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Subbotnik als 9/11-Gedenken

Am Jahrestag der Terroranschläge von 2001 soll in diesem Jahr in den USA mit Freiwilligenarbeit an die Opfer erinnert werden

Von Max Böhnel, New York *

Der Jahrestag der Terroranschläge, denen am 11. September 2001 in New York, Washington und Pennsylvania rund 3000 Menschen zum Opfer fielen, findet in diesem Jahr erstmals unter anderen Vorzeichen statt.

Statt nationalistischem Fahnenschwenken und militaristischem Strammstehen wie zu Zeiten der Bush-Regierung ist die US-Bevölkerung unter der Obama-Administration aufgefordert, mit Freiwilligenarbeit der Opfer zu gedenken. Im Frühjahr hatte der Präsident den 9/11-Gedenktag zum »Tag der Freiwilligenarbeit und der Erinnerung« ausgerufen. In New York wird Außenministerin Hillary Clinton zu einer Gedenkzeremonie erwartet. Barack Obama wird sich eher im Hintergrund halten. Er hatte am Mittwochabend mit einer Rede vor dem Kongress über die umstrittene Gesundheitsreform im Mittelpunkt gestanden.

Konservative und Rechtsextreme nehmen dabei selbst den 9/11-Gedenktag zum Anlass, Obama und die Demokraten anzugreifen. Der berüchtigte »Fox News«-Fernsehkommentator Glenn Beck beschuldigte Obama und seine Unterstützer zum wiederholten Male linksradikaler Umtriebe. Auf rechten Websites hieß es, der Regierung gehe es darum, die Erinnerung an die Anschläge »sozialistisch« umzudefinieren und den Patriotismus der US-Amerikaner aufweichen zu wollen. »Nihilistische Linke« innerhalb und außerhalb der Regierung würden planen, 9/11 jegliche tiefere Bedeutung zu entziehen. Am Mittwochabend hatte ein Republikaner im Kongress Obama angeschrien, er sei »ein Lügner«.

Ob rechte Stimmungsmacher damit allerdings politische Punkte machen können, ist zweifelhaft. Denn die Zustimmung für die Republikaner hat in der Bevölkerung ebenso abgenommen wie die für Obama und die Demokraten. »Terrorismus« steht laut einer CNN-Umfrage von Ende August auf der nationalen Prioritätenliste an sechster Stelle weit unten, und das seit einem halben Jahr.

Ganz vorne rangieren bei drei Viertel der US-Amerikaner Themen wie Wirtschaft, Gesundheitsreform und Haushaltsdefizit. Laut der den Demokraten nahestehenden Website »Daily Kos« haben 55 Prozent den Eindruck, das Land bewege sich »in die falsche Richtung«. Die Zustimmungsraten für Obama fielen in sämtlichen innen- und außenpolitischen Bereichen um rund 10 Prozentpunkte. Er kann sich auf gut die Hälfte der Befragten stützen.

Stehen die Folgen der Wirtschaftskrise und die Initiativen der Regierung, ihr beizukommen, auf der Besorgnisskala im Vordergrund, so mehrten sich in den vergangenen Wochen die Stimmen zum Afghanistankrieg. Dabei hat Obama seit den Wahlen in Afghanistan Probleme mit seiner Glaubwürdigkeit. Eine wachsende Zahl der US-Amerikaner fragt sich, ob die hohen Kosten für den Krieg ihren Preis wert sind. In der »New York Times« lautete eine Schlagzeile »USTruppenverstärkung - wirklich notwendig?«. Die »Washington Post« bezeichnete den Afghanistankrieg als »möglichen Wendepunkt« für die Obama-Regierung.

Ironischerweise haben sich neben dem Generalstab bisher nur Vertreter der »Neocons« politisch voll hinter die Truppenverstärkung gestellt. In einem offenen Brief drückten Mitglieder des ehemaligen »Project for a New American Century« - sie hatten den Irakkrieg angeschoben - dem Präsidenten ihre Unterstützung aus und drängten ihn, »standhaft zu bleiben«. Gegen den Krieg sprechen sich laut CNN inzwischen 57 Prozent der Bevölkerung aus, dafür 42 Prozent. Im Herbst wird die US-Friedensbewegung versuchen, die Glaubwürdigkeitslücke der Obama-Regierung zu nutzen.

Der »nationale Sicherheitsstaat«, den Linke beklagen, macht sich derweil unter der Obama- Regierung nicht nur außen-, sondern auch innenpolitisch bemerkbar. Der Politikwissenschaftler Glenn Greenwald betont, die machtvollsten Fraktionen im Establishment, die »permanente Militärund Geheimdienstschicht, sowohl staatlich wie privat«, würde ein Ende dieses Zustandes nicht zulassen.

* Aus: Neues Deutschland, 11. September 2009


Aktives Gedenken für eine friedliche Zukunft

"Familien des 11. September" engagieren sich in den USA

Von Karin Leukefeld **


»Nicht im Namen unseres Sohnes«, schrieben Phyllis und Orlando Rodriguez am 15. September 2001 in einem Brief an den damaligen USA-Präsidenten George W. Bush, als dieser kurz nach den Anschlägen vom 11. September den »Krieg gegen den Terror« ankündigte. Das Ehepaar Rodriguez hatte seinen Sohn Gregory (32) verloren und schloss sich mit anderen betroffenen Familien zusammen. Als »Familien des 11. September für eine friedliche Zukunft« bringen sie seitdem ihre Ablehnung gegen jeden Krieg gemeinsam zum Ausdruck.

»Ihre Antwort auf die Angriffe (…) vermittelt uns den Eindruck, dass unsere Regierung die Erinnerung an unseren Sohn als Rechtfertigung dafür benutzt, Leid über andere Söhne und Familien in anderen Ländern zu bringen«, hieß es vor acht Jahren in dem Brief der Rodriguez’. »Dies ist nicht der Zeitpunkt, sich wie ein Tyrann zu verhalten.« Die Regierung solle darüber nachdenken, wie eine »friedliche, vernünftige Lösung gegen den Terrorismus entwickelt werden kann«, forderte das Ehepaar: »Unsere Nation soll nicht zu mehr Unmenschlichkeit« beitragen.

Doch die Bush-Administration und ihre westlichen Verbündeten erwiesen sich als taub gegenüber dem Aufruf für ein friedliches Handeln, sie überzogen Afghanistan und Irak so sehr mit Krieg, Hass und Verachtung, dass eine Antwort in der islamischen Welt in Form von neuer Gewalt und Ablehnung nicht ausblieb. Die Familien des 11. September dagegen wurden zu einer professionell arbeitenden Friedensorganisation, engagierten sich mit immer neuen Kampagnen für den Frieden in der Welt und fanden dabei immer neue Verbündete. Ihr Name »Peaceful Tomorrows« bezieht sich auf ein Zitat von Martin Luther King: »Kriege sind schlechte Meißel, um eine friedliche Zukunft zu formen.« Im November 2008, zum Jahrestag des Kriegsbeginns am Hindukusch 2001, veröffentlichten sie den Bericht »Afghanistan: Schluss mit einer gescheiterten Militärstrategie«, der in Zusammenarbeit mit lokalen Nichtregierungsorganisationen und der internationalen Friedensbewegung entstanden war. Darin entlarvten sie den Mythos vom »Erfolgsmodell infolge des Krieges gegen den Terror«. Ein Land könne nicht »in den Frieden bombardiert« werden, so das Fazit des Reports, »Frieden und demokratische Rechte« könnten militärisch nicht erzwungen werden.

Ob das Gefangenenlager Guantanamo und die Militärtribunale, ob die Situation von Einwanderern in den USA und deren Bürgerrechte – die Familien des 11. September sind in ihren Gemeinden, in Kirchen, Schulen und Universitäten aktiv und machen auch »den Unterschied aus«, der bei den letzten Präsidentschaftswahlen in den USA Barack Obama an die Macht brachte. Bruce Wallace, dessen Neffe Mitchell Wallace am 11. September starb, organisiert über den Internet-Blog »121 Contact« einen direkten Austausch zwischen US-amerikanischen und irakischen Schülern und Studierenden und informiert aktuell über den Alltag in Irak. Ganz oben auf der Seite steht in einem Fenster »Tote in Irak aufgrund der US-Invasion«, und dann folgt die aktuelle Zahl: 1 339 771 Millionen war der gestrige Stand.

Mit der Gründung eines Internationalen Netzwerks für Frieden, in dem sich Personen aus 17 Ländern engagieren, deren Angehörige direkt von politischer Gewalt betroffen waren oder sind, setzt »Peaceful Tomorrows« seine Arbeit fort. Und die Organisation kehrt weiter vor der eigenen Tür. In einem Brief an den neuen Präsidenten informiert Rita Laser, die am 11. September 2001 ihren Bruder Abraham Zelmanowitz in der 27. Etage des Nordturms des World Trade Center verlor, Barack Obama zunächst darüber, mit welcher Freude sie ihm ihre Stimme gegeben habe, um ihn gleich anschließend aufzufordern, von seiner »absolut falschen Afghanistan- Strategie« Abstand zu nehmen: »Holen Sie uns aus Afghanistan raus.«

* Aus: Neues Deutschland, 12. September 2009


THE WHITE HOUSE
Office of the Press Secretary
September 11, 2009

REMARKS BY THE PRESIDENT AT WREATH-LAYING CEREMONY AT THE PENTAGON MEMORIAL

The Pentagon, Arlington, Virginia

THE PRESIDENT: Secretary Gates, Admiral Mullen and members of the Armed Forces, fellow Americans, family and friends of those that we lost this day -- Michelle and I are deeply humbled to be with you.

Eight Septembers have come and gone. Nearly 3,000 days have passed -- almost one for each of those taken from us. But no turning of the seasons can diminish the pain and the loss of that day. No passage of time and no dark skies can ever dull the meaning of this moment.

So on this solemn day, at this sacred hour, once more we pause. Once more we pray -- as a nation and as a people; in city streets where our two towers were turned to ashes and dust; in a quiet field where a plane fell from the sky; and here, where a single stone of this building is still blackened by the fires.

We remember with reverence the lives we lost. We read their names. We press their photos to our hearts. And on this day that marks their death, we recall the beauty and meaning of their lives; men and women and children of every color and every creed, from across our nation and from more than 100 others. They were innocent. Harming no one, they went about their daily lives. Gone in a horrible instant, they now "dwell in the House of the Lord forever."

We honor all those who gave their lives so that others might live, and all the survivors who battled burns and wounds and helped each other rebuild their lives; men and women who gave life to that most simple of rules: I am my brother's keeper; I am my sister's keeper.

We pay tribute to the service of a new generation -- young Americans raised in a time of peace and plenty who saw their nation in its hour of need and said, "I choose to serve"; "I will do my part." And once more we grieve. For you and your families, no words can ease the ache of your heart. No deeds can fill the empty places in your homes. But on this day and all that follow, you may find solace in the memory of those you loved, and know that you have the unending support of the American people.

Scripture teaches us a hard truth. The mountains may fall and the earth may give way; the flesh and the heart may fail. But after all our suffering, God and grace will "restore you and make you strong, firm and steadfast." So it is -- so it has been for these families. So it must be for our nation.

Let us renew our resolve against those who perpetrated this barbaric act and who plot against us still. In defense of our nation we will never waver; in pursuit of al Qaeda and its extremist allies, we will never falter.

Let us renew our commitment to all those who serve in our defense -- our courageous men and women in uniform and their families and all those who protect us here at home. Mindful that the work of protecting America is never finished, we will do everything in our power to keep America safe.

Let us renew the true spirit of that day. Not the human capacity for evil, but the human capacity for good. Not the desire to destroy, but the impulse to save, and to serve, and to build. On this first National Day of Service and Remembrance, we can summon once more that ordinary goodness of America -- to serve our communities, to strengthen our country, and to better our world.

Most of all, on a day when others sought to sap our confidence, let us renew our common purpose. Let us remember how we came together as one nation, as one people, as Americans, united not only in our grief, but in our resolve to stand with one another, to stand up for the country we all love.

This may be the greatest lesson of this day, the strongest rebuke to those who attacked us, the highest tribute to those taken from us -- that such sense of purpose need not be a fleeting moment. It can be a lasting virtue.

For through their own lives –- and through you, the loved ones that they left behind –- the men and women who lost their lives eight years ago today leave a legacy that still shines brightly in the darkness, and that calls on all of us to be strong and firm and united. That is our calling today and in all the Septembers still to come.

May God bless you and comfort you. And may God bless the United States of America. (Applause.)

www.whitehouse.gov


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