Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Chronik des Krieges gegen Afghanistan

September 2004

Mittwoch, 1. September, bis Sonntag, 5. September
  • Die US-Streitkräfte haben einen Bombenangriff auf ein Dorf im Osten Afghanistans dementiert. Der Ort Weradesch sei nicht von Bomben getroffen worden und man habe keine Informationen über Opfer, sagte ein Militärsprecher am 1. September. Zuvor hatte die dänische Hilfsorganisation DACAAR erklärt, mehrere Bomben seien in dem Dorf eingeschlagen und es habe acht Tote gegeben. Auch das Camp der Hilfsorganisation sei von einer Bombe getroffen worden. Der Gouverneur von Kunar, Sajed Fasel Akbar, erklärte, fünf Zivilisten seien in der Nacht zum 31. August getötet worden. Zunächst hätten Rebellen rund 25 Raketen auf das Bürgermeisteramt der nahe gelegenen Ortschaft Mano Gai geschossen. Dann seien die amerikanischen Flugzeuge gekommen und hätten das Dorf bombardiert. Die Opfer gingen allerdings auf das Konto der Rebellen, sagte der Gouverneur. Zunächst war unklar, wie es zu den widersprüchlichen Darstellungen kam.
  • Der Bundeswehr-Einsatz im afghanischen Feisabad hat offiziell begonnen. Die dort bereits arbeitende Vorauseinheit von 30 Soldaten wurde einem eigenständigen Kommando im Rahmen der internationalen Schutztruppe ISAF unterstellt, teilte das Verteidigungsministerium Aus Furcht vor Anschlägen werden nach UN-Angaben weniger internationale Beobachter zur Präsidentschaftswahl nach Afghanistan reisen. Weder die Europäische Union noch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) würden komplette Teams schicken, sagte ein UN-Sprecher am 2. September in Kabul. Somit könnten EU und OSZE die Wahl im Oktober zwar unterstützend begleiten, aber nicht kontrollieren. Grund sei die instabile Sicherheitslage im Land.
  • Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans ist am 3. September ein Taxifahrer getötet worden. Vier weitere Menschen seien bei der Explosion in Kandahar verletzt worden, teilten die Behörden vor Ort mit. Die Attentäter hätten den ferngesteuerten Sprengsatz an einem Taxi angebracht. Kandahar war vor ihrem Sturz 2001 die Hochburg der damals herrschenden Taliban.
  • Bei einem Raketenangriff auf einen amerikanischen Stützpunkt im Osten Afghanistans ist ein Zivilist ums Leben gekommen, drei weitere wurden nach Angaben der US-Streitkräfte verletzt. Wie ein Militärsprecher am 4. September mitteilte, schlugen am 3. September insgesamt vier Geschosse außerhalb des Stützpunktes in Dschalalabad ein.
    Unterdessen sagte ein Sprecher der internationalen Afghanistan-Schutztruppe (ISAF), in der Hauptstadt Kabul sei ein Lastwagen voller Waffen beschlagnahmt worden. Unter anderem seien 67 Panzerabwehrraketen und 42 Handgranaten sichergestellt worden. Experten rechnen mit einer zunehmenden Zahl von Anschlägen vor der Präsidentenwahl am 9. Oktober.
  • Amerikanische Truppen und ihre Verbündeten sind nach Einschätzung eines Anti-Terror-Experten des US-Außenministeriums einer Festnahme von Osama bin Laden näher gekommen. Zwei pakistanische Tageszeitungen, "Dawn" und "The Nation", zitierten Joseph Cofer Black am 4. September mit den Worten: "Es könnte heute passieren, es könnte einen Tag später passieren, in einer Woche oder in einem Monat."
  • Knapp eine Woche nach dem Anschlag auf eine US-Sicherheitsfirma in Kabul haben die afghanischen Behörden zwei Verdächtige festgenommen. Bei den beiden Festgenommenen handele es sich um Afghanen, sagte Vize-Innenminister Hillaludin Hilal am 4. September. Weitere Angaben wollte er unter Berufung auf Sicherheitsgründe nicht machen.
  • Schon über ein Jahr vor Beginn des Irak-Kriegs hat die US-Regierung nach Aussagen eines Oppositionspolitikers mit der Verlegung von Soldaten aus Afghanistan an den Golf begonnen. Dabei habe US-Präsident George W. Bush gegen den Willen seines Truppenkommandeurs in Afghanistan gehandelt, sagte der demokratische Senator Bob Graham am 5. September dem Fernsehsender NBC. Graham berief sich auf ein Gespräch mit General Tommy Franks, der die US-Invasion in Afghanistan befehligt hatte. Franks habe vor einem Angriff auf den Irak ausdrücklich gewarnt, sagte Graham. Franks habe gesagt, "wir sollten mit Irak sehr vorsichtig sein, weil unsere Geheimdienstinformationen so schlecht seien, dass wir nicht wüssten, in was wir dort hineingeraten", sagte Graham in der NBC-Sendung "Meet the Press". Zudem habe der General es für wichtiger gehalten, zunächst den Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan zu gewinnen und dann gegen Al-Kaida-Zellen in Somalia und im Jemen vorzugehen. Franks war für eine Stellungnahme am 5. September zunächst nicht zu erreichen.
Montag, 6. September, bis Sonntag, 12. September
  • Am 6. September lieferten sich afghanische Sicherheitskräfte ein Feuergefecht mit rund 60 bewaffneten Taliban-Milizionären. Bei dem Überfall auf ein Regierungsgebäude im Süden des Landes wurden ein Soldat und vier Rebellen getötet, wie die Behörden am nächsten Tag mitteilten.
    Bei einem anderen Zusammenstoß, der sich ebenfalls in der Provinz Sabul ereignete, kamen zwei weitere Taliban bei Kämpfen mit amerikanischen und afghanischen Streitkräften ums Leben. Zwei Rebellen wurden festgenommen.
  • In Afghanistan hat am 7. September offiziell der Wahlkampf für die Präsidentschaftswahl am 9. Oktober begonnen. Präsident Hamid Karsai habe seine Kampagne begonnen, sagte sein Sprecher in Kabul. Über sein Wahlprogramm wurde noch nichts bekannt. Insgesamt stellen sich 18 Kandidaten zur Wahl. Karsai sowie acht weitere Bewerber gelten als Demokraten, zwei sind frühere Kommunisten. Fünf Kandidaten kämpften als Mudschahedin gegen die sowjetische Besatzung, unter ihnen Junis Kanuni, der wichtigste Herausforderer Karsais. Unter den Bewerbern ist eine einzige Frau, Massuda Dschalal.
  • Bundesverteidigungsminister Peter Struck hat Kritik an dem Einsatz der Bundeswehr im afghanischen Faisabad zurückgewiesen. In Absprache mit dem Entwicklungsministerium seien bereits Projekte in der Region identifiziert worden, sagte Struck am 8. September in der Haushaltsdebatte des Bundestages. Der Minister zeigte sich überzeugt, dass der Einsatz des Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) in Faisabad genauso gut werde wie in Kundus, wo bereits seit rund einem Jahr ein deutsches Wiederaufbauteam stationiert ist. Aufgabe der Bundeswehrsoldaten ist es, zivile Aufbauprojekte zu sichern.
  • Die Vereinten Nationen haben mit Empörung auf die Äußerung eines afghanischen Ministers reagiert, der Angriffe auf Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen mit der Verschwendung von Mitteln für den Wiederaufbau erklärt hatte. "Die Regierung hat die vorrangige Aufgabe, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten und darf nicht daran beteiligt sein, Gewalt zu rechtfertigen", sagte UN-Sprecher Manoel de Almeida e Silva am 9. September.
    Am 7. September waren zehn Mitarbeiter einer UN-Hilfsorganisation von einer aufgebrachten Menge im Norden Afghanistan verletzt worden. Allein in diesem Jahr wurden 23 Mitarbeiter von Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) in Afghanistan getötet; meistens wurden Taliban-Kämpfer dafür verantwortlich gemacht. In dieser Situation wurde der afghanische Bauminister Ramasan Baschardost von ausländischen Medien mit den Worten zitiert, die Afghanen glaubten, die NGO nähmen sich selbst das Geld, "das für das afghanische Volk bestimmt ist". Angriffe auf sie seien daher unvermeidlich. "Die Afghanen beten dafür, dass sie gehen. Wir wollen hier diese Art von NGOs nicht."
    Präsident Hamid Karsai distanzierte sich von diesen Äußerungen. Sein Sprecher Dschawed Ludin sagte, Baschardost sei aufgefordert worden, seine Erklärung klarzustellen. Der Minister, der für eine Stellungnahme am 9. September nicht zu erreichen war, vermute, dass seine Worte aus dem Zusammenhang gerissen worden seien. Ludin lobte ausdrücklich die Arbeit der Nicht-Regierungsorganisationen: "NGOs haben für Afghanistan in schwierigsten Zeiten einen Riesendienst erwiesen und werden vom afghanischen Volk geachtet."
  • Pakistanische Soldaten haben bei einem Angriff auf ein mutmaßliches Trainingslager an der Grenze zu Afghanistan etwa fünfzig Kämpfer getötet. 90 Prozent der Getöteten seien Ausländer gewesen, sagte ein Militärsprecher dem privaten Fernsehsender ARYOne am 9. September. Die meisten von ihnen seien Usbeken und Tschetschenen gewesen; zudem seien einige Araber unter den Toten. Das Militär sucht an der Grenze zu Afghanistan seit mehr als zwei Jahren nach Anhängern der Terrororganisation El Kaida.
  • In der Nähe des Quartiers des deutschen Kontingents der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF bei Kabul ist am Abend des 9. September eine Rakete eingeschlagen. Vier weitere Geschosse seien ebenfalls im Norden der afghanischen Hauptstadt sowie in der Nähe des Flughafens niedergegangen, teilten ein ISAF-Sprecher und Behördenvertreter mit. Dabei seien möglicherweise eine Frau getötet und ein elfjähriger Junge verletzt worden. Die Raketen seien nordöstlich von Kabul abgefeuert worden, sagte der stellvertretende Polizeichef der Stadt, Mutahullah Chan Rahmani. Das "Camp Warehouse", in dem das deutsche ISAF-Kontingent untergebracht ist, blieb den Angaben zufolge unbeschädigt.
  • Die afghanische Regierung hat am 11. September den mächtigen Gouverneur der Provinz Herat, Ismail Chan, seines Postens enthoben. Chan habe stattdessen das Amt des Ministers für Minen und Industrie erhalten, teilte das Büro von Präsident Hamid Karsai mit. Mit dem Schritt will die Zentralregierung offenbar vor der für Oktober geplanten Wahl ihre Kontrolle ausweiten. Gerüchte über die Entmachtung Chans gab es seit Monaten. Als Gouverneur von Herat hatte er Zugang zu Millionen Dollar aus Steuereinnahmen. Er stand in zweifelhaftem Ruf, seine Provinz mit eiserner Faust zu regieren. Einerseits wurde anerkannt, dass er für relative Stabilität sorgte. Andererseits soll er politische Gegner eingesperrt und gefoltert haben. Zwar erklärte Chan mehrfach seine Loyalität gegenüber Karsai, allerdings gab seine gewaltige Privatarmee mit zehntausenden Kämpfern Anlass zu ständiger Sorge in Kabul. Der Präsident äußerte unlängst die Einschätzung, die regionalen Machthaber in Afghanistan seien eine größere Bedrohung für die schwache Zentralregierung als die im Land verbliebenen Taliban-Kämpfer.
  • Bei neuen Protesten gegen die Absetzung des einflussreichen Gouverneurs der westafghanischen Provinz Herat, Ismail Khan, sind am 12. September zwei Gebäude der Vereinten Nationen angegriffen worden. Wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete, legten rund dreihundert Demonstranten in der Stadt Herat Feuer an der Tür des Gebäudes der Vertretung des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR und der UN-Afghanistan-Mission UNAMA. Die Demonstranten drangen demnach außerdem in das UNAMA-Gebäude ein. Anschließend verbrannten sie Material auf der Straße, das sie zuvor aus den Räumlichkeiten entwendet Material hatten. Amerikanische Soldaten gingen daraufhin gegen die Menge vor.
    Wie später befrichtet wurde, wurden mindestens drei Menschen getötet(dpa: 7, AFP: 4 Tote). Mindestens 47 weitere Menschen wurden nach Krankenhausangaben bei den Demonstrationen in der gleichnamigen Provinzhauptstadt verletzt.
  • Die afghanische Regierung hat 700 ehemalige Taliban- Kämpfer aus einem Gefängnis in Kabul entlassen. Präsident Hamid Karsai habe zuvor ein entsprechendes Dekret erlassen, teilte das afghanische Verfassungsgericht am 12. September mit. Mehr als 300 der Freigelassenen seien Pakistaner. Karsai hatte bei einem Besuch in Pakistan Ende August zugesagt, alle rund 400 in Afghanistan inhaftierten Pakistaner freizulassen. Menschenrechtler hatten die Haftbedingungen der früheren Kämpfer kritisiert.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die Plünderungen von UN-Vertretungen in der westafghanischen Provinz Herat verurteilt. Eine "winzige Gruppe" von Menschen versuche mit derartigen Angriffen die Bemühungen der afghanischen Regierung um Stabilität zu untergraben, erklärte Annans Sprecher Fred Eckhard am 12. September in New York. Die Vereinten Nationen blieben dem Wiederaufbauprozess in Afghanistan verpflichtet. Der UN-Generalsekretär rief die afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte auf, für die bevorstehenden Wahlen in Afghanistan ein sicheres Umfeld zu schaffen.
Montag, 13. September, bis Sonntag, 19. September
  • Bei schweren Kämpfen in Südafghanistan haben US-Truppen nach eigenen Angaben 22 Taliban-Kämpfer getötet. Drei Rebellen seien gefangen genommen worden, darunter ein Araber. Die Kämpfe in der Provinz Sabul hätten bereits am 11. Sept. begonnen und bis zum Morgen des 13. Sept. angehalten, sagte ein US-Armeesprecher in Kabul. Unter den US-Soldaten habe es keine Opfer gegeben. Auch in anderen Provinzen kam es zu schweren Kämpfen.
  • Nach den blutigen Unruhen in Herat wegen der Absetzung des einflussreichen Gouverneurs Ismail Khan ziehen die Vereinten Nationen und mehrere Hilfsorganisationen ihr Personal aus der westafghanischen Provinz ab. Sämtliches internationales Personal und einige afghanische Mitarbeiter würden "aus offensichtlichen Sicherheitsgründen" nach Kabul evakuiert, erklärte eine Vertreterin der UN-Afghanistan-Mission (UNAMA) am 13. Sept. in der afghanischen Hauptstadt. Von der Maßnahme seien 28 UN-Mitarbeiter betroffen. Auch 33 Helfer von elf in Herat ansässigen regierungsunabhängigen Organisationen würden evakuiert. Nach Angaben aus westlichen Sicherheitskreisen könnte die Zahl der Evakuierungen noch höher liegen.
  • Eine Schweizer Hilfsorganisation hat der Bundeswehr in Afghanistan Versäumnisse bei den jüngsten Unruhen in Feisabad vorgeworfen. Die Soldaten des deutschen Wiederaufbauteams hätten Mitarbeiter der Hilfsorganisation nicht aus dem Mob herausgeholt, sagte ein Vertreter von Medair in Kabul der "Berliner Zeitung". Das Verteidigungsministerium wies diese Darstellung am 13. Sept. zurück. Ein Erkundungstrupp habe ein Eingreifen nicht für erforderlich gehalten, da die Ausschreitungen bereits am Abklingen gewesen seien.
    Nach Berichten, Bundeswehrsoldaten im nordafghanischen Faisabad hätten einer von Demonstranten angegriffenen Schweizer Hilfsorganisation keine Hilfe geleistet, hat der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Schmidt Aufklärung gefordert. Der Vorfall vom 7. September müsse genau untersucht werden, erklärte Schmidt am 14. Sept. in Berlin. Bevor das Mandat für die deutschen Wiederaufbauteams (PRT) in Afghanistan verlängert werde, "muss klar sein, welche Aufgaben die Bundeswehr in Faisabad hat und ob sie für die Sicherheit von Hilfsorganisationen verantwortlich ist". Beantwortet werden müsse auch, "wie die Bundeswehr in Zukunft im Fall von Unruhen reagieren soll" und wie die Soldaten ausgestattet seien, um sich selbst und zivile Helfer zu schützen.
    Die Regierung in Kabul hat den Bundeswehr-Einsatz in Nordafghanistan vehement gegen Zweifel verteidigt. Ein Ende der Operationen in Kundus und Feisabad "wäre sehr unglücklich", sagte Vize-Präsidentensprecher Chalik Ahmad am 14. Sept. Die Wiederaufbauteams brächten Sicherheit und Stabilität in die Provinzen. Afghanistan brauche das vor der ersten freien Präsidentenwahl dringender denn je.
  • Nach den jüngsten Ausschreitungen in der afghanischen Stadt Faisabad kündigt Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) ausländische Verstärkung für die deutschen Soldaten an. Tschechien sei bereit, "bald 40 Soldaten zur Verfügung zu stellen», sagte Struck am 14. Sept. im ZDF. Er ergänzte, er wisse, dass es zur Zeit keine Mehrheit im Bundestag gebe, um die Zahl der deutschen Soldaten aufzustocken. Der Minister erläuterte, dass die Bundeswehr in Kundus und Faisabad ein Konzept der NATO umsetze. Dies sei "die einzige Alternative zur Rückkehr in alte Verhältnisse, als Taliban und Al Qaida das Land im Griff hatten" und es zum Ausgangspunkt von Terroristen geworden sei. Zur Sicherheitslage der deutschen Soldaten in Faisabad sagte Struck, die Bundeswehr sei jederzeit in der Lage, auf dem Luftweg zusätzliche Soldaten in die nordafghanische Stadt zu bringen.
  • Wegen der Einrichtung eines privaten Gefängnisses in Afghanistan sind die mutmaßlichen US-Kopfgeldjäger Jack Idema und Brent Bennett zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Ein Gericht in Kabul sprach die beiden Männer am 15. Sept. der Entführung und Folter für schuldig. Ein dritter angeklagter US-Bürger muss für acht Jahre ins Gefängnis.
  • Die Union hat ihre Zustimmung zur Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr in Aussicht gestellt. Die Wiederaufbauteams leisteten einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des Landes, sagte Unionsfraktionsvize Wolfgang Schäuble (CDU) am 15. Sept. im Deutschlandfunk. Allerdings fordere die Union auf Grund der Vorfälle in Faisabad umfassende Informationen über die Aufgaben und die Ausstattung der Soldaten. Falls der Antrag der Bundesregierung in Ordnung sei, werde die Union am 13. Oktober im Bundestag der Verlängerung des Afghanistan-Mandates zustimmen, sagte Schäuble.
    Der sicherheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Günther Nolting, erklärte demgegenüber in Berlin, mit der jetzigen Form der PRTs genannten Wiederaufbauteams werde "lediglich Leib und Leben der Bundeswehrsoldaten gefährdet". Unter den jetzigen Umständen könne die FDP einer Verlängerung des Afghanistan-Mandats nur zustimmen, wenn das PRT-Konzept gestoppt werde.
  • An der deutschen Afghanistan-Mission in Feisabad wird sich Tschechien vermutlich mit etwa 40 Soldaten beteiligen. Das sagte der Prager Verteidigungsminister Karel Kühnl am 15. Sept.. Die tschechische Armee wolle ihr Kontingent in Afghanistan von derzeit 20 auf bis zu 90 Soldaten ausbauen. Während die Hälfte davon den Flughafen von Kabul sichern helfen soll, werde die andere Hälfte in Feisabad mit der Bundeswehr zusammenarbeiten, betonte der Minister. Kühnl zeigte sich optimistisch, dass das Parlament in Prag der Mission zustimmen wird.
  • Nach einem Angriff in der Nähe seines Hubschraubers hat der afghanische Präsident Hamid Karsai eine Reise in die Provinzhauptstadt Gardes im Osten des Landes abgebrochen. Eine Rakete schlug nach offiziellen Angaben am 16. Sept. in der Nähe des Landesplatzes der US-Hubschrauber ein, in denen Karsai mit seiner Delegation reiste. Die Helikopter landeten nicht und kehrten nach Kabul zurück. Verletzt wurde niemand. Karsai wollte der Eröffnung einer Schule in Gardes beiwohnen. Ob die Rakete auf die Hubschrauber oder auf die Schule gerichtet war, war unklar. Für den Präsidenten habe keine Gefahr bestanden, sagte ein US-Militärsprecher.
  • Dürre und Pflanzenschädlinge haben die afghanische Landwirtschaft schwer getroffen, so dass nach UN-Angaben Millionen Menschen im kommenden Jahr von Hilfslieferungen abhängig sein werden. Das Welternährungsprogramm (WFP) und die Welternährungsorganisation (FAO) legten am 16. Sept. einen Bericht vor, demzufolge in manchen Regionen die Ernte komplett vernichtet wurde. "Dies könnte zu einer ähnlich verheerenden Situation wie bei der bislang schlimmsten Dürre in Afghanistan zwischen 1999 und 2001 führen", heißt es in dem Report. "Mehr als sechs Millionen Menschen werden im kommenden Jahr auf Hilfe angewiesen sein, um satt zu werden." Gleichzeitig mit dem Ernteausfall sei der Preis für Weizen um fast 30 Prozent gestiegen. Die afghanischen Behörden forderten unlängst von den Geberländern 71,3 Millionen US-Dollar, um der Krise zu begegnen. Die UN-Behörden erklärten am Donnerstag, ihren Berechnungen zufolge werde selbst diese Summe nicht ausreichen.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat drei Wochen vor der Präsidentenwahl seinen Hauptrivalen Junis Kanuni aufgefordert, seine Kandidatur aufzugeben und ihn zu unterstützen. Er werde "glücklich" sein, wenn der frühere Bildungsminister "ein Freund von uns in der Regierung" werden würde, sagte Karsai am 16. Sept. vor Journalisten in Kabul. Noch "glücklicher" werde er aber sein, wenn Kanuni seine Kandidatur vollständig aufgebe, fügte Karsai hinzu. Gleichzeitig betonte er seine persönliche Freundschaft zu dem früheren Anführer der Nordallianz.
  • Zum Schutz der Wahlen Anfang Oktober in Afghanistan wollen die USA zusätzlich rund 1.100 Soldaten in das Land schicken. Das Kontingent werde "sehr bald" entsendet, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am 16. Sept. in Washington. Die Soldaten der 82. Luftlandedivision sollten vor allem für Sicherheit während der Wahl am 9. Oktober sorgen. In Afghanistan sind bereits 15.500 US-Soldaten im Einsatz.
  • Am 17. Sept. hat der UN-Sicherheitsrat eine Resolution verabschiedet, wonach das Mandat für die Internationale Sicherheitsbeistandstrupp in Afghanistan um ein Jahr verlängert wird (d.h. vom 13. Oktober 2004 bis zum 12. Oktober 2005). Hier geht es zur Resolution 1563 (2004).
  • Mutmaßliche Taliban-Kämpfer haben in Afghanistan erneut zwei Wahlhelfer getötet. Nach Angaben der Behörden fanden Sicherheitskräfte die Leichen der beiden am Freitagabend in einem Flussbett. Die zwei waren zusammen mit einem dritten Mann vor einer Woche im Bezirk Maruf in der südlichen Provinz Kandahar entführt worden. Der dritte Entführte konnte schwer verletzt geborgen werden, wie Bezirksbürgermeister Sajed Ali am 18. Sept. mitteilte.
  • In der Provinz Helmad fiel am 18. Sept. ein Militärbefehlshaber einem Mordanschlag zum Opfer. Zwei seiner Leibwächter wurden verletzt, wie ein Sprecher des Provinzgouverneurs sagte. Der Sprecher machte ebenfalls die von den USA Ende 2001 gestürzten Taliban für das Attentat verantwortlich.
  • Die USA haben 35 Pakistaner aus dem umstrittenen Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba entlassen. Der pakistanische Innenminister Aftab Ahmed Sherpao sagte am 19. Sept., sie seien in Islamabad angekommen und würden nun befragt. Mindestens vier Pakistaner würden auch knapp drei Jahre nach Beginn des US-geführten Angriffs auf Afghanistan noch in Guantanamo Bay festgehalten. Tausende Pakistaner hatten auf Seiten der Taliban gekämpft. Viele wurden getötet, einige gefangengenommen.
  • Der Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, General Harald Kujat, sieht auch nach der jüngsten Drohung der Taliban mit Anschlägen auf alle Präsidentschaftskandidaten in Afghanistan keine konkrete Gefahr für die dort eingesetzten NATO-Truppen. Er erwarte eigentlich nicht, dass es zu einer "unmittelbaren Konfrontation" zwischen der islamistischen Miliz und NATO-Streitkräften komme. Für die Bekämpfung der Taliban seien die USA zuständig, sagte Kujat am 19. Sept. im Deutschlandfunk. Diese hätten die Lage erkannt und ihre Truppen verstärkt. Enttäuscht äußerte sich der General jedoch über die Unterstützung durch die NATO-Staaten. Sie stellten nicht ausreichend Personal und Material zur Verfügung, um die Aufbauteams entsprechend den Planungen der Allianz auszuweiten. Zudem fehle es an weiteren Mitteln, zum Beispiel um den Milizionären der afghanischen Kriegsfürsten eine wirtschaftliche Perspektive zu geben. Deswegen kämen die Entwaffnung dieser Milizen und die Bekämpfung des Drogenanbaus nicht voran. Mit Blick auf die im Bundestag anstehenden Beratungen über eine Verlängerung des Bundeswehr-Mandats in Afghanistan sagte Kujat, die dort eingerichteten Wiederaufbauteams, vor allem die deutschen, leisteten eine sehr gute Arbeit.
Montag, 20. September, bis Sonntag, 26. September
  • Bei einem Feuergefecht in der südöstlichen Provinz Paktia wurden zwei US- und sechs afghanische Soldaten verletzt, wie die US-Armee am 20. Sept. mitteilte. Genauere Angaben wurden zunächst nicht gemacht. Die Verletzten wurden zum Stützpunkt Salerno rund 200 Kilometer südlich der Hauptstadt Kabul gebracht. In der Erklärung war von drei weiteren bewaffneten Zusammenstößen die Rede. Im Norden der Ortschaft Naraj, deren Lage nicht angegeben wurde, sei ein afghanischer Soldat verletzt worden; in Kalat in der Südprovinz Sabul seien eine nicht näher genannte Zahl "regierungsfeindlicher" Kämpfer verletzt oder getötet worden; bei einem dritten Vorfall bei Deh Rawod in Urusgan hätten Soldaten der Koalitionstruppen keine Opfer verzeichnet.
  • Wenige Tage nach einem Attentatsversuch auf den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai sind einer seiner Stellvertreter und mehrere Minister einem Bombenattentat entgangen. Nach Behördenangaben vom 20. Sept. wurde ein Fahrer von Vizepräsident Nematullah Schahrani leicht verletzt, als ein Sprengsatz neben einem Auto seines Fahrzeugkonvois detonierte. Die Regierung machte El-Kaida- und Talibankämpfer für den Attentatsversuch verantwortlich. Der Anschlag ereignete sich nach Angaben des Gouverneurs von Kundus, Mohammed Omer, rund 230 Kilometer nördlich von Kabul. Demnach war Schahrani mit mehreren Ministern unterwegs, um eine Straße einzuweihen, darunter dem stellvertretenden Innenminister Mohammed Daud und Wiederaufbauminister Amin Farhang.
  • Mutmaßliche Taliban-Kämpfer haben im Osten Afghanistans Mitarbeiter einer einheimischen Hilfsorganisation überfallen und angegriffen. Wie ein Sprecher von Afghan Aid der Nachrichtenagentur AFP am 20. Sept. sagte, stürmten am 18. Sept. zahlreiche Angreifer ein Büro der Organisation in einem Dorf der Provinz Nuristan und schlugen auf mehr als zehn Mitarbeiter ein. Anschließend plünderten sie das Büro und versuchten vergeblich Feuer zu legen.
  • Die Bundeswehr bekommt bei ihrer Aufbauarbeit im afghanischen Faisabad zivile Unterstützung aus Kroatien. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) und sein kroatischer Kollege Miomir Zuzul unterzeichneten am Rande der UN-Vollversammlung in New York ein entsprechendes Abkommen, wie die deutsche UN-Botschaft am 21. Sept. mitteilte. Demnach wird Kroatien im November zunächst einen Diplomaten und zwei Polizeiexperten nach Faisabad schicken, um mit dem deutschen Team zusammenzuarbeiten. Der Bundeswehreinsatz in Faisabad begann Anfang September. Derzeit sind dort etwa 65 deutsche Soldaten stationiert. Ein deutscher Diplomat soll den Angaben zufolge am 25. Sept. in Faisabad die Leitung des Aufbauteams übernehmen. Der kroatische Kollege soll ihm bei der Kontaktpflege mit örtlichen Machthabern und religiösen Führern helfen. Die beiden kroatischen Polizeiexperten sollen den Aufbau und die Ausbildung der Polizei und Grenzpolizei in der Provinz Badachschan unterstützen. Kroatien wolle sich längerfristig in der Region engagieren und seinen Beitrag je nach den Umständen modifizieren, hieß es.
  • Nach einem Angriff auf einen US-Hubschrauber im Süden Afghanistans sind sechs Rebellen getötet worden. Die Angreifer feuerten nach Angaben der US-Streitkräfte vom 21. Sept. eine Rakete auf einen Hubschrauber in der Provinz Sabul. Die Maschine blieb unbeschädigt. Die Besatzung eines zweiten Hubschraubers schoss daraufhin auf die Angreifer und traf sechs von ihnen tödlich. Die Region gilt als Hochburg der Taliban-Miliz.
  • Bei Kämpfen im Südosten von Afghanistan ist erneut ein US-Soldat getötet worden. Weitere 14 Soldaten seien bei verschiedenen Auseinandersetzungen in der Provinz Chost am Montag verletzt worden, sagte US-Major Scott Nelson am 22. Sept. vor Journalisten. "Wir haben einen unglücklichen Tag gehabt." Im Laufe der vergangenen Woche waren bereits bei Kämpfen in der angrenzenden Provinz Urusgan zwei US-Soldaten getötet worden.
  • Das Bundeskabinett hat am 22. Sept. die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr um ein Jahr beschlossen. Wie ein Regierungssprecher in Berlin mitteilte, bleibt es bei der Obergrenze von insgesamt 2.250 Soldaten. Das jetzige Mandat läuft am 13. Oktober aus. Die erste Lesung im Bundestag ohne Debatte ist für den 23. Sept. angesetzt. Voraussichtlich am 30. September wird das Parlament dann abschließend über die Verlängerung des Einsatzes entscheiden.
  • Die USA haben mindestens zehn Häftlinge aus dem Gefängnis in Guantanamo Bay entlassen. Die Männer seien auf Antrag der afghanischen Regierung zurück gebracht worden, sagte ein US-Militärsprecher am 22. Sept. "Die Gefangenen haben ihre große Unterstützung für den Frieden und den Wiederaufbau des Landes gezeigt, und sie wollen aktiv daran teilnehmen", erklärte das Büro von Afghanistans Übergangspräsident Hamid Karsai. Karsais Sprecher Rafjullah Modschadeddi sagte, es seien elf und nicht zehn Afghanen freigelassen worden. Unter ihnen befindet sich offiziellen Angaben zufolge auch der Ex-Taliban Naim Kutschi. Als einer von wenigen Taliban-Kommandeuren war er nach dem Sturz des Regimes 2001 nicht nach Pakistan geflohen.
  • Neben Deutschland und Tschechien wird sich wahrscheinlich auch Dänemark mit Soldaten am Wiederaufbauteam (PRT) im nordafghanischen Faisabad beteiligen. "Eine dänische Beteiligung ist in Aussicht", sagte der Grünen-Sicherheitsexperte Winfried Nachtwei am 23. Sept. in Berlin. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, mit einem "weiteren europäischen Land" werde derzeit verhandelt. Dieses plane, rund 40 Soldaten zu schicken. Das Land wolle die Teilnahme jedoch noch nicht öffentlich machen.
  • Angesichts der zunehmenden Gewalt vor der ersten freien Präsidentenwahl in Afghanistan am 9. Oktober haben die US-Streitkräfte mit der Verstärkung ihrer Truppen begonnen. Die ersten von mehr als 1.000 zusätzlichen Soldaten seien in Afghanistan eingetroffen, teilte die US-Armee am 23. Sept. in Kabul mit. Gemeinsam mit den bereits im Land stationierten 17.000 US-geführten Koalitionssoldaten sollen sie die Sicherheit vor der Wahl verbessern.
  • US-Truppen wurden am 23. Sept. in Afghanistan an mindestens vier Orten angegriffen.
  • Der russische Präsident Wladimir Putin hat den internationalen Truppen in Afghanistan vorgeworfen, nichts gegen den Drogenhandel zu unternehmen. Die Staaten, die Streitkräfte in Afghanistan hätten, müssten verstehen, "welche Bedrohung die afghanischen Drogen" darstellten, und dürften dies "ihren Bevölkerungen nicht verschweigen", sagte Putin nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen am 23. Sept. in Moskau bei einem Treffen mit dem Leiter des russischen Anti-Drogen-Komitees, Viktor Tscherkessow. Die diplomatischen Bemühungen Russlands hätten in dieser Hinsicht noch nichts bewirkt.
  • Zur Absicherung der Wahlen im Januar 2005 will die Bundeswehr möglicherweise vorübergehend ein Feldlager in der afghanischen Stadt Surobi bauen. Das berichtet die "Bild"-Zeitung (Ausgabe vom 25. Sept.) unter Berufung auf einen Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums. Dazu sollte am 25. Sept. ein Erkundungstrupp nach Surobi fahren und Gespräche mit den örtlichen Behörden führen. Surobi liegt 60 Kilometer südlich der Hauptstadt Kabul.
  • Das Terrornetzwerk El Kaida plant nach Angaben des US-Militärs, die Präsidentschaftswahl in Afghanistan zu stören. Ausländische Kämpfer versuchten, vor der Abstimmung im Oktober in das Land einzudringen, sagte der US-Kommandeur David Barno am 25. Sept. in Kabul. Laut Geheimdienstberichten gelangten die El-Kaida-Anhänger über die pakistanische Grenze im Südosten in das Land. Pakistan habe deshalb seine Sicherheitskräfte in dieser Grenzregion verstärkt. Der Kommandeur rechnet damit, dass die Taliban vor der Wahl am 9. Oktober ihre Angriffe verstärken werden.
  • Am 25. Sept. wurden bei einem Angriff von Taliban in der südlichen Provinz Helmand neun afghanische Soldaten getötet. Sechs weitere Armeeangehörige seien bei dem Überfall auf der Straße von Herat nach Kandahar verschleppt worden, sagte ein Vertreter des Geheimdienstes in der Provinz.
  • Unmittelbar vor der Afghanistan-Reise von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat sich der Chef des Bundeswehr-Verbandes, Bernhard Gertz, skeptisch über die Umsetzung der Konzeption der Wiederaufbauteams (PRTs) in Faisabad und Kundus gezeigt. Die Konzeption sei "nach wie vor Lichtjahre" von der ursprünglichen Überlegung eines "flächendeckenden Netzes von Stabilitätsinseln" entfernt, sagte er am 25. Sept. Gertz sagte weiter, die NATO sei in Afghanistan dem Frieden und der Stabilisierung nicht näher gekommen. Die NATO-Außenminister müssten jetzt eine "Schwachstellenanalyse" vornehmen und entweder die Konzeption der PRTs endlich umsetzen oder verändern.
  • Die afghanischen Sicherheitskräfte haben nach eigenen Angaben einen führenden Kommandeur der islamistischen Taliban getötet. Maulwi Abdul Ghaffer sei am Abend des 25. Sept. zusammen mit zwei weiteren Kämpfern in einem Dorf in der Provinz Urusgan erschossen worden, teilte Gouverneur Jan Mohammed Khan mit. Ghaffer war den Abgaben zufolge früher ein Taliban-Kommandeur in Nordafghanistan. Er wurde zwei Monate nach Beginn des US-Angriffs Ende 2001 festgenommen und war dann acht Monate im US-Gefangenenlager in Guantanamo auf Kuba inhaftiert. Nach seiner Freilassung schloss er sich wieder den Taliban an und war deren Kommandeur in Urusgan, einer Hochburg der Islamisten im Süden des Landes.
  • Bei seinem Besuch in Afghanistan hat Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) das Vorgehen der Bundeswehr bei den blutigen Ausschreitungen Anfang des Monats verteidigt. "Es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass die Soldaten sich richtig verhalten haben", sagte Struck am 26. Sept. bei einem Besuch des Bundeswehr-Wiederaufbauteams (PRT) im nordafghanischen Faisabad. Die Bundeswehr übe in Afghanistan keine Polizeifunktion aus, betonte der Minister. Die deutschen Soldaten waren dafür kritisiert worden, bei den Ausschreitungen in Faisabad am 7. September nicht eingeschritten zu sein. Es müsse geklärt werden, ob die Bundeswehr in Afghanistan zusätzliche Ausrüstung wie etwa Pfefferspray benötige, sagte Struck. Zudem müsse sich die Bundeswehr "Gedanken machen" über die künftige Stärke der Bundeswehr in Faisabad. Möglicherweise müssten etwas mehr Soldaten als ursprünglich geplant stationiert werden. Derzeit sind 111 Bundeswehr-Soldaten in der Stadt; 55 von ihnen arbeiten am Wiederaufbau, der Rest ist für Wahlhilfe zuständig. Wie Struck weiter sagte, will die Bundeswehr zusammen mit dem Bundesentwicklungsministerium (BMZ) in Kürze vier Projekte in Faisabad starten. Unter anderem soll ein Dach einer Mädchenschule repariert und das Krankenhaus grundsaniert werden. Die Kosten, die das BMZ trägt, belaufen sich auf 115.000 Euro.
Montag, 27. September, bis Donnerstag, 30. September
  • Knapp zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan hat der chancenreichste Herausforderer Amtsinhaber Hamid Karsai grobe Manipulation vorgeworfen. "Wir stellen die Rechtmäßigkeit dieser Wahl ernsthaft in Frage", sagte der frühere Bildungsminister Junis Kanuni der Tageszeitung "Die Welt" (Ausgabe vom 27. Sept.). Er warf Karsai vor, staatliche Mittel zu seinen Gunsten zu missbrauchen. Die von der Regierung ernannte Wahlkommission arbeite allein für den favorisierten Kandidaten.
  • Bei einem Angriff auf ein US-Militärfahrzeug in Afghanistan sind drei Soldaten verletzt worden, einer davon schwer. Wie die US-Streitkräfte am 27. Sept. mitteilten, wurden die Soldaten bereits am 25. Sept. nahe Kalat, der Hauptstadt der südöstlichen Provinz Sabul, angegriffen. Die drei verletzten Soldaten wurden ins US-Militärkrankenhaus in Landstuhl ausgeflogen. Sabul ist eine der afghanischen Provinzen, in denen der Widerstand gegen die Zentralregierung in Kabul und gegen die sie stützenden US-Truppen besonders stark ist. Landesweit sind in diesem Jahr bei Kämpfen und Anschlägen bereits 900 Menschen ums Leben gekommen.
  • Kurz vor der Entscheidung des Bundestags über die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr hat Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) vor einem Abzug der deutschen Soldaten gewarnt. "Wenn wir rausgehen würden, würden die anderen auch gehen", sagte Struck am 27. Sept. im ZDF-Morgenmagazin. "Dann würde das Land wieder in die Hände derjenigen fallen, die es 25 Jahre oder noch länger zugrunde gerichtet haben und die Terroristen haben ausbilden lassen." Der Bundestag berät am 30. Sept. abschließend über die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr um ein Jahr. Die derzeitige Obergrenze von insgesamt 2.250 Soldaten soll dabei bestehen bleiben. Das jetzige Mandat läuft am 13. Oktober aus.
  • In einer belebten Gegend nahe eines Krankenhauses in der afghanischen Hauptstadt Kabul ist am Abend des 27. Sept. eine Bombe explodiert. Verletzt wurde laut Polizei niemand. Die radikalislamischen Taliban hatten eine Verschärfung ihres Terrors vor der ersten freien Präsidentenwahl am 9. Oktober angekündigt.
  • Milizenführer in Afghanistan sind nach Auffassung der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) eine größere Bedrohung für die Präsidentschaftswahl als Taliban-Kämpfer, meldete AFP am 28. Sept. In den meisten Landesteilen hätten die Afghanen mehr Angst vor lokalen Stammesführern und Kriegsherren als vor den radikalislamischen Taliban, heißt es in einem Bericht von HRW. In der Studie mit dem Titel "Die Herrschaft der Waffe" geht die Organisation den Menschenrechtsverletzungen und der Unterdrückung im Vorfeld der für den 9. Oktober geplanten ersten freien Präsidentschaftswahl in Afghanistan nach. Der Untersuchung zufolge halten regionale Milizen ihre Macht aufrecht, indem sie "Gewalt, Drohungen und Korruption" einsetzen und "legitime politische Aktivitäten ersticken und den Wahlprozess dominieren".
    Laut dem Afghanistan-Experten von Human Rights Watch, John Sifton, ist die Entwaffnung der Milizen in dem Land gescheitert. Zwar seien die Waffen von Kriegsherren mithilfe der NATO- und US-Truppen durch die afghanische Armee weggeschlossen worden. Doch die Milizenführer hätten weiterhin Möglichkeiten, an ihre früheren Arsenale heranzukommen. "Wenn die Mafia uns eines lehrt, dann dies: Man braucht nicht tausende Männer, um Menschen einzuschüchtern, man muss nur unbarmherzig sein", sagte Sifton. Dem Experten zufolge haben örtliche Kommandeure den Wählern in ländlichen Gegenden bereits Anweisungen erteilt, wo sie am 9. Oktober ihr Kreuz auf dem Stimmzettel machen sollten. Aufgrund fehlender Erfahrungen mit der Demokratie würden die Wähler wahrscheinlich darauf hören. Laut Sifton ist die von der afghanischen und der US-Regierung genannte Zahl von 10,5 Millionen registrierten Wählern übertrieben. Mitarbeiter der Wahlbehörden gingen eher von fünf bis sieben Millionen Registrierten aus, sagte er. In dem HRW-Bericht werden Fälle erwähnt, da Bürger sich in mehreren Wählerlisten eingetragen haben.
    Eine demokratische Ordnung sei in Afghanistan "ferner denn je", heißt es in dem Bericht. Die Organisation warnt, sollte die Spaltung in militärisch geführte Stammesgruppen in Afghanistan nicht in den Griff zu bekommen sein, drohe dem Land ein neuer Bürgerkrieg.
  • Die Union will der Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan um ein weiteres Jahr zustimmen. Das machten Fraktionsgeschäftsführer Volker Kauder (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Michael Glos am 28. Sept. in Berlin deutlich. Zwar verwiesen beide auf die Gefahren für deutsche Soldaten in dem asiatischen Land. Aus Gründen der Bündnispolitik und der außenpolitischen Glaubwürdigkeit trage die Union die Verlängerung des Einsatzes aber mit, betonte Glos. In der Landesgruppe habe es aber intern auch ein paar Gegenstimmen gegeben, sagte Glos weiter.
  • Die USA wollen für eine Milliardensumme in Afghanistan fünf neue Stützpunkte für die afghanische Armee bauen. Das US-Verteidigungsministerium informierte am 28. Sept. den Kongress über das Projekt, in das rund eine Milliarde Dollar (810 Millionen Euro) investiert werden sollen. Afghanistan habe um den Bau von Stützpunkten in Kabul und in den Regionen Gardes, Kandahar, Herat und Masar-i-Scharif gebeten, erklärte das Pentagon. Die Arbeiten sollten von US-Armeeingenieuren ausgeführt werden.
  • Bei einem Granatenangriff auf das Lager des deutschen Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) im afghanischen Kundus sind am 29. Sept. zwei deutsche und ein Schweizer Soldat verletzt worden. Die Soldaten würden ärztlich behandelt, erklärte das Bundesverteidigungsministerium in Berlin. Ihre Angehörigen seien verständigt worden. Die Kräfte zur Sicherung des Lagers seien verstärkt worden. Dem Sprecher zufolge war eine Stunde vor dem Granatenangriff eine Explosion nordwestlich des Lagers zu hören gewesen.
  • Die Leitung der Nato-geführten Isaf-Truppe in Afghanistan drängt darauf, noch in diesem Jahr härter gegen den Schlafmohnanbau im Lande und seine politischen Profiteure vorzugehen. "Nach der Präsidentschaftswahl müssen wir uns ernsthaft um das Drogenproblem kümmern", sagte in Kabul der deutsche Generalmajor Wolf-Dieter Loeser, stellvertretender Kommandeur der Nato-geführten Internationalen Sicherheitstruppen (Isaf), der "Berliner Zeitung" (Ausgabe vom 30. Sept.). Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hatte unlängst bekräftigt, dass sich die Bundeswehr-Einheiten in Afghanistan weiterhin nicht um den Opiumschmuggel kümmern würden.
  • Bei einem Angriff mutmaßlicher Taliban-Kämpfer auf ein Versorgungszentrum der US-geführten Truppen im Südosten Afghanistans sind in der Nacht zum 30. Sept. sieben US-treue afghanische Milizionäre getötet worden. Wie der Gouverneur der Provinz Sabul, Chejal Mohammed Hussaini, am Donnerstag sagte, töteten die mutmaßlichen Taliban-Anhänger sieben der elf auf dem US-Stützpunkt arbeitenden Afghanen, nachdem sich diese den Angreifern ergeben hatten. Der Vorfall ereignete sich den Angaben zufolge im Bezirk Schinkai.
  • Unter dem Eindruck des Raketenangriffs auf das Lager in Kundus hat der Bundestag am 30. Sept. das Afghanistan-Mandat der Bundeswehr um ein Jahr verlängert. Mit großer Mehrheit stimmten die Regierungsparteien und die Union für eine entsprechende Entschließung der Bundesregierung. Widerspruch kam von den beiden PDS-Abgeordneten und von der FDP-Fraktion. Die Friedensbewegung protestierte mit Erklärungen.


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