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Zukunftsangst bei Airbus

Heute Aktionstag an den deutschen Standorten des Flugzeugherstellers

Von Hermannus Pfeiffer *

Die IG Metall wirft dem staatliches Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS zu großes Profitstreben vor. Beschäftigte fordern Klarheit bezüglich der Zukunft der einzelnen Standorte.

Mit einem Aktionstag vor den Toren von EADS-Standorten protestiert die Gewerkschaft IG Metall gegen einen von der Konzernspitze beabsichtigten radikalen Umbau des weltweit führenden Luft- und Raumfahrtunternehmens. Den Gewerkschaftern geht es um die langfristige Sicherung von 50 000 Arbeitsplätzen an 50 Standorten allein in Deutschland. Auch an anderen Stellschrauben dreht Enders heftig. So will er stärker in Werke in China investieren. Die Kundschaft des europäischen Luft-, Raumfahrt- und Rüstungskonzern kommt ohnehin zunehmend aus Asien.

Es ist symbolträchtig, dass Enders sich vom bisherigen sperrigen Namen European Aeronautic Defence and Space Company verabschieden und EADS nach dessen globaler Erfolgsmarke »Airbus« umbenennen will. Der zivile Flugzeugbau trug mit 18,2 Milliarden Euro gut zwei Drittel zum EADS-Umsatz im ersten Halbjahr bei.

Mit der Namensänderung ist eine monströse Umstrukturierung verbunden. So wird die in Leiden in den Niederlanden angemeldete Aktiengesellschaft ihre bisherigen Kommandozentralen in Paris und München nach Toulouse im Südwesten Frankreichs verlegen. Dort findet – neben Hamburg – längst der Großteil der Airbus-Produktion statt. Das Rüstungs- und Raumfahrtgeschäft wird neu in Ottobrunn bei München gebündelt. Airbus fasst dabei die zivil-militärische Raumfahrt-Sparte Astrium, den Bereich Airbus Military und das Verteidigungsgeschäft Cassidian zusammen. Dessen deutscher Chef Bernhard Gerwert wird die »Division« mit 45 000 Beschäftigten und einem Umsatz von 6,2 Milliarden Euro im ersten Halbjahr leiten.

Als dritter Geschäftsbereich bleibt Eurocopter. Dort baut man zivile und militärische Hubschrauber. »Airbus Eurocopter« und die zivile Airbus-Sparte werden von Franzosen geleitet.

Enders strebt ehrgeizige zehn Prozent Rendite vom Umsatz an. Dazu will der EADS-Chef Kosten reduzieren und erhofft sich vor allem im Rüstungsgeschäft eine stärkere Durchschlagskraft gegenüber der britischen und US-amerikanischen Konkurrenz auf dem Weltmarkt. Welche Auswirkungen dies auf die über 140 000 Jobs haben wird, ist offen.

Dabei geht es EADS blendend. Zu dem früher größten Flugzeugbauer Boeing hat man längst technisch und wirtschaftlich aufgeschlossen. Zuletzt verkaufte Airbus mehr Passagiermaschinen als der Hersteller der legendären »737«.

»Die Beschäftigten warnen frühzeitig vor den vom Management angekündigten ›harten Maßnahmen‹«, sagt Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste, in Hamburg: »Das Streben nach einer höheren Rendite darf nicht über allem stehen.« EADS/Airbus brauche weitere Investitionen und vor allem Innovationen, um die Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Als Problem gilt auch der hohe Anteil von Leiharbeit und Werkverträgen an der Gesamtbeschäftigung. Er liegt nach einer Analyse der Bremer Agentur für Struktur- und Personalentwicklung bei etwa 20 Prozent.

Allein in Norddeutschland sind heute fünf zentrale Kundgebungen vor den Airbus-Werken in Hamburg, Bremen und Stade sowie bei Premium Aerotec in Varel und Nordenham geplant. In Hamburg werden auch Beschäftigte aus dem Rostocker Tochterunternehmen RST System-Technik erwartet. In Dresden fordert die IG Metall »klare Perspektive« für die Elbe Flugzeugwerke.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 28. November 2013


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