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Phantom Al Qaida

Die angeblich allmächtige Terrororganisation ist durchsetzt mit westlichen Agenten

Von Jürgen Elsässer

"Wie der Dschihad nach Europa kam" Die wichtigsten Verdächtigen der Anschläge des 11. September erlernten ihr blutiges Handwerk auf dem Balkan – mit Unterstützung US-amerikanischer Geheimdienste. Während es mittlerweile meterweise Literatur über Al Qaida im allgemeinen und ihre regionalen Ableger im besonderen gibt, wird in der Regel ausgerechnet die Balkan-Connection der Terroristen ausgeblendet. Jürgen Elsässers neues Buch "Wie der Dschihad nach Europa kam"* will diese Lücke schließen. Bosnien und das Kosovo sind für ihn das Aufmarschgebiet des US-amerikanischen Dschihad gegen Europa.
Das Buch erscheint am 5. März 2005 im Handel. Wir dokumentieren daraus das 17. Kapitel in einer leicht gekürzten Fassung.**



Al Qaida ist die Geißel der Menschheit, das weiß mittlerweile jedes Kind. Aber was ist Al Qaida nun eigentlich ganz genau? Richard A. Clarke, der oberste Terroristenjäger der US-Präsidenten Reagan, Bush sr., Clinton und Bush jr., ist Protagonist der Theorie, wonach Al Qaida als hochzentralisierte Kommandotruppe die globale Durchsetzung eines Islamofaschismus plant. »Al Qaida ist eine weltweit operierende politische Verschwörung, die sich als religiöse Sekte tarnt. Sie ermordet unschuldige Menschen, um Aufsehen zu erregen. Ihr Ziel ist eine Theokratie im Stil des 14. Jahrhunderts, in der Frauen keine Rechte haben, alle Menschen zwangsweise zu Muslimen werden und die Rechtsordnung der Scharia eingesetzt wird, um Hände abzuhacken und Menschen zu Tode zu steinigen ... Sie haben ein gutes Spionagesystem entwickelt und setzen Schläferzellen und Tarnorganisationen ein, die jahrelang planen, bevor sie handeln. Sie sind unser schlimmster Feind, und sie leben unter uns ...«.

Über solche Theorien spottet Saad al Faghi. Er spricht aus Erfahrung: Er war in den achtziger Jahren Arzt in Afghanistan und kennt die Dschihad-Kämpfer aus eigenem Erleben. »Ich muß wirklich lachen, wenn ich das FBI über Al Qaida als Organisation von Bin Laden reden höre. Es ist eine ganz simple Geschichte: Wenn Bin Laden Leute aus Saudi-Arabien oder Kuwait empfing, tat er dies im Gästehaus in Peschawar. Von dort zogen sie auf die Schlachtfelder und kehrten zurück, ohne Dokumentation ... Dann wurde er bedrängt von besorgten Familien, die nach ihren Söhnen fragten – und er wußte es nicht, weil es keine Aufzeichnung gab. Also ließ er seine Leute in Peschawar Listen über jeden Araber führen, der unter seine Schirmherrschaft kam. Es wurde der Ankunftstag aufgezeichnet und wie lange sie blieben – manche nur für zwei oder drei Wochen, um dann wieder zu verschwinden. Diese Aufzeichnung, diese Dokumentation wurde Al Qaida genannt. Das ist Al Qaida, überhaupt nichts Geheimnisvolles, keine Organisation wie eine Terroristenorganisation oder eine Untergrundgruppe. Für seine eigene Gruppe hat er meines Wissens nie diesen Namen benutzt ... Al Qaida ist nur die Liste all der Leute, die irgendwann in das Gästehaus in Peschawar kamen.«

Diese Version wird auch von CNN-Reporter Peter Bergen, der ansonsten allen Amerika-kritischen Verschwörungstheorien gänzlich abgeneigt ist, gestützt. In seinem Standardwerk »Heiliger Krieg Inc.« zitiert er den saudischen Dissidenten Saal al Faqih: »1988 wurde Bin Laden sich der Tatsache bewußt, daß man den Angehörigen von Männern, die in Afghanistan vermißt wurden, kaum etwas mitteilen konnte, und deshalb gründete er Al Qaida, um über den Verbleib derer, die richtige Mudschahedin waren, derer, die sich nur der Wohltätigkeit in Peschwar widmeten, und derer, die lediglich als Besucher kamen, Auskunft geben zu können. Festgehalten wurden auch Bewegungen zwischen den Gästehäusern und militärischen Ausbildungslagern ... (D)iese Unterlagen seien später von nahöstlichen Regierungen dazu benutzt worden, potentielle islamistische Kämpfer ausfindig zu machen.«

