U-Boote nun auch für Ägypten
Neuer Rüstungsexportskandal bahnt sich an
Von René Heilig *
Die Empörung über den Verkauf von
deutschen Panzern nach Saudi-Arabien,
Katar und Indonesien ist noch
nicht abgeebbt, da ist der nächste
geheime Rüstungsdeal aufgeflogen.
Deutschland will zwei U-Boote an
Ägypten liefern. Doch nicht nur neue
Mordwerkzeuge finden Interesse,
auch Ex-Bundeswehr-Material geht
weg wie warme Semmeln.
An U-Boot-Lieferungen nach Israel,
die im Geheimen verabredet
werden, hat man sich ja bereits
gewöhnt. Nun aber sickerte durch,
dass es auch zwischen Ägypten
und der Kieler Howaldtswerke –
Deutsche Werft (TKMS) Verträge
über die Lieferungen von zwei
deutschen U-Booten gibt.
Zumindest Ägyptens Marinechef
Osama Ahmed al Gendy weiß
davon. Bei ThyssenKrupp Marine
Systems, der Mutterfirma der Kieler
U-Boot-Schmiede, verweigert
man jede Auskunft. Gerüchte gibt
es schon lange. Ende 2008 berichteten
israelische Medien besorgt
über Verhandlungen zwischen
Berlin und Kairo über die
Lieferung von Dolfin-II-Booten an
Ägypten. Das ist genau jener Typ,
der – zum Gutteil aus deutschen
Steuermitteln – an Israel geliefert
wurde und wird. Dabei handelt es
sich um die weltweit modernsten
nicht-nuklear betriebenen Boote.
Israel wurde vorstellig in Berlin,
die U-Boot-Verhandlungen mit
Kairo kamen nicht vom Fleck. Doch
in den vergangenen Monaten hat
man auf der Kieler Werft wieder
öfter ägyptische Techniker und Offiziere
gesehen. Insider vermuten
einen Zusammenhang mit der
abermaligen Kostenübernahme für
das dritte israelische Dolfin-Boot
und der Lieferung weiterer.
Bis 2017 will die israelische
Marine insgesamt sechs Dolfins im
Bestand haben. Auch dieser Export
ist hoch umstritten, weil die
Boote nach Expertenmeinung mit
Atomwaffen bestückt werden können.
Dass Israel solche Waffen besitzt,
wird weder bestätigt noch
dementiert. Offenbar sind
Deutschland, Israel und die USA
übereingekommen, dass man
Ägypten keine Dolfin-Boote – sie
zeichnen sich vor allem durch einen
außenluftunabhängigem Antrieb
aus –, sondern solche vom
Typ 209 liefern wird. Dieser Typ
ist bereits seit 40 Jahren ein Renner,
über 60 Boote wurden – jeweils
auf dem modernsten Stand
– verkauft. Sie werden unter anderem
von der Türkei, Griechenland,
Argentinien, Brasilien, Indonesien,
Kolumbien, Südkorea
und Südafrika eingesetzt.
Angaben zu den Kosten des
Ägypten-Projektes, den Finanzierungsmodalitäten
und zum Auslieferungstermin
sind noch nicht
in Erfahrung zu bringen. Die sind
jedoch wichtig, weil ein Gutteil der
ägyptischen Militärkosten von den
USA bestritten werden. Deren
Werften bauen jedoch keine konventionellen
U-Boote. Die Zustimmung
der USA gilt als sicher,
denn zugleich bestätigte Ägypten,
dass man bis Mitte 2013 vier in
den USA produzierte Raketenschnellboote
kaufen wird.
Doch nicht nur neue Waffen
gehen von Deutschland in alle
Welt. Die Bundeswehr wird modernisiert,
da wird vieles überflüssig.
Mitte 2010 bereits musterte
man sechs U-Boote vom Typ
206 aus. Vier blieben in Ostseestützpunkten
und wurden »warm
gehalten« für Interessenten. Zwei
von diesen Booten tun seit ein paar
Tagen Dienst in der kolumbianischen
Marine.
