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Operation "Atalanta": Wer sich bückt, hat schon verloren

Die Deutsche Marine soll fortan Piraten fangen, der Minister wünschte viel Glück

Von René Heilig *

Die Piratenjagd am Horn von Afrika kann beginnen. Der deutsche Verteidigungsminister verabschiedete »unsere blauen Jungs«, die maritimen »Botschafter« Deutschlands, in den Krieg gegen die Seeräuberei.

Es ist zum Verzweifeln -- mit den alten Griechen! Sie haben so schöne Geschichten, die heute noch gern gelesen werden. Doch diese Geschichten haben auch immer so viel Doppeldeutiges in sich. Die EU, die nur zu gern Anleihen bei der griechischen Mythologie aufnimmt, will nun am Horn von Afrika Piraten jagen. Damit auch die Moral der Jäger stimmt, hat sich Minister Franz Josef Jung nach Dschibuti begeben. Dort will er mit den Besatzungen der Fregatten »Karlsruhe« und »Mecklenburg-Vorpommern« sprechen, die seit Freitag (19. Dez.) per Bundestagsbeschluss dem EU-Marineverband in der Region unterstellt ist.

Die Deutsche Marine schultert als kleinste Teilstreitkraft der Bundeswehr seit langem einen Großteil der Auslandseinsätze. Die 80 Schiffe und Boote der Marine waren im zu Ende gehenden Jahr zusammen 8700 Tage im weltweiten Einsatz. »Es erfüllt mich daher mit Stolz und Freude, wenn ich sehe, mit welchem Engagement und Teamgeist die Soldaten fernab der Heimat ihren Dienst versehen«, sagt der Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Hans-Joachim Stricker und meint: »Das abgelaufene Jahr ist für die Flotte insgesamt gut gelaufen. Dennoch gab und gibt es nicht unerhebliche Belastungen für die Männer und Frauen«. Man habe zwar versucht, die Belastung zu verteilen. Dennoch gebe es Besatzungen, die über die angepeilte Obergrenze von 180 Abwesenheitstagen gekommen sind. Auch technisch ist die Marine am Limit des Machbaren angelangt.

Zu den wichtigen Aktivitäten 2008 gehörten der Einsatz bei der Operation »Enduring Freedom« am Horn von Afrika mit den Fregatten »Emden« und »Mecklenburg-Vorpommern« sowie erstmals die Teilnahme von aus den Niederlanden gekauften P-3C Orion-Aufklärungsflugzeugen des Marinefliegergeschwader 3 aus Nordholz. Die Schnellboote »Dachs« und »Hermelin« sowie das Versorgungsschiff »Elbe« waren vor Libanon in Stellung gebracht. Im Mittelmeer beteiligten sich unter anderem die Fregatte »Lübeck« und das Unterseeboot U 23 an der Operation »Active Endeavour« zum Schutz des US-Nachschubs Richtung Irak. Zusammen mit den deutschen Marinesoldaten in den »Standing NATO Maritime Groups«, der KFOR, EUFOR sowie ISAF waren somit zuletzt rund 900 Männer und Frauen der Deutschen Marine in aktuellen Einsatzverpflichtungen, betont das Flottenkommando.

Die Marine übte fleißig für den Ernstfall. So bildeten die Fregatten »Hamburg«, »Köln« und der Einsatzgruppenversorger »Berlin« den Einsatz- und Ausbildungsverband 2008. Höhepunkt der knapp fünfmonatigen Reise war ein Flugkörper-Schießen in Zusammenarbeit mit der Marine Südafrikas und »Tornados« der deutschen Luftwaffe in südafrikanischen Gewässern. An »Northern Coast 2008«, der größten Marineübung mit internationaler Beteiligung, nahmen Mitte Oktober in der Ostsee 14 Schiffe, Boote und Flugzeuge der deutschen See- und Seeluftstreitkräfte teil.

Die Marine hat jedenfalls alles getan, um fit zu sein gegen die Piraten vor der somalischen Küste. Das Problem allerdings ist: Mit Kriegsschiffen wird man dieses Problem kaum beheben können.

* Aus: Neues Deutschland, 23. Dezember 2008


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