Die Erfindung von Al Qaida

Die US-amerikanischen Terroristenjäger selbst verwendeten den Begriff Al Qaida bis Ende 1998 nicht, obwohl diese mächtige Organisation nach ihren heutigen Angaben bereits zehn Jahre zuvor gegründet worden war. »In der ersten Zeit waren die Analytiker der CIA der Überzeugung, Bin Laden sei lediglich ein ›Gucci-Terrorist‹ – jemand, der den einen oder anderen Terroranschlag finanziere, aber keine größere operative Rolle spiele«, faßt Bergen zusammen. Im Abschlußbericht der 9/11-Kommission des US-Kongresses heißt es: »Bis 1997 sahen die US-Geheimdienste Bin Laden als Finanzier des Terrorismus, nicht als terroristischen Führer.«

Interessantes Anschauungsmaterial bietet Yossef Bodansky, der Antiterrorexperte des US-Senats. Er war der erste, der ein Buch über die Bedrohung veröffentlichte, die der saudische Millionär für den Westen darstellen könnte: »Bin Laden – The Man Who Declared War on America« erschien bereits im Frühjahr 1999. So reißerisch der Titel ist, so fällt doch auf, daß Bodansky auf den gesamten knapp 450 Seiten sage und schreibe nur ein einziges Mal Al Qaida erwähnt, und zwar als Fundament für Bin Ladens Finanzsystem. »Dieses System wurde zuerst auf der bereits existierenden Al-Qaida-Stiftung aufgebaut, einer Wohltätigkeitsorganisation, die Bin Laden ... Mitte der 80er Jahre aufgebaut hatte«.

»Vor 1998 hat Al Qaida keine größere Terroroperation selbst ausgeführt«, resümiert jedenfalls auch der 9/11-Abschlußbericht. Damit sind immer wieder zu lesende Behauptungen, Al Qaida habe nennenswert in die Kämpfe gegen die US-Truppen in Somalia 1992/93 und in Bosnien 1992 bis 1995 eingegriffen, von höchster Warte ebenso dementiert wie die Al-Qaida-Urheberschaft des ersten Bombenanschlages auf das World Trade Center 1993 oder auf die Khobar Towers im saudischen Dharan 1996.

Erst Ende 1998 begann die Karriere des Begriffs Al Qaida im Antiterrorkampf. Dies könnte man als logische Folge der Zerstörung der US-Botschaften in Nairobi und Daressalam Anfang August dieses Jahres sehen, doch die Verantwortung für diese Taten hat der Islamische Dschihad des Ägypters Ayman al Zawahiri übernommen. Obwohl entsprechende Bekennerschreiben vorlagen, orientierte Präsident Clinton nicht auf Zawahiri, sondern auf Bin Laden. Wenige Tage später ordnete er eine Vergeltungsaktion mit Cruise Missiles an, die dessen Lager in Afghanistan und eine mit dem reichen Saudi verbundene Pharmafirma im Sudan trafen. Wie unklar damals die Rolle Bin Ladens war, beweist noch eine Schlagzeile der New York Times mehr als ein halbes Jahr später: »U.S. Hard Put to Find Proof Bin Laden Directed Attacks« (»Die USA müssen sich anstrengen, die Anschläge auf Befehle Bin Ladens zurückzuführen«)

