Deutsche Politik darf Menschenrechte nicht ausbremsen
amnesty international Deutschland zum Internationalen Tag der Menschenrechte
Im Folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung, die die deutsche Sektion von amnesty international anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte am 10. Dezember 2002 herausgegeben hat.
PRESSEMITTEILUNG
Löbliche Erklärungen der Koalitionsparteien zur Menschenrechtspolitik
/ ai kritisiert aber Praxis bei Beschwerdemöglichkeit gegen Folter,
in der Rüstungsexportkontrolle und in der Flüchtlingspolitik /
"Terrorismusbekämpfung" muss konsequent an Völker- und Menschenrecht
gebunden werden / Russische Kinder werden in Haft zu Zehntausenden
gefoltert und entwürdigt
Berlin, 10. Dezember 2002 - Am Internationalen Tag der Menschenrechte
2002 fordert die deutsche Sektion von amnesty international (ai) die
neue Bundesregierung auf, ihre Menschenrechtspolitik auf die Höhe der
eigenen Absichtserklärungen zu bringen. An die internationale
Staatengemeinschaft richtet sich der dringende Appell, Aktionen gegen
den Terrorismus an das Völkerrecht und die internationalen
Menschenrechtsnormen zu binden und nicht zuzulassen, dass
Menschenrechtsstandards weiter ausgehöhlt werden.
amnesty international begrüßt die Bildung neuer
Menschenrechts-Institutionen in der letzten Legislaturperiode und die
jüngsten Absichtserklärungen der Regierungsfraktionen, Menschenrechte
zur "Leitlinie der deutschen Politik" zu erheben. Die Organisation
kritisiert aber die Praxis. "Die Regierung hat erklärt, sie wolle
internationalen Menschenrechts-Verpflichtungen verstärkt nachkommen.
Tatsächlich ignoriert sie die Aufforderung des UN-Ausschuss gegen die
Folter, Abschiebungen auszusetzen, bis eine Individualbeschwerde
geprüft ist", sagte die Generalsekretärin der deutschen ai-Sektion,
Barbara Lochbihler. Eine solche Beschwerde hat unlängst ein in
Deutschland lebender kurdischer Türke eingelegt. Die Bundesregierung
versucht derzeit dennoch, ihn abzuschieben.
In der Außenwirtschaftspolitik fordert ai eine gesetzliche
Menschenrechtsklausel, die alle Rüstungstransfers verbietet, bei
denen Menschenrechtsverletzungen im Empfängerland nicht zweifelsfrei
ausgeschlossen werden können.
Das Flüchtlingsrecht muss dringend EU-weit auf höchstmöglichem
menschenrechtlichen Niveau vereinheitlicht werden. "Leider betätigt
sich der deutsche Innenminister hier wiederholt als Bremser, zuletzt
beim Treffen der EU-Innen- und Justizminister in Brüssel Ende
November", kritisierte die deutsche ai-Generalsekretärin. Obwohl der
Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung im Zuwanderungsgesetz-Entwurf
vorgesehen ist, hat Schily dagegen Vorbehalte angemeldet. Auch für
"Terroristen" muss bei drohender Folter oder unmenschlicher
Behandlung Abschiebeschutz gelten. amnesty international fordert die
Bundesregierung auf, sich intensiv dafür einzusetzen, dass die
UN-Menschenrechtskommission bei ihrer nächsten Tagung das Thema
"Terrorismus und Menschenrechte" behandelt und dafür sorgt, dass es
zukünftig angemessen in den UNO-Menschenrechtsgremien bearbeitet
wird.
Die laufende weltweite ai-Russland-Kampagne behandelt zur Zeit die
Lage von Kindern und Jugendlichen. Dazu stellt ai-Botschafterin Anna
Thalbach fest: "In Russland werden jedes Jahr Zehntausende von
Minderjährigen übermäßig lange in Haft gehalten und dort entwürdigt
und misshandelt. ai fordert von der russischen Regierung,
Minderjährige gemäß der UN-Kinderrechtskonvention nur als letztes
Mittel und nur so lange wie absolut nötig zu inhaftieren. Vorwürfe
der Folter an Minderjährigen müssen strafrechtlich verfolgt werden."
amnesty international, Pressestelle
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