaben zufolge den Bezirk Chaki Safed in der Provinz Farah unter ihre Kontrolle gebracht, Häuser geplündert und in Brand gesteckt sowie den örtlichen Polizeichef entführt, wie der Provinzpolizeichef mitteilte. Nach etwa einer Stunde seien die Taliban mit Lieferwagen geflohen. Ein Talibansprecher sagte, die Kämpfer hätten den Bezirk mehrere Stunden lang kontrolliert.
    Seit dem Einmarsch der US-geführten Koalitionstruppen im Jahr 2001 in Afghanistan haben die radikalislamischen Taliban ihre Angriffe auf den Süden und Osten des Landes konzentriert. Der bislang ruhigere Westen des Landes wird jedoch immer häufiger Schauplatz von Angriffen mutmaßlicher Taliban.
  • Pakistan und Afghanistan wollen über die bessere Sicherung ihrer gemeinsamen Grenze beraten. Der pakistanische Ministerpräsident Shaukat Aziz reist dazu am 4. Jan. zu Gesprächen mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai nach Kabul, wie sein Informationsministerium am 3. Jan. mitteilte. Die Regierung in Islamabad hat in der vergangenen Woche angekündigt, einen Teil der 2.430 Kilometer langen Grenze zu verminen und einen Zaun zu errichten. Afghanistan und westliche Länder haben Pakistan wiederholt vorgeworfen, Extremisten Unterschlupf zu bieten.
  • Die NATO hat am 3. Jan. eingeräumt, dass den Einsätzen ihrer Truppen in Afghanistan zu viele Zivilpersonen zum Opfer fallen. Die Zahl für das vergangenen Jahr sei zu hoch, sagte der Sprecher der ISAF-Schutztruppe, Richard Nugee, ohne Einzelheiten zu nennen. Man arbeite schon seit Woche an Maßnahmen, um Zivilpersonen in diesem Jahr besser zu schützen. Nugee verwies darauf, dass die NATO-Soldaten deutlich weniger Zivilpersonen getötet hätten als die Taliban. Die Aufständischen verübten nach NATO-Angaben im vergangenen 117 Selbstmordanschläge. Das waren rund sechs Mal so viel wie 2005. Dabei kamen 206 afghanische Zivilpersonen, 54 afghanische Sicherheitskräfte und 18 ISAF-Soldaten ums Leben.
  • Bei Gefechten mit NATO-Truppen und afghanischen Soldaten sind nach Polizeiangaben im Süden Afghanistans 15 mutmaßliche Taliban-Kämpfer getötet worden. Soldaten der Alliierten seien bei den dreistündigen Kämpfen in den Bergen der Provinz Helmand am 4. Jan. nicht verletzt worden, sagte Polizeisprecher Ghulam Nabi Malachel am 5. Jan. Die wieder aufgeflammten Kämpfe in Afghanistan haben seit Anfang 2006 rund 4.000 Menschen das Leben gekostet. Die meisten Toten waren Kämpfer der Taliban.
  • Bei zwei Anschlägen auf die internationale Schutztruppe in Afghanistan (ISAF) sind fünf Soldaten leicht verletzt worden. In der an Pakistan grenzenden Provinz Paktika sprengte sich am 5. Jan. ein Selbstmordattentäter in einem Lieferwagen in die Luft, wie der Gouverneur Mohammed Akram Chepelwak sagte. Dabei seien vier ISAF-Soldaten verletzt worden. Ein ISAF-Sprecher bestätigte, eine "gewisse Anzahl von Soldaten" sei bei einem Selbstmordanschlag verwundet worden. Zur Nationalitäüt der Verletzten gab es keine Angaben, in Paktika sind aber vor allem US-Soldaten im Einsatz.
    In der südlichen Provinz Kandahar erlitt ein ISAF-Soldat leichte Verletzungen, als sein Konvoi bei der Explosion eines ferngesteuerten Sprengsatzes getroffen wurde. Die Bombe sei im Distrikt Sahre am Straßenrand detoniert, sagte ein ISAF-Sprecher. Dort begann die NATO vor drei Wochen die "Operation Gipfelfalke" gegen Taliban-Kämpfer. Vor allem Niederländer, Kanadier und Briten sind in dem Gebiet stationiert. (AFP, 6. Jan.)
  • Bei einem Bombenanschlag im Osten Afghanistans sind am 7. Jan. eine Mutter und ihre beiden Neugeborenen getötet worden. Auch die Großmutter der Kinder kam ums Leben, wie die Behörden erklärten. Der Sprengsatz zerstörte das Auto, in dem die Familie saß. Der Vater der Zwillinge und der Fahrer wurden verletzt, wie der Gouverneur der Provinz Chost, Dschamal Arsallah, erklärte. Die Babys waren am 6. Jan. zur Welt gekommen. Die Familie wollte sie nach Hause in ihr Dorf bringen.
  • Im Süden des Landes erschossen zwei Bewaffnete auf einem Motorrad am 7. Jan. den Direktor einer Oberschule. Der Mann wurde beim Verlassen einer Moschee in der Nähe der Stadt Laschkar Gah in der Provinz Helmand von Schüssen niedergestreckt, wie der für Bildung in der Provinz zuständige Behördenleiter erklärte.
Montag, 8. Januar, bis Sonntag, 14. Januar
  • Nach den Misshandlungsvorwürfen des ehemaligen Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz hat die Staatsanwaltschaft Tübingen gegen zwei beschuldigte deutsche Elite-Soldaten ermittelt. Den Angehörigen des Bundeswehr-Kommandos Spezialkräfte (KSK) werde gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung im Amt vorgeworfen, teilte die Behörde am 8. Jan. mit. Damit ist die drohende Verjährung abgewandt, ein späteres Strafverfahren bleibt möglich. "Die Ermittlungen dauern an", hieß es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft. Insbesondere sollen die beiden Verdächtigen vernommen werden. Kurnaz hatte ausgesagt, ein KSK-Mann habe ihm im Januar 2002 in einem Gefangenenlager in Afghanistan den Kopf auf den Boden geschlagen. Außerdem sei er getreten worden. Bei den Misshandlungen sei ein zweiter Soldat anwesend gewesen.
  • In der Debatte über den Einsatz der Bundeswehr in Südafghanistan hat der britische Oppositionsführer David Cameron die europäische Verantwortung für die Stabilisierung des Landes betont. Cameron äußerte am 9. Jan. in Kreuth Verständnis für deutsche Bedenken. Man dürfe aber nicht vergessen, dass die deutschen, die britischen und die französischen Truppen die schlagkräftigsten in Europa seien. Deshalb komme ihnen eine besondere Verantwortung zu, mahnte der Führer der britischen Konservativen zum Abschluss seines Besuches bei der CSU-Landesgruppe. Er sei sich mit der CSU einig, dass der Einsatz in Afghanistan unbedingt erfolgreich abgeschlossen werden müsse. Alle NATO-Mitglieder müssten sich überlegen, was sie dazu leisten könnten - vor allem auch im Süden Afghanistans. CSU-Chef Edmund Stoiber vertrat die Ansicht, dass für die Erweiterung des Bundeswehrauftrags über den Norden Afghanistans hinaus ein neues Bundestagsmandat nötig sei. Der geltende Parlamentsbeschluss beziehe sich nur auf den Einsatz im Norden. Stoiber bekräftigte, dass bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr aus Sicht seiner Partei eine gewisse Zurückhaltung gewahrt werden müsse. Zugleich wisse man, dass die NATO in Afghanistan nicht scheitern dürfe. Diese Balance sei eine schwierige Herausforderung.