Beispiel Bosnien

Der Stilisierung von Al Qaida zum Weltfeind Nr. 1 zu widersprechen bedeutet selbstverständlich nicht, um beim bosnischen Beispiel zu bleiben, daß Osama Bin Laden gar keine oder nur eine unwichtige Rolle gespielt hätte. Er hat die militärische Ausbildung von Dschihadisten in Trainingslagern etwa im Nordsudan finanziert und anschließend zur Finanzierung ihrer Weiterreise auf den Balkan beigetragen, schließlich als Großinvestor gute Kontakte zum bosnisch-islamischen Präsidenten Alija Izetbegovic und zur albanischen Regierung geknüpft. Beim Ausbau von Trainingscamps in beiden Ländern waren angebliche Wohltätigkeitsorganisationen, über die er Gelder schleuste, ebenfalls von Bedeutung. Doch bei all diesen Aktivitäten war er nicht die zentrale Figur, sondern nur ein Sponsor unter mehreren. Bezeichnend ist etwa, daß der Bericht des US-Kongresses über Bosnien als »militante islamische Basis« vom Januar 1997 Bin Laden und Al Qaida mit keinem Wort erwähnt, statt dessen jedoch Ayman al Zawahiri, mit dem wir uns gleich noch ausführlicher beschäftigen werden. Eine weit wichtigere Rolle als Bin Laden und auch als Zawahiri spielten die Iraner. »Die Iraner annektierten große Teile des bosnischen Sicherheitsapparates, der dann ihre eigenen geheimdienstlichen und terroristischen Aktivitäten besorgte. Dies ging bis zu dem Punkt, daß man terroristische Aktivitäten gemeinsam plante«, heißt es in dem Bericht des US-Kongresses vom Januar 1997.

Selbstverständlich hat es islamistischen Terror auf dem Balkan gegeben. Allerdings wurde dieser zum ganz überwiegenden Teil nicht von Osama Bin Laden und Al Qaida, sondern von den US-Geheimdiensten organisiert – in antagonistischer Kooperation mit den Iranern. Die zentrale Rolle hierbei spielte die (im Buch) bereits vorgestellte Pentagon-Filiale Military Professional Ressources Inc. (MPRI):
  • MPRI-Kader nahmen die ab 1992 in Bosnien ankommenden Mudschahedin in einigen Trainingscamps in Empfang.
  • Die MPRI sorgte für die Hochrüstung der Moslems für die Schlüsseloffensiven 1995 – unter Bruch des UN-Embargos.
  • Die MPRI organisierte die nach dem Friedensschluß von Dayton demilitarisierten Gotteskrieger in neuen Lagern, zum Teil in Albanien, und bildete sie in der Türkei zu Offizieren aus.
  • Die MPRI schleuste diese Spezialisten von dort zum Kämpfen ins Kosovo und vom Kosovo später nach Mazedonien.
Zumindest in Mazedonien waren MPRI-Spezialisten im Jahre 2001 zusammen mit Mudschahedin an den Kämpfen beteiligt (im Kosovo 1999 war das nicht nötig, da die NATO insgesamt eingriff).

Zawahiri – wichtiger als Bin Laden

Der wichtigste Mann Bin Ladens auf dem Balkan soll nach verschiedenen Angaben Ayman al Zawahiri gewesen sein. Er habe sich, während Bin Laden selbst immer nur zu Stippvisiten in Sarajevo und Tirana aufgetaucht ist, recht häufig in der Krisenregion aufgehalten. Zawahiri habe »seinen Streitkräften« auf dem bosnischen Kriegsschauplatz von seinem Büro in Sofia aus Angriffe auf US-Ziele befohlen, heißt es im Bericht des US-Kongresses vom Januar 1997. Über seinen Bruder Mohammed soll er eine Terrorzelle in Tirana rekrutiert haben, und dieser sei auch Geheimdienstchef der kosovo-albanischen Terrorbewegung UCK und Teilnehmer der Kämpfe in Mazedonien gewesen.

