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Kriegsgegner mobilisieren nach München

Aktionsbündnis erwartet wieder Tausende zu Protesten gegen "NATO-Sicherheitskonferenz"

Von Rolf-Henning Hintze, München *

Mit mindestens 5000 Teilnehmern rechnen die Veranstalter in diesem Jahr bei der bundesweiten Protestdemonstration gegen die sogenannte NATO-Sicherheitskonferenz in München. Die Demonstration am 2. Februar werde von rund 80 Organisationen aus ganz Deutschland und von zahlreichen Bundestagsabgeordneten unterstützt, teilte das Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus am Dienstag auf einer Pressekonferenz mit. Redner der Abschlußkundgebung auf dem Marienplatz wird der Hamburger Völkerrechtler Norman Paech sein.

Zur gleichen Zeit werden im Nobelhotel »Bayerischer Hof« Hunderte hochrangige Politiker und Militärs aus den NATO-Staaten sowie Vorstandsmitglieder großer Konzerne tagen. Johannes Jonic, einer von vier Sprechern des Aktionsbündnisses, betonte: »Diese Sicherheitskonferenz ist eine Mogelpackung, gegen die wir entschlossen mobilisieren wollen. Mit dieser Konferenz beginnt der Krieg in München«. Die Demonstranten wollen vom Karlsplatz (Stachus) zum Marienplatz ziehen.

Im Bayerischen Hof träfen sich die »Verantwortlichen für die Kriege«, meinte Claus Schreer, seit Jahren einer der wichtigsten Organisatoren der Proteste, wahrscheinlich gehe es jetzt weiter mit Mali und Syrien. Es handele sich um eine Konferenz der wirtschaftlich Mächtigen, die für die Armut in der Welt verantwortlich seien. Es gehe nicht um Frieden sondern um die Aufrechterhaltung der globalen Vorherrschaft. Schreer nannte den Leiter der Sicherheitskonferenz, den ehemaligen deutschen Botschafter Wolfgang Ischinger, einen »Wolf im Schafspelz«, der für eine weitere Stärkung des europäischen Rüstungssektors arbeite.

Die Verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundesregierung lieferten die besten Argumente gegen die Konferenz, ergänzte Bernd Michl vom Münchner Friedensbündnis. Darin heiße es, eine »unmittelbare territoriale Bedrohung Deutschlands mit konventionellen Mitteln ist unverändert unwahrscheinlich«. Das zeige, daß es in Wirklichkeit um den ungehinderten Zugang zu Ressourcen in anderen Ländern gehe. Ein Sprecher des Jugendblocks der Demonstra­tion beklagte, daß in Deutschland jährlich 30 Milliarden Euro für die Bundeswehr ausgegeben werden – »Geld, das für unsere Ausbildung fehlt«. Die Jugend müsse sich statt dessen mit zu großen Klassen, zu wenig Lehrpersonal, teuren Schulbüchern und verfallenen Klassenzimmern rumärgern.

Unterdessen ist die Werbung zu den Protesten mit Plakatständern vom Münchner Kreisverwaltungsreferat eingeschränkt worden. Da auf dem Material nur das Bündnis und keine Parteien mehr aufgeführt sind, dürften die Plakate nur zwei statt bisher drei Wochen vor dem Protestzug aufgestellt werden. Die Demonstration wird von den Parteien Die Linke und DKP unterstützt. Ein vor einigen Wochen gegründetes neues Münchner Protestbündnis mit dem Namen »Kriegsrat – Nein Danke!« wird einen eigenen Block in der Demonstration bilden. Die Veranstalter sehen dies als willkommene Ergänzung.

www.sicherheitskonferenz.de

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 16. Januar 2013


"Kein Frieden mit der NATO"

Kriegsgegner planen Proteste gegen die Münchner Sicherheitskonferenz

Von Rudolf Stumberger **


Politiker, Militär und Vertreter von Wirtschafts- und Rüstungskonzernen beraten Anfang Februar über die Kriegs- und Krisenregionen der Welt. Die Friedensbewegung wirft den Teilnehmern vor, nicht für mehr Sicherheit auf der Welt zu sorgen, sondern Konflikte anzuheizen.

Sie ist der Auftakt für den jährlichen Reigen der Treffen der Mächtigen und Reichen: die sogenannte Münchner Sicherheitskonferenz. Sie findet dieses Jahr zum 49. Mal in der bayerischen Landeshauptstadt statt, vom 1. bis 3. Februar werden sich 400 geladene Gäste im Nobelhotel Bayerischer Hof die Klinke in die Hand geben, darunter der US-Vizepräsident Joe Biden. Und auch dieses Jahr protestieren Kriegs- und NATO-Gegner gegen dieses Treffen.

Aufgerufen zum Protest hat das »Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz«. Es erwartet vier- bis fünftausend Teilnehmer, so ein Sprecher am Dienstag in München. Die Proteste unter dem Motto »Kein Frieden mit der NATO« werden von rund 80 Gruppierungen getragen, darunter die Linkspartei, die VVN, Attac und diverse Einzelpersonen aus Gewerkschaften, Friedensgruppen sowie Bundestagabgeordnete.

Das Bündnis kritisiert die Sicherheitskonferenz als »Unsicherheitskonferenz«, auf der »Politiker, Kriegsstrategen und Vertreter von Wirtschafts- und Rüstungskonzernen« vor allem eines tun: Strategien beraten, mit »denen sie ihre wirtschafts- und machtpolitischen Interessen weltweit durchsetzen wollen«, heißt es im Aufruf zur Demonstration. Bei der Sicherheitskonferenz handele es sich um eine Versammlung der Verantwortlichen für Aggressionskriege wie gegen Jugoslawien und jener Machteliten, die für den Hunger auf der Welt verantwortlich sind, so Claus Schreer, ein Sprecher des Bündnisses. Es gehe keineswegs um Frieden, sondern um die Aufrechterhaltung von Vorherrschaft, zudem sei die Konferenz ein Instrument der Kriegspropaganda. Sie diene dazu, den deutschen Rüstungssektor fit gegenüber der Konkurrenz in den USA zu machen. Das Bündnis wendet sich gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr und fordert die Auflösung der NATO.

Zu der traditionell als »privat« deklarierten Sicherheitskonferenz erwartet Konferenzchef Wolfgang Ischinger neben dem US-Vizepräsidenten den russischen Außenminister Sergey Lawrow, NATO-Generalsekretär Anders Rassmussen und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Die Bundesregierung wird unter anderem von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) vertreten. Mit dabei sind die Vorstandschefs von Deutscher Bank, Allianz und Telekom.

Ein Schwerpunkt der Konferenz wird die Lage in Syrien sein. Dazu erwartet Ischinger den UN-Sondergesandten Lakhdar Brahimi, auch Vertreter der syrischen Opposition seien eingeladen. Unter den Teilnehmern seien auch Regierungsvertreter aus Ägypten, der Türkei und dem Emirat Katar, das durch Premier Hamad bin Chalifa al-Thani vertreten werde. Den Konflikt in Syrien bezeichnete er als ein »außerordentlich unbefriedigendes Thema« der aktuellen Weltpolitik, das einen mit tiefster Sorge erfüllen müsse. Auf der Sicherheitskonferenz soll auch darüber diskutiert werden, warum die Weltmächte gegenwärtig nicht in der Lage seien, mit dem Thema »verantwortungsvoll« umzugehen.

Der Protestzug am 2. Februar beginnt um 13 Uhr am Münchner Karlsplatz und führt zum Marienplatz, wo eine Rede des linken Völkerrechtlers Norman Paech vorgesehen ist. Im Rahmen einer alternativen Friedenskonferenz finden am Freitag und Sonnabend zwei Podiumsdiskussionen statt. Im »Eine-Welt-Haus« ist noch bis 30. Januar die NATO-kritische Ausstellung »Wir produzieren Sicherheit« zu sehen. Am 31. Januar beschäftigt sich das »Antikriegs-Forum« um 18 Uhr im DGB-Haus an der Schwanthalerstraße mit dem Thema »Krieg gegen den Iran?«

Wie üblich wird während der Sicherheitskonferenz der Bereich um den Bayerischen Hof weiträumig abgesperrt und eine Straßenbahnlinie umgeleitet. Die Bundeswehr leistet logistische Hilfe.

sicherheitskonferenz.de
www.Friedenskonferenz.info

** Aus: neue deutschland, Mittwoch, 16. Januar 2013


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