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"Die Welt zwischen Recht und Gewalt"

Ein Band über das Kolloquium zum 65. Geburtstag des Völkerrechtlers Norman Paech

Vor einem Jahr fand in Hamburg ein Kolloquium zu Ehren des Völkerrechtlers Norman Paech statt. Nun ist auch der dazugehörige Tagungsband erschienen, den Detlef Joseph vortsellt.


Von Detlef Joseph*

Der Klappentext kündigt an, daß die Frage behandelt wird: »Wie wirkungsmächtig sind Völkerrecht und internationale Sozialordnung angesichts der neoliberalen Globalisierung und des US-amerikanischen Unilateralismus?« Und in der Tat: Gestandene Völkerrechtler und Sozialwissenschaftler behandeln in dem Sammelband »Die Welt zwischen Recht und Gewalt« soziale Entwicklungslinien und aktuelle politische und juristische Herausforderungen. Vereinigt sind 16 Vorträge, die im April 2003 bei einem Kolloquium anläßlich des 65. Geburtstages von Norman Paech gehalten wurden.

Die nachfolgende nüchterne Benennung einiger höchst kritisch ausgearbeiteter Gegenstände soll neugierig auf den vollen Text machen: Warum geht es mit der modernen Entwicklung in Afrika nicht voran? (Gabriele Hesselbein); Schützt die dritte Gewalt vor dem Polizeistaat? (Martin Kutscha); Ist das Bundesverfassungsgericht bloß eine Konsensrunde? (Joachim Nocke); die Entwicklungstendenzen des europäischen Integrationsprozesses und ihre Folgen für das »europäische Sozialmodell« und die Gewerkschaften (Frank Deppe); der europäische Sozialstaat und die sozialen Grundrechte (Karl-Jürgen Bieback); die Legitimierung und Durchführung von Kriegen durch ideologische Manipulation mit der Situation von Frauen (Susanne Zwingel); Ist es möglich, den nach dem 11. September entstandenen Trend einer forcierten neuen Aufrüstung umzukehren? ( Herbert Wulf).

Den Hauptteil des Bandes nehmen Probleme des Völkerrechts ein, wobei die Besorgnis über die Verdrängung des Rechts insbesondere durch die hegemonial-imperialistische Interventionspraxis der USA unübersehbar ist. Hervorgehoben werden sollen aus diesem Abschnitt: »Unfriedliches in der ›Pax Americana‹« (Werner Ruf), die Überlegungen von Werner Goldschmidt zur Entwicklung der US-amerikanischen Weltpolitik seit dem Zweiten Weltkrieg »Von der Hegemonie zur Dominanz« und die mit abgedruckte Abschiedsvorlesung des Jubilars »Imperialismus und Völkerrecht. Von der Monroe- zur Bush-Doktrin«.

Alles in allem ein interessantes Buch, das aktuelle Probleme verständlich und umfassend behandelt.

Stephan Albrecht/ Werner Goldschmidt/ Gerhard Stuby (Hrsg.): Die Welt zwischen Recht und Gewalt. VSA-Verlag, Hamburg 2003, 308 Seiten, 20,40 Euro (ISBN 3-89965-040-9)

* Die Kurzrezension erschien in der Wochenendbeilage der Tageszeitung "junge Welt" vom 6. März 2004



Kurztext des Verlags

Wie wirkungsmächtig sind Völkerrecht und internationale Sozialordnung angesichts der neoliberalen Globalisierung und des US-amerikanischen Unilateralismus? Kritische VölkerrechtlerInnen und SozialwissenschaftlerInnen verständigen sich in diesem Band über die Entwicklungslinien und die aktuellen Herausforderungen.

Nicht erst der letzte Irak-Krieg zeigte: Die Durchsetzungskraft des Völkerrechts und der universellen Menschenrechte droht seit einigen Jahren wieder schwächer zu werden. Und für diejenigen, die Frantz Fanon heute zu den "Verdammten dieser Erde" zählen würde, sind sie noch immer ein leeres Versprechen. Überdies nimmt im Zeitalter des neoliberalen Globalismus die Zahl der in sozialer Apartheid Lebenden weltweit zu.

Bei dieser Perspektive von »unten« tritt die juristische Fortentwicklung des Völkerrechts und der Menschenrechte in den Hintergrund gegenüber der Frage, welchen Schutz für das unmittelbare Überleben diese Normen tatsächlich gewähren. Für die weitere Entwicklung der internationalen Beziehungen ist es indes von zentraler Bedeutung, dass die entwickelten Normen wirkungsmächtig sind bzw. die Politik wenigstens sichtbar darauf angelegt ist, ihre Durchsetzung zu befördern. Denn zweifelsohne werden totalitäre Gegenentwürfe zum Völkerrecht und zu universellen Menschenrechten durch die unilateralistische Rhetorik und Politik der derzeitigen US-Regierung befördert und haben zunehmend bessere Chancen, militante Anhängerschaften zu mobilisieren.

Mit Beiträgen von Stephan Albrecht, Karl Jürgen Bieback, Frank Deppe, Werner Goldschmidt, Gerd Hankel, Gabriele Hesselbein, Hermann Klenner, Martin Kutscha, Peter Lock, Udo Mayer, Joachim Nocke, Norman Paech, Werner Ruf, Gerhard Stuby, Herbert Wulf, Lothar Zechlin, Susanne Zwingel.




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