Aber gerade dieser Ayman al Zawahiri wirft einige Fragen auf. In der Hitparade der westlichen Antiterrorismus-Experten ist der promovierte Chirurg angeblich die Nummer zwei in der Al-Qaida-Hierarchie und hat an wichtigen 9/11-Planungskonferenzen in Afghanistan teilgenommen. Man sieht den schweigsamen Brillenträger auf jeden Fall in einigen Videos an der Seite Bin Ladens sitzen. Fakt ist auch, daß Zawahiri im Februar 1998 zusammen mit Bin Laden die Kriegserklärung an die USA unterschrieben hat. Damit sei die Verschmelzung des Islamischen Dschihad, den Zawahiri Ende der 70er Jahre in Ägypten mitgegründet haben soll, mit Al Qaida vollzogen worden, heißt es im Abschlußbericht der 9/11-Kommission. Bemerkenswert ist allerdings, daß Al Qaida – siehe oben – bis zu diesem Zeitpunkt kaum Kampfkraft hatte, während Zawahiris Organisation bereits mit blutigen Attentaten von sich reden machte – unter anderem wird der Islamische Dschihad für die Ermordung des ägyptischen Staatspräsidenten Anwar al Sadat im Jahre 1981 und für ein Massaker an 58 Touristen 1997 in Luxor im November 1997 verantwortlich gemacht. Daraus folgerte der britische Guardian im November 2001, daß die Behauptung, Ayman al Zawahiri sei Bin Ladens rechte Hand, »eine Untertreibung seiner Bedeutung« ist. Er habe vielmehr »einen Großteil der Kontrolle über Bin Ladens terroristische Finanzen, Operationen, Planungen und Ressourcen übernommen«. Auch Bergen kolportiert die Einschätzung, daß »dieser unbekannte Arzt für Al Qaida wichtiger ist als Bin Laden selbst«. Was im Frühjahr 1998 stattgefunden hat, war also offensichtlich die Kaperung von Bin Ladens Finanzbasis durch Zawahiris Organisation und nicht, wie es die offiziellen Legenden wollen, die Verschmelzung oder Unterstellung des Islamischen Dschihad unter das Kommando der Phantomorganisation Al Qaida.

Ein Schläfer in Fort Bragg

Zawahiri wurde wegen Beteiligung am Sadat-Attentat 1981 in Abwesenheit zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Mitte der achtziger Jahre reiste er mit vielen seiner Kämpfer an den Hindukusch, um dort gegen die Sowjets zu kämpfen. Dort seien sie »von der CIA und dem pakistanischen Geheimdienst ... ausgebildet worden«, behauptet der ehemalige Bundesminister Andreas von Bülow (SPD). Eindeutig bewiesen ist ein anderer Kontakt Zawahiris zu den US-Geheimdiensten: Anfang der neunziger Jahre reiste der Ägypter zwei Mal in die USA, um Spenden für seine Organisation zu sammeln.

Begleitet wurde Zawahiri auf diesen Reisen von einem gewissen Ali Mohammed – einer der schillerndsten Figuren im Pas de Deux zwischen USA und Dschihadisten. Seine Karriere hat Peter Bergen ausführlich nachgezeichnet. Der Ägypter diente demnach von 1971 bis 1984 in der Armee seines Heimatlandes und arbeitete dann in der Antiterrorabteilung einer Fluglinie. 1985 zog er in die USA und bekam die Staatsbürgerschaft. 1986 verpflichtete er sich zu einem dreijährigen Dienst in der US-Armee und leistete diesen ausgerechnet in Fort Bragg ab – dem Hauptquartier der Special Forces, die in allen Ecken der Welt Geheimaufträge für das Pentagon durchführen. »Irgendwann Mitte der achtziger Jahre«, so Bergen, bot er sich außerdem der CIA als Informant an. In Fort Bragg machte Mohammed Karriere und gab Unterricht im Special Warfare Center. »Als Assistenzlehrer half er dem Seminarleiter bei der Vorbereitung von Unterrichtseinheiten zu Politik, Geschichte, Kultur und Militär der Länder des Nahen Ostens.« In seinem militärischen Führungszeugnis wird eine seiner »herausragenden« Vorlesungen über die Specnaz erwähnt, die in Afghanistan eingesetzten Sonderkommandos der Roten Armee. Daß Mohammed sich bei diesem Thema auskannte, hat seinen guten Grund: 1988 nutzte er einen Armeeurlaub zu einem Ausflug an den Hindukusch, um dort »Seite an Seite mit Bin Ladens Männern« zu kämpfen. Zurück in Fort Bragg zeigte er seinen Kameraden Trophäen seiner Kämpfe, darunter den Uniformgürtel eines sowjetischen Soldaten; er habe ihn erbeutet, nachdem er den Russen eigenhändig umgebracht hatte, berichtete Mohammed seinem Vorgesetzten Robert Anderson stolz. Im Nachhinein ist Anderson sicher, »daß Mohammed niemals in die USA hätte einreisen, geschweige denn einen Job in Fort Bragg bekommen können, hätte nicht jemand bei der CIA oder im State Department sein Visum abgesegnet«.

