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Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr an UNO und Kofi Annan

Die Erklärung des Nobelpreiskomitees im Wortlaut

Am 12. Oktober gab das Nobelkomitee in Oslo bekannt, dass der diesjährige Friedesnobelpreis zu gleichen Teilen an die Vereinten Nationen und an deren Generalsekretär Kofi Annan vergeben wird. Kofi Annan steht seit 1997 an der Spitze der Weltorganisation. Er löste damals seinen Vorgänger Butros-Ghali ab, der nach nur einer Wahlperiode nicht wieder als Kandidat aufgestellt wurde, weil er bei der US-Regierung in Ungnade gefallen war. Kofi Annan erwies sich in den vergangenen Jahren (er wurde in diesem Jahr wiedergewählt) als wendiger Politiker, der zumindest rhetorisch den Spagat zwischen den Ansprüchen der Dritte-Welt-Länder und den Erwartungen der Industrieländer mit den USA an der Spitze erfüllte. Kritik an US-Militäraktionen oder anderen völkerrechtswidrigen Kriegen (z.B. NATO-Krieg gegen Jugoslawien) war von ihm kaum zu hören. Die Stärkung der UNO stellt er sich vor allem in militärischer Hinsicht vor: Der von ihm in Auftrag gegebene Brahimi-Report empfahl robustere UN-Militärmissionen. So zweifelhaft eine solche Strategie auch sein mag, den USA und anderen NATO-Staaten schmeckt das auch nicht so richtig, denn in Sachen Militär und Intervention verlässt man sich schon lieber auf sich selbst als auf die UNO. Nicht umsonst waren viele Aktionen der NATO (zuletzt die Makedonien-Mission) darauf abgestellt, die Vereinten Nationen möglichst herauszuhalten und damit zu schwächen und stattdessen die NATO als eigentliche Weltordnungskraft in Szene zu setzen. Pierre Simonitsch von der Frankfurter Rundschau vermutet denn auch einen "Hintergedanken", den die Mitglieder des Nobelkomitees mit der Presiverleihung an UNO und Kofi Annan verfolgten: "Es ging ihnen wohl darum, die Weltorganisation in einem Augenblick aufzuwerten, da ihr die Großmächte und die Nato zunehmend die Rolle der Friedenserhaltung streitig machen." (FR, 13.10.2001, Leitartikel "Ehrung mit Hintergedanken".) Das Vertrackte an der Situation ist nur, dass es der NATO gar nicht um "Friedenserhaltung" geht, und dass die UNO unter Kofi Annans Führung gefährlich ins Fahrwasser der NATO und der Großmächte geraten ist.
Pst

Offizielle Begründung für die Vergabe des Nobelpreises an die Vereinten Nationen (UN) und ihren Generalsekretär Kofi Annan
"Das norwegische Nobelkomitee hat entschieden, den Friedensnobelpreis in zwei gleichen Teilen an die Vereinten Nationen (UN) und ihren Generalsekretär Kofi Annan für ihre Arbeit für eine besser organisierte und friedlichere Welt zu vergeben.

Über hundert Jahre hat sich das Norwegische Nobelkomitee um die Stärkung organisierter Zusammenarbeit zwischen Staaten bemüht. Das Ende des Kalten Krieges hat es schließlich den UN ermöglicht, die Rolle, die ihr ursprünglich zugedacht war, vollgültiger zu erfüllen.

Heute ist die Organisation in vorderster Front bei den Bemühungen um Frieden und Sicherheit auf der Welt sowie bei der internationalen Mobilisierung mit dem Ziel, den globalen wirtschaftlichen, sozialen und umweltmäßigen Herausforderungen zu begegnen.

Kofi Annan hat fast sein gesamtes Arbeitsleben den UN gewidmet. Als Generalsekretär hat er Herausragendes zur Wiederbelebung der Organisation geleistet. Er unterstrich deutlich die traditionelle Verantwortung der UN für Frieden und Sicherheit, hob aber gleichzeitig auch deren Verpflichtung mit Blick auf Menschenrechte hervor. Er hat sie neue Herausforderungen wie HIV/Aids und den internationalen Terrorismus annehmen lassen und für eine effektivere Nutzung ihrer bescheidenen Mittel gesorgt. In einer Organisation, die wenig mehr sein kann, als ihre Mitglieder zulassen, hat er klar gemacht, dass Souveränität kein Schutzschild sein kann, hinter dem Mitgliedsstaaten ihre Rechtsbrüche verbergen. Die UN haben in ihrer Geschichte viele Erfolge erreicht und viele Rückschläge erlitten. Durch diesen ersten Friedensnobelpreis an die Vereinten Nationen als Ganzes wünscht das Norwegische Nobelkomitee im Jahr seines 100. Jubiläums öffentlich kund zu tun, dass der einzig begehbare Weg zu globalem Frieden und Zusammenarbeit der über die Vereinten Nationen ist."

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