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Neu-START von USA und Russland

Einigung über atomaren Abrüstungsvertrag

Russland und die USA haben sich auf einen neuen atomaren Abrüstungsvertrag geeinigt. Nach Angaben des Weißen Hauses soll das START-Abkommen am 8. April in Prag besiegelt werden. Die Einigung wurde in einem Telefongespräch zwischen Kremlchef Dmitri Medwedjew und US-Präsident Barack Obama am Freitag (26. März) erzielt.

»Nach Jahren der Verhandlungen haben die USA und Russland den umfassendsten Abrüstungsvertrag in nahezu zwei Jahrzehnten beschlossen«, unterstrich Obama. »Mit diesem Abkommen senden die USA und Russland – die beiden weltgrößten Atommächte – ein klares Signal, dass wir führen wollen.« Das Abkommen stehe für zwei zentrale Ziele seiner Präsidentschaft: die atomare Abrüstung und die Verbesserung der US-amerikanischen Beziehungen zu Russland. »Wenn die USA und Russland effektiv zusammenarbeiten können, ist das im Interesse beider Staaten und der Sicherheit weltweit«, sagte Obama. Auch der Kreml hob die Bedeutung des Abkommens hervor. Es spiegele das Gleichgewicht der Interessen beider Länder, sagte Medwedjews Sprecherin Natalja Timakowa.

Nach Medienberichten einigten sich Washington und Moskau darauf, die Zahl der nuklearen Sprengköpfe von je 2200 auf je 1550 zu senken. Die Zahl der Trägersysteme wird demnach auf jeweils 800 halbiert. Das Abkommen muss von den Parlamenten beider Staaten ratifiziert werden, bevor es in Kraft tritt.

Der neue Vertrag ist auf zehn Jahre ausgelegt und ersetzt den von 1991, der allerdings erst 1994 nach der Ratifizierung in Kraft getreten war. Knackpunkt war bis zuletzt, in welcher Form das geplante US-Raketenabwehrsystem in Europa in dem Vertrag erwähnt wird. Russland lehnt das Abwehrsystem ab.

* Aus: Neues Deutschland, 27. März 2010

IPPNW-Pressemitteilung vom 27.3.2010

"Neuer Start" für die Abrüstung

Jahrelange Blockade überwunden - Zeit für eine Revision der US-Militärstrategie

Die IPPNW begrüßt den erfolgreichen - wenn auch reichlich verspäteten - Abschluss des neuen START-Vertrages zwischen Russland und den USA als einen wichtigen ersten Schritt. "Mit diesem Abkommen haben die Präsidenten Obama und Medwedew die jahrelange Blockade überwunden. Die Vision einer friedlichen Welt ohne Atomwaffen kann nur gelingen auf der Grundlage von gegenseitigem Vertrauen, Abrüstung und internationaler Zusammenarbeit. Dieser Weg muss jetzt fortgeführt werden", erklärt die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claussen.

Laut Vertrag sollen die strategischen Atomwaffen der beiden Länder um ca. ein Drittel reduziert werden. Das bedeutet, dass die Zahl der Atomsprengköpfe auf strategischen Trägersystemen innerhalb von sieben Jahren auf 1.550 Stück reduziert werden. Das sind ein Drittel weniger als im letzten SORT-Vertrag von 2002 vorgesehen (SORT=Strategic Offensive Reductions Treaty).

"Nach der Unterzeichnung in Prag am 8. April beginnt die harte Arbeit der Ratifizierung", sagt Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin der IPPNW. "In beiden Ländern bleiben die Fragen der Raketenabwehr sowie die Modernisierung der Arsenale nach wie vor Thema." Auch wenn das Weiße Haus behauptet, der Vertrag würde die Raketenabwehr und die Modernisierung der Arsenale in keiner Weise berühren, schätzt Hall die tatsächliche Situation anders ein: "Russland wird der geplanten stufenweisen Stationierung einer mobilen US-Raketenabwehr in Europa nicht tatenlos zuschauen und die Republikaner im US-Kongress halten sich nach wie vor die Option offen, unter dem Deckmantel der Modernisierung neue Atomwaffen zu entwickeln. Das könnte eine Ratifizierung gefährden."

Hall sieht in dem Abschluss des neuen Vertrags jedoch ein wichtiges Zeichen für die Abrüstung, das sich auf die Überprüfungskonferenz in New York im Mai positiv auswirken wird. Überfällig sei jetzt eine Änderung der US-Atomwaffendoktrin. "Um in New York einen Erfolg zu erzielen, muss die Rolle der Atomwaffen innerhalb der US-Militärstrategie deutlich vermindert werden," sagt Hall. Die bisher bestehende Doktrin der Bush-Administration erlaubt den "präventiven" Ersteinsatz von Atomwaffen, auch gegen atomwaffenfreie Staaten.

