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Aus EADS wird Airbus

Auf dem Weg in die »Freiheit«: Multinationaler Rüstungs- und Luftfahrtkonzern baut um. Keine Angaben über Jobvernichtung. Lob aus Berlin

Von Klaus Fischer *

Die EADS hat es nicht geschafft. Zugegeben, diese Buchstabenkombination hatte nie das Zeug zu einem eingängigen Markennamen. Aber immerhin hielt sich das Kürzel an die alte Forderung, wonach ein Firmenname u.a. die Kriterien Wahrheit und Klarheit zu erfüllen habe. Mit »European Aeronautic Defence and Space Company« war man zumindest dicht dran. Für alle, die sich an dieser Stelle freuen: Das Unternehmen wird nicht abgeschafft, nur der Name.

Demnächst soll aus »EADS« »Airbus« werden. Wem das gaga vorkommt, der kennt die Macht der Markenfetischisten nicht.

Diese Spezies dürfte auch beim multinationalen Rüstungs-, Raum- und Luftfahrtkonzern mit Sitz in Leiden (NL) und/oder Toulouse (F) oder Ottobrunn (D), mächtig gewaltigen Einfluß haben. »Die Umbenennung führt schlichtweg das gesamte Unternehmen unter der besten Marke zusammen, die wir haben – eine Marke, die für Internationalisierung, Innovation und Integration steht – sowie für rund zwei Drittel unseres Umsatzes«, erklärte Konzernchef Thomas Enders am Mittwoch in Amsterdam. Aber natürlich ist der Namenswechsel eher ein Nebenaspekt des geplanten Konzernumbaus, den der Verwaltungsrat am selben Tag verkünden ließ. Demnach soll u.a. die Zahl der Unternehmenssparten von vier auf drei reduziert werden. Sitz der vereinigten Rüstungs- und Raumfahrtsparte soll das wirtschaftlich offenbar darbende München werden.

Vor allem aber will die bisherige EADS Company unbedingt profitabler werden – ein Vorhaben, das den Weg in die Freiheit vom Staat, den sich Enders ertrotzt zu haben glaubt, erst gangbar macht. Das Unternehmen war und ist seit 1999 ein Konstrukt des westeuropäischen militärisch-industriellen Komplexes. Es entstand aus der Deutschen ­Aerospace/DaimlerChrysler Aerospace (Daimler), der französischen Aérospatiale-Matra (Lagardère-Gruppe und Staat) sowie der spanischen CASA (Staat), die z.T. bereits seit Mitte der 70er Jahre am Airbus-Konsortium beteiligt waren. Den Regierungen ging es vor allem darum, einen Flugzeug- und Raketenbauer zu etablieren, der die Vormacht der US-Giganten Boeing und Lockheed brechen sollte und zugleich eine Art Hoflieferant für wichtige Rüstungsgüter werden konnte.

Das gelang, nicht zuletzt durch milliardenschwere Staatsaufträge bei Rüstungs- und Weltraumprojekten. Es führte aber auch zu immer heftigerem Gerangel, wer das Sagen hat – Paris oder Berlin.

Diese Dauerrivalität um Einfluß, Prestige und Arbeitsplätze machte sich der deutsche Konzernchef Enders 2012 zunutze, als er versuchte, mit dem größten europäischen Rüstungskonzern, BAE Systems, zu fusionieren, der im Gegensatz zu EADS auch als Lieferant des Pentagon gilt. Enders wollte mit dem nicht abgesprochenen Zusammenschluß zweierlei erreichen: den Staatseinfluß zurückdrängen und mehr als bisher vom größten Rüstungskuchen der Welt abbekommen. Beides klappte nicht.

Allerdings stand Daimler seit einiger Zeit vor dem Absprung. Die Stuttgarter hatten sich infolge diverser Geistesblitze führender Manager vom »integrierten Technologiekonzern« zum bloßen Autobauer zurückentwickelt. Das Geschäft lief zwar nicht toll, aber EADS schien dem Management noch unprofitabler, und man hatte offenbar auch keine Lust mehr, beim EADS-Gerangel die Kastanien für Deutschland aus dem Feuer zu holen. Die Bundesregierung mußte eingreifen, sicherte den Großteil der Daimler-Aktien und gab ihn der Staatsbank KfW in Verwahrung. Dennoch hatte Enders schließlich Erfolg: Die Anteile der Staaten wurden reduziert, dem Management wurde mehr Eigenständigkeit zugebilligt – warum auch immer.

Weniger Staat bedeutet potentiell aber auch weniger Steuergeld, das Enders und sein Konzern für diverse Projekte verbrauchen können. Bei den größten hatten sich EADS und die beteiligten Wehrtechnikbeschaffer ohnehin nicht mit Ruhm bekleckert: Der »Eurofighter Typhoon« wurde von Jahr zu Jahr teurer. Besser indes wurde das Ergebnis des aus dem »Jäger 90« hervorgegangenen Rüstungsprojektes eher nicht. Auch der als supertoll beworbene Kampfhubschrauber »Tiger« gilt nicht als Knaller – sieht man vom Preis ab – ebenso wie der Militärtransporter A 400M. Profitbringer sind zivile Airbus-Flugzeuge, insbesondere die A-320er-Serie.

Enders und seine Gefolgschaft spekulieren auf private Investoren. Aber die müssen mit guten »Renditen« gelockt werden. Höhere Profitraten, so fürchten Gewerkschaften und Beschäftigte, werden kurzfristig gern mittels Jobvernichtung generiert. Zudem will Enders stark auf den Märkten Asiens und in den USA wachsen. Das bedeutet erklärtermaßen Produktion in den jeweiligen Regionen – die dann nicht mehr in Europa erbracht wird.

In Berlin haben die Pläne des Konzerns freudiges Lob ausgelöst: »Die heutigen Beschlüsse des EADS-Verwaltungsrats sind ein gutes Signal für den Luft- und Raumfahrtstandort Deutschland«, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) am Mittwoch laut Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Es sei ein »Vertrauensbeweis in die Leistungsfähigkeit der deutschen Standorte«, daß der Konzern die Zentrale für die neue Rüstungs- und Raumfahrtsparte in München ansiedeln werde.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 1. August 2013


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