Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Wenn ein Kriegsunternehmen einen Preis erhält...

Eine "Schmährede auf "Blackwater" und ein "Offener Brief" an den Konzernvorstand

Am 14. März 2009 fand in Berlin die Jahrestagung der Stiftung Ethecon statt. In deren Rahmen wurden zwei internationale Preise vergeben. Neben dem „Black Planet Award“ werden Menschen mit dem „Blue Planet Award“ geehrt, die sich herausragend für Rettung und Erhalt des Blauen Planeten einsetzen. Hierüber informieren wir >>> hier <<< .
Nachfolgend geht es um die Verleihung des Black Planet Award. Mit diesem jährlich verliehenen internationalen Preis schmäht die Stiftung ausgewählte Personen, die herausragend für den Ruin des Blauen Planeten verantwortlich sind. In diesem Jahr war der "Preisträger" die weltweit operierende Kriegsfirma Xe, besser bekannt unter ihrem vormaligen Namen "Blackwater". Wir dokumentieren die "Schmährede" von Peter Strutynski sowie einen offenen Brief der Stiftung Ethecon an den Konzernvorstand von "Blackwater".



Black Planet Award 2008: Eric Prince und Management von BLACKWATER:Konzern/USA

Eine Schmährede auf die private Militärfirma „Blackwater“

Von Peter Strutynski

Beitrag für die Tagung der ethecon Stiftung für Ethik & Ökonomie, 14. März 2009 in Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Preisträgerinnen und Preisträger!


ich habe die große Ehre, heute ein Unternehmen auszeichnen zu dürfen, dessen erfolgreiche Geschichte ebenso kurz wie märchenhaft ist. Die Firma, um die es hier geht, wurde vor erst 12 Jahren gegründet und hat es bis heute zum weltweiten Branchenprimus gebracht. Und das will etwas heißen, gibt es doch immerhin gut 1.000 Unternehmen dieser Sparte und viele von ihnen sind im besten Sinne transnational und operieren auf dem globalen Marktplatz.

Da diese Art Unternehmen in der Regel das Licht der Öffentlichkeit scheut, können wir den Erfolg unserer Firma nicht in einer Bilanz abbilden, keine Gewinn- und Verlustrechnung präsentieren. Wir müssen auf das zurückgreifen, was in den Medien über unsere und vergleichbare andere Firmen verbreitet wird. Und das dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein.

Die Rede ist also von der Firma Blackwater. Gegründet wurde das Unternehmen 1997 von dem Milliardärssohn Eric Prince. Das Firmenmotto lautet: „Train hard … or don’t train at all“ – also: Trainiere hart … oder lass es ganz bleiben”. Damit ist schon angedeutet, dass es sich nicht um eine normales Unternehmen handelt, und die Beschäftigten, die gesucht werden, müssen zur Elite gehören. Härte zeigen, sich durchbeißen können, zu den Besten gehören: Das sind die Eigenschaften, die gefragt sind.

Doch geworben wird hier nicht für ein Boxcamp und auch nicht für eine Eliteuniversität, sondern für eine private Militärfirma. PMCs - „Private Military Companies“ (oder „Contractors“) heißen solche Einrichtungen in den USA, bei uns spricht man etwas vornehmer von „Privaten Sicherheitsfirmen“. Blackwater betreibt drei Trainingszentren in den USA:
  • Moyock in North Carolina, ein Sumpfgebiet, dessen schlammiges dunkles Wasser den Firmengründer zu dem Namen „Blackwater“ inspiriert haben soll;
  • das Training Center Midwest in Mount Carroll im Bundesstaat Illinois; und
  • ein Schulungszentrum im südkalifornischen San Diego.
Hier wird den in den Trainingszentren gestählten Mitarbeitern das nötige geistige Mindestrüstzeug mitgegeben, das sie für ihre Einsätze brauchen. Verfassungskunde, Völkerrecht oder die Genfer Konventionen dürften nicht auf dem Lehrplan stehen. Eher schon Unterweisungen in Geografie, Waffenkunde, Logistik und Verhörmethoden.

Begonnen hatte Blackwater mit der Schusswaffen- und Sicherheitsausbildung für US-Streitkräfte und Strafverfolgungsbehörden noch in der Zeit der Clinton-Administration. Der clevere Erik Prince wollte einen Teil seines ererbten Vermögens in einem Geschäftsfeld anlegen, das zum größten Teil von der damals herrschenden Privatisierungswelle staatlicher Dienstleistungen profitierte. Nach dem 11. September 2001 explodierte dieser Markt. Blackwater erweiterte seine Produktpalette – und bot Söldner an. In einem Geheimvertrag mit dem CIA wurden Blackwater-Mitarbeiter für Missionen in der Grenzregion zwischen Afghanistan und Pakistan rekrutiert.

