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EU auf Piratenjagd

Einsatz beginnt in der kommenden Woche

Die EU beginnt am kommenden Montag (8. Dezember) mit der Piratenbekämpfung vor der Küste Somalias. Das teilte EU-Chefdiplomat Javier Solana am Mittwoch (3. Dez.) in Brüssel am Rande eines Treffens der NATO-Außenminister mit.

Laut den Angaben aus Brüssel sollen sechs Kriegsschiffe und drei Flugzeuge aus den EU-Staaten im Rahmen der »Operation Atalanta« eine Flotte der NATO ablösen, die bisher zum Schutz von Handelsschiffen gegen die zunehmenden Piratenangriffe vor Ostafrika im Einsatz ist. »Die Dinge sind gut vorbereitet«, sagte Solana. »Es ist eine robuste Mission mit dem Auftrag, andere Schiffe zu begleiten, zu beschützen und Piraten abzuschrecken.« Das Bundeskabinett in Berlin wird voraussichtlich am 10. Dezember über die deutsche Beteiligung mit einer Fregatte und bis zu 1400 Soldaten entscheiden. Der Bundestag könnte das Mandat damit noch vor Weihnachten beschließen.

In ihrem Abschlusskommuniqué machten die 26 Außenminister klar, dass der Militärpakt auch künftig für Einsätze am Horn von Afrika bereit ist. »Es wurden noch keine Beschlüsse gefasst, aber ich denke, es gibt noch viel Arbeit, auch für die NATO«, sagte NATO- Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer. „Piraterie wird zu einem immer größeren Problem, nicht nur im Golf von Aden, sondern weltweit.« Bislang hätten NATO-Schiffe unter anderem Schiffsladungen des Welternährungsprogramms mit insgesamt 29 000 Tonnen Nahrungsmitteln nach Somalia eskortiert. Die Allianz begrüße den Start von »Atalanta«, sagte de Hoop Scheffer. Angesichts des Ausmaßes der Seeräuberei werde es aber Gespräche über die künftige Rolle der NATO geben.

Solana unterstützte eine Aufforderung der NATO-Minister an die Vereinten Nationen, die Rechtsgrundlagen für den Umgang beispielsweise mit gefangenen Piraten zu klären. »Diese Frage ist nicht klar. Und jeder Staat hat eigene Regeln dafür. Einig sind sich alle nur darin, dass man die Piraten stoppen muss.«

Derweil ging zwei Wochen nach der Kaperung eines jemenitischen Schiffes vor Somalia die Geiselnahme durch Verhandlungen von Stammesältesten ohne Lösegeldzahlung zu Ende. »Alle zehn Piraten sind von Bord gegangen und wir gehen davon aus, dass das Schiff heute den Hafen von Eyl verlässt«, sagte Ahmed Hamid Obar, der Botschafter Jemens in Somalia. Die acht Besatzungsmitglieder des Frachters »Erina« seien unversehrt. Die Seeräuber hatten zwei Millionen Dollar Lösegeld für das Schiff verlangt. Der Schiffseigner, der selbst somalischer Herkunft ist, weigerte sich jedoch, mit den Piraten über Lösegeld zu verhandeln. Stattdessen setzte er auf den moralischen Druck durch die Stammesältesten, die nach Eyl kamen, um die Piraten zum Aufgeben zu bewegen.

Unterdessen hat ein italienisches Kriegsschiff am Dienstag einen Piratenangriff auf fünf Frachtschiffe vor der Küste Somalias verhindert. Wie in Brüssel mitgeteilt wurde, fuhr der Zerstörer »Luigi Durand de la Penne« nach einem Notruf zwischen die betroffenen Frachtschiffe und die Piraten, die mit bis zu 20 Schnellbooten auf die Schiffe zugefahren waren. Außerdem sei ein Hubschrauber gestartet. Alle Schiffe setzten den Angaben zufolge Wasserschläuche ein, um die Piraten zu vertreiben. Die italienische Marine verfolgte die flüchtenden Piraten nicht, da zu viele Frachtschiffe gleichzeitig geschützt werden mussten. Nach Angaben eines NATO-Vertreters handelte es sich um die bislang größte aufeinander abgestimmte Attacke.

* Aus: Neues Deutschland, 4. Dezember 2008


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