  • Bei einem Militäreinsatz von NATO-Truppen und der afghanischen Armee in der Grenzregion im Osten des Landes sind in der Nacht zum 11. Jan. bis zu 150 Aufständische getötet worden. Die Rebellen seien in zwei großen Gruppen von Pakistan in die afghanische Provinz Paktika eingedrungen, teilte die NATO-geführte Internationale Schutztruppe in Afghanistan (ISAF) mit. Nach dem Grenzübertritt hätten die Aufständischen im Bezirk Barmal Bodentruppen der afghanischen Armee und der ISAF angegriffen. Daraufhin seien sie aus der Luft und vom Boden aus unter Beschuss genommen worden.
  • Fünf Jahre nach der Inhaftierung der ersten Gefangenen im US-Lager Guantanamo hat der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke, vor einer einseitigen Fixierung auf das Thema gewarnt. Die Öffentlichkeit sollte sich nicht nur mit Themen befassen, "die für uns intellektuell und politisch interessant sind, aber an den Quantitäten vorbeigehen", sagte Nooke der "Netzeitung" laut einer Meldung vom 11. Jan. "395 Gefangene sind eben nur 395 Gefangene, die ungerechtfertigt ohne Prozess festgehalten werden", meinte er. Andererseits gebe es aber tausende von Menschenrechtsverletzungen in Darfur, Sri Lanka, China, Russland, Kuba, Nordkorea und Myanmar. Dort würden keinerlei Freiheits- oder Bürgerrechte gewährt, noch nicht einmal das Recht auf gesundheitliche Versorgung oder Lebensmittel. Nooke sagte, angesichts der Menschenrechtssituation in anderen Ländern sei Guantanamo "nicht so besonders, wie es in der Öffentlichkeit dargestellt wird". Viele hätten jedoch ein Interesse daran, Vergehen der Amerikaner besonders drastisch darzustellen. Nooke warnte davor, mit unterschiedlichen Maßstäben zu messen. "Man kann nicht sagen, in Diktaturen oder autoritären Regimen gibt es 90 Prozent Menschenrechtsrabatt, während für Amerika die Einhaltung der Menschenrechte zu 110 Prozent gefordert wird."
  • Die Bundeswehr wird sechs "Tornado"-Aufklärungsjets nach Afghanistan schicken. Wie die Nachrichtenagentur ddp am 11. Jan. in Berlin erfuhr, wird Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dieses Angebot bei der Außenministerkonferenz der NATO am 26. Januar in Brüssel vorlegen. Die zuständigen Parlamentarier des Bundestages seien über diese Absicht der Bundesregierung vom Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium unterrichtet worden. Die NATO hatte angesichts der gefährlichen Lage am Hindukusch um die Entsendung der Aufklärungsmaschinen gebeten.
  • In der Koalition wird erwogen, die Entsendung der Bundeswehr-Tornados nach Afghanistan mit einer Protokollerklärung vom Bundestag genehmigen zu lassen. Dies könne ein möglicher Mittelweg sein, wenn die Regierung ein neues Mandat juristisch nicht für nötig halte, berichtete die "Berliner Zeitung" (Ausgabe vom 12. Jan.) unter Berufung auf Koalitionskreise. Der Verzicht auf einen Bundestags-Beschluss gilt in der Koalition als schwer vermittelbar. "Eine rein juristische Begründung reicht nicht", hieß es in der Koalition. Die NATO hat die Bundesregierung gebeten, sechs Tornado-Aufklärungsflugzeuge für Afghanistan zur Verfügung zu stellen.
    Die Bundesregierung ist nach Angaben von SPD-Fraktionschef Peter Struck im Grundsatz bereit, der NATO für Südafghanistan sechs Tornado-Aufklärungsflugzeuge zur Verfügung zu stellen. Ein entsprechendes Angebot wolle Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am 26. Januar auf einer Sondersitzung der NATO-Außenminister in Brüssel unterbreiten, sagte Struck am 12. Jan. am Rande der Klausurtagung seiner Fraktion in der EU-Hauptstadt. Die endgültige Entscheidung über den Einsatz solle aber erst Ende Januar oder Anfang Februar fallen.
    Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben noch nicht über eine Entsendung von Bundeswehr-Tornados nach Afghanistan entschieden. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm bekräftigte am 12. Jan. in Berlin Darstellungen des Auswärtigen Amtes und des Verteidigungsministeriums, wonach innerhalb der Bundesregierung die Prüfung der entsprechenden Anfrage weiter andauere. "Ich kenne keinen neuen Sachstand", betonte Wilhelm.
  • Die NATO hat am 12. Jan. die Darstellung zurückgewiesen, bei einem Luftangriff im Süden Afghanistans seien mindestens 13 Zivilpersonen ums Leben gekommen. Die Informationen deuteten darauf hin, dass bei dem Beschuss in der Provinz Helmand am Vortag nur Rebellen getötet worden seien. Die afghanische Polizei hatte erklärt, bei dem Luftangriff seien neben 16 mutmaßlichen Aufständischen auch Zivilpersonen ums Leben gekommen.
  • In der Hauptstadt Kabul verübte ein Selbstmordattentäter am 12. Jan. einen Anschlag auf zwei Fahrzeuge, in denen Ausländer saßen. Wie die Polizei mitteilte, wurde ein Afghane verletzt.
  • Die Grünen und die Linkspartei wollen vor das Bundesverfassungsgerichts ziehen, falls die Regierung ohne neues Bundestagsmandat Tornados nach Afghanistan entsendet. Bei einem solchen Vorgehen wäre eine Klage in Karlsruhe unausweichlich, sagte der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittinam 13. Jan. Ähnlich äußerte sich Linksfraktionsgeschäftsführer Ulrich Maurer. "Die Linke wird es nicht zulassen, dass die Bundesregierung Deutschland per Protokollnotiz unmittelbar in den Krieg hineinzieht", erklärte er.
  • Gulbuddin Hekmatyar, einer der mächtigsten Warlords in Afghanistan, sieht die militärische Niederlage des Westens in seinem Land besiegelt. "Mir erscheinen die Verhältnisse vergleichbar mit der Zeit, als die Sowjetunion sich entschloss, Afghanistan zu verlassen", sagte der 59-Jährige in einem Interview mit stern.de, dem Online-Magazin des stern (13. Jan.). Hekmatyar, dessen Truppen vor allem im Osten und Norden des Landes kämpfen, spielte damit auf den Abzug der Russen an, die ihre Besatzung 1989 nach einem zermürbenden Guerillakrieg aufgaben. Die USA hätten den Fehler begangen, den Krieg in Afghanistan und im Irak als Kreuzzug zu bezeichnen. In diesem Kampf seien "nahezu 1,5 Milliarden Muslime bereit, ihr Leben dem Islam zu opfern", sagte Hekmatyar. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet der ehemalige Premierminister von Afghanistan, dass sie "deutsche Söhne nicht für amerikanische Interessen opfert", so Hekmatyar. Angela Merkel solle die deutschen Truppen abziehen: "Die islamische Welt erträgt die Sklaverei nicht mehr!"
