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Lebensretter aus Deutschland vor italienischem Gericht

Internationale Liga für Menschenrechte fordert Freispruch!

Im Juni 2004 rettete Stefan Schmidt als Kapitän mit Befehlsgewalt über das deutsche Schiff "Cap Anamur" 37 Menschen, die auf dem Fluchtweg nach Europa vor der italienischen Küste in Seenot geraten waren. Diese Rettungsaktion ist ein herausragender Beitrag zur Verwirklichung der Menschenrechte an den Grenzen der EU. Daher erhält der Kapitän am 13. Dezember 2009 in Berlin die Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte. Die Liga protestiert entschieden gegen in Italien geführten Strafprozess, mit dem die Staatsanwaltschaft versucht, die Rettung von Menschen in Seenot unter Strafe stellen zu lassen. Die Anklage gegen den Kapitän, gegen den 1. Offizier auf dem Schiff, Vladimir Daschkewitsch, sowie gegen den Journalisten und damaligen Vorsitzenden des Hilfskomitees "Cap Anamur", Elias Bierdel, der sich ebenfalls an Bord befand, lautete bei der Eröffnung des Prozesses in Agrigento/Sizilien: Bandenmäßige Beihilfe zur illegalen Einreise in besonders schwerem Fall. Die Staatsanwaltschaft fordert vier Jahre Haft und 400.000 EUR Geldstrafe.

Die Urteilsverkündung wird nach fast drei Jahren Prozessdauer für den 7. Oktober erwartet. Die Internationale Liga für Menschenrechte fordert Freispruch und ihre Rehabilitierung! Unterlassene Hilfeleistung ist eine Straftat, Hilfe für Menschen in Not ein humanitäres Gebot! Zugleich fordert die Liga mit vielen Menschenrechts-, Flüchtlings- und Migranten­organisationen in Deutschland und anderen EU-Ländern eine grundlegende Änderung der tödlichen Abschottungspolitik der Europäischen Union und eine klare Aussage auch der neuen Bundesregierung. Ein Umdenken und die Einhaltung der Menschenrechte - gerade auch im Umgang mit Menschen auf der Flucht - ist längst überfällig!

Im Folgenden dokumentieren wir die Erklärung der Internationalen Liga für Menschenrechte im Wortlaut.

Lebensretter aus Deutschland vor italienischem Gericht

Internationale Liga für Menschenrechte fordert Freispruch!

Unterlassene Hilfeleistung ist eine Straftat, Hilfe für Menschen in Not ein humanitäres Gebot!

Urteilsverkündung gegen Kapitän Stefan Schmidt, Elias Bierdel und Vladimir Daschkewitsch wird nach fast drei Jahren Prozessdauer für 07. Oktober 2009 erwartet.

Im Juni 2004 rettete Stefan Schmidt als Kapitän mit Befehlsgewalt über das deutsche Schiff „Cap Anamur“ 37 Menschen, die auf dem Fluchtweg nach Europa vor der italienischen Küste in Seenot geraten waren. Diese Rettungsaktion ist ein herausragender Beitrag zur Verwirklichung der Menschenrechte an den Grenzen der EU. Daher erhält der Kapitän am 13. Dezember 2009 in Berlin die Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte.

Die Liga protestiert entschieden gegen den seit 2006 in Italien geführten Strafprozess, mit dem die Staatsanwaltschaft versucht, die Rettung von Menschen in Seenot unter Strafe stellen zu lassen. Die Anklage gegen den Kapitän, gegen den 1. Offizier auf dem Schiff, Vladimir Daschkewitsch sowie gegen den Journalisten und damaligen Vorsitzenden des Hilfskomitees „Cap Anamur“ Elias Bierdel, der sich ebenfalls an Bord befand, lautete bei der Eröffnung des Prozesses in Agrigento/Sizilien:
Bandenmäßige Beihilfe zur illegalen Einreise in besonders schwerem Fall. Die Staatsanwaltschaft fordert vier Jahre Haft und 400.000 EUR Geldstrafe.

Die Gründe für das existenzgefährdende Strafmaß, für die nunmehr drei Jahre andauernde Zermürbung der Retter sowie die demonstrative Missachtung der universellen Menschenrechte und humanitären Gebote sind fadenscheinig. Die Staatsanwaltschaft versucht – mit Unterstützung, wenn nicht sogar im Auftrag der italienischen Regierung – die Umsicht, mit der Stefan Schmidt seiner Fürsorgepflicht auf See nachkam, zu desavouieren:

Die vorbildliche Handlung soll zum abschreckenden Beispiel werden.

Eine solche Kriminalisierung humanitären Handelns werden wir nicht zulassen!

Wir fordern Freispruch für die drei Angeklagten und ihre Rehabilitierung!

Für den Fall eines Schuldspruchs kündigt die Liga gemeinsam mit anderen Nichtregierungsorganisationen anhaltende Proteste – auch über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus – an.

Italien steht nicht über den Menschenrechten und die italienische Justiz nicht über elementaren Geboten der Menschlichkeit!

Zugleich fordert die Liga mit vielen Menschenrechts-, Flüchtlings- und Migrantenorganisationen in Deutschland und anderen EU-Ländern eine grundlegende Änderung der tödlichen Abschottungspolitik der Europäischen Union!

Diesbezüglich fordern wir eine klare Aussage auch der neuen Bundesregierung. Ein Umdenken und die Einhaltung der Menschenrechte - gerade auch im Umgang mit Menschen auf der Flucht - ist längst überfällig!

Das Mittelmeer – einst die Wiege der europäischen Kultur - darf nicht in ein Massengrab verwandelt werden. Europa muss Zufluchtswege schaffen und schützen!

Der Vorstand - Oktober 2009

Carl-von-Ossietzky-Medaille an Stefan Schmidt

Die Internationale Liga für Menschenrechte verleiht in diesem Jahr die Carl-von-Ossietzky-Medaille an den Lübecker Kapitän Stefan Schmidt und den Dessauer Geschäftsmann Mouctar Bah.

Beide haben außerordentliche Zivilcourage bewiesen und einen besonderen Beitrag zur Verwirklichung der Menschenrechte in der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union geleistet.

Stefan Schmidt rettete als Kapitän mit Befehlsgewalt über das deutsche Schiff “Cap Anamur” im Juni 2004 in eigener Verantwortung 37 Menschen, die auf dem Fluchtweg nach Europa vor der italienischen Grenze Küste in Seenot geraten waren. Für diese Rettungstat stehen Kapitän Schmidt, der Journalist und damalige Vorsitzende des Hilfskomitees “Cap Anamur” Elias Bierdel sowie der 1. Offizier auf dem Schiff, Vladimir Daschkewitsch, in Italien immer noch vor Gericht. Die Anklage bei der Eröffnung des Prozesses am 27. November 2006 in Agrigento/Sizilien: Bandenmäßige Beihilfe zur illegalen Einreise in besonders schwerem Fall. Die von der Staatsanwaltschaft geforderten vier Jahre Haft und 400.000 EUR Geldstrafe sind geeignet, die soziale Existenz des Kapitäns zu zerstören und stellen einen deutlichen Versuch dar, das couragierte, humanitär gebotene und menschenrechtspolitisch vorbildliche Handeln des Kapitäns zu kriminalisieren. Die Urteilsverkündung ist nunmehr auf Oktober 2009 verschoben worden. Die Anklage und der jahrelange Prozess haben international bereits vielfach Proteste hervorgerufen.




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