Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Rüstungsexporte stoppen – auch in Kiel!

Friedensbewegung diskutiert mit Betriebsrat über Produktion und Export von Atom-U-Booten *

Eurofighter mit deutscher Technik für Indien und Südkorea, Leopard-Panzer für Saudi-Arabien und Katar, Patrouillenschiffe für Angola, atomwaffenfähige U-Boote für Israel – soweit eine (unvollständige Liste) von Staaten, die Abnehmer deutscher Rüstungsgüter sind bzw. in Kürze werden sollen. Bundeskanzlerin Merkel will demnächst eine Liste mit Nicht-NATO-Staaten aufstellen, mit denen Rüstungsgeschäfte erlaubt wären, da diese zur Stabilität ihrer Region beitragen. Dazu sollen unter anderem die sechs Staaten des Golfkooperationsrates, darunter Saudi-Arabien und Katar zählen. Damit will sich Deutschland auch in Sachen Rüstungsexport endlich aller Fesseln entledigen.

Nachdem das deutsche Rüstungskapital maßgeblich daran beteiligt war, zwei Weltkriege vom Zaun zu brechen, wurde bis zur Annexion der DDR das Rüstungsgeschäft in der Bundesrepublik eher im Verborgenen betrieben. Noch ein im Jahr 2000 entworfener Leitfaden der Bundesregierung untersagt ausdrücklich Waffenlieferungen in Spannungsgebiete. Dieser Grundsatz wurde in den zurückliegenden Jahren schon immer ungenierter unterlaufen – jetzt soll damit aber auch offiziell Schluss sein.

Über die Rüstungsexporte entscheidet der Bundessicherheitsrat, ein geheim tagendes Gremium - unter dem Vorsitz der Kanzlerin. Der Deutsche Bundestag erhält nicht einmal nach Erteilung einer Genehmigung Auskunft über den Vorgang.

Mittlerweile ist Deutschland hinter den USA und Russland der drittgrößte Rüstungsexporteur der Welt. Nach Berechnungen des Stockholmer Instituts für Friedensforschung (Sipri) stiegen die deutschen Ausfuhren im Zeitraum zwischen 2007 und 2011 im Vergleich zu den vorangegangenen fünf Jahren um 37 Prozent (FAZ 20.7.12). Die größten deutschen Waffenschmieden sind Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann, Thyssen-Krupp und Diehl.

Grund genug für die Kieler Friedensbewegung zum Antikriegstag vor Ort sich mit der auch in den Gewerkschaften kontrovers diskutierten Frage des Rüstungsexports zu beschäftigen. Auch in Kiel wird Rüstung in ca. 30 Betrieben produziert und exportiert. "Exportschlager" der in Kiel produzierten Rüstungsgüter sind die auf der HDW (ThyssenKrupp Marine Systems) gebauten U-Boote, die in 17 Länder geliefert werden, u.a. nach Chile, Pakistan, Indien und Israel. Dabei enthüllte der "Spiegel" unlängst, dass die an Israel ausgelieferten U-Boote Teil des dortigen Atomwaffenprogramms sind, die Israel instand setzen, bis weit in den Indischen Ozean hinein zu operieren (also u.a. befähigen, Raketen aus unmittelbarer Nähe auf den Iran abzufeuern).

Auf der vom Kieler Friedensforum geplanten Diskussionsveranstaltung am 30. August werden Ernst-August Kiel (Betriebsratsvorsitzender HDW), Norman Paech (Völkerrechtler) und Peter Strutynski (Friedensratschlag) und hoffentlich viele Kieler Friedensbewegte, Gewerkschafter und HDW-KollegInnen diskutieren, welche Alternativen es zu Rüstungsproduktion und -export gibt.

In der Ankündigung zu dieser Veranstaltung heißt es u.a.: "Kiel hat allen Grund sich für Frieden und Abrüstung einzusetzen: Von den Kieler Matrosen ging 1918 das Signal aus für die Beendigung des 1.Weltkrieges – Für die Bürger des "Reichskriegshafens" endete der 2. Weltkrieg in einer katastrophalen Zerstörung der Stadt – Nicht zuletzt aufgrund dieser Erfahrung trat Kiel dem internationalen Friedens-Städtebündnis "Mayors for Peace" (Bürgermeister für den Frieden) bei. Wenn dies nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben soll, müssten sich die Landeshauptstadt und die Kieler Bürgerinnen und Bürger dafür einsetzen, dass von Kiel Signale für Frieden und Abrüstung, nicht aber Rüstungsgüter ausgehen!" (siehe Kasten)

* Diesen Beitrag (gezeichnet mit "gst") haben wir der Website www.kommunisten.de entnommen; 22. August 2012


Rüstungsexport stoppen – auch in Kiel!

