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Keine Liebesgrüße aus Moskau

FBI hob Spionagegruppe der russischen Auslandsaufklärung aus

Von René Heilig *

Kaum haben die Präsidenten Medwedjew und Obama sich voller Vertrauen in eine gemeinsame fruchtbare Zukunft verabschiedet, griff das FBI zu. Festgenommen wurden zehn Spione, die vermutlich für den russischen Auslandsgeheimdienst SWR Informationen gesammelt haben.

Die Geschichte klingt irgendwie, als ob sie nicht in die Zeit passt. Natürlich gibt es weltweit weiter Spione und Agenten. Doch die jagen - zumindest in Büchern oder Kinofilmen - böse islamistische Terroristen oder klauen Know-how aus Hightech-Instituten. In dem jüngsten Fall ging es recht klassisch zu.

Die Anklage lautet auf »Verschwörung als unregistrierte Agenten einer ausländischen Regierung« und »Verschwörung zur Geldwäsche«. Auf 37 Seiten hat die Staatsanwaltschaft ihr Wissen über die illegale Arbeit von acht Männern und Frauen zusammengefasst. Das muss umfangreich sein, wenn es stimmt, dass die Bundespolizei FBI die Verdächtigen seit zehn Jahren überwacht, Wohnungen und Hotelzimmer verwanzt hatte sowie dabei war, wenn telefoniert wurde.

Eine zweite - 18-seitige - Anklage richtet sich gegen zwei weitere Spione. Ein elfter Spione ist nach Angaben des US-Justizministeriums auf der Flucht. Was oder wen die Elf wie ausgeforscht haben, erklärte das Ministerium nicht. Nur so viel: Die Verhafteten hätten sich teilweise seit den 1990er Jahren in den USA um Informanten und Informationen bemüht. Ihre Missionen seien »auf lange Sicht angelegt und extrem verdeckt« gewesen. Auch wie erfolgreich die Kundschafter waren, bleibt im Dunkeln. Man erfährt nur ein wenig über die Art der Nachrichtenübermittlung. Die geschah wohl oft von Laptop zu Laptop. Man übermittelte beispielsweise Daten als Mikropunkt in Bildern, verwendete aber auch - ganz klassisch - Kurzwellenradios, um mit Moskau verbunden zu bleiben.

Acht der Agenten lebten als Paare zusammen. Einige hatten Jobs in der der russischen Botschaft in Washington und bei militärischen Missionen. Das »Wall Street Journal« behauptet, dass einige aus dem Kreis gefälschte Geburtsurkunden aus Kanada oder Pennsylvania hatten. Eine der Frauen scheint bei der Zeitung »El Diaro« in New York gearbeitet zu haben und kommt angeblich aus Peru.

Den Akten zufolge trafen sich am Samstag zwei FBI-Agenten in New York und Washington mit zwei Verdächtigen. Die US-Agenten gaben sich als russische Geheimdienstler aus. Danach schlugen Fallen auch in den US-Staaten New Jersey, New York, Massachusetts und Virginia zu.

Rätselhaft ist der Vorwurf der Geldwäscherei. Der mag aber ganz praktisch sein. Spione mit fremder Staatsbürgerschaft können zu fünf Jahren Haft verurteilt werden und vorzeitig abgeschoben oder ausgetauscht werden. Für das Delikt Geldwäsche gilt ein Tarif bis zu 20 Jahren - austauschfrei.

Der Sprecher des russischen Außenministeriums Igor Liakin-Frolow sagte, die Meldungen würden geprüft. Der russische Auslandsgeheimdienst teilte wie erwartet mit: »Wir kommentieren diese Informationen nicht.«

* Aus: Neues Deutschland, 30. Juni 2010


Peruanische Journalistin im russischen Spionage-Ring

55-Jährige für ihre Berichterstattung nicht unumstritten **

Zu den in den USA festgenommenen mutmaßlichen Mitgliedern eines russischen Spionage-Rings zählt eine bekannte und nicht unumstrittene Journalistin aus Peru. Die 55-jährige Vicky Pelaez arbeitet in New York für die spanischsprachige Zeitung »La Prensa«. Ihre Arbeit fiel unter anderem durch ihre kritische Haltung gegenüber der US-Regierung auf.

In ihrer peruanischen Heimat hatte Pelaez sich einen Namen als Fernsehjournalistin gemacht, war wegen ihrer teilweise recht angriffslustigen Berichterstattung aber nicht unumstritten. 1985 brachte sie es mit einer Entführungsgeschichte auf die Titelseiten der Zeitungen, die sich später allerdings als falsch herausstellte. Nach eigener Darstellung war sie von der Revolutionären Bewegung Tupac Amaru (MRTA) verschleppt worden, als sie deren kommunistische Führer zu einem Interview treffen wollte. Ihr Sender trennte sich von ihr, nachdem der Betrug aufgeflogen war. Kurz nach der Affäre siedelte Palaez in die USA über.

Die Journalistin wurde am Montag in New York einem Richter vorgeführt und muss voraussichtlich mindestens bis zum 27. Juli in Haft bleiben. Nach US-Angaben waren am Sonntag insgesamt zehn mutmaßliche Spione in den Bundesstaaten New York, New Jersey, Massachusetts und Virginia festgenommen worden. Neun von ihnen wird demnach auch Geldwäsche zur Last gelegt. Ihnen drohen bis zu 25 Jahre Haft.

Die Bundespolizei FBI hatte die Verdächtigen mehr als zehn Jahre lang überwacht, sie in ihren Wohnungen und in Hotelzimmern abgehört, ihre Anrufe mitgeschnitten und ihre E-Mails gelesen. Am Dienstag wurde zudem in Zypern nach Angaben örtlicher Behörden ein elfter Spionageverdächtiger verhaftet.

** Aus: Neues Deutschland, 30. Juni 2010


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