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Oberbefehlshaber Obama in der UNO

USA wollen Antiterror-Kampfbündnis ausbauen

Von Olaf Standke *

US-Präsident Obama hat die Weltgemeinschaft zur Durchsetzung internationaler Normen aufgerufen – und steht selbst auf dem Prüfstand.

Eine »kraftvolle Botschaft« hatten hohe Washingtoner Regierungsbeamte am Mittwoch vor der Ansprache von Barack Obama in der UN-Vollversammlung angekündigt. Traditionell ist der USA-Präsident der zweite Redner in der alljährlichen Generaldebatte in New York. In diesem Jahr nutzte Obama die Bühne der Vereinten Nationen sogar für einen Doppelauftritt. Denn anschließend zog er in den exklusiven Weltsicherheitsrat, um sich auch im mächtigsten UN-Gremium als entschlossener Staatschef zu präsentieren und den Führungsanspruch der Vereinigten Staaten in einer konfliktstrotzenden Welt zu untermauern.

Allerdings schreiben die USA ihre eigene Agenda. »Diese UN-Vollversammlung wird die wichtigste seit einer Generation und für eine Generation«, hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zur Eröffnung des Weltforums betont. Für Obama ist dabei aber kein Thema wichtiger als der Anti-Terrorkampf, für den er entgegen allen bisherigen Erklärungen selbst gewillt scheint, in die kriegerischen Fußstapfen seines Vorgängers Bush zu treten. Auch deshalb wird der bei vielen Republikanern geradezu verhassten UNO in den USA dieser Tage große Aufmerksamkeit zuteil.

Es gehe der Obama-Regierung jetzt vor allem darum, das Kampfbündnis gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat weiter auszubauen und zu stärken, so Heather Conley von der Washingtoner »Denkfabrik« Center for Strategic and International Studies. Eine solche neue breite Koalition der Willigen ist um so dringlicher, als spätestens mit den Luftangriffen in Syrien ohne Zustimmung der Regierung in Damaskus und ohne UN-Mandat die Frage nach der völkerrechtlichen Legitimität der Obama-Strategie gestellt wird. Im Unterschied zu Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bezweifeln nicht wenige Völkerrechtler etwa, dass die präventive Anwendung des in Artikel 51 der UN-Charta verankerten Selbstverteidigungsrechtes eines Staates das Vorgehen Washingtons rechtfertigen. Deshalb wohl auch das plötzliche Auftauchen einer bis dato völlig unbekannten neuen Terrorgruppe, die kurzerhand zu einer unmittelbaren Bedrohung für die Sicherheit der USA erklärt wurde. Nicht weniger umstritten ist das Recht auf eine »humanitäre Intervention« nach dem Vorbild des Kosovo-Krieges 1999, weil sie das Gewaltverbot der Charta in Artikel 2 Absatz 4 aufweiche.

Im UN-Sicherheitsrat hat Obama nun eine Resolution eingebracht, die alle Staaten verpflichtet, mit entsprechenden nationalen Gesetzen den Zustrom freiwilliger Kämpfer aus dem Ausland für den »Islamischen Staat« und andere Terrormilizen zu stoppen. Nach Recherchen der »New York Times« sollen in Irak und Syrien inzwischen mehr als 15 000 »Foreign Fighters« im Einsatz sein, darunter über 2000 aus Europa. Es gehe darum, Rekrutierung, Transport oder Ausrüstung von Einzelpersonen zu verhindern, die »mit dem Ziel in ein anderes Land reisen, terroristische Akte zu begehen oder terroristisches Training anzubieten oder zu absolvieren».

Das zielt vor allem auf solche Staaten in der Nahost-Region, die nach wie vor alle Augen zudrücken, wenn große Geldmengen und »Heilige Krieger« über ihre Grenzen strömen. Und während fragile und zerfallende Staaten wie Libanon, Libyen oder Jemen wirksame Kontrollen gar nicht gewährleisten können, müssten Länder wie die Bundesrepublik wohl erst einmal sicherstellen, dass die angestrebten Verschärfungen überhaupt mit ihren Grundrechten vereinbar sind.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag 25. September 2014


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