  • Bei einem Gefecht im Süden Afghanistans haben britische Truppen laut AP 16 mutmaßliche Taliban-Kämpfer getötet (dpa sprach später von 30 getöteten Taliban). Bei dem Einsatz in der Provinz Helmand sei am 13. Jan. auch ein britischer Soldat ums Leben gekommen, teilten die Streitkräfte am 14. Jan. mit. Unterstützt wurden die Briten nach Angaben von Militärsprecher Martin Collins von niederländischen Kampfhubschraubern und einem US-Kampfflugzeug. Der getötete Brite ist das erste Todesopfer, dass die internationalen Truppen in diesem Jahr in Afghanistan zu beklagen haben.
  • Gulbuddin Hekmatyar, einer der mächtigsten Warlords in Afghanistan, sieht die militärische Niederlage des Westens in seinem Land besiegelt. "Mir erscheinen die Verhältnisse vergleichbar mit der Zeit, als die Sowjetunion sich entschloss, Afghanistan zu verlassen", sagte der 59-Jährige in einem Interview mit stern.de, dem Online-Magazin des stern (14. Jan.). Hekmatyar, dessen Truppen vor allem im Osten und Norden des Landes kämpfen, spielte damit auf den Abzug der Russen an, die ihre Besatzung 1989 nach einem zermürbenden Guerillakrieg aufgaben. Die USA hätten den Fehler begangen, den Krieg in Afghanistan und im Irak als Kreuzzug zu bezeichnen. In diesem Kampf seien "nahezu 1,5 Milliarden Muslime bereit, ihr Leben dem Islam zu opfern", sagte Hekmatyar. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet der ehemalige Premierminister von Afghanistan, dass sie "deutsche Söhne nicht für amerikanische Interessen opfert", so Hekmatyar. Angela Merkel solle die deutschen Truppen abziehen: "Die islamische Welt erträgt die Sklaverei nicht mehr!"
  • Angesichts der anhaltend unsicheren Lage in Afghanistan hat Italien für April eine internationale Geberkonferenz für das vom Krieg gezeichnete Land angekündigt. Die Konferenz in Rom solle den Bemühungen um Sicherheit, Drogenbekämpfung und ein handlungsfähiges Justizwesen neue Impulse geben, sagte Vizeaußenminister Gianni Vernetti am 14. Jan. "Hauptziel der Konferenz ist zu zeigen, dass wir mehr tun können, dass wir es besser und auf eine effektivere Art und Weise machen können." Er habe die Pläne mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai besprochen. Vernetti hält sich zu einem zweitägigen Besuch in Afghanistan auf. Italien stellt fast 2000 Soldaten für die NATO-geführte Internationale Afghanistan-Schutztruppe (ISAF).
Montag, 15. Januar, bis Sonntag, 21. Januar
  • Bei der Explosion einer am Straßenrand versteckten Bombe sind am 15. Jan. im Süden Afghanistans zwei NATO- Soldaten verwundet worden. Wie ein Militärsprecher mitteilte, ereignete sich der Anschlag westlich von Kandahar, einer Hochburg der islamistischen Taliban. In der Region sind zumeist kanadische Soldaten stationiert. Die Gewalt in Afghanistan ist mit Beginn des Winters etwas zurück gegangen. Im vergangenen Jahr wurden aber rund 4.000 Menschen bei Kämpfen oder Anschlägen getötet. Bei den Opfern handelte es sich zumeist um Rebellen.
  • Ein Angriff auf einen Stützpunkt der Rebellen im Süden Afghanistans hat einen NATO-Soldaten das Leben gekostet. Die NATO erklärte am 15. Jan., die Truppen seien während des Gefechts von mehreren Seiten unter Feuer genommen worden. Mehrere Soldaten erlitten Verletzungen. Schließlich hätten Kampfflugzeuge die Aufständischen bombardiert. Weitere Einzelheiten zu Ort und Zeit der Kämpfe wurden nicht genannt.
  • SPD-Fraktionschef Peter Struck hat sich ungeachtet der Vorbehalte im Bundestag erneut für eine Entsendung von Aufklärungs-Tornados der Bundeswehr in den Süden Afghanistans ausgesprochen: "Wir können uns der dringenden Bitte der NATO nicht entziehen". Die ISAF-Schutztruppe verfüge nicht über genügend Aufklärungskapazität, sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (15. Jan.). Deshalb hätten beispielsweise die Kanadier im Kampf gegen die Taliban vermeidbare Verluste erlitten. Struck räumte ein, dass es im Bundestag erhebliche Vorbehalte gegen die Entsendung der Tornado-Flugzeuge gebe. Er wünsche sich deshalb eine Debatte im Parlament, bevor es zu einer Entscheidung über die Ausweitung des deutschen Engagements am Hindukusch komme. Bisher hatte Struck erklärt, er sehe keine Notwendigkeit für ein neues Bundestagsmandat zur Beteiligung der Bundeswehr an der ISAF, weil ein Einsatz der Kampfjets durch einen bereits 2005 gefassten Beschluss der Abgeordneten gedeckt sei.
  • Die Bundesregierung entscheidet Ende Januar über eine Entsendung von Tornado-Aufklärungsflugzeugen in den umkämpften Süden Afghanistans. Nach dem Treffen der NATO-Außenminister am 26. Januar werde das Kabinett zu dieser Frage einen Beschluss fassen. Das sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am 15. Jan. in Berlin. Derzeit werde noch geprüft, ob die Bundeswehr die Ressourcen dafür habe. Außerdem muss geklärt werden, ob ein Tornado-Einsatz mit dem bestehenden Bundestagsmandat vereinbar ist.
  • Die pakistanische Armee hat im Grenzgebiet zu Afghanistan nach eigenen Angaben drei Trainingslager militanter Islamisten zerstört. Bei dem Einsatz von Kampfhubschraubern in den frühen Morgenstunden des 16. Jan. im Bezirk Süd-Waziristan seien "zwischen 25 und 30 ausländische Terroristen" getötet worden, sagte ein Armeesprecher. Genaue Opferzahlen lägen noch nicht vor. Süd-Waziristan gehört zu der an Afghanistan grenzenden Provinz Paktika, in der die Anhänger der 2001 gestürzten Taliban besonders aktiv sind.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates ist zu Gesprächen über den anhaltenden Aufstand der Taliban in Afghanistan eingetroffen. Am 16. Jan. kam Gates in Kabul zunächst mit dem amerikanischen Botschafter zusammen, danach waren Treffen mit Vertretern der NATO und der US-Streitkräfte sowie mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai geplant. Es ist Gates' erste Reise nach Afghanistan seit seinem Amtsantritt im Dezember.
    Bei seinem Antrittsbesuch im NATO-Hauptquartier in Brüssel hatte sich der US-Verteidigungsminister am 15. Jan. besorgt über die Lage in Afghanistan gezeigt. Es gebe "einige Hinweise, dass die Taliban die Gewalt im Jahr 2007 verstärken wollen". Dies müsse verhindert werden: "Ein Erfolg in Afghanistan ist unsere höchste Priorität", sagte Gates. Notwendig seien auch verstärkte Anstrengungen beim Wiederaufbau des Landes.