War dem Unternehmen bei der Gründung zugute gekommen, dass der Firmengründer Erik Prince seit seiner aktiven Dienstzeit in der US-Navy beste Kontakte zu Ausbildern und alten Kameraden hatte, so halfen jetzt seine Beziehungen zu Cofer Black, damals im CIA zuständig für die Terrorismusbekämpfung. In dieser Funktion war Black auch verantwortlich für die Kooperation mit Teilen der Nordallianz und für ein geheimes Auslieferungsprogramm des CIA, bei dem Gefangene illegal verschleppt und gefoltert wurden. Eben das qualifizierte Cofer Black offenbar für eine Spitzenposition im Management von Blackwater, dessen Nummer Zwei er später geworden ist.

In die Schlagzeilen geriet Blackwater erstmals Ende März 2004, als vier ihrer im irakischen Falludscha ermordet wurden. Deren Leichen wurden verbrannt, durch die Straßen geschleift und schließlich an einem Brückengeländer aufgehängt und zur Schau gestellt. Diese Bilder gingen um die Welt.

Zur Vorgeschichte gehört, dass eine Woche davor der palästinensische Hamas-Führer Scheich Ahmed Jassin bei einem gezielten israelischen Luftangriff getötet wurde. Jassin war einer der angesehensten sunnitischen Führer in der islamischen Welt. Eine Protestwelle ging damals durch den Nahen und Mittleren Osten. In Falludscha wurde ein Generalstreik ausgerufen. Und die Mörder der vier Blackwater-Mitarbeiter nannten sich „Scheich-Ahmed-Jassin-Brigade“. Sie rechtfertigten ihre Tat mit der Ermordung des Scheichs.

Was danach passierte, war den Medien hier zu Lande kaum noch eine Meldung wert. Als Vergeltung für den Tod der vier Blackwater-Söldner gab US-Präsident Bush den Befehl, Falludschah zu vernichten. Doch die Bewohner der Stadt setzten sich zur Wehr und vertrieben – allerdings nach einem sehr opferreichen Kampf – die US-Streitkräfte aus der Stadt.

Dem Unternehmen Blackwater hat das alles nicht geschadet. Im Gegenteil: Im Juni 2004 erhielt die Firma einen 300 Millionen schweren Regierungsauftrag zur Absicherung des US-Besatzungsregimes im Irak. Blackwater wurde zu einer Art Generalunternehmen zum Schutz der US-Diplomaten und anderer offizieller Stellen im Irak.

Lehrreich ist aber auch das juristische Nachspiel dieser Geschichte in den USA. Die Angehörigen der vier ermordeten Blackwater-Söldner klagen bei einem US-Bundesgericht gegen die Firma. Blackwater, so der Vorwurf, habe die Vier ohne ausreichende Ausrüstung und personell unterbesetzt nach Falludscha geschickt. – Die Klage hat wenig Aussicht auf Erfolg. Denn erstens hat Blackwater die renommiertesten Anwälte für sich mit dem Fall betraut. Und zweitens bestreitet das Unternehmen gar nicht seine Verantwortung für den Tod der vier Söldner, sondern es bestreitet grundsätzlich das Recht der Angehörigen auf eine Klage. Denn die Firma besitze in solchen Fällen eine ähnliche Immunität wie die US-Streitkräfte.

Diese Argumentation ist mehr als zynisch. Auf der einen Seite greift das Pentagon zur Unterstützung seiner kriege deshalb gern auf private Militärunternehmen zurück, weil sie – anders als reguläre Armeen – nicht dem Kriegsvölkerrecht verpflichtet sind. Auf der anderen Seite soll ihnen aber derselbe rechtliche Schutz vor Strafverfolgung gewährt werden, den reguläre Streitkräfte genießen.

Das Verfahren ist noch nicht entschieden. Ein anderes Verfahren wird wohl erst gar nicht stattfinden – jedenfalls nicht in den USA. Blackwater-Wachleute haben im September 2007 17 Iraker erschossen – 14 von ihnen völlig grundlos, wie sogar eine Untersuchung des FBI später ergab. Die Blackwater-Männer sollten einen Diplomatenkonvoi schützen und haben mitten in einem Bagdader Wohnviertel ohne erkennbaren Grund das Feuer eröffnet und wahllos auf herumstehende Zivilisten geschossen. Der Untersuchungsbericht schloss die Version der Söldner aus, die behaupteten, sie hätten auf einen „Angriff“ reagieren müssen. Eher war es ein Amoklauf als ein Akt von Selbstverteidigung.