Erläuterung: Strategische Trägersysteme sind Interkontinentale Raketen und U-Boot-gestützte Raketen sowie Langstreckenflugzeuge. Momentan verfügen die USA über 2.126 und Russland über ca. 2600 einsatzbereite Atomsprengköpfe.

Pressekontakt: Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung, Körtestr. 10, 10967 Berlin, www.ippnw.de




Neuer START-Vertrag wird US-Raketenabwehrpläne nicht tangieren

WASHINGTON/MOSKAU, 26. März (RIA Novosti). Der START-Nachfolgevertrag mit Russland wird die US-Raketenabwehrpläne nicht tangieren.

Das erklärte Pentagon-Chef Robert Gates am Freitag auf einer Pressekonferenz in Washington. "Unser Programm der Raketenabwehr wird durch diesen Vertrag auf keine Weise eingeschränkt", sagte er.

Ellen Tauscher, für Rüstungskontrolle und internationale Sicherheit zuständige US-Vizeaußenministerin, hob ihrerseits hervor, dass es einen Unterschied zwischen Offensiv- und Verteidigungswaffen gebe. "Wir haben unsere Position klar dargelegt ... Wir haben Russland über unseren Vorschlag an Rumänien informiert, in das Raketenabwehrprojekt einzusteigen", sagte sie.

Dagegen behauptet der Kreml, dass im neuen START-Vertrag, den beide Präsidenten am 8. April in Prag unterzeichnen werden, Probleme der strategischen Offensiv- und Devensivwaffen in Verbindung mit einander behandelt werden. Zudem sei in dem Vertrag festgeschrieben, dass alle strategischen Offensivwaffen nur auf dem Territorium der beiden Staaten (Russland und USA) stationiert werden dürfen.

"Die Bestimmung, laut der die strategischen Offensivwaffen und die strategischen Verteidigungswaffen eng mit einander verbunden sind, soll in juristisch bindender Form festgehalten werden", teilte die Pressestelle des Kreml am Freitag nach einem Telefonat zwischen den Präsidenten Dmitri Medwedew und Barack Obama mit. Beide Staatschefs hätten auch auf die zunehmende Bedeutung dieses Zusammenhangs im Prozess des Abbaus der strategischen Offensivwaffen hingewiesen.

In dem START-Nachfolgevertrag werde darauf aufmerksam gemacht, dass sich die Ausstattung interkontinentaler ballistischer Raketen und U-Boot-gestützter ballistischer Raketen mit herkömmlichen Gefechtsköpfen unweigerlich auf die strategische Stabilität auswirken werde, hieß es.

In den früher geschlossenen bilateralen Abkommen waren Moskau und Washington die Verpflichtung eingegangen, von der Entwicklung einer Raketenabwehr abzusehen. Die USA und Russland durften jeweils nur ein kleines Raketenabwehrsystem haben - im Bundesstaat Nordkarolina bzw. im Großraum Moskau. Im Jahr 1972 stiegen die USA einseitig aus dem Raketenabwehr-Vertrag aus, was nach Ansicht Moskaus negative Auswirkungen auf die strategische Stabilität in der Welt hatte.


Moskau wirbt für Stationierungsverbot von Kurzstrecken-Atomwaffen in Drittländern

MOSKAU, 26. März (RIA Novosti). Dem neuen Vertrag zum Abbau strategischer Atomwaffen, den Russland und die USA im April unterzeichnen wollen, soll laut dem russischen Außenminister Sergej Lawrow ein Verbot für die Stationierung taktischer Kernwaffen in dritten Staaten folgen.

Die Gespräche über die atomare Abrüstung müssten fortgeführt werden, kommentierte Lawrow am Freitag in Moskau die Ankündigung, dass Russland und die USA am 8. April in Prag einen neuen Vertrag zur Reduzierung der strategischen (weitreichenden) Atomwaffen unterzeichnen werden.

Als erster Schritt sollte die Stationierung taktischer Atomwaffen in dritten Ländern verboten werden, sagte Lawrow. Er verwies auch darauf, dass neben den Atomwaffen immer neue konventionelle Waffensysteme entwickelt würden, die hinsichtlich der Zerstörungskraft und der Einwirkung auf die strategische Stabilität den Kernwaffen nicht nachstünden.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew und sein US-Kollege Barack Obama hatten sich bei einem Telefonat am Freitag darauf verständig, am 8. April in Prag einen neuen Vertrag über die atomare Abrüstung zu unterzeichnen, der das im Dezember abgelaufene START-Abkommen ersetzt.

Laut Lawrow wird die neue Vereinbarung gleich nach der Unterzeichnung den Parlamenten beider Staaten zur Ratifizierung unterbreitet. Die Ratifizierung durch beide Staaten könnte nach Lawrows Einschätzung noch im April erfolgen.

Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 26. März 2010; http://de.rian.ru


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