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Senatoren für rechtsfreien Raum

Republikaner wollen Gefangenenlager Guantánamo verewigen

Von Knut Mellenthin *

Sechs Mitglieder des US-Senats haben in der vergangenen Woche einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Existenz des Gefangenenlagers Guantánamo verewigen und ordentliche Gerichtsverfahren gegen die dort Inhaftierten verbieten soll. Bereits am 7. März hatte US-Präsident Barack Obama die Wiederaufnahme der Militärtribunale in dem Militärstützpunkt angekündigt, die nach seinem Amtsantritt im Januar 2009 ausgesetzt worden waren. Die sechs Senatoren begrüßten dies als »Schritt in die richtige Richtung«, kritisierten aber zugleich, die Maßnahme des Präsidenten gehe nicht weit genug. Sie wollen noch deutlicher als bisher festschreiben, daß die Gefangenen »bis zum Ende der Feindseligkeiten« – ein im sogenannten Krieg gegen den Terror nicht definierbarer Zeitpunkt – festgehalten werden sollen, und daß sie im Fall eines Prozesses nicht »die Rechte und Privilegien genießen« dürfen, die allen Angeklagten nach US-amerikanischem Recht zustehen.

In dem jetzt dem Senat zur Diskussion vorgelegten »Military Detainee Procedures Improvement Act« wird unter Berufung auf die vom Kongreß am 14. September 2001 verabschiedeten Kriegsvollmachten das Recht des Präsidenten, »Mitglieder von Al-Qaida, den Taliban und ihnen nahestehenden terroristischen Gruppen« gefangenzuhalten, bestätigt. Alle eingesperten Mitglieder der genannten Gruppen müßten in Militärhaft gehalten werden. Individuelle Ausnahmen könne nur der Verteidigungsminister anordnen, wenn er sie mit dem »nationalen Sicherheitsinteresse« begründet. Eine Überstellung von Gefangenen, denen keine Straftaten nachzuweisen sind, in ihre Heimat oder andere Länder wird stark erschwert.

Gegen Personen, die für die Angriffe vom 11. September 2001 »direkt verantwortlich« sein sollen, dürfen dem Gesetzentwurf zufolge keine ordentlichen Verfahren vor zivilen Strafgerichten durchgeführt werden. Als Beispiel wird Khalid Scheich Mohammed genannt, der am 1. März 2003 im pakistanischen Rawalpindi festgenommen wurde. Die US-Behörden bezeichnen ihn als Chefplaner des 11. September. Weder internationale Organisationen wie das Rote Kreuz noch Verwandte oder Anwälte haben Zugang zu ihm. Im Februar 2008 wurde gegen ihn Anklage erhoben, ohne daß bisher ein Prozeß eröffnet wurde.

Das Recht der Militärgerichte, die Todesstrafe gegen gefangene Terroristen zu verhängen, wollen die Senatoren bekräftigen. Der Kongreß soll dem Präsidenten außerdem die formale Vollmacht zu gezielten Mordaktionen gegen Individuen erteilen, die mit der Durchführung oder Planung von Terrorhandlungen »in Verbindung stehen«.

Initiatoren des Gesetzentwurfs sind der unabhängige Senator Joe Lieberman, der den Vorsitz im Senatsausschuß für innere Sicherheit führt, sowie fünf Republikaner, darunter John McCain, Obamas Gegner bei der Präsidentenwahl 2008. Im Lager Guantánamo werden derzeit nach offiziellen Angaben 172 Menschen gefangengehalten. Unter ihnen sind etwa 90, gegen die wegen fehlender Beweise kein Gerichtsverfahren zu erwarten ist, die aber auch nicht freigelassen werden sollen. Insgesamt haben mindestens 760 Menschen das Lager durchlaufen oder befinden sich noch dort

* Aus: junge Welt, 14. März 2011

Dokumentiert: Der Gesetzentwurf von John McCain

KEY PROVISIONS IN THE MILITARY DETAINEE PROCEDURES IMPROVEMENT ACT OF 2011:

1) Reaffirms the President’s authority to detain members of al-Qaeda, the Taliban, and affiliated terrorist groups based on the authority granted by Congress in the Authorization for Use of Military Force.

2) Requires members of al-Qaeda, the Taliban, and affiliated terrorist groups be held in military custody when captured, unless the Secretary of Defense certifies civilian custody is a national security interest.

3) Permanent restrictions on transferring Guantanamo detainees to foreign countries, requiring greater scrutiny on the security situation and ability of the host country to monitor a detainee.
  • Requires the Secretary of Defense to invoke a national security waiver if a detainee is to be transferred to a country where former detainees have returned to the fight.
4) Permanent prohibitions on funding alternatives to the Guantanamo Bay Detention Camp in the United States.
  • The American people and a bipartisan majority of Congress have rejected civilian trials in the United States for those directly responsible for the attacks of September 11, 2001 – as an example, Khalid Sheikh Mohammed (KSM).
5) Requires the Secretary of Defense to set out and submit to Congress new uniform procedures for annual review to determine whether detainees can safely be released.
  • Recommendations for transfer of detainees would be made by a panel of experts in military operations, intelligence, and anti-terrorism.
6) Requires the Secretary of Defense to create and report to Congress new uniform procedures to establish the status of detainees before any individual is subject to long-term detention under the Law of War.

7) Clarifies the right to plead guilty in death penalty cases in military commissions.

8) Establishes a Sense of Congress to provide the President with the authority to target and take lethal action against individuals – such as Anwar al-Awlaki, the leading propagandist and operational planner for al-Qaeda in the Arabian Peninsula who is linked to both the Fort Hood attack and the attempt to blow up an airliner and 300 innocent passengers on Christmas Day, 2009, near Detroit.

9) Establishes a Sense of Congress that members of al-Qaeda, and affiliated terrorist groups, who have long been detained under the Law of War, be tried by military commission at Guantanamo Bay.

Source: Website of Senator John McCain; www.mccain.senate.gov




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