Immerhin: Das Massaker hatte so viel Aufsehen erregt, dass sogar im US-Repräsentantenhaus ein Hearing über die Tätigkeit der privaten Militärfirma stattfand. Juristisch allerdings wird sich wenig bewegen. Paul Bremer, der damalige Chef der US-Besatzungsverwaltung im Irak, hatte im Juni 2004, also kurz vor der formalen Übertragung der Souveränitätsrechte an die irakische Regierung, einen folgenschweren Befehl erlassen, die „Order 17“. Mit dieser Order verfügte Bremer die Unantastbarkeit der ausländischen Firmen durch die irakische Justiz. Da diese „Order 17“ rechtswirksam war, droht den Amokschützen weder in den USA noch im Irak eine Verurteilung.

Immerhin hat die irakische Regierung vor zwei Monaten angekündigt, sie werde die Lizenz für Blackwater – sie läuft im Mai d.J. aus – nicht mehr erneuern. Und nachdem der Ruf der Firma in der Öffentlichkeit so schwer gelitten hat, wird die neue US-Administration in diesem Fall ihren Einfluss in Bagdad wohl nicht geltend machen, um diese Entscheidung der irakischen Regierung rückgängig zu machen.

Es sind ja noch genug andere private Militärfirmen im Land, die den Job von Blackwater erledigen können. 170 private »Sicherheitsfirmen« sollen nach Auskunft des US-amerikanischen Journalisten und Buchautors Jeremy Scahill (Blackwater. Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt“, Kunstmann Verlag) in Irak aktiv sein. Ihre auf 180.000 Personen geschätzte Einsatzstärke übersteigt die der staatlichen Truppen (157.000 US-Militärs, ca. 8.000 Soldaten anderer Nationen). Die „Coalition of the Billing“ (Koalition der Rechnungssteller) ist damit wichtiger als die der „Coalition of the Willing“.

Ich möchte nur einige von ihnen nennen:
  • US-Unternehmen MPRI (Military Professional Resources Inc.) ist so eine Art ausgelagerte Abteilung des Pentagon. MPRI, dessen Vorstand sich aus der Crème de la Crème des US-Generalstabs i.R. zusammensetzt, war in den vergangenen Jahren an fast allen großen Projekten der US-Regierung beteiligt. 1994 stellte MPRI (mit Zustimmung der Clinton-Administration) sein Wissen der kroatischen Militärführung zur Verfügung und beteiligte sich an der Planung zur Vertreibung von mehr als 150.000 Serben aus der Region Krajina. Heute ist MPRI unter Leitung von General William F. Kernan, einem langjährigen Experten der Spezialkriegsführung und Aufstandsbekämpfung u. a. im Irak und in Kuwait tätig.
  • Das britische Unternehmen Defence Systems Limited, das bereits 1981 gegründet wurde und in Kolumbien in den Aufbau paramilitärischer Netzwerke im Umfeld von Ölförderanlagen verwickelt war, ging 1997 in der börsennotierten ArmorGroup auf, die heute mit 500 Gurkha-Kämpfern im Irak präsent ist. Dabei arbeitet ArmorGroup eng mit Kellogg, Brown and Root zusammen, einer Firma, die zum Halliburton-Konzern gehört. In den USA wurde Halliburton, das sich auf so unterschiedlichen Geschäftsfeldern wie Öl, Informationstechnik, Infrastruktur- und Militärdienstleistungen tummelt, berühmt, weil das Unternehmen dem ehemaligen US-Vizepräsidenten Dick Cheney jahrelang beträchtliche Honorare auszahlte und gleichzeitig bestens dotierte Regierungsaufträge erhielt.
  • Der US-amerikanische High-Tech- und Sicherheitskonzern DynCorp betreut die Computersysteme US-amerikanischer Behörden, ist im Auftrag Washingtons am Aufbau der irakischen Polizei beteiligt, beschützt den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai und fliegt in Kolumbien Herbizideinsätze gegen Kleinbauern und Kokapflanzen. Fast der gesamte Firmenertrag von zwei Milliarden Dollar stammt aus Töpfen der US-Regierung. Dafür stellt DynCorp einen internationalen Pool von 50.000 Mitarbeitern zur Verfügung, die bereit sind, geopolitische Interessen der USA global zu verteidigen.
Als im April 2004 der Folterskandal von Abu Ghraib bekannt wurde, empörte sich die internationale Öffentlichkeit in erster Linie über das Verhalten der US-Soldaten. Kaum wahrgenommen wurde hingegen die Tatsache, dass die Verhöre in Abu Ghraib von Spezialisten der "Sicherheitsfirmen" CACI International und Titan Corporation angeleitet worden sein sollen. Die Hälfte der 30 "Verhörexperten" in Abu Ghraib wurde von Privatfirmen gestellt.