Wir leben in einer Zeit größter Verunsicherung durch die dramatische weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, verbunden mit Demokratieabbau und der Androhung neuer Kriege. Als Rechtfertigung für militärische Interventionen werden humanitäre Ziele vorgeschoben.

Aufgabe der Friedenskräfte muss sein, dass völkerrechtswidrige Kriege der NATO wie in Afghanistan, Irak und Libyen, die in erster Linie wegen ökonomischer und geostrategischer Interessen geführt werden, unmöglich gemacht werden. Militärischen Interventionen gegen Syrien und den Iran widersetzen wir uns.

Es ist für uns unverständlich, dass immer noch und immer mehr Waffen in Deutschland produziert und exportiert werden. Deutschland ist zwischenzeitlich drittgrößter Rüstungsexporteur der Welt (hinter den USA und Russland). Rüstungsexporte tragen zu militärischen Auseinandersetzungen bei, verlängern sie und stützen autoritäre politische Systeme und Staaten. Fachleute schätzen, dass weltweit allein durch deutsche Gewehre und Pistolen mehr als eine Million Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren haben.

Auch in Kiel wird Rüstung in ca. 30 Betrieben produziert und exportiert: z.B. HDW, MAK/Rheinmetall, Raytheon, Thales, EADS, Elac-Nautic. „Exportschlager“ der in Kiel produzierten Rüstungsgüter sind die bei ThyssenKrupp Marine Systems (ehemals HDW) gebauten U-Boote der Klasse 214. Geliefert wurden Kieler U-Boote nach Werftangaben in 17 Länder, u.a. nach Chile, Pakistan, Indien, Israel.

HDW-Kiel präsentierte jüngst das größte bisher bei der HDW gebaute U-Boot für die israelische Marine. Ausgerüstet mit modernster Sonarund Brennstoffzellentechnik, soll es nach den Vorstellungen der israelischen Marine mit Flugkörpern ausgestattet werden, die auch eine Bestückung mit Nuklearsprengköpfen zulassen. Sie sind offensichtlich Teil eines Atomwaffenprogramms Israels und können bis weit in den indischen Ozean hinein operieren, also unerkannt Raketen bzw. Marschflugkörper aus unmittelbarer Nähe zum Iran abfeuern. Die U-Boote werden von der Howaldtswerke- Deutsche Werft in Kiel gebaut. Drei sind bereits geliefert, drei weitere werden bis 2017 übergeben. Zudem erwägt Israel, in Deutschland noch drei weitere U-Boote zu bestellen.

Die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Krisengebiete unterliegt einer restriktiven Exportkontrolle. Das hat die Verantwortlichen in der Vergangenheit leider nicht davon abgehalten, Rüstungsgüter, z.B. UBoote, in Spannungsgebiete – wie den Nahen Osten – zu liefern.

Begründet werden die Produktion und der Export von Rüstungsgütern in der Regel mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen. Dieses Argument hat jedoch schon der – leider nicht mehr existierende - gewerkschaftliche Arbeitskreis „Alternative Produktion“ widerlegt.

Kiel hat allen Grund, sich für Frieden und Abrüstung einzusetzen:
  • Von den Kieler Matrosen ging 1918 das Signal aus für die Beendigung des 1. Weltkrieges.
  • Für die Bürger des „Reichskriegshafens“ endete der 2. Weltkrieg in einer katastrophalen Zerstörung der Stadt.
  • Nicht zuletzt aufgrund dieser Erfahrung trat die Landeshauptstadt Kiel Ende der 80er Jahre dem internationalen Friedens-Städtebündnis „Mayors for Peace“ (Bürgermeister für den Frieden) bei. Wenn dieses Bündnis nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben soll, müssten sich die Landeshauptstadt und die Kieler Bürgerinnen und Bürger dafür einsetzen, dass von Kiel Signale für Frieden und Abrüstung, nicht aber Rüstungsgüter ausgehen!
Weil wir uns den Opfern dieser Rüstungsexportpolitik verpflichtet fühlen, wollen wir den Geschäften mit dem Tod ein Ende setzen. Anlässlich des Antikriegstages 2012 (1. September) laden wir ein zu einer Podiumsveranstaltung, in der Probleme des Rüstungsexportes diskutiert werden sollen. Wir unterstützen damit die bundesweite Aktion Aufschrei (www.aufschreiwaffenhandel. de), die sich den Stopp des Waffenhandels zum Ziel gesetzt hat.

Die Veranstaltung findet statt am
Donnerstag, 30. August, 19 Uhr in der "Pumpe" (Galerie), Haßstraße
Podiumsteilnehmer:
Ernst-August Kiel, Betriebsratsvorsitzender HDW
Prof. Norman Paech, Völkerrechtler, Hamburg
Otfried Nassauer, BITS, Berlin





Zurück zur Seite "Rüstungsexport, Waffenhandel"

Zur Konversions-Seite

Zur Friedensbewegung-Seite

Zurück zur Homepage