  • Angesichts der anhaltenden Gewalt radikal-islamischer Rebellen in Afghanistan hat der neue US-Verteidigungsminister Robert Gates schwere Vorwürfe gegen Pakistan erhoben. Die Angriffe von der pakistanischen Seite aus hätten zugenommen, sagte Gates bei seinem ersten Besuch in Afghanistan in Kabul am 16. Jan. "El-Kaida-Netzwerke operieren auf der pakistanischen Seite der Grenze." Gates sagte nach einem Treffen mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, man müsse in Afghanistan auf den bisherigen Erfolgen aufbauen. Gates betonte: "Pakistan ist ein außerordentlich starker Alliierter der Vereinigten Staaten im Kampf gegen den Terror." Die Grenze zu Afghanistan sei aber "ein Problem". Die Regierung in Kabul wirft der in Islamabad immer wieder vor, Pakistan gehe im Grenzgebiet nicht ausreichend gegen Rebellen vor, die von dort aus Ziele in Afghanistan angreifen und Anschläge verüben.
  • Afghanische Geheimdienstagenten haben einen Sprecher der radikalislamischen Taliban festgenommen. Der unter dem Decknamen Mohammed Hanif tätige Abdul Hakik sei am 15. Jan. am Grenzübergang Torkham zwischen Pakistan und Afghanistan ergriffen worden, sagte Geheimdienstsprecher Sajed Ansari der Nachrichtenagentur AFP am 16. Jan. "Seine Identität war festgestellt worden. Wir wussten, dass er kommt", sagte Ansari. Hanif hatte von geheimen Standorten aus regelmäßig afghanische und internationale Medien über die Aktivitäten der Taliban in Ostafghanistan informiert. Neben Jussuf Ahmadi, der im Allgemeinen über Südafghanistan berichtet, galt er einer der ranghöchsten Taliban-Sprecher.
  • Der Verteidigungsausschuss des Bundestags ist zu seiner ersten Zeugenvernehmung im Fall des ehemaligen Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz zusammengekommen. Zu Beginn der Sitzung am 17. Jan. sagt der frühere stellvertretende Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte (KSK) aus. Der aus Bremen stammende Türke Kurnaz wirft zwei KSK-Soldaten vor, ihn nach seiner Verschleppung von Pakistan nach Afghanistan im Januar 2002 in einem US-Lager in Kandahar misshandelt zu haben. Auch sein Anwalt Bernhard Docke wird als Zeuge in dem nichtöffentlich tagenden Gremium gehört. Der KSK-Oberst soll Auskunft über die räumlichen Gegebenheiten in Kandahar, den Auftrag, die Zusammenarbeit mit den Militärs anderer Nationen sowie eventuelle Kontakte seiner Männer zu Kurnaz geben. Der Vorsitzende des Untersuchungsgremiums des Verteidigungsausschusses, Karl Lamers (CDU), sagte, es solle aufgeklärt werden, was im Januar 2002 geschah.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates hat Verständnis für Forderungen nach einer Aufstockung der US-Truppen in Afghanistan gezeigt. Wenn die Kommandeure vor Ort das Gefühl hätten, sie bräuchten "zusätzliche Hilfe", habe er sehr großes Verständnis für eine solche Forderung, sagte Gates am 17. Jan. während eines Besuchs in Afghanistan auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Bagram. Gates bestätigte, dass die Verantwortlichen der US-Armee in Afghanistan entsprechende Anfragen an ihn gerichtet hätten. Um wie viele Soldaten sie baten, sagte er nicht.
  • In der afghanischen Hauptstadt Kabul soll Ende Januar das erste gemeinsame Geheimdienstzentrum von NATO, Afghanistan und Pakistan eröffnet werden. Damit solle der Kampf gegen die aufständischen radikalislamischen Taliban besser koordiniert werden, sagte NATO-Sprecher Richard Nugee am 17. Jan. Das Zentrum mit sechs Militärangehörigen der drei beteiligten Staaten solle in einem Lager der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF eingerichtet werden. Kurz nach der Eröffnung sollten bereits die ersten Offensiven gegen die Taliban geplant werden, kündigte Nugee an.
  • Die Union hat grundsätzlich Bereitschaft erkennen lassen, auf die Forderung von SPD und Opposition nach einem neuen Bundestagsmandat für einen Tornado-Einsatz in Afghanistan einzugehen. Nach einer Unterrichtung des Verteidigungsausschusses über den möglichen Einsatz sagte der CDU-Politiker Karl Lamers am 17. Jan. in Berlin, es müsse darüber diskutiert werden, dass der Einsatz grundsätzlich "eine neue Dimension sein kann". Es spreche einiges dafür, dass ein neues Mandat nötig sein könnte. Lamers signalisierte, dass er im Zweifel für ein neues Mandat sei. Darüber solle in der Unionsfraktion auch noch gesprochen werden. Das Kabinett will im Februar entscheiden.
  • Der seit fünf Jahren untergetauchte afghanische Taliban-Chef Mullah Omar soll von Pakistan aus operieren. Nach Aussage eines gefassten Aufständischen stehe er dort unter dem Schutz des pakistanischen Geheimdienstes ISI, sagte ein Sprecher des afghanischen Geheimdienstes am 17. Jan. Dem Geständnis des festgenommenen Rebellen zufolge befehligt Mullah Omar die Aufständischen in Afghanistan von der südwestpakistanischen Stadt Quetta aus. Der einäugige Taliban-Chef werde dabei vom ISI protegiert.
  • Der Verteidigungsausschuss des Bundestags hat sich "erschüttert" über Berichte des Ex-Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz zu Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan gezeigt. In seiner siebenstündigen Sitzung erhielt das nicht öffentlich tagende Gremium am 17. Jan. zugleich neue Hinweise auf mögliche Verstrickungen deutscher Geheimdienste in den Fall. Ferner tauchte die Frage auf, ob sich ein Mann als Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes getarnt und Kurnaz sowohl in dem US-Gefangenenlager im afghanischen Kandahar als auch in Guantánamo aufgesucht habe. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sagte: "Wir alle stehen unter dem Eindruck der Schilderungen von Herrn Kurnaz." Der Grünen- Abgeordnete Winfried Nachtwei teilte mit, der aus Bremen stammende Türke habe berichtet, er sei nach seiner Verschleppung von Pakistan nach Afghanistan im Januar 2002 über mehrere Tage immer wieder an Ketten aufgehängt worden. Damit er daran nicht sterbe, habe ein Arzt ihn auf "Folterfähigkeit" geprüft. Paul Schäfer von der Linksfraktion sagte, laut Kurnaz hätten Häftlinge bei minus zehn Grad nackt und angekettet in Zelten zugebracht. Kurnaz-Anwalt Bernhard Docke sagte, nach den Schilderungen seines Mandaten seien die Misshandlungen für alle im Lager ersichtlich gewesen. Schäfer nannte es "plausibel", dass auch die in dem Lager als Wachsoldaten eingesetzten deutschen Elite-Soldaten davon wussten. Kurnaz wirft zwei deutschen Elite-Soldaten vor, ihn getreten und gegen den Kopf geschlagen zu haben. Docke sagte, an die deutschen Geheimdienste stelle sich die Frage, warum Kurnaz von Kandahar überhaupt nach Guanánamo gebracht wurde.
  • Nach dem Verteidigungsausschuss befasst sich am 18. Jan. der Untersuchungsausschuss zum Anti-Terror-Kampf mit dem Fall des Bremer Türken Murat Kurnaz. Der Ausschuss wird zunächst dessen Anwalt Bernhard Docke befragen, danach Kurnaz selbst. Das Gremium will unter anderem klären, weshalb trotz eines Angebots von US-Seite die Bundesregierung eine Überstellung von Kurnaz zurück nach Deutschland lange ablehnte.
