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Der Weltölmarkt ist in guter Form

OPEC-Schritte günstig für Russland

Von Oleg Mitjajew *

Am 9. September kommen die OPEC-Länder im Wiener Hauptsitz des Ölkartells zusammen, um eine gemeinsame offizielle Quote für die Gewinnung des "schwarzen Goldes" zu vereinbaren.

Die Konferenz findet in dem für die Moslems heiligen Monat Ramadan statt und der Beschluss soll nach Mitternacht Moskauer Zeit bekannt gegeben werden. [Siehe Kasten!] Aber schon einige Tage vor der OPEC-Sitzung sagten viele Mitgliedsländer und unabhängige Wirtschaftsexperten voraus, dass das Kartell die bestehende Quote - etwa 24,845 Millionen Barrel pro Tag - unverändert belassen werde.

OPEC lässt Ölproduktion unverändert

Die OPEC lässt die Ölfördermenge bis auf weiteres unverändert. Das teilte die Organisation Ölexportierender Länder am frühen Donnerstagmorgen nach einem Ministertreffen in Wien mit. Die Entscheidung war allgemein erwartet worden. Diesen Artikel weiter lesen

Die OPEC begründete ihren Beschluss mit der weltweiten Wirtschaftskrise. Zwar gebe es Anzeichen für eine Konjunkturerholung, es bleibe aber die Unsicherheit, in welchem Umfang und wie rasch dies geschehe, sagte OPEC-Sprecher Omar Ibrahim. Die vereinbarte Fördermenge der zwölf OPEC-Staaten liegt derzeit bei knapp unter 25 Millionen Barrel pro Tag.

Der Preis ist im vergangenen Jahr extrem geschwankt. Im Juli 2008 erreichte er einen Rekordstand von 147 Dollar pro Barrel (159 Liter), bevor er im Februar auf ein Tief von 32 Dollar pro Barrel einbrach. Seitdem hat er sich bei knapp 70 Dollar eingependelt.

Quelle: Nachrichtenagentur AP, 10. September 2009



Jetzt kommt ein solcher Beschluss praktisch allen gelegen: sowohl den Ölverbrauchern als auch den Erdöl fördernden Ländern. Einschließlich Russlands, das nicht der OPEC angehört.

Wass bleibt noch zu wünschen übrig?

Der Weltölmarkt ist in guter Form, die Preise schwanken im Bereich 68 bis 73 Dollar pro Barrel, und das ist, wie der saudische Erdölminister Ali al-Naimi gleich nach seiner Ankunft in Wien erklärte, für alle günstig. Saudi-Arabien ist das einflussreichste Mitglied des Kartells.

"Bei einem solchen Preis - zwischen 68 und 73 Dollar je Barrel - was bleibt noch zu wünschen übrig?" antwortete al-Naimi auf die Frage, ob das heutige Preisniveau für Saudi-Arabien gut sei.

Kurz vor der OPEC-Konferenz stiegen die Preise für das amerikanische WTI-Öl um drei Dollar auf 71 Dollar pro Barrel und behielten diese Position sicher auch am Sitzungstag bei.

Seit Ende vorigen Jahres, als der Ölpreis auf 33 Dollar je Barrel abstürzte, unternahm die OPEC mit Saudi-Arabien an der Spitze eine beispiellose Drosselung der Erdölförderung in seiner Geschichte: Durch mehrere konsequente Schritte verminderte das Kartell die Fördermengen um 4,2 Millionen Barrel/Tag.

Am meisten unter den OPEC-Ländern schränkte Saudi-Arabien selbst die Gewinnung ein und hat somit, wie al-Naimi sagte, alles getan, was es tun konnte. Das Königreich drosselte die Gewinnung um täglich 2,75 Millionen Barrel.

Dank diesem Schritt stieg der WTI-Preis an der New-Yorker Warenbörse (NYMEX) im August dieses Jahres auf 75 Dollar je Barrel. Für einen solchen Preisstand sprach sich König Abdullah von Saudi-Arabien aus. Ihn unterstützten auch die weltgrößten Erdöl fördernden Gesellschaften, sie behaupteten, dass nur bei einem solchen Ölpreis der Ölindustrie wieder Investitionen zufließen könnten.

Doch viele jüngere Kartellpartner Saudi-Arabiens finden es nicht nötig, die Gewinnung noch weiter einzuschränken, weil das ihre Exporteinnahmen senkt. Deshalb ist in nächster Zeit eine weitere Verminderung der Quote vom Kartell nicht zu erwarten.

Russland steigert die Gewinnung

Um eine Erhöhung der Ölpreise zu erreichen, hat Saudi-Arabien Russland den Status des größten Erdöl fördernden und Erdöl exportierenden Landes abgetreten. Ein solcher Platztausch ist erstmalig seit der Zeit des Zerfalls der Sowjetunion geschehen.

Gegenwärtig gewinnt das Königreich etwas über 8 Millionen Barrel Erdöl am Tag, und sein Export von Öl und Ölprodukten ist im zweiten Quartal 2008 auf 7 Millionen Barrel/Tag gesunken.

In Russland dagegen belief sich die Ölgewinnung im August 2009 auf 9,97 Millionen Barrel/Tag, der Export von Öl und Ölprodukten bezifferte sich im zweiten Quartal 2009 auf 7,4 Millionen Barrel/Tag.

Dieser Positionswechsel wirkt um so erstaunlicher, als die Ölgewinnung 2008 erstmalig seit zehn Jahren nach unten ging: um 0,6 Prozent auf 9,78 Millionen Barrel/Tag. Und der russische Vize-Premier Igor Setschin, der für den Brennstoff-Energie-Komplex zuständig ist, teilte der OPEC Ende vorigen Jahres mit, Russland sei bereit, die Gewinnung zu reduzieren, um die Ölpreise zu unterstützen.

Doch während die OPEC-Länder 2009 die Gewinnung und den Ölexport einschränkten, tat Russland in Wirklichkeit das Gegenteil.

Gleichzeitig mit dem einsetzenden Wachstum der Weltpreise erhielten die russischen Ölunternehmen in diesem Jahr beträchtliche Steuervergünstigungen bei der Erschließung neuer Vorkommen in Ostsibirien.

Im Ergebnis begannen Russlands größte Gesellschaften - Rosneft, LUKoil, TNK-BP - die Gewinnung zu steigern.

Dank den zunehmenden Ölexporteinnahmen rechnet die russische Regierung jetzt mit einem höheren Zuwachstempo des Bruttoinlandsproduktes in den nächsten drei Jahren und der Überwindung der Krise um 2012.

Die zusätzlichen russischen Erdölbarrel auf dem Weltmarkt können übrigens die Bemühungen der OPEC-Mitglieder untergraben, die hohen Ölpreise zu stützen, und diese Länder selbst zur Erhöhung der Fördermengen zwingen.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

* Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 9. September 2009; http://de.rian.ru


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