1989 trat Mohammed aus der US-Armee aus und half 1991 Bin Laden bei der Übersiedlung nach Sudan. Anschließend soll er auch »Al Qaida-Einheiten« im ostafghanischen Khost trainiert und die Anschläge auf die US-Botschaften in Daressalam und Nairobi 1998 mit vorbereitet haben. »Von 1992 bis 1997 lebte Ali Mohammed, wenn er nicht gerade für den Dschihad um die Welt flog, in einem Appartement in der kalifornischen Stadt Santa Clara ... So unglaublich es klingt, selbst in der Zeit, in der er im Auftrag von Al Qaida um die Welt reiste, bewarb er sich weiter bei amerikanischen Regierungsbehörden«, wundert sich Bergen. Unter anderem bot er seine Dienste dem FBI an sowie einem Unternehmen, das geheime Aufträge des Verteidigungsministeriums ausführte. Als sein Doppelspiel 1998 aufflog, wurde er nur zu einer kurzen Haftstrafe verurteilt, weil er sich »auf eine inoffizielle Absprache mit den Strafverfolgungsbehörden« einließ.

War dieser Mann, so die Theorie der US-Terroristenjäger, ein Schläfer Bin Ladens, der sich raffiniert Zugang zu den geheimsten US-Militärzirkeln verschaffen konnte? Oder spricht nicht alles, von seiner Einschleusung in die USA bis zu dem Deal, mit dem er dem elektrischen Stuhl entkommen konnte, für das Gegenteil – daß er sich im Auftrag der US-Geheimdienste das Vertrauen Bin Ladens und anderer Top-Terroristen erschlich? War er der Führungsoffizier der Dienste für Zawahiri, mit dem er Anfang der neunziger Jahre durch die USA tourte?

Das Inferno von Madrid 2004

Der angebliche Drahtzieher des verheerenden Bombenanschlages am 11. März 2004 in Madrid war für den Staatsschutz kein Unbekannter. Jamal Zougam war »seit rund zehn Jahren aufmerksam observiert und abgehört« worden, »nicht nur von der spanischen Polizei und dem Geheimdienst, sondern zumindest auch von marokkanischen und französischen Stellen, wahrscheinlich auch von Amerikanern und Israelis. Nach den Selbstmordattentaten von Casablanca im Mai 2003 war die Überprüfung und Überwachung islamistischer Marokkaner in Spanien noch einmal erheblich verstärkt worden. Also denkbar schlechte Voraussetzungen, um wochen- oder monatelang aufwendige Bombenanschläge zu planen, vorzubereiten und sich vielleicht sogar direkt an der Vorbereitung zu beteiligen«, schreibt jW-Autor Knut Mellenthin in einem Beitrag für den von Ronald Thoden herausgegebenen Sammelband »Terror und Staat«.

Zougam wiederum soll den Sprengstoff von dem 27jährigen Ex-Minenarbeiter José Emilio Suárez Trashorras bekommen haben, einem verdeckten Informanten der Nationalpolizei. Auch der als Mittäter verhaftete Marokkaner Rafael Zuheir war Spitzel. Statt der Nationalpolizei war der Ex-Drogendealer der Guardia Civil zu Diensten.

Einige andere zwielichtige Figuren mit Verbindungen sowohl zu Bin Laden wie den westlichen Geheimdiensten wurden im Buch schon erwähnt, etwa der bosnische Mudschahedin-Führer Dzemal Merdan. Aber richtig spannend werden die Überschneidungen zwischen Good Guys und Bad Guys beim 11. September, wie wir im folgenden sehen werden.

* Jürgen Elsässer, Wie der Dschihad nach Europa kam. Gotteskrieger und Geheimdienste auf dem Balkan (240 Seiten, geb., 19.90 Euro, NP-Verlag, Wien 2005)

** Die Tageszeitung "junge Welt" veröffentlichte diesen Text als Vorabdruck aus dem Buch in ihrer Ausgabe vom 4. März 2005.


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