  • Ein neues Bundestagsmandat für den Afghanistan-Einsatz bedeutet nach Einschätzung der Union auch eine Ausweitung der Mission. "Jeder, der ein neues Mandat haben will, muss wissen, dass damit auch eine Ausweitung verbunden ist", sagte Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff (CDU) der "Berliner Zeitung" vom 18. Jan. Nach dem bisherigen Mandat dürfen höchstens 3.000 Soldaten eingesetzt werden, derzeit sind in Afghanistan rund 2.900 stationiert. Stationierung und Betrieb der Tornados erfordern dem Bericht zufolge aber den Einsatz von 250 bis 400 Soldaten. Damit würde die Obergrenze des Mandats voraussichtlich überschritten, wenn keine deutschen Bodentruppen aus dem Norden Afghanistans abgezogen werden könnten.
  • Auf Antrag der Fraktion DIE LINKE. wird der Bundestag am 19. Jan. über den beabsichtigten Einsatz von Tornado-Aufklärungsflugzeugen in Afghanistan debattieren. Dazu erklärt Ulrich Maurer, Parlamentarischer Geschäftsführer, am 18. Jan.: "DIE LINKE. hat im Bundestag die dringend notwendige Debatte über den Tornado-Einsatz in Afghanistan durchgesetzt. Damit wurde die Strategie der Bundesregierung durchkreuzt, diese deutsche Kriegsbeteiligung am Parlament vorbei einzufädeln."
  • Bei dem geplanten Tornado-Einsatz in Afghanistan gehen die Abgeordneten des Bundestags weitgehend von einem neuen Mandat des Parlaments aus: In der Plenardebatte am 19. Jan. in Berlin stellten die Redner aller Fraktionen mit Ausnahme der Linksfraktion zudem grundsätzlich eine Zustimmung in Aussicht. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), sagte, er gehe davon aus, dass die Entscheidung "auf eindeutiger unzweifelhafter Rechtsgrundlage" getroffen werde. Das sei auch die Voraussetzung für eine "breite parlamentarische Zustimmung". Für die SPD bekräftigte Detlef Dzembritzki: "Natürlich muss hier eine Mandatsentscheidung getroffen werden." Zugleich betonte er, dass Deutschland nicht umhin komme, sich dem Ansinnen der NATO nach Hilfe bei Aufklärungsflügen zu öffnen. Die LINKE lehnt nicht nur den Tornado-Einsatz ab, sondern fordert auch den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. (Hier geht es zu den Anträgen und zur Debatte im Bundestag.)
  • Ein Selbstmordattentäter hat sich am 19. Jan. in seinem Auto vor einem NATO-Konvoi in Südafghanistan in die Luft gesprengt. Der Anschlag wurde nach Polizeiangaben bei Tirin Kot in der Provinz Urusgan verübt. Von den Soldaten sei keiner zu Schaden gekommen.
  • Der Tod zweier Bundeswehrsoldaten bei einer Explosion in Afghanistan vor anderthalb Jahren wurde offenbar durch einen Anschlag verursacht. Die Explosion im nordafghanischen Rustak am 26. Juni 2005 sei "mit sehr großer Wahrscheinlichkeit" fremdverschuldet gewesen, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am 19. Jan. in Berlin. Die Ermittlungen des Bundeskriminalamtes (BKA) hätten ergeben, dass eine präparierte 107-Milimeter-Rakete beim Verladen explodiert sei. Bei dem Unglück waren neben zwei deutschen Soldaten auch sechs afghanische Zivilisten ums Leben gekommen. Ort und tatsächliche Opfer seien demnach Zufall gewesen, die Zeit der Explosion aber bewusst gewählt worden. (Siehe hierzu die Meldungen vom 26. bis 28. Juni 2005.)
  • Ein Erkundungsteam für den geplanten Tornado-Einsatz der Bundeswehr soll am 20. Jan. nach Afghanistan aufbrechen. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums betonte am 19. Jan. aber, damit werde in keiner Weise die noch ausstehende Entscheidung der Regierung sowie voraussichtlich auch des Bundestages vorweggenommen. Die sogenannte "fact-finding-mission" der Bundeswehr wird laut Verteidigungsministerium auf Befehl des Führungsstabes der Streitkräfte in Marsch gesetzt. Es gehe darum, Fakten zu sammeln, zum Beispiel über zu erwartende Kosten, sagte der Ministeriumssprecher. Die Ergebnisse würden dann in die politische Entscheidung münden.
  • Der Bundeswehrverband hält einen Einsatz von deutschen Tornado-Aufklärungsflugzeugen in Afghanistan nur für sinnvoll, wenn zuvor eine neue NATO-Strategie im Süden des Landes vereinbart worden ist. Der Verbandsvorsitzende Bernhard Gertz sagte der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" (20. Jan.): "Was die Verbündeten gemacht haben, ist nicht hinnehmbar. Da wurden mit Bomben aus der Luft angebliche Ziele bekämpft und in nicht tolerablen Ausmaß Unschuldige getroffen. Zur Unterstützung dieser Kampfführung sollten wir keine Aufklärungsergebnisse unserer Tornados bereitstellen." Die Bundesregierung müsse ihren Verbündeten spätestens auf der Sitzung des NATO-Rats am 26. Januar eine Diskussion aufzwingen über die Frage, welche Art und Weise des militärischen Vorgehens beim Kampf gegen Taliban und El Kaida zweckmäßig und sinnvoll sei. Ganz präzise müsse über die notwendige Strategie in Südafghanistan gesprochen werden. Dazu gehöre die Intensivierung der Wiederaufbaumaßnahmen ­ wo es große Defizite gebe.
  • Bei einem Bombenanschlag auf einen NATO-Konvoi in Afghanistan sind fünf niederländische Soldaten verwundet worden. Die Autobombe sei am 19. Jan. in der Provinz Urusgan im Süden des Landes explodiert, sagte ein Militärsprecher am 20. Jan. Nach der Detonation hätten Taliban-Kämpfer auf die Soldaten geschossen. Die Einheit habe Luftunterstützung angefordert, woraufhin Kampfhubschrauber die Taliban angegriffen hätten.
  • In der südafghanischen Provinz Kandahar wurde am 20. Jan. ein weiterer NATO-Konvoi Ziel eines Anschlags. Bei der Explosion des Sprengsatzes sei ein Fahrzeug beschädigt worden, es sei aber niemand verletzt worden, sagte NATO-Sprecher David Marsh.
  • Der italienische Außenminister Massimo D'Alema hat Forderungen aus den Regierungsparteien der Grünen und Kommunisten nach einem Truppenabzug aus Afghanistan zurückgewiesen. Eine solche Entscheidung würde eine außenpolitische Isolierung Italiens zur Folge haben, sagte D'Alema am 20. Jan. vor Mitgliedern seiner Partei der Linksdemokraten (DS). Er reagierte damit auf eine Ankündigung mehrerer kommunistischer und grüner Abgeordneter, gegen die weitere Finanzierung der italienischen Truppenpräsenz von 1.800 Mann in Afghanistan zu stimmen. Hingegen kündigten die rechtsgerichteten Oppositionsparteien Forza Italia und Liga Nord an, den Einsatz in Afghanistan im Parlament zu unterstützen. (Siehe hierzu: "Rom streitet über Afghanistan".)
Montag, 22. Januar, bis Sonntag, 28. Januar
  • ISAF-Kommandeur David Richards hat mehr Soldaten und mehr Geld für die Aufgaben der Afghanistan-Schutztruppe gefordert. "Wir sollten und können in Afghanistan gewinnen", sagte der oberste General der NATO-Truppe der britischen Zeitung "Guardian" (22. Jan.). Dafür seinen aber mehr Truppen und größere Anstrengungen für ein weiteres Jahr erforderlich. Er befürchte jedoch, dass die NATO für das laufende Jahr zu derselben Lageeinschätzung wie im vergangenen Jahr komme und glaube, damit über die Runden zu kommen. Das sei eine "gefährliche Annahme". Die Lage nur zu stabilisieren sei keine ausreichendes Ziel. "Ich hoffe, bin aber nicht davon überzeugt, dass die beteiligten Länder jetzt dieses wichtige Problem verstehen", sagte Richards. Der Aufbau der afghanischen Armee verlaufe zufriedenstellend. Die Streitkräfte brauchten aber ein weiteres Jahr, um sich auch behaupten zu können. Der NATO-geführten ISAF gehören rund 30.000 Soldaten aus 37 Ländern an.
  • Die Bundesregierung hält an ihrem Konzept der Polizeiausbildung in Afghanistan fest. Inzwischen seien 15.000 bis 17.000 afghanische Polizeikräfte für die mittlere und höhere Laufbahn mehrere Monate, zum Teil mehrere Jahre lang ausgebildet worden, sagte Regierungssprecher Thomas Steg am 22. Jan. in Berlin. Von offizieller Seite habe er gehört, "dass dieser Weg gut war". Der Sprecher reagierte damit auf amerikanische Vorwürfe, Deutschland bilde afghanische Polizisten schlecht aus. Sicherheitsfachmanns Anthony Cordesman vom "Center for Strategic and International Studies" sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" nach einer Afghanistan-Reise: "Als internationale Führungsnation für Polizeiarbeit ist Deutschland daran gescheitert, eine effektive Polizei aufzubauen, und hat drei Jahre vertan."
    Die Kritik aus den USA sei nicht neu und nicht wirklich überzeugend, sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Stefan Kaller. Deutschland habe mittel- und langfristig sehr gute Aufbauarbeit geleistet. Die Europäische Union will nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" in wenigen Monaten in Afghanistan die bislang von den Deutschen betriebene Ausbildung der Polizei übernehmen und zugleich deutlich ausweiten.
    Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, kritisierte, die Amerikaner wollten Sheriffs haben. Die hätten die Deutschen nicht zu bieten, "und die wollen wir nicht ausbilden", sagte Freiberg der "Leipziger Volkszeitung" (Ausgabe vom 23. Jan). "Die militärische Grundausbildung müssen andere übernehmen, reguläre Soldaten beispielsweise." Freiberg forderte angesichts der EU-Initiative zur verstärkten Polizeiausbildung im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP): "Es muss, für deutsche Behörden, bei der strikten Trennung zwischen militärischen und polizeilichen Aufgaben bleiben - auch im Ausland. Ich warne unsere Verantwortlichen dringend davor, sich auf die US-Linie einzulassen, Polizei quasi paramilitärisch in Afghanistan einzusetzen", sagte Freiberg.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in der Nähe eines NATO-Stützpunkts in Afghanistan sind am 23. Jan. mindestens zehn Einheimische getötet worden. Wie Sicherheitskräfte mitteilten, wurden weitere 14 Menschen bei dem Anschlag nahe Chost im Osten des Landes verletzt. Nach Angaben der Internationalen Schutztruppe ISAF wurde keiner ihrer Soldaten getötet oder verletzt. Der Stützpunkt befindet sich in Salerno nahe Chost, 150 Kilometer südöstlich der Haptstadt Kabul.
  • Die Koalition will die Entscheidungsstruktur bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr offenbar neu definieren. Der Fraktionsgeschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, sagte am 23. Jan. im Deutschlandfunk, 15 Jahre nach dem ersten derartigen Einsatz müsse man "das Spannungsfeld neu bedenken". Das Thema werde bei der Diskussion der Klausur der Koalitions-Fraktionsspitzen im brandenburgischen Werder gerade erörtert, sagte der CDU-Politiker. Röttgen räumte ein, es gebe unterschiedliche Standpunkte in der Koalition, ohne diese aber konkret zu benennen. "Wir müssen einen Weg finden zwischen dem, was möglich ist, und dem was parlamentarisch nötig ist", sagte er. "Wir können nicht über jeden Soldaten einzeln beschließen."
  • In den USA gab es nach Informationen des Magazins "Stern" (24. Jan.) ein ausdrückliches Interesse an der Rückkehr des Bremer Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz nach Deutschland. In geheimen Akten sei belegt, dass sich der Leiter der US-Nachrichtendienste in München im November 2002 bei einem hochrangigen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) darüber beschwert habe, dass die Deutschen Kurnaz die Rückkehr in die Bundesrepublik verweigerten, schreibt das Blatt. "Im Fall Kurnaz hätte eine andere Entscheidung im Interesse der USA gelegen", soll laut "Stern" der BND-Mann an den damaligen Präsidenten August Hanning geschrieben haben. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte am Dienstag erklärt, es sei ihm kein "offizielle Angebot" der USA für die Rückkehr von Kurnaz nach Deutschland bekannt. Kurz vor dem Aktenvermerk hatten zwei BND-Mitarbeiter Kurnaz dem "Stern" zufolge in Guantánamo verhört. Noch während ihrer Rückreise hätten sie ihren Vorgesetzten mitgeteilt, die USA sähen "die Unschuld von Kurnaz als erwiesen" an und wollten ihn "in sechs bis acht Wochen" entlassen. Dies sei auch Thema der so genannten Präsidentenrunde der deutschen Sicherheitsbehörden am 29. Oktober 2002 unter Leitung des damaligen Kanzleramtschefs Steinmeier. Während der Runde im Kanzleramt sei auch beschlossen, Kurnaz die Einreise zu verbieten.
  • Trotz einer Opium-Rekordernte in Afghanistan will die Regierung in diesem Jahr noch nicht nicht mit Herbiziden gegen die illegalen Pflanzungen vorgehen. Das Kabinett habe beschlossen, auf den Einsatz von Chemikalien zu verzichten und die Felder mit traditionellen Mitteln zu zerstören, teilte Said Mohammad Asam vom Ministerium für Drogenbekämpfung am 25. Jan. mit. Dabei werden üblicherweise Arbeiter auf die Felder geschickt, die die Pflanzen zerstören. "Wenn das funktioniert, dann ist es in Ordung", sagte Asam. "Wenn nicht, dann gehört das Besprühen zur Liste der Optionen."
  • Die USA wollen beim NATO-Außenministertreffen am 26. Jan. in Brüssel nach Diplomatenangaben deutlich mehr Geld für Afghanistan anbieten und die Verbündeten so unter Druck setzen. US-Außenministerin Condoleeza Rice wolle bei dem Treffen eine Aufstockung der Mittel für Sicherheit und Wiederaufbau um 20 Prozent ankündigen, hieß es am 25. Jan. von NATO-Diplomaten in Brüssel. Bei der von Rice angestoßenen Sondersitzung soll demnach auch die Bündnis-Forderung an Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bekräftigt werden, sechs Tornados zu stellen.
