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Vetorecht für Berlin im Angebot

Rüstungskonzern EADS versucht, deutschen Widerstand gegen Fusion mit BAE auszuhebeln *

Bei der Zustimmung zur geplanten Fusion zwischen den westeuropäischen Rüstungsgiganten EADS und BAE Systems will sich die Bundesregierungen nicht unter Druck setzen lassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in Berlin, die Informationen würden zunächst »diskutiert und bewertet«. Auch sei die Bundesregierung mit Partnerländern wie Frankreich über die Auswirkungen einer solchen Unternehmensverschmelzung im Gespräch.

Die beiden Konzerne hatten in der vergangenen Woche ihre Fusionspläne veröffentlicht (jW berichtete). Bei einem Zusammenschluß der französisch-deutschen EADS (European Aeronautic Defence and Space Company) und dem derzeit größten europäischen Rüstungshersteller mit Sitz in London würde ein Unternehmen mit mehr als 220000 Mitarbeitern und über 70 Mil¬liarden Euro Umsatz entstehen. Deutschland, Frankreich und Großbritannien müssen dem Vorhaben zustimmen.

Nach einem Zeitungsbericht soll Widerstand in der BRD mit einem Vetorecht besänftigt werden. Auch eine weitreichende Arbeitsplatz- und Standortgarantie für die Bundesrepublik sei im Gespräch, wie die Financial Times Deutschland in ihrer Montagausgabe unter Berufung auf Branchenkreise berichtete.

Damit wolle der EADS-Vorstandsvorsitzende Thomas Enders versuchen, »Deutschland von der Megafusion zu überzeugen«, schrieb das Blatt. Vor allem Wirtschaftsstaatssekretär und Luftfahrtkoordinator Peter Hintze (CDU) gilt laut Bericht als Kritiker des Projekts. Regierungssprecher Steffen Seibert hatte das Vorhaben am Freitag »eine sehr komplexe Transaktion« genannt. Beide Unternehmen haben nach britischem Börsenrecht bis 10. Oktober Zeit, einen Deal bekanntzugeben oder zu erklären, daß sie die Fusionspläne nicht weiter verfolgen wollen.

Das neue Unternehmen wäre als einziger Konkurrent auf Augenhöhe zum US-Giganten Boeing. Es hätte vom Kampfjet über U-Boote und Panzer bis hin zu Splitterwesten für Infanteristen den Bedarf einer Armee im Angebot. Nach einer Übersicht des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI wäre die fusionierte Firma mit Abstand der größte Waffenhersteller der Welt. Am Mittwoch hatten BAE und EADS die Fusionspläne in London veröffentlicht. Die Unternehmen wollen ihre Geschäfte zusammenlegen, aber getrennt an der Börse gelistet bleiben, wie es hieß. BAE Systems würde 40 Prozent und EADS 60 Prozent am Gemeinschaftsunternehmen halten.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 18. September 2012


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