Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Alternativer Nobelpreis 2005 an "Pioniere der Gerechtigkeit, fairen Handels und kultureller Erneuerung" / 2005 Right Livelihood Awards honour "pioneers for justice, fair trade and cultural renewal"

Franscisco Toledo (Mexico), Maude Barlow and Tony Clarke (Canada), Irene Fernandez (Malaysia), organization "First People of the Kalahari" an its founder Roy Sesana (Botswana)

Am 29. September 2005 gab der Gründer des "Alternativen Nobelpreises", Jakob von Uexkull, die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger bekannt. Die Preisverleihung selbst wird am 9. Dezember 2005 im Schwedischen Parlament stattfinden.
Die Jury wählte die Preisträger aus 77 Kandidaten aus 39 Ländern aus. Vier Nominierungen kamen aus Afrika, vier aus der arabischen Welt, 20 aus Asien, 26 aus Europa, zwölf aus Lateinamerika und zehn aus Nordamerika.
Im Folgenden

  • informieren wir über die Preisträger,
  • dokumentieren wir ein Interview mit Jakob von Uexkull anlässlich des 25-jährigen Bestehens des "Alternativen Nobelpreises" (deutsch und englisch), und
  • geben einen Hintergrundbericht über Anliegen und Leistung der Stiftung.
Founded in 1980 the Right Livelihood awards are presented annually in the Swedish Parliament and are often referred to as “Alternative Nobel Prizes”. They were introduced “to honour and support those offering practical and exemplary answers to the most urgent challenges facing us today”.
Jakob von Uexkull, a Swedish-German philatelic expert, sold his valuable postage stamps to provide the original endowment. Alfred Nobel wanted to honour those whose work “brought the greatest benefit to humanity”. Von Uexkull felt that the Nobel prizes today ignore much work and knowledge vital for our world and future.
A press conference with the recipients will be held in Stockholm on Wednesday, December 7th. The award presentation ceremony in the Swedish Parliament will be held on December 9th.
There were 77 candidates from 39 countries on the confidential list of nominations this year: 4 from Africa, 4 from the Arab world, 20 from Asia, 1 from Australia, 26 from Europe, 12 from Latin America and 10 from North America.



"Everybody in the world can nominate anyone for a Right Livelihood Award. This open nomination process shows us every year what people world-wide perceive as the most urgent problems. And it allows us each year to honour some of those pioneers who provide practical and innovative solutions to new global challenges. The award recipients are always distinctive and different from previous years, but over time their collective work amounts to an affirmation of hope in the human future, despite overwhelming present problems and challenges."
Jakob von Uexkull

Die Preisträger 2005:

Der mit umgerechnet 220.000 Euro dotierte Alternative Nobelpreis der schwedischen "Right Livelihood Award"-Stiftung geht dieses Jahr an Kanada, Malaysia und Botswana, eine Anerkennung an Mexiko.
  • Ehrenpreisträger ist einer der größten lebenden Künstler Mexikos: Franscisco Toledo. Er wird für sein Engagement für die Menschen in seiner Heimat Oxaca geehrt.
  • Die kanadischen Bürgerrechtler Maude Barlow und Tony Clarke. Ihr Buch "Blaues Gold", eine detaillierte Fundamentalkritik der Wasserprivatisierung, ist in 40 Ländern erschienen und gehört zum globalisierungskritischen Basiskanon.
    Barlow und Clarke, die seit den 80er Jahren zusammenarbeiten, sind aber nicht auf das Wasserthema fixiert. Die Frauenrechtlerin Barlow beriet den liberalen Premier Pierre Trudeau, bevor sie als Basisaktivistin und Buchautorin Karriere machte. Clarke betätigte sich lange Jahre als Sozialreferent der kanadischen Bischofskonferenz. Als Gründer des Polaris Institute hat er sich vorgenommen, "die Macht der Großfirmen zu entlarven, die hinter den Regierungen steckt".
    Zusammen mit GewerkschafterInnen setzten sie sich gegen die neoliberale Freihandelsagenda ein. An den erfolgreichen Protesten gegen das Multilaterale Investitionsabkommen oder die Treffen der Welthandelsorganisation in Seattle 1999 und Cancún 2003 beteiligten sie sich ebenso wie an Kampagnen gegen Wasser-Multis in Bolivien oder Uruguay, Ghana oder Indien. (Der Standard, 30.09.2005)
  • Irene Fernandez (Malaysia) für ihren Kampf gegen Gewalt gegen Frauen sowie für ihr Eintreten gegen den Missbrauch von Zuwanderern und armen Arbeitern.
    Irene Fernandez ist zur Zeit nur gegen Kaution auf freiem Fuß, nachdem Malaysias Justiz sie schon vor neun Jahren wegen der "böswilligen Verbreitung falscher Gerüchte" belangte. Da hatte sie sich gegen die Ausbeutung ausländischer Arbeiter eingesetzt, die zunächst zum wirtschaftlichen Aufschwung Malaysias beitrugen, dann aber als unerwünscht unter elenden Bedingungen in Abschiebelagern festgehalten wurden. 2003 wurde Fernandez zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, das Berufungsverfahren ist anhängig. Die 59-Jährige ist eine Menschenrechts-Veteranin, die sich ungeachtet aller Verfolgung um die Organisierung von Textilarbeiterinnen ebenso verdient machte wie für den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen oder die Hilfe für HIV-positive Prostituierte. (Frankfurter Rundschau, 30.09.2005)
  • Die Menschenrechtsorganisation afrikanischer Buschleute "First People of the Kalahari" und ihr derzeit inhaftierter Gründer und Sprecher Roy Sesana (Botswana).
    Roy Sesana wurde mit 27 anderen Buschleuten am 26. September 2005 in Botswana festgenommen, wegen Verstoßes gegen das Versammlungsverbot und Ausschreitungen gegen die Staatsgewalt. Der Vorfall trug sich in New Xade zu, einem gottverlassenen Nest am Rande des "Central Kalahari Game"-Reservates. Dort zeigt sich der Konflikt zwischen den Buschleuten und der Regierung in Gaborone beispielhaft: An die 2500 San, die seit Jahrtausenden in dem extrem kargen Gebiet so groß wie die Schweiz überleben, wurden dorthin umgesiedelt. Die Regierung behauptet, sie könnten außerhalb des Reservats besser in die Gesellschaft integriert werden. Sesane und seine Leute hingegen sind überzeugt, dass es Gaborone und dem mit der Regierung über ein Jointventure verbundenen Bergbau-Multi De Beers um die Ausbeutung der Diamantenvorkommen im Reservat geht.
    BBC-Reporter berichten von Krankheiten, Gewalttätigkeit und Alkoholismus in den Lagern. Roy Sesana sagt, die Buschleute verlören ihre traditionelle Lebensweise. In einem Brief an US-Präsident George W. Bush schrieb er im Juni: "Wir sterben. Wir wollen nach Hause. Dort können wir nahe unserer Vorfahren leben, die uns heilen." (Der Standard, 30.09.2005)

2005 Right Livelihood Awards honour pioneers for justice, fair trade and cultural renewal

  • The 2005 Honorary Right Livelihood Award goes to one of Mexico's greatest living artists and community philanthropists, Franscisco Toledo.
    Jury's citation: Francisco Toledo (Mexico) - "... for devoting himself and his art to the protection, enhancement and renewal of the architectural and cultural heritage, natural environment and community life of his native Oaxaca."
The SEK 2 million Award is shared by
  1. Maude Barlow and Tony Clarke from Canada
    Jury's citation: Maude Barlow and Tony Clarke (Canada) - "... for their exemplary and longstanding worldwide work for trade justice and the recognition of the fundamental human right to water."
  2. Irene Fernandez from Malaysia
    Jury's citation: Irene Fernandez (Malaysia) - "... for her outstanding and courageous work to stop violence against women and abuses of migrant and poor workers."
  3. The organisation First People of the Kalahari, and its founder Roy Sesana, from Botswana
    Jury's citation: The organization First People of the Kalahari, and its founder Roy Sesana (Botswana) - "... for resolute resistance against eviction from their ancestral lands, and for upholding the right to their traditional way of life."


Interview mit Jakob von Uexküll zum 25 jährigen Bestehen des Right Livelihood Award

Die Fragen wurden am 11. Mai 2005 von Herrn Jörg Altekruse in Hamburg gestellt.

1. Herr Uexküll, wie kamen Sie vor 25 Jahren dazu, den Alternativen Nobelpreis zu stiften?

Uexküll: Also, ich habe mich immer gewundert, warum wir mit Problemen leben, die wir eigentlich lösen können, denn es gibt ja viele Lösungen, die nicht ernst genommen werden. Und ich habe dann gefragt: Wie wird man ernst genommen? Und da war natürlich klar, wenn man einen Nobelpreis bekommt, wird man ernst genommen. Das habe ich erlebt, als ich in Schweden aufgewachsen bin. Deswegen mein Vorschlag dann an die Nobelstiftung, einen neuen Preis einzuführen für Ökologie und auch einen Preis für menschliche Entwicklung, der für die Länder der so genannten Dritten Welt relevant ist. Die Nobelstiftung hat das abgelehnt, obwohl ich auch anbot, da einen finanziellen Beitrag zu leisten. Und dann habe ich durch die Unterstützung, die ich für diese Idee schon bekommen hatte bei sehr vielen Menschen, dann gesagt, dann versuch ich es halt selbst, natürlich mit viel geringeren Mitteln. Ich meine, ich habe mit Briefmarken gehandelt, das ist weniger profitabel als die Erfindung von Dynamit - aber so ist der Preis entstanden.

2. Sind Ihre ersten Preisträger noch aktiv? Und stellte sich ihre Arbeit wirklich als so zukunftsweisend heraus, wie Sie gedacht hatten?

Uexküll: Der Architekt der Armen, Hassan Fathy, lebt ja nicht mehr, aber seine Arbeit ist mehr und mehr richtungsweisend. Er hat ja immer gesagt: Modernität, richtig verstanden, heißt, auf das aufzubauen, was bekannt ist. Das war ja bei ihm dann die Lehmbaukunst Nordafrikas, die seit Jahrtausenden funktioniert, aber durchaus modernisiert werden kann. Aber man dürfe nicht den Fehler machen, den die moderne Architektur macht, diese alten Kenntnisse einfach zu vergessen und zu verwerfen und als primitiv abzulehnen. Und der andere Preisträger des ersten Jahres, Plenty International, also diese Hilfsorganisation, die von amerikanischen Hippies gegründet wurde, ist auch noch immer aktiv und auch sehr relevant, weil sie wurde ja von Menschen gegründet, die sehr einfach lebten, und deswegen ein besseres Verständnis hatten für die Bedürfnisse der Menschen in der so genannten Dritten Welt als hoch bezahlte UN-oder Weltbankangestellte. Deswegen sind die Projekte von Plenty auch sehr erfolgreich.

3. Sie verleihen Ihren Preis an Menschen und Projekte, die Lösungen für die "großen Herausforderungen der Menschheit" bieten, wie Sie es nennen. Haben sich diese Herausforderungen in den vergangenen 25 Jahren verändert?

Uexküll: Ich glaube, sie sind schwieriger geworden, denn die ökologischen Herausforderungen sind ja sehr lange ignoriert worden, und die Grenzen des Wachstums werden jetzt wieder plötzlich entdeckt. Aber viel Zeit ist natürlich verloren gegangen, das heißt die Möglichkeit, der Zeitrahmen für einen geordneten Übergang ist viel kürzer geworden. Und deswegen ist er auch viel schwieriger geworden.

4. Haben es die Preisträger heute noch genauso schwer wie damals, für ihre Vorschläge Gehör zu finden? Oder sind Themen wie Frieden, Umwelt, Menschenrechte inzwischen im Mainstream angekommen?

Uexküll: Ja und nein. Sie haben sicherlich zum Teil viel mehr Publizität. Sie werden ja zum Teil nicht mehr als Alternativen gesehen, sondern als der neue Mainstream. Aber gleichzeitig ist auch der Widerstand stärker. Man sieht also: Die Interessen, die ja nun sich gefährdet sehen, reagieren natürlich auch entsprechen. Ich meine, als das nun kleine Alternativen waren oder als kleine Alternativen angesehen werden, da konnte man sie noch irgendwie zum Teil ermutigen und ihnen eine Nische überlassen. Aber wenn man jetzt sieht, dass hierdurch wirklich wichtige Machtinteressern bedroht sind, ist das natürlich zum Teil schwerer geworden. Das andere Problem ist sicher auch das der Medien im allgemeinen, dass man also diese Diktatur der sound bites, wie ich das sage, was ja auch aus den USA kommt, dass wichtige Probleme also kaum mehr die Möglichkeit haben, in den Medien breit diskutiert zu werden und komplexe Lösungen noch weniger, sondern dass alles auf Kurzfristigkeit angelegt ist.

5. Ein Blick in die Zukunft: Was wäre Ihr Wunsch, welcher Art von Initiative Sie in 25 Jahren am liebsten den Preis verleihen würden?

Uexküll: Also, ich hoffe, dass wir in 25 Jahren Preise vergeben an Initiativen, die sich mit der Lösung von Problemen beschäftigen, die nicht ganz so dringend sind wie heute. Da heißt, wir werden immer Reparaturen vornehmen müssen, wir werden sicherlich unsere natürliche Umwelt nicht geheilt haben, wie werden sicherlich nicht eine globale Gerechtigkeit eingeführt haben. Aber ich hoffe, dass wir nicht, wie heute, vor derartigen Bedrohungen stehen, also dass es immer um Überlebensfragen geht. Das ist mein Wunsch, dass also die Preise in 25 Jahren vielleicht nicht ganz so dringend sind, aber trotzdem gebraucht werden.

Quelle: www.rightlivelihood.org


Interview with Jakob von Uexkull about the 25th anniversary of the Right Livelihood Award

The questions were asked by Jörg Altekruse in Hamburg on May 11, 2005.

1. Mr. Uexkull, how did you originally conceive the idea of creating an Alternative Nobel Prize 25 years ago?

Uexkull: I was always interested both in problems and in solutions, and I always was surprised that we continue living with problems, to which there are solutions. And I wondered why many of these solutions were not being taken seriously. And I also asked: How do you get taken seriously? And so having grown up in Sweden, it was clear that if you win a Nobel Prize, you get taken seriously. And therefore I proposed to the Nobel Foundation to introduce a prize for this new important issue, for the environment, and also a prize relevant to the needs of the people in the so-called third world. And although I offered to provide some money to get this off the ground to get them take it seriously, they turned it down. But in the meantime I told so many people about this idea and had so much support that I decided to try to do it myself. Of course in a much smaller way than the Nobel Prizes, because I had made some money by dealing in rare postage stamps, which is, of course, less profitable than inventing dynamite like Alfred Nobel did.

2. Are your first laureates still active? And did their work prove to be as forward-looking as you had thought?

Uexkull: I think so. Hassan Fathy, the architect of the poor, is of course no longer alive. But his argument that modernity does not mean rejecting the past - in his case of course the adobe mud brick building techniques of North Africa - but means learning from the past and modernising these ancient building techniques, I think that is more and more being understood. And his co-recipient the first year, Plenty International, an aid organisation set up by a commune of North-American hippies, is also still active and very relevant, because, of course, these people live very simple lives materially and therefore, I think, were more able to understand the real needs of people in the so-called third world than highly paid UN or World Bank employees, which is why many of their projects have been so successful.

3. You present the award to people and organisations offering solutions to 'mankind's most urgent challenges', as you put it. Have these challenges changed during the past 25 years?

Uexkull: I think these challenges have become more difficult, because we have wasted so much time. The 'Limits to Growth' warned about many of the ecological challenges, which of course also imply the challenges of global justice. But this was ridiculed and ignored for a long time. Now it is being rediscovered. But of course these wasted years means that it is going to be much more difficult to find solutions and implement solutions in the time we have left. There are very many examples as far as ecological limits goes, and one is perhaps oil, where the idea was ridiculed that oil was running out. And now suddenly even the experts are realising that the peak oil - the time when oil reserves are maximal, have reached their peak - is coming maybe even this or next year. And from then on oil will become a scarcer commodity and that will have enormous impact on our society, because or society, our economic system, is not based just on oil, it is based on cheap oil. So I think many of these ecological limits are now being rediscovered, but, as I said, with 25 or 30 wasted years behind us.

4. Is it as difficult today for your recipients to make their voices heard as it was 25 years ago? Or have issues like peace, the environment and human rights become mainstream?

Uexkull: I think in some ways it is easier, they have in some ways become much more known. At the same time, there is now a huge sort of global cacophony of noise and commercial noise, commercial advertising especially, drowning out alternatives. So while they may have more publicity on their national level, they face these two problems: First of all, that all news today are very sort of short-term and sound-bite oriented. It is more difficult, I think, probably than it was 25 years ago, when you get access to the media, to actually have the space to explain complex problems and solutions. But also the problem that even if you do win a hearing nationally, the global influence is such that it is much, much more difficult to actually even maintain what you have achieved.

5. Let us look into the future: What would be your favourite kind of initiative to present the Right Livelihood Award to in 25 years?

Uexkull: Well, my hope is that in 25 years we will be still awarding initiatives which are working on solving problems but that the framework within we give it will not be quite as urgent and perhaps desperate as today. You know, there will still be environmental problems, there will still be problems, I am sure, of global justice. But I hope we will have not this feeling of urgency, which there is now, that we will have come a great deal further in solving these problems. Maybe it is perhaps more a sort of mopping-up situation. Maybe the scenarios, which our award recipients then will have to work with, are less catastrophic than those we face today.

Source: www.rightlivelihood.org


Alternativer Nobelpreis - Right Livelihood Award

Der Right Livelihood Award, hierzulande besser bekannt als „Alternativer Nobelpreis, wