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Doppelanschlag im Nordkaukasus

Zwölf Menschen starben bei Attentaten *

Nur zwei Tage nach den Anschlägen auf die Moskauer U-Bahn ist Russland erneut von zwei Selbstmordanschlägen erschüttert worden.

Bei einem Doppelanschlag in der Kaukasusrepublik Dagestan kamen am Mittwoch zwölf Menschen ums Leben, die meisten von ihnen Polizisten. Im Nordkaukasus werden auch die Drahtzieher der Moskauer Anschläge vermutet, nach Einschätzung von Regierungschef Wladimir Putin sind die Hintermänner womöglich dieselben.

Die Attentäter sprengten sich am Mittwoch (31. März) in der Stadt Kisljar in Dagestan. Der erste Sprengsatz ging vor einem Gebäude des Innenministeriums hoch, nachdem Sicherheitskräfte den Fahrer eines Autos angehalten hatten, um ihn zu kontrollieren. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft fuhr gerade ein Polizeiauto aus dem Gebäude.

Zwanzig Minuten später sprengte sich ein als Polizist verkleideter Selbstmordattentäter an derselben Stelle, als sich Ermittler am Anschlagsort versammelten. Laut Staatsanwaltschaft kamen insgesamt zwölf Menschen ums Leben, darunter neun Polizisten. Mehr als 20 weitere Personen wurden verletzt. Unter den Toten war auch der örtliche Polizeichef.

Die Hintergründe der Anschläge waren zunächst unklar. In den Teilrepubliken Dagestan, Tschetschenien und Inguschetien im nördlichen Kaukasus kämpfen seit Jahren radikal-islamische Aufständische für die Unabhängigkeit von Moskau. In den vergangenen Monaten kam es in den mehrheitlich muslimischen Gebieten verstärkt zu Anschlägen gegen die Moskau-treuen Behörden und Sicherheitskräfte.

Am Montag (29. März) hatten zwei Selbstmordattentäterinnen in der Moskauer Metro 39 Menschen mit in den Tod gerissen.

Russland wird nach den Worten von Präsident Dmitri Medwedjew alles daran setzen, dass Extremisten nicht weiter »Angst und Panik« im Land verbreiten. »Das Ziel der Terroristen ist die Destabilisierung des Landes, die Zerstörung der Zivilgesellschaft, die Verbreitung von Angst und Panik«, sagte Medwedjew am Mittwoch nach dem neuen Doppelanschlag. »Das werden wir nicht zulassen.« Seine Regierung werde alles darauf ausrichten, Land und Nation zu stärken.

Zuvor hatte der Präsident ein Dekret unterzeichnet, das Regierungschef Putin eine Frist von vier Monaten einräumt, um einen Plan zur Verbesserung der Sicherheit in den öffentlichen Verkehrsmitteln aufzustellen. Bis Ende März 2011 sollen dann neuralgische Punkte der Infrastruktur ausgemacht und besonders geschützt werden.

* Aus: Neues Deutschland, 1. April 2010


Terrorattacke in Dagestan: "Wie bei Atomexplosion" **

Wieder war es ein Doppelanschlag: Zwei Tage nach dem verheerenden Angriff auf U-Bahn-Züge in Moskau hat eine Terrorattacke mit kalt kalkuliertem Timing viele Todesopfer in der russischen Teilrepublik Dagestan gefordert.

Die beiden Explosionen im dagestanischen Kisljar erfolgten am Mittwochmorgen im Abstand von 20 Minuten. Eine nach vorläufigen Angaben 200 Kilogramm TNT starke Autobombe wurde zunächst gezündet, als ein Polizeiwagen vorbeifuhr. Als dann die Ermittler vor Ort eintrafen, sprengte sich ein Selbstmordattentäter in die Luft. Nach Angaben vom Mittwochabend gab es insgesamt zwölf Todesopfer, 29 Menschen wurden verletzt.

Der mittlerweile als Stadtbewohner identifizierte zweite Attentäter trug Polizeiuniform. "Ich begreife nicht, wie man diesen Selbstmordattentäter durchlassen konnte? Spürhunde waren schon vor Ort - warum haben sie den Sprengsatz nicht aufgespürt? Der Mann sprengte sich mitten unter den Polizisten und Ärzten in die Luft", berichtete ein lokaler TV-Reporter RIA Novosti. Er war einer der Augenzeugen.

Eine weitere Augenzeugin sagte, sie habe einen lauten Knall gehört und Rauchschwaden gesehen, die "einem Ring wie bei einer Atomexplosion ähnelten". Der Luftdruck habe das Dach der benachbarten Schule abgerissen, Fensterscheiben seien zu Bruch gegangen, hieß es. Glücklicherweise war dieser Mittwoch der letzte Ferientag, in der Schule gab es keine Kinder.

Die Familien der Opfer sollen umgerechnet je 25.000 Euro als Hilfszuschüsse bekommen, teilte Russlands Regierungschef Wladimir Putin am Mittwochabend mit. Diese Summe wurde auch den Hinterbliebenen nach den jüngsten U-Bahn-Anschlägen mit 39 Todesopfern in Moskau in Aussicht gestellt.

Hinter den Anschlägen in Moskau und Dagestan steckt möglicherweise ein und dieselbe Terrorgruppe, so Putin. Präsident Dmitri Medwedew versprach, dass alle Terroristen gefunden und "vernichtet" werden.

** Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 31. März 2010; http://de.rian.ru


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