  • Im Kampf gegen den Terror haben Afghanistan, Pakistan und die NATO in Kabul ein erstes gemeinsames Geheimdienstzentrum gegründet. Die Eröffnung des Gemeinsamen Geheimdienst- und Operationszentrums (JIOC) sei "ein historischer Tag" im Kampf gegen Aufständische und Terrorismus, sagte der Kommandeur der Afghanistan-Schutztruppe ISAF, David Richards, am 25. Jan. in der afghanischen Hauptstadt. Die bereits enge Zusammenarbeit zwischen der ISAF und den Armeen von Afghanistan und dem benachbarten Pakistan erhalte durch das im ISAF-Hauptquartier angesiedelte Zentrum neue Energie. In der Koordinierungsstelle sollen jeweils sechs Mitglieder der afghanischen und der pakistanischen Armee sowie zwölf ISAF-Angehörige arbeiten.
  • Im Rahmen des Antiterror-Einsatzes Operation Enduring Freedom (OEF) in Afghanistan wird Frankreich seinen Flugzeugträger "Charles de Gaulle" in den Indischen Ozean entsenden. Wie das Verteidigungsministerium in Paris am 25. Jan. mitteilte, soll das riesige atomgetriebene Kriegsschiff am 9. Februar vom südfranzösischen Toulon aus in See stechen. Mitte März bis Mitte April sollen die auf der "Charles de Gaulle" stationierten Kampfflugzeuge dann die Bodentruppen der Anti-Terror-Koalition in Afghanistan unterstützen. Die Mission "Agapanthe 07" ist der vierte Einsatz des "See-Luft-Verbandes" seit dem Start der OEF am 7. Oktober 2001, vier Wochen nach den Anschlägen in den USA.
  • Bei dem Einsatz der sechs von der NATO angefragten Aufklärungsflugzeuge der Bundeswehr ist nach Angaben eines Brüsseler NATO-Diplomaten nicht auszuschließen, dass die Tornados auch militärisch brisante Fotos an den US-geführten OEF-Einsatz (Operation Enduring Freedom) übermittelten. Damit ginge der Einsatz über das bisherige ISAF-Mandat der Bundeswehr hinaus. Der Vizevorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Karl Lamers (CDU), schloss nicht aus, dass Tornado-Informationen weitergegeben werden könnten. "Das Kabinett muss sich in der nächsten Woche mit der Frage befassen, inwieweit diese Informationen über ISAF hinaus an andere Operationsstäbe gegeben werden", sagte Lamers am 25. Jan. der Nachrichtenagentur AFP. Deutschland sei daran gelegen, für die Sicherheit aller Soldaten in Afghanistan Sorge zu tragen. I
  • NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer hat die Bundesregierung dazu gedrängt, sechs Tornado-Aufklärungsflugzeuge nach Afghanistan zu senden. "Es gibt in Afghanistan einen Bedarf an Aufklärungsjets", sagte De Hoop Scheffer nach Abschluss des Treffens des NATO-Rats am 26. Jan. in Brüssel. Eine Entsendung der sechs Maschinen würde er daher sehr begrüßen. Die USA wollen mit milliardenschweren Hilfen und einer Neuausrichtung ihrer Strategie auf die prekäre Sicherheitslage in Afghanistan reagieren. De Hopp Scheffer sagte, die Entscheidung zur Entsendung der Tornados liege "zu hundert Prozent" bei der Bundesregierung. Ein Angebot für die Tornados unterbreitete Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bei dem NATO-Rat nicht, wie sein Sprecher unterstrich. Steinmeier hatte zuvor gesagt, die Regierung werde die Entscheidung "rechtzeitig" unter Einbeziehung des Bundestags fällen.
    De Hoop Scheffer will Steinmeier am 29. Jan. zu einem Gespräch in Berlin treffen. Der NATO-Generalsekretär lobte zugleich die "wichtige Initiative" der Bundesregierung, am Dienstag eine internationale Afghanistan-Konferenz in der Hauptstadt einzuberufen. De Hoop Scheffer sagte weiter, er habe bei den Außenministern der 26 NATO-Staaten breite Zustimmung für seinen Aufruf zu einem "umfassenden Ansatz" einer breiteren zivilen und militärischen Zusammenarbeit gefunden. Er zeigte sich "relativ optimistisch", dass die Mitgliedsländer bei der Truppenstellerkonferenz in Sevilla am 8. und 9. Februar mehr Hilfen für Afghanistan zusagen würden.
    US-Außenministerin Condoleezza Rice sagte, die USA wollten in den kommenden beiden Jahren bis zu 10,6 Milliarden Dollar (8,1 Milliarden Euro) mehr ausgeben. Zuvor war von bis zu acht Milliarden Dollar aus Washington für die Sicherheit am Hindukusch die Rede gewesen. Mit den zunächst für zwei Jahre vorgesehenen Geldern erhöhen die USA nach Einschätzung von Beobachtern den Druck auf die NATO-Partner, ihren Beitrag in Afghanistan aufzustocken. Der Großteil der von Rice angekündigten Gelder soll mit 8,6 Milliarden Dollar in den Ausbau der afghanischen Armee und der Polizei fließen.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat ihre Forderung nach mehr Unterstützung durch die NATO-Partner bei der Bekämpfung der Aufständischen im Süden Afghanistans bekräftigt. Alle Verbündeten müssten "so viel wie möglich tun", sagte Rice in der ARD. Es gebe Länder, "die die Last des Kampfes zu schultern haben, vor allem im Süden, wo es besonders hart zugeht", sagte Rice weiter. "Ein Bündnis bedeutet, dass wir versuchen, die Lasten gleichmäßig zu verteilen. Es bedeutet auch, dass nationale Vorbehalte, die die Einsatzmöglichkeiten der Truppen einschränken, immer wieder überdacht werden müssen", sagte Rice. Wenn ein Bündnispartner Schwierigkeiten habe, müsse darauf reagiert werden. Mit Blick auf den in Deutschland umstrittenen Einsatz von Bundeswehr-Tornados in Afghanistan zeigte Rice Verständnis für die "ganz besonders komplexe" Situation Deutschlands. "Wir wissen, welche Rolle Deutschland zukommt, und wir schätzen die Unterstützung Deutschlands im zivilen Bereich und besonders beim Wiederaufbau sehr", betonte sie. "Wenn Deutschland jetzt auch noch einen Beitrag zur Aufklärung leisten könnte, wäre das ein guter Schritt." (AFP, 27. Jan.)
  • Außenpolitiker der SPD haben sich skeptisch zu einem Einsatz deutscher Tornados im umkämpften Süden Afghanistans geäußert. "Wir müssen alles tun, damit wir nicht in eine schärfer werdende kriegerische Auseinandersetzung mit hineingezogen werden", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Gert Weisskirchen, dem "Tagesspiegel am Sonntag" (28. Jan.). "Wir wollen ein Szenario verhindern, wie wir es im Irak beobachten können."
  • Die neue Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, ist am 28. Jan. zu Gesprächen über die Bekämpfung der Taliban mit Afghanistans Präsident Hamid Karsai in Kabul zusammengekommen. "Sie ist hergekommen, um zu sehen, was vor Ort geschieht", sagte ein Sprecher der US-Botschaft. Am 27. Jan. hatte die Demokratin Pelosi den pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf getroffen, nachdem sie zuvor im Irak war. In Afghanistan wollte sie zudem den Kommandeur der NATO-geführten internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) sowie Regierungsvertreter und Abgeordnete treffen.
Montag, 29. Januar, bis Mittwoch, 31. Januar
  • SPD-Chef Kurt Beck geht davon aus, dass Deutschland Tornado-Aufklärungsflüge für einen Einsatz im Süden Afghanistans zur Verfügung stellt. "Deutschland muss sich der Aufgabe stellen", sagte Beck der "Rhein-Zeitung" (29. Jan.). Allerdings will der SPD-Politiker mit dieser Entscheidung auch die eindeutige Grundhaltung verknüpft sehen, "dass ein solcher Einsatz keine Abkehr von unserer Politik zur Entwicklung einer friedlichen Perspektive bedeutet". Für Beck ist es wichtig, auch die Lage im Norden sorgfältig im Auge zu behalten. "Wir müssen sehen, dass nebenan Pakistan liegt, dass es enge Verflechtungen gibt und Pakistan ein Atomwaffenstaat ist. Und wenn zum ersten Mal Fundamentalisten die Regierung eines solchen Staates beherrschen würden, wäre das eine völlig neue Bedrohung der Sicherheit auf dieser Welt", betonte der SPD-Chef.
  • Die EU hat Afghanistan Hilfen in Höhe von 600 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Mit den Zahlungen in den kommenden vier Jahren solle vor allem das afghanische Justizsystem ausgebaut werden, sagte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner nach einem Treffen der so genannten EU-Troika mit Afghanistans Außenminister Rangin Dadfar Spanta am 29. Jan. in Berlin. Ziel sei es, die Korruption im Land zu bekämpfen, damit dort künftig möglich werde, "was wir für selbstverständlich halten", sagte Ferrero-Waldner weiter. Außerdem solle die EU-Finanzhilfe alternative Anbaupflanzen fördern, um den Anbau des Drogen-Rohstoffs Opium zurückzudrängen.
  • Das Bundeskabinett wird am 7. Februar über einen möglichen Einsatz deutscher Tornados im umkämpften Süden Afghanistans beraten. Dies beschlossen am 29. Jan. die Spitzen der großen Koalition in Berlin, wie SPD-Chef Kurt Beck nach dem knapp vierstündigen Treffen im Kanzleramt sagte. So bleibe genügend Zeit, um in den Fraktionen zu beraten.
  • Der anhaltenden Gewalt in Afghanistan sind im vergangenen Jahr laut einer Studie von Human Rights Watch mehr als 1.000 Zivilpersonen zum Opfer gefallen. Die meisten von ihnen seien bei Angriffen der Taliban oder anderer Regierungsgegner im Süden des Landes ums Leben gekommen, hieß es in einem am 30. Jan. veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation. Mindestens hundert Menschen seien bei den Gegenangriffen der NATO und der US-geführten Koalitionsstreitmacht getötet worden. Die Gesamtzahl der afghanischen Todesopfer einschließlich der getöteten Aufständischen liegt 2006 laut Human Rights Watch bei gut 4.400. Dies seien mehr als doppelt so viele Opfer wie 2005 und die höchste Jahresbilanz seit der Afghanistan-Invasion der USA im Oktober 2001. Die Organisation warf dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai vor, die Bevölkerung nicht ausreichend vor Milizionären zu schützen, die auf seiten der Regierung stünden.
  • Bei einem neuen Selbstmordanschlag im Westen Afghanistans wurden am 30. Jan. drei afghanische Soldaten und zwei Zivilpersonen verletzt, der Attentäter kam ums Leben. Er sprengte sich nach Polizeiangaben neben einem Armeefahrzeug in der Stadt Herat in die Luft. 2006 gab es nach NATO-Angaben insgesamt 139 Selbstmordanschläge in Afghanistan. Dabei kamen 206 afghanische Zivilpersonen, 54 Angehörige der afghanischen Sicherheitskräfte und 18 Soldaten der internationalen Schutztruppe ISAF ums Leben.
  • Zum Auftakt einer zweitägigen Afghanistan-Konferenz in Berlin hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eine deutliche Stärkung der afghanischen Selbstverantwortung gefordert. "Man muss alles dafür tun, um afghanische Verantwortung zu fördern", sagte Steinmeier am 30. Jan. im Auswärtigen Amt. Dies sei das "fundamentale Prinzip des Wiederaufbaus". Es sei "heute so wichtig, wie es am Anfang war," und müsse oberste Priorität erhalten. Steinmeier hob zugleich hervor, dass beim Wiederaufbau des Landes das militärische und das zivile Engagement verknüpft werden müssten. Die Reform des Sicherheitssektors in dem Land bleibe überdies "von hervorragender Bedeutung".
  • Die Bundesregierung hat dem Parlament nach Informationen des "Tagesspiegel" (Ausgabe vom 31. Jan.) erstmals Einzelheiten zum bisher geheimen Einsatz der Elitetruppe der Bundeswehr, dem Kommando Spezialkräfte (KSK), in Afghanistan mitgeteilt. Die deutschen Elitesoldaten seien in zwei Phasen insgesamt 26 Monate lang am Kampf gegen die Taliban und das El-Kaida-Netzwerk beteiligt gewesen, berichtete die in Berlin erscheinende Tageszeitung unter Berufung auf den Bericht der Bundesregierung über den deutschen Beitrag zum Antiterror-Einsatz "Enduring Freedom". Derzeit kämpften keine KSK-Soldaten im Zuge von "Enduring Freedom" in Afghanistan.
  • Wegen der angeblichen Verschleppung des deutschen Staatsbürgers Khaled el Masri durch den US-Geheimdienst CIA hat die Münchner Justiz Haftbefehle gegen 13 Tatverdächtige erlassen. Das teilte der Leitende Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld am 31. Jan. in München mit. El Masri soll Anfang 2004 als Terrorverdächtiger in Mazedonien gekidnappt und nach Afghanistan verschleppt worden sein. Dort wurde er nach eigener Aussage geschlagen und monatelang in einem CIA-Gefängnis festgehalten, obwohl rasch festgestanden habe, dass er verwechselt worden sei. Der Münchner Oberstaatsanwalt August Stern sagte dem NDR: "Auf unseren Antrag hat das Amtsgericht München gegen 13 mutmaßliche Entführer des Khaled El Masri wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung und der gefährlichen Körperverletzung einen Haftbefehl erlassen." Schmidt-Sommerfeld sagte, die Haftbefehle seien in den vergangenen Tagen ausgestellt worden. Die Münchner Ermittler hatten die Namen mehrerer US-Geheimdienstagenten, die in den Fall verwickelt sein sollen, von den spanischen Behörden erhalten.
  • Bei NATO-Luftangriffen im Süden Afghanistans sind nach Angaben der afghanischen Polizei 30 Aufständische getötet worden. Wie der Polizeichef der Provinz Helmand, Mohammad Nabi Mullahchail, am 31. Jan. mitteilte, richteten sich die von der Afghanistan-Schutztruppe ISAF und afghanischen Soldaten geführten Angriffe am Vortag gegen ein Versteck der radikalislamischen Taliban. 30 Rebellen seien getötet und bis zu 15 weitere verletzt worden. Unter den Todesopfern sei auch ein örtlicher Taliban-Kommandeur gewesen.


Zurück zur Kriegschronik

Zu weiteren Beiträgen über Afghanistan

Zurück zur Homepage