Hierin besteht die eigentliche Bedeutung von PMCs. Private Militärfirmen können Todesschwadronen ausbilden, rechtsextreme Armeen wie einst die libanesische Falange mit Nachschub versorgen und sogar foltern. Wenn es zu Skandalen kommt, wird der Vertrag mit dem Unternehmen gekündigt. Größere politische Folgen sind nicht zu erwarten.

Zumal die privaten Militärfirmen meistens eng mit der Politik verflochten sind. Auch hierzu noch zwei Beispiele:

Die Science Applications International Company (SAIC): Ein Technologiekonzern, der aber auch im Söldnerbereich tätig ist. Im Aufsichtsrat sitzen mit William Perry und Melvin Laird zwei ehemalige Verteidigungsminister der USA und mit John Deutch und Robert Gates zwei ehemalige CIA-Chefs. Letzterer war auch Verteidigungsminister unter George W. Bush und bekleidet dieses Amt pikanterweise auch unter seinem Nachfolger Barack Obama.

Die Vinnell Corporation mit Sitz im US-Bundesstaat Virginia wird kontrolliert vom weltweit operierenden, quasi monopolistischen Weizenkonzern Carlyle. Die Vinnell Corporation arbeitet vorwiegend im Nahen Osten, beispielsweise bei der Ausbildung und Ausrüstung saudi-arabischer Sicherheitskräfte. Die Vorsitzenden der Firma heißen Frank Carlucci und James Baker. „Carlucci“ – das klingt ein bisschen nach Mafia-Boss. In Wahrheit war Carlucci früher – genauso wie Baker – US-Verteidigungsminister. Verlangen Sie aber jetzt bitte von mir keine Erklärung, worin der Unterschied zwischen dem organisierten Verbrechen und der Organisation verbrecherischer Kriege liegt.

Verbrecherische Kriege (und jeder Krieg, der nicht ausschließlich der Verteidigung gegen eine Aggression dient, ist ein Verbrechen!) haben nach dem Ende der Blockkonfrontation stark zugenommen. Im Gefolge der neoliberalen Globalisierung verarmten nicht nur große Teile der Gesellschaften in der Dritten und der früheren sog. Zweiten Welt, sondern es wurden auch ganze Staaten in den Ruin getrieben – bis zur völligen Auflösung von Staatlichkeit. Vom Verlus des staatlichen Gewaltmonopols profitieren private Sicherheits-Dienstleister. Sie werden angeheuert zum Personen- oder Objektschutz
  • von korrupten Regimen, die sich auf ihre eigenen Streitkräfte nicht mehr verlassen können,
  • von nicht weniger korrupten Rebellenorganisationen, die mit der herrschenden Clique um die Verteilung öffentlicher Güter und um den Zugang zu lukrativen Rohstoffquellen (z.B. Diamanten, Öl) konkurrieren,
  • von internationalen Konzernen, die ebenfalls ein Auge auf diese Rohstoffe geworfen haben, und schließlich
  • von Regierungen der Ersten Welt, die an einer zumindest partiellen Stabilisierung von rohstoffreichen oder aus geostrategischen Gründen wichtigen Regionen interessiert sind.
Mit anderen Worten:
Private Militär- und Sicherheitsfirmen bieten heutzutage eine krisensichere Anlage - nicht unbedingt für die Beschäftigten, wohl aber für die Vorstände und Aktionäre. Denn: Je größer die ökonomische Krise, je größer das Elend in der Welt, desto besser die Renditeerwartungen der Militärfirmen.

Für sie trifft in ganz besonderer Weise zu, was vor gut 150 Jahren Karl Marx in einem der berühmtesten Bücher aller Zeiten, dem „Kapital“, schrieb. Er zitiert einen damaligen englischen Gewerkschaftsführer mit folgenden Worten: „Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens.“

An den guten Aussichten von Blackwater ändert auch die Ankündigung der irakischen Regierung nichts, künftig auf dessen Dienste verzichten zu wollen. Mit der Verstärkung des US-Engagements in Afghanistan erschließt sich dort auch für Blackwater ein erweiterter Markt.

