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U-Boot-Deal mit Pakistan eingefädelt

Deutsche Firmen wollen drei Superwaffen liefern, Bundesregierung haftet mit 1,03 Milliarden

Ein neues, bislang geheimes Rüstungsprojekt wird durch ein Papier des Bundesfinanzministeriums offenkundig. Es handelt sich um die Lieferung von U-Booten nach Pakistan.

Ein deutsches Lieferkonsortium verhandelt derzeit mit der pakistanischen Marine »über die Konstruktion und die Lieferung von drei Materialpaketen zum Bau von drei U-Booten«. Die Bundesregierung unterstützt das Vorhaben und unterläuft so abermals den Grundsatz, keine Waffen in Spannungsgebiete zu liefern.

»Das Auftragsvolumen für die drei zur Deckung beantragten Boote beträgt insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro. Die Zahlung wird weitgehend während der Lieferphase ... erfolgen, nur ein kleiner Teil wird über einen Kredit finanziert«, heißt es in einer Verschlusssache, die ND vorliegt. Darin sind als »Höchsthaftung des Bundes« 1,029 Milliarden Euro notiert.

Geliefert werden soll das Mo-dernste, was es auf dem konventionellen U-Boot-Markt gibt. Die Brennstoffzellentechnologie macht den Antrieb außenluftunabhängig, die Tauchzeit wird im Vergleich zu herkömmlichen Systemen extrem verlängert, die Boote sind schwer zu orten. Deutschland besitzt bislang nur zwei dieser 212 A-Boote. Hersteller sind die Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) und die Nordseewerke. Beide gehören zu ThyssenKrupp Marine Systems. Zwei dieser Angriffsmittel werden nach Israel und damit ebenfalls in ein Spannungsgebiet exportiert. Weitere zwei baut Italien.

Mit dem Pakistan-Auftrag »würde der deutsche Exporteur in die Lage versetzt, die aktuellen Entwicklungserfolge in der Technik der U-Bootfertigung, speziell in der Brennstoffzellentechnologie zu festigen und langfristig zu sichern. Hinzu kommen die entsprechenden Beschäftigungswirkungen bei den kleinen und mittleren Zulieferern in ganz Deutschland«, behauptet die Regierung, ohne das zu belegen. Wichtig sei die »Chance auf künftige Aufträge, da die pakistanische Marine angabegemäß an einer langfristigen strategischen Partnerschaft interessiert ist«.

Pakistan, ein Staat, der über Atomwaffen verfügt und zudem im dringenden Verdacht steht, diverse terroristische Gruppierungen zu unterstützen, leistet sich derzeit einen Rüstungswettlauf vor allem mit Nachbar und Atommacht Indien. Derzeit verfügt die pakistanische Navy über sechs U-Boote französischer Konstruktion, die mit US-»Harpoon«-Marschflugkörpern bestückt sind. Die Boote für Israel sind mit 533-mm-Torpedorohren ausgestattet, aus denen Flugkörper mit atomarem Sprengkopf verschossen werden können. Ob das Pakistan-Projekt auch so ausgestattet ist, ist unbekannt. Bei den Zulieferungen mit im Boot sind die USA und Großbritannien mit 19 Prozent.

Otfried Nassauer, Chef des Berliner Informationszentrums für transatlantische Sicherheit, macht auf die lange Tradition deutsch-pakistanischer Rüstungszusammenarbeit aufmerksam. Das aktuelle Vorhaben hält er für »extrem gefährlich, auch deshalb, weil Deutschland sowohl Israel wie dem islamisch geprägten Pakistan die Möglichkeit eröffnet, im gesamten Indischen Ozean militärisch handlungsfähig zu sein«.

* Aus: Neues Deutschland, 21. April 2007


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