So wie zu Wasser wird auch
mit überzähligem Heeres- und
Luftwaffengerät gedealt. Doch
auch dazu beantwortet die Bundesregierung
keine Fragen. Sie
bestätigt lediglich, dass lediglich
ein Antrag aus Indonesien auf Lieferung
von vier Testpanzern des
Typs »Leopard« 2A4 und vier
»Marder«-Schützenpanzern vorliege.
Die »Leoparden« waren
noch für große Panzerschlachten
konzipiert. Die finden zwar auch
in Indonesien nicht statt, doch zur
Unterdrückung reichen die Panzer
zum Schleuderpreis – 640 000
bis 1,2 Millionen Euro pro Stück
– allemal. Auch die 409 »Marder
« müssen aus den Bundeswehr-
Panzerhallen raus, um dem
neuen »Puma« Platz zu machen.
Die Schweiz, die sich bei der
Neuausrichtung ihrer Luftwaffe für
den schwedischen »Gripen« entschieden
hatte, sieht sich nun einem
massiven Angriff von Europas
größtem Rüstungskonzern
EADS ausgesetzt. Der war in der
Schweiz mit seinem »Eurofighter
« nicht zum Zuge gekommen.
Doch jüngst flatterte ein neues Angebot
ins Schweizer Regierungshaus.
Man will gebrauchte »Eurofighter
« der Bundeswehr verkaufen.
33 Stück im Superangebot
gegen den Flieger von SAAB.
Im Angebot sind Jets der ersten
Tranche, die seit 2003 hergestellt
werden. Die Deutsche
Luftwaffe will statt der 250 bei
EADS bestellten Maschinen nur
noch 140 abnehmen. Und die sollen
allzwecktauglich sein. Diese
Möglichkeit bietet sich aber erst ab
den Tranchen 2 und 3. Also: Es
muss Platz geschaffen werden.
Schon einmal verkaufte man daher
Secondhand-Flieger an das
Bundesheer in Österreich.
* Aus: neues deutschland, Dienstag, 4. September 2012
Deutsche U-Boote jetzt auch für Ägypten? **
Das Geschäft wurde offenbar noch mit dem Mubarak-Regime eingefädelt
Deutschland will nicht nur Leopard-2-Panzer an Saudi-Arabien und Indonesien liefern – jetzt ist auch der Verkauf von zwei modernen U-Booten der Klasse 209 an Ägypten im Gespräch. Israel reagierte verschnupft, während die Bundesregierung die politische Dimension des Geschäfts herunterzuspielen versuchte. 60 U-Boote sollen bislang in etwa ein Dutzend Länder geliefert worden sein.
Der neue Chef der ägyptischen Marine, Osama Al-Gindi, hatte den Stein am Freitag ins Rollen gebracht. In einem Interview der Kairoer Tageszeitung Al-Ahram erklärte er: »Wir haben ein Abkommen mit Deutschland geschlossen, um zwei U-Boote vom allerneuesten Tpy 209 zu beschaffen.« Schon der gestürzte Diktator Hosni Mubarak soll vor Jahren versucht haben, in Deutschland U-Boote zu kaufen, der Liefertermin sei für dieses Jahr vorgesehen gewesen. Deutschland hatte auch Maschinen- und Sturmgewehre, Ersatzteile für gepanzerte Fahrzeuge, Militärlaster und Kommunikationstechnik geliefert. Außerdem wurde Ausbildungshilfe geleistet.
Die israelische Zeitung Jediot Achronot spekulierte am Sonntag, das U-Boot-Geschäft habe die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel verschlechtert. In Berlin kommentierte dazu Regierungssprecher Steffen Seibert, »an der Verpflichtung, die die Bundesregierung für die israelische Sicherheit empfindet«, habe sich nichts geändert. Zu dem U-Boot-Geschäft selbst wollte er sich nicht äußern. Deutschland hat Israel allerdings schon mehrere Boote der »Dolphin«-Klasse geliefert, die offenbar für den Abschuß atomar bestückter Raketen oder Marschflugkörper umgerüstet werden.
Kritik an dem Geschäft kam zunächst vom außenpolitischen Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Jan van Aken. Sollte der Bericht zutreffen, erklärte er in Berlin, müsse sich die Bundesregierung den Vorwurf gefallen lassen, »die ohnehin konfliktgeladene Situation in der Region weiter anzuheizen«.
** Aus: junge Welt, Dienstag, 4. September 2012
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