Ein bisschen Kosmetik muss aber schon sein. Wegen des großen Imageverlusts hat sich vor wenigen Tagen Blackwater einen neuen Namen gegeben. Künftig wird der Konzern "Xe" (ausgesprochen Sii) heißen. Das Blackwater Lodge & Training Center, die für die meisten Auslandseinsätze und die Ausbildung zuständige "Tochter", heißt künftig U.S. Training Center Inc. Und nach Aussage der Blackwater-, pardon: Xe-Sprecherin Anne Tyrell ändere sich auch das „Profil“ des Unternehmens. Im Vordergrund stünde nun die Ausbildung von Polizisten und Spezialkräften. So verlagert sich also das Kerngeschäft des Unternehmens: Nicht mehr Mord und Totaschlag, sondern Ausbildung zu Mördern und Totschlägern. Der Unternehmenszweck bleibt natürlich derselbe: Profitmaximierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Liebe Freundinnen und Frende!


Ich habe mich bemüht, die von mir verlangte „Schmährede“ auf den Anwärter des Black Planet Award emotionsfrei und sachlich vorzutragen. Kommt doch die ganze Schmach dieses privaten Kriegsunternehmens durch die schlichte Darstellung der Fakten hinlänglich zum Ausdruck.

Einen Anflug von Gefühlsausbruch erlaube ich mir aber zum Schluss doch. Ich weiß nicht, was die ethecon Stiftung für den Black Planet Award ausgelobt hat – ein Preisgeld wird es ja wohl nicht sein! Wie wäre es, wenn wir – sozusagen im Geiste des Schuhwerfers von Bagdad – für den Vorstand von Blackwater-Xe ein paar abgetragene Schuhe bereit hielten. Ich weiß, er hätte mehr verdient – aber dazu reicht unser Einfluss leider noch nicht.

Zitierte Quellen und Literatur
  • Website von “Blackwater”: http://www.blackwaterusa.com/
  • Raul Zelik: Kriegs-Firmen: Boom-Branche Krieg. In: Südwind Magazin, 3/2008; www.uni-kassel.de
  • Werner Ruf: Zur Privatisierung von Gewalt. In: Ralph-M. Luedtke, Peter Strutynski (Hrsg.): Pazifismus, Politik und Widerstand. Analysen und Strategien der Friedensbewegung, Jenior Verlag: Kassel 1999, S. 16-26; www.uni-kassel.de
  • Jeremy Scahill: Blackwater. Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt; Verlag Antje Kunstmann; München 2008
  • Herbert Wulf: „Rent-a-Soldier“. Die Privatisierung des Militärs. In: Wissenschaft & Frieden 2/2003; www.uni-kassel.de
  • Dietmar Ostermann: Söldner stellen sich um. In: Frankfurter Rundschau, 11. März 2009
  • Olaf Standke: Schmutzige Geschäfte im Zweistromland. In: Neues Deutschland, 15. November 2007; www.uni-kassel.de
  • Sebastian Gerhardt: Krieg ist ihr Beruf. In: junge Welt, 4. Oktober 2007; www.uni-kassel.de



XE (früher BLACKWATER)
Erik Prince und die
verantwortlichen Manager
850 Puddin Ridge Rd.
Moyock, NC 27958
USA

8. April 2009

Offener Brief an
Erik Prince, Gary Jackson, Cofer Black,
Chris Taylor, Robert Richter, Brian Bonfiglio
und die weiteren verantwortlichen Manager
des XE-Konzerns (früher BLACKWATER)

Sehr geehrter Herr Prince,
sehr geehrter Herr Jackson,
sehr geehrte Damen und Herren des Managements,


am 14. März 2009 wurde in Berlin im Rahmen einer öffentlichen Tagung unserer Stiftung der von uns ausgeschriebene internationale Schmähpreis „Black Planet Award “ des Jahres 2008 vergeben. Er ging an Sie, das verantwortliche Management Ihres Konzerns.

Unsere Stiftung stützte sich bei ihrer Entscheidung auf die seit Jahren in der internationalen Öffentlichkeit bekannten Fakten, auf die von Friedens- und Menschenrechtsgruppen in aller Welt zusammengetragenen Informationen, auf öffentlich vorliegende Dokumente und nicht zuletzt auf die von Ihrem Konzern veröffentlichten Materialien.

Zusammengefasst begründet „ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ ihre Entscheidung wie folgt:

In der ebenso aggressiven wie menschenverachtenden Unter¬nehmensstrategie Ihres Konzerns werden die kapitalbasierte Macht globaler Unternehmen und die damit verbundenen ökologischen und sozialökonomischen Folgen besonders deutlich. Ihr XE-/BLACKWATER Konzern ist die wohl perverseste Variante des auf Ausbeutung von Mensch und Umwelt basierenden Profitsystems.

Als weltweit führendes Killer-Unternehmen mit Hauptsitz in Moyock/ USA sind Ihre Söldner überall auf der Welt im Einsatz. Dabei werden sowohl Menschenrechte und ethische Abkommen mit Füßen getreten, als auch soziale Gefüge geschädigt und die Ökologie im großen Stil ruiniert. Es wird auch gefoltert und getötet.

Vorfälle in verschiedenen Teilen der Welt machen die Unmoral Ihres Unternehmens deutlich. Immer wieder gerät XE (früher BLACKWATER) deshalb in Konflikt mit Organisationen, die sich gegen Krieg und Ausbeutung, Umweltzerstörung und Zerstörung sozialer und demokratischer Strukturen wehren. Obwohl Ihre Organisation und Ihr Personal nahezu totalen Schutz vor juristischer Verfolgung genießen, mussten Sie, Herr Prince, sich dennoch bereits vor Gericht verantworten.

1997 von Ihnen, Herr Prince, gegründet, gehört XE / BLACKWATER zu den größten der privaten Killer- und Kriegsunternehmen der Welt. Untergliedert in 10 Abteilungen (woran sich im Rahmen der Umstrukturierung von BLACKWATER zu XE durchaus Änderungen ergeben haben können), waren im Jahr 2006 bereits rund 23.000 Privatsoldaten in neun Ländern für Ihren Konzern im Einsatz. Ihr Unternehmen unterhält versteckte Kontaktbüros in aller Welt, um Aufträge mit den Regierungen zu arrangieren. Im Irak haben Sie ab 2003 mitkämpfen lassen. Dort gehören Ihre Söldner zu den ca. 180.000 Angestellten von Militärfirmen, die dort „arbeiten“. Auch in die umkämpfte Darfur-Region im Sudan haben Sie Ihre Kämpfer entsandt und aktuell planen Sie Einsätze vor der Küste Somalias.

In den letzten drei Jahren wuchs Ihr Unternehmen jeweils um 300 Prozent. Seit dem 11. September 2001 blüht Ihr Geschäft. Sie werben Soldaten aus regulären Armeen ab, wobei Sie gerne die Militärs ehemaliger faschistischer Diktaturen wie der chilenischen oder auch des südafrikanischen Apartheid-Regimes nehmen. Sie "sind sehr professionell und passen gut in unser System", kommentieren Sie wörtlich, Herr Jackson.

Selbst die NATO ist für Sie eine Konkurrenz, die Sie gerne aus dem Markt drängen würden. Sie Herr Black, sagten: »Wir haben das Potenzial, Sicherheitsoperationen für einen Bruchteil der Kosten einer Nato-Operation durchzuführen.«

Inzwischen ist auch der Zivilbereich Ihr Kampffeld. Nach dem Hurrikan Katrina waren Ihre Leute in New Orleans im Einsatz. Ihr Unternehmen trainiert Hunde für Drogen, Sprengstoff etc. Sie, Herr Prince meinen: »Ich habe den Film „Rwanda Hotel“ gesehen, und mir ist schlecht geworden. Und ich frage: Warum haben wir das zugelassen? Wir können beim nächsten Mal etwas machen, und zwar ohne große US-Intervention. Wir können eine multinationale Brigade stellen, die aus Professionellen besteht!« Entsprechend drängen Sie neuerdings auf UN-Missionen.

Da Ihre Aktivitäten mehr und mehr in die Kritik geraten, versuchen Sie „war-washing“, indem Sie in irreführender Weise den Interessenverband der privaten Killer- und Kriegsfirmen „International Peace Operations Association“ (IPOA) nennen und das Logo mit einem niedlichen schlafenden Löwen assoziativ an die Disney-Figuren aus "Der König der Löwen" anlehnen. Mit einer professionellen Imagekampagne versuchen Sie das rauhbeinige Söldner-Image von BLACKWATER abzulegen und sich von einer schießwütigen Desperado-Truppe zu einer Organisation zu wandeln, die "Stabilität fördern und Frieden sichern" will - auch und gerade bei humanitären Einsätzen. Wiederholt bot sich XE/BLACKWATER für die Aufstellung einer schnellen Eingreiftruppe in Darfur und anderen Krisenregionen der Welt an. Auf der Tagung "Militärdienstleister auf dem Schlachtfeld: Zur Zukunft der Verteidigungs¬industrie" hielten Sie, Herr Black, im Sommer 2007 ein Referat, in dem Sie in zynisch-verlogener Weise erklärten: "Wir müssen Moral, Ethik und Integrität in den Mittelpunkt rücken. Darauf kommt es an. Wir sind keine Scharlatane. Wir sind keine Betrüger. Wir glauben an diese Werte. Wir haben ethische Prinzipien. Und deshalb werden wir immer weiter wachsen" (nach: Scahill 2008: 300). Höhepunkt Ihres war-washings ist, dass Sie den nach dem unter irakischen Zivilisten angerichteten Massaker mit Blut getränkten Firmennamen BLACKWATER zu tilgen suchen und in XE umfirmieren.In der Hoffnung, Ihre Verbrechen damit vergessen zu machen.

Rund 40.000 Personen durchlaufen jährlich auf Ihrem Trainingsgelände, das zu den größten der Welt zählt, die XE/BLACKWATER-Ausbildung für ausländische Militärangehörige und Privatpersonen. Auch Polizisten aus Deutschland, die sich auf Auslandseinsätze vorbereiten, und grie¬chische Sicherheitskräfte für die Olympischen Spiele in Athen (2004) befanden bzw. befinden sich darunter. Aber auch aserbaidschanische Kommandoeinheiten und Personal des afghanischen Innenministeriums.

Sie verkaufen und betreiben selbst entwickelte Ausrüstung für Schießplätze sowie selbst entwickelte gepanzerte Fahrzeuge. Sie verfügen über eine Luftflotte, eigene Start- und Landebahnen und entwickeln ein eigenes ferngesteuertes Überwachungsluftschiff. Ihr Unternehmen, das mit der US-Regierung durch teilweise geheime Verträge über viele Hundert Millionen Dollar verbunden ist, gilt Bewunderern wie Kritikern als eine Art "Prätorianergarde der Regierung im Krieg gegen den Terror" (Scahill 2008: 269). XE/BLACKWATER, das über 90% seiner Einnahmen durch Staatsaufträge erzielt, stellte u.a. die Leibwächter der amerikanischen Zivilgouverneure im besetzten Irak, sicherte den Zugang zum Flughafen und erfüllt in Afghanistan und in Anrainerstaaten geheime Missionen.

Mehrere Massaker an unbewaffneten Zivilisten in besetzten Gebieten, gescheiterte Operationen und die von XE/BLACKWATER nie kommentierte, aber immer besser belegte Kooperation mit geheimen Verschleppungsaktionen der CIA, ließen seit 2004 die Frage der rechtlichen Verantwortlichkeit von XE/BLACKWATER-Beschäftigten, der (un-)gewollten politischen Folgen ihres Auftretens sowie Ihrer Geschäftspraktiken nicht mehr verstummen und beschäftigte den US-Kongress, die Gerichte und die weltweite Öffentlichkeit.

Private Kriegsdienstleister wie Ihr Unternehmen ermöglicht es Regierungen wie Privatleuten, nach Belieben Invasionen, verdeckte Operationen, Okkupationen und Staatsstreiche anzuordnen. Todesfälle bei Einsätzen rufen keine öffentliche Empörung hervor. Die Bevölkerung sieht sich nicht so tangiert wie bei regulären militärischen Operationen etwa mit Wehrpflichtigen. Das sind Chancen für diejenigen, die das Geld und das Interesse haben, sich solcher Hilfen zu bedienen. Aber es ist zugleich die Zerstörung der menschlichen Sicherheit, des Friedens und der Menschenrechte. Der Krieg, der mit Hilfe vor allem Ihres Unternehmens - ohne Einhaltung des internationalen Rechts - geführt wird, führt zur Vermischung von Militär und Zivil, von Kombattanten und Nichtkombattanten. Die Konsequenz ist die noch größere Verwilderung der Bestie Krieg.

Ihr Unternehmen steht über dem Gesetz, ist der Kontrolle des Parlaments entzogen und höhlt das Gewaltmonopol des Staates aus. Sie sind eine Gefahr für die Demokratie.

Sie, Herr Prince, sind zudem ein religiöser fundamentalistischer Fanatiker, der u.a. im Vorstand der christlichen Hetz-Organisation „Christian Freedom International“ sitzt, die extrem militant auftritt und rücksichtslos missioniert. Sie legen die Lunte für religiös motivierte Kriege und Gräuel. Sie vertreten rassistische Standpunkte und unterminieren das friedliche Zusammenleben der Menschen unter¬schiedlicher Religionen, Kulturen und Weltanschauungen. Ihre Familie, Herr Prince, gehört zu den Schattendynastien, jenen wirtschaftlich mächtigen Familienclans, die im Hintergrund die Fäden ziehen. Immer wieder spenden Sie große Summen für christlich-fundamentalistische Vereinigungen und extrem konservative Politiker. Sie gehören zu den "Theokonservativen", die radikalen, christlichen Glauben, wirtschaftsliberales Denken mit den außenpolitischen Zielen der Neocons vermengen.

Für diese herausragende Leistung destruktiver Ethik stellt „ethecon - Stiftung Ethik & Ökonomie“ Sie Herr Prince, Herr Jackson, Herr Black, Herr Taylor, Herr Bonfiglio, Herr Richter, Herr Bertelli und alle weiteren verantwortlichen Management von XE/BLACKWATER mit dem „Black Planet Award 2008“ an den internationalen Pranger. Sie stellen nicht nur eine Gefahr für den Frieden und die Menschenrechte dar, sondern auch für die Demokratie und die Menschheit insgesamt. Sie als verantwortliche Kapitalbesitzer und Manager betreiben in heraus¬ragend erschreckender Weise den Ruin unseres Blauen Planeten. Aus purer Profitgier und ideologisch erschreckend gefährlicher Verblen¬dung.

Sie stehen in einer zunehmend auf den Profit als einzigem Kriterium jeglicher Entscheidung und Entwicklung ausgerichteten Welt als wenige Mächtige der Masse der Menschheit und der Umwelt gegenüber und diktieren deren Lebens- und Existenzbedingungen. Selbstherrlich und zunehmend keinerlei Gesetzen und Gerichtsbarkeit unterworfen agieren Sie in maßloser Profitgier einzig zum Vorteil der persönlichen Bereicherung. Sie treten Moral und Ethik mit Füßen und nehmen den Untergang des Planeten als „Schwarzer Planet“ in Kauf. Sie zeigen das, was gemeinhin Rücksichtslosigkeit und Egoismus genannt wird. Sie sind diejenigen, die das empfindliche Pflänzchen menschlicher Ethik mißachten und schänden.

Auch soll nicht unerwähnt bleiben, dass der mit dem „Black Planet Award 2008“ an Sie, die Verantwortlichen des XE-/BLACKWATER-Konzerns, verbunden ist mit dem „Blue Planet Award 2008“ an den Träger des Alternativen Nobelpreises José Abreu und den Präsidenten der Boliva¬rischen Republik Venezuela Hugo Chávez. Im Gegensatz zu Ihnen, die Sie unseren Blauen Planeten in verantwortungsloser Weise gefährden und ruinieren, setzen sich Herr Abreu und Herr Chávez mit ihrem Projekt „Sistema“ in herausragender Weise für Erhalt und Rettung unseres Blauen Planeten ein.

Wir fordern Sie auf, nehmen Sie sich für Ihr persönliches Engagement ein Beispiel an Menschen wie José Abreu und Hugo Chávez. Beenden Sie Krieg, Ausbeutung und Ruin von Mensch und Umwelt durch den XE-/BLACK-WATER-Konzern. Stellen Sie soziale Gerechtigkeit und die Menschenrechte im Unternehmen selbst und im Umfeld sicher. Bewahren Sie die Ökologie und Frieden. Nutzen Sie Ihr Geld statt zur Profit-Jagd für ethische Investments und Solidar-Projekte, wie es z.B. auch unmißverständlich und gemeinsam alle christlichen Kirchen der Welt in dem unbefristeten ökumenischen „verbindlichen Prozess des Erkennens, Lernens und Bekennens (processus confessionis) / Wirtschaft(en) im Dienst des Lebens /“ fordern.

Dies der mit dem „Black Planet Award 2008“ verbundene Appell von „ethecon - Stiftung Ethik & Ökonomie“ an Sie, die Besitzer und verantwortlichen Manager des XE-/BLACKWATER-Konzerns.

Mit freundlichen Grüßen
Axel Köhler-Schnura (Vorsitzender des Vorstands)
Elke von der Beeck (Vorsitzende des Kuratoriums)




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