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Nordeuropa segnet Nord Stream ab

Schweden und Finnland genehmigen die Errichtung der russischen Gas-Pipeline durch die Ostsee nach Stralsund

Von Oleg Mitjajew *

Am 5. November haben die Partner bei der Errichtung der Erdgas-Pipeline Nord Stream einen großen Erfolg verbucht.

Schweden und Finnland haben die Errichtung dieser Pipeline auf dem Meeresgrund durch ihr Territorialgewässer genehmigt. Jetzt gibt es keine ernstzunehmenden Hindernisse, welche verhindern könnten, dass die Pipeline planmäßig 2011 in Betrieb genommen werden kann. Die Pläne zur Diversifizierung der russischen Gaslieferungen nach Europa werden Realität.

Die 1200 Kilometer lange Pipeline Nord Stream wird am Meeresboden verlaufen und die russische Stadt Wyborg mit Greifswald verbinden. Die erste Röhre der Pipeline mit einer Leistung von 27,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr soll Ende 2011, eine gleich leistungsstarke 2012 fertiggestellt werden.

Projektbetreiber ist die Nord Stream AG, wovon 51 Prozent der russischen Gazprom, je 20 Prozent den deutschen Wintershall und E.On Ruhrgas und 9 Prozent der niederländischen Gasunie gehören. Schon bald könnte auch die französische GdF Suez ins Projekt einsteigen.

Die Nord Stream soll durch die Territorialgewässer Finnlands, Schwedens, Dänemarks sowie Russlands und Deutschlands verlaufen.

Es dauerte volle vier Jahre, bis die Genehmigungen der Länder, durch deren Gewässer Nord Stream verlaufen soll, erteilt wurden. Nord Stream gab 100 Millionen Euro für Umweltstudien entlang der geplanten Route aus. Die Nord Stream AG berücksichtigte die Interessen aller betroffenen Seiten. Sie änderte zweimal die Pipeline-Route und verzichtete auf die geplante Verdichterstation und die Lichtleitfaserkabel.

Als erste gab Dänemark am 20. Oktober des laufenden Jahres ihr Jawort zum Projekt. Am 5. November war dann die schwedische Regierung soweit. Schweden war einer der schwierigsten Partner bei den Nord-Stream-Verhandlungen. Es hatte 23 Monate lang die mit der Errichtung und dem Betrieb der Pipeline verbundenen Umweltprobleme eruiert.

Die Regierung Schwedens hatte strenge Anforderungen an das Projekt gestellt, damit die sensible Ostsee-Natur erhalten bleibt. Letztendlich erklärten die schwedischen Behörden, dass die Nord Stream AG alle notwendigen Umweltgarantien gegeben habe.

Der Projektbetreiber hat nach einer Forderung Schwedens auf die Errichtung einer Verdichterstation an der schwedischen Küste verzichtet. So wird die Unterwasserpipeline ohne Pumpstation arbeiten, die den Druck in der Röhre erhält. Das ist vom technischen Standpunkt aus komplizierter, aber dennoch möglich.

Am gleichen Tag, dem 5. November, meldete die Nord Stream AG, dass sie die Genehmigung der finnischen Regierung erhalten habe. Zwar stellte sich heraus, dass diese Genehmigung noch nicht hinreichend ist, da nach finnischem Gesetz die Nord Stream eine weitere Genehmigung von den Umweltbehörden erhalten muss. Doch es gibt keine Zweifel, dass auch sie bis Ende des Jahres erteilt wird.

Jetzt müssen noch Deutschland und Russland das Projekt absegnen. Doch offensichtlich wird die Genehmigung des Projekts durch beide Länder einen rein formellen Charakter haben.

Die positive Entscheidung der nordeuropäischen Länder ist hingegen ein großer Erfolg. Sie lässt darauf hoffen, dass die Errichtung der Pipeline bereits im April 2010 anfangen und die erste Röhre planmäßig 2011 in Betrieb genommen wird.

Russland hat viel diplomatisches Geschick eingesetzt, um von den nordeuropäischen Ländern grünes Licht zu erhalten. Die Finnen haben für weitere zwei Jahre ein Moratorium für die Anhebung des Exportzolls für russisches Rundholz erhalten. Den Dänen versprach Moskau, bei der Klimakonferenz im Dezember in Dänemark einen Vertrag zu unterzeichnen. Die Schweden konnten alle ihre Umweltforderungen durchsetzen. Beispielsweise haben sie erreicht, dass die Bauarbeiten nicht während der Kabeljau-Laichperiode, von Mai bis Oktober, fortgesetzt werden.

Somit ist die Verwirklichung von Russlands Plänen zur Diversifizierung der Gaslieferungen nach Europa, was die Energiesicherheit der Alten Welt erhöht, sowie zur Abschaffung des ukrainischen Transitmonopols, bereits in greifbare Nähe gerückt.

Dabei haben Russland und seine Partner die Alternativprojekte, die ihnen weniger günstig erschienen, so gut wie abgeschrieben. Es geht um die so genannte "Jantar", die durch die baltischen Staaten und Polen führen sollte, sowie das Projekt "Jamal-Europa-2" durch Weißrussland und Polen.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der der RIA Novosti übereinstimmen.

* Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 9. November 2009; http://de.rian.ru



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