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Terrorismus in den USA: Ein Blick nach Rechts

Von Ulrich Sander, Bundessprecher der VVN-BdA

Internationale braune Terroristen drohten schon lange mit Terror in USA und alle berufen sich auf Gott, die Guten wie die Bösen'

Besonders zwei Darstellungen in den Medien, in denen über das ungeheure Verbrechen an den Menschen in New York, in Washington und in den Zivilflugzeugen berichtet wird, geben zu denken: Die Gewissheit, mit der ausländische Terroristen - und nur sie allein und angeblich ohne Hilfe von US-Bürgern und US-Nazis - als Mörder genannt werden. Ferner die Tatsache, dass das religiöse "Märtyrertum" der Selbstmordtäter nie problematisiert wird. Dabei konnte sogar auf deutschen Internetseiten der Nazis nachgelesen werden, wie Rechts-extremisten aus den USA sich auf den Krieg gegen die "Zionisten" vorbereiten und wie sie quasi-religiösen Wahn für ihre mörderischen Pläne nutzen.

Auf der Homepage des Nationalen Widerstandes Ruhr NRW wurden (laut "Blick nach rechts") seit geraumer Zeit Terroraufrufe des "Weißen Arischen Widerstandes", der in Dortmund seinen Postfachsitz hat, verbreitet. Unter Bezugnahme auf William Pierce, Führer der Neonazis der USA, werden die Gesinnungskameraden zum Krieg gegen das ZOG-System aufgerufen, wobei ZOG für "zionist occupled govemment" - zionistisch beherrschtes Regime - steht. Der "Untergang der weißen Rasse" soll gestoppt werden. Zu einem anderen US-amerikanischen Rechtsextremisten, Timothy McVeigh, unterhielten die Duisburger "Jungen Nationaldemokraten" Kontakt. McVeigh wurde kürzlich in den USA hingerichtet. Er hatte 1995 das Attentat von Oklahoma be-gangen, dem 168 Menschen zum Opfer fielen. Die NPD-Jugend: Tim McVeigh reihe sich ein "in die ewigen Kriegsreihen der Helden unserer Bewegung". Antijüdische und antikommunistische Attentate propagiert auch der in Lübeck einsitzende Polizistenmörder und Neonazi Kay Diesner.

Auch Selbstmordattentate sind unter Neonazis propagiert worden. Vor über einem Jahr erschoss ein Neonazi in Dortmund und im Kreis Recklinghausen drei Polizistinnen und Polizisten, bevor er sich selbst umbrachte. "Er war einer von uns", schrieben deutsche Neonazi später in anonymen Flugblättern, die beim Neonazi Michael Krick gefunden wurden. Dieser bemüht aus seinem niederländischen Exil sogar den Germanen-Kult. Krick an seine Bande: "Zeigt kein Erbarmen und keine Reue. Sieg oder Walhalla". Dem Mörder und Selbstmörder wird auch hier der Einzug ins Paradies verheißen. (Nach "Westfälische Rundschau")

Unter Berufung auf die großen Weltreligionen wird von Terroristen und Kriegstreibern immer wieder ähnliches ausgesagt. Es wird allgemein zugelassen, dass von reaktionären Politikern in Namen der Religionen verbreitet wird, Kriege seien von Gott erlaubt, wenn es "heilige" oder "gerechte" Krieg sind. Der Kämpfer und Soldat sei ein Märtyrer, der ins Paradies einzieht, wenn er tötet und getötet wird. So wird - wir erleben es in Nahost und nun in USA - die Hemmschwelle zum Massenmord gesenkt. Jedoch in allen großen Religionen gibt es Strömungen mit dieser bösen Logik.

Es gibt diese Lehre vom Krieg bei den Christen unseres Landes, in dem ein hoher Bischof einmal im Jahr im Kölner Dom die Soldaten um sich sammelt, um ihnen zu versichern: "Einem Gott lobenden Soldaten kann man guten Gewissens Verantwortung über Leben und Tod anderer übertragen." In der betenden Hand sei das Gewehr vor Missbrauch sicher. Nie zurückgenommen wurde jenes Gebetbuch für Soldaten, in dem die deutsche Kirche wenige Tage vor Beginn des zweiten Weltkrieges 1939 den Soldaten einschärfte: "An der Front ist mein Platz, und wenn es mir noch so schwer fällt. Falle ich dort, was macht das! Sterben müssen wir alle einmal, und einen Tod, der ehrenvoller wäre als der auf dem Schlachtfelde in treuer Pflichterfüllung, gibt es nicht."

Es fällt auf, dass zwar der Terror, wie jetzt in USA, allgemein verurteilt wird, aber niemand von Seiten der Religionsgemeinschaften daran geht, die verbrecherische Anstiftung zum Märtyrertum der Selbstmordattentäter in Frage zu stellen. Liegt es daran, dass es in allen großen Religionen derartige Konzeptionen gab oder gibt? Sollte nicht von den Religionsführern verlangt werden, eine Konvention zu erarbeiten, die religiöses Märtyrer-tum als Mittel der Kriegsführung ächtet? Fällig wäre eine UNO-Erklärung, die besagt: Religiös verbrämte Kriegshetze darf nicht länger von der Religionsfreiheit gedeckt werden.

Wer immer noch in vielen Konflikten den Muslimen einredet, ihre Gewalttaten seien gerechtfertigt und werden "belohnt" im Paradies, wenn sie an "Gottes Gebote glauben" (Bin Laden laut Frankfurter Rundschau vom 12.9.01), der ist ein verbrecherischer Kriegshetzer. Und wer zu solchen Theorien schweigt, ist es auch, oder er wird zumindest mitschuldig. Insofern ist auch Präsident Bushs Aufruf: "Gott segne die Opfer, ihre Familien und Amerika" höchst fragwürdig. Gott wird für die Politik vereinnahmt. Was werden die USA morgen im Namen Gottes unternehmen, um die Toten vom 11. September zu rächen?

Am späten Abend jenes Tages rief mich ein Freund aus den USA an, ein frommer Mensch. Er sagte mir: "Nun können die Amerikaner mal nachfühlen, wie es den Unschuldigen erging, die von unserer Armee im Irak und in Vietnam zusammengebombt wurden. Aber sie werden wohl wieder nur nach Rache rufen."

Der 11. September 01 werde in die Geschichte eingehen, wird heute oft gesagt. Doch der 11. September ist bereits seit 28 Jahren ein historischer Tag. Es ist der Jahrestag des Bombenüberfalls der von den USA geförderten Terroristen um General Pinochet auf die Moneda, den Sitz des chilenischen Präsidenten Salvador Allende. Es gab auch an diesem Tag und danach Tausende Opfer des Terrorismus. Auch ihrer ist zu gedenken in diesen Tagen.

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