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Nach dem Jahrhundert der Kriege - Alternativen der Friedensbewegung

Ratschlagsbuch erschienen

Das Buch zum letzten Friedensratschlag, der im Dezember 1999 in Kassel stattfand, erscheint in diesen Tagen und kann ab sofort bestellt werden.
Für Ratschlagsteilnehmer zum Vorzugspreis von DM 20,- (sonst im Buchhandel: 28 DM)

Bestelladresse: Friedensratschlag, c/o DGB Kassel, Spohrstr. 6, 34117 Kassel
oder per e-mail: strutype@hrz.uni-kassel.de
oder per FAX (an P. Strutynski): 0561/804-3738

Ralph-M. Luedtke, Peter Strutynski (Hrsg.)
Nach dem Jahrhundert der Kriege - Alternativen der Friedensbewegung
Kassel 2000
ISBN 3-934377-61-0
Jenior Verlag, Lassallestr. 15, D-34119 Kassel

Aus dem Inhalt:

PETER STRUTYNSKI: Zu den Schwierigkeiten der Friedensbewegung im Krieg
HANS ARNOLD: Jahrhundertbilanz Krieg und Frieden
ULRICH ALBRECHT: Die Lehren aus dem Kosovo-Krieg
ELLEN DIEDERICH: Die Logik des Krieges durchbrechen!
ERNST WOIT: Kriegsentwicklung, Kriegsschauplätze und Kriegsfolgen im 20. Jahrhundert
LORENZ KNORR: Kontinuitäten deutscher Außen- und Geopolitik
KNUT KRUSEWITZ: Methoden und Umweltfolgen der NATO- Kriegsführung
WERNER RUF: Weltpolitische Folgen des NATO-Kriegs
ULRICH SANDER: Zum Traditionsverständnis und zur Rechtsentwicklung der Bundeswehr
RALF BENDRATH: "Information Warfare" - Die Militarisierung von Cyberspace und Öffentlichkeit
REGINA HAGEN: "Raketen sind wie Messer" - Zur militärischen Nutzung des Weltraums
CLEMENS RONNEFELDT: Die neue Rolle der NATO und die Militarisierung der EU
TOBIAS PFLÜGER: Die deutsche Rolle bei der Militarisierung Europas
DETLEF BIMBOES: Konfliktregion Kaspisches Meer

ANDREAS BURO: Wege aus der Gewalt: Tschetschenien
ANDREAS BURO: Wege aus der Gewalt: Der türkisch- kurdische Konflikt
HANS MAUSBACH: Zwischen Vision und Realität - Die Alternativen der Friedensbewegung
JÖRG HUFFSCHMID: Rüstung, Ökonomie, soziale Frage und Bewegung

INTERNATIONALES FORUM: "ALLE MACHEN KRIEG UND KEINER REGT SICH AUF"
Mit Beiträgen von Ludo de Brabander (Belgien), Ulrike Koushan (Österrreich), Nikos Fotiadis (Griechenland), Tanja Pavlov (Jugoslawien), Bernd Guß (Frankfurt a.M.) und anderen

PODIUMSDISKUSION: DER KRIEG - EINE MEDIENINSZENIERUNG?
ZUR ROLLE DER MEDIEN VOR, IN UND NACH DEM KRIEG
Mit Beiträgen von Elvira Claßen (Zivilcourage), Eckart Spoo (Ossietzky), Ekkehart Sieker (WDR), Rüdiger Göbel (junge welt); Moderation: Thomas Reisz (WAZ)

HORST BETHGE: Friedensbewegung und Jugend - Bericht über eine Gesprächsrunde
TOBIAS DAMJANOV: Atomwaffen abschaffen!
WOLFGANG RICHTER: Internationales Europäisches Tribunal über den NATO-Krieg gegen Jugoslawien
LÜHR HENKEN: Mit der Abrüstung Ernst machen!
CHRISTINE SCHWEITZER: Zivile Alternativen stärken! Thesen zur nicht-militärischen Konfliktprävention und -bearbeitung
JOHN CATALINOTTO: Anklage gegen Clinton und die NATO
ABSCHLUSSERKLÄRUNG: Aktionsrahmen 2000 der Friedensbewegung


Vorwort

Nach dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien im Frühjahr 1999 haben sich die Koordinaten von Friedenspolitik und -bewegung gründlich geändert. Das westliche Militärbündnis, ein anachronistisches Relikt aus der Zeit der Blockkonfron-tation und der Bipolarität, hat vor den Augen der Welt demonstriert, wer im internationalen Konzert den Ton angibt. An die Stelle des Völkerrechts setzen die USA und ihre Verbündeten das Faustrecht des Stärkeren, an die Stelle der Vereinten Nationen die NATO und - daran wird zur Zeit gestrickt - an die Stelle der OSZE ein neues europäisches "Verteidigungsbündnis". Dabei haben sich die philanthropischen Begründungen für den Jugoslawien-Krieg in den vergangenen Monaten zusehends als durchsichtige ideologische Rechtfertigungsversuche, mithin als Lügen erwiesen. Was während des Krieges erst von wenigen angezweifelt worden war, konnte mittlerweile in zahlreichen Veröffentlichungen als Zweckpropaganda enttarnt werden. Hierzu zählt etwa die Mär von der "humanitären Katastrophe", die vor Kriegsbeginn bereits begonnen hätte, die Legende vom "Massaker von Racak", die als Auslöser für die kriegsvorbereitenden "Verhandlungen" in Rambouillet und Paris herhalten musste, der so genannte Hufeisenplan zur "systematischen Vernichtung und Vertreibung" der Albaner aus dem Kosovo, dessen Erfinder in Wahrheit nicht in Belgrad, sondern im Berliner Außen- oder Verteidigungsministerium zu suchen sind, und hierzu zählen auch die übertriebenen Berichte über Massengräber ermordeter albanischer Zivilisten.

Auf der anderen Seite werden die eigenen Untaten, die offensichtlichen Kriegsverbrechen der NATO nach wie vor mit Stillschweigen übergangen oder offensiv geleugnet. Wenn Botschaften zerschossen, Flüchtlingstrecks bombardiert, Fabriken und Energieanlagen zerstört und Verkehrswege unterbrochen wurden, dann fällt das alles nicht ins Gewicht, da es sich um angebliche "Kollateralschäden" handelte. Leider hat sich inzwischen auch die Chefanklägerin im UN-Kriegsverbrechertribunal dieser Auffassung angeschlossen und damit eine Strafverfolgung verantwortlicher NATO-Befehlshaber vereitelt. Gegen das offenkundige Versagen des UN-Tribunals in Den Haag mussten unabhängige, von der Friedensbewegung getragene "Tribunale", zuletzt im Juni 2000 in Berlin und in New York, tätig werden, deren Beweisaufnahme erdrückend und deren Schuldsprüche folgerichtig waren. Leider gibt es bis heute keinen Politiker, der so viel Moral oder Urteilsvermögen besitzt, dass er aus der zeitlichen Distanz zum Krieg seine kriegsbefürwortende Haltung auch nur leise in Frage stellen würde. Intellektuelle Redlichkeit und moralische Integrität gehören nach wie vor nicht zu den Attributen deutscher Regierungspolitiker.

Das vorliegende Buch handelt vom Krieg, der auch in Europa wieder gegenwärtig geworden ist. Es handelt aber auch von Kriegen, die in anderen Teilen der Welt - und vor allem dort - geführt und vorbereitet werden. Angesichts zunehmender sozialer, ökonomischer und politischer Konflikte in allen Erdteilen stel-len sich neue Aufgaben für die Staatengemeinschaft und die Gesellschaften. Sie militärisch zu definieren, wie es der mainstream herrschender Politik und leider auch Politikwissenschaft unumwunden vorschlagen, ist die eine, die gewalttätige "Politik"variante. Die andere Variante, die von der Friedensbewegung und einer starken Fraktion der Friedenswissenschaft ins Feld geführt wird, ist die der zivilen, ausschließlich nicht-militärischen Politik, die an den Konfliktursachen ansetzt und nach tragfähigen Lösungen für alle an Konflikten beteiligten Parteien sucht. Die in diesem Band versammelten Analysen und Diskussionsbeiträge haben ihren Bezugspunkt ausnahmslos in diesem Antagonismus.

Entstanden sind die Beiträge anlässlich des sechsten "Friedenspolitischen Ratschlags", der Anfang Dezember 1999 in der Universität Gesamthochschule Kassel stattfand. Für dessen organisatorische Vorbereitung und Durchführung und damit auch für das Zustandekommen dieses Buches haben wir uns bei zahlreichen Personen zu bedanken, allen voran den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kasseler Friedensforums und des Bundesausschusses Friedensratschlag. Dank zu sagen ist auch dem Fachbereich 10 der Uni-GhK für die finanzielle Unterstützung des Kongresses und dieser Publikation. Damit ist die Kasseler Hochschule einmal mehr ihrem Anspruch gefolgt, den Dialog von Friedenswissenschaft, Friedensbewegung und Politik zu fördern und sich auf diese Weise der Gesellschaft "zu öffnen".

Der sechste Friedensratschlag war der größte und inhaltlich wohl der reichhaltigste aller bisherigen Ratschläge. Wir sind überzeugt, dass dies auch in der vorliegenden Dokumentation zum Ausdruck kommt. Mögen die darin enthaltenen Informationen und Argumente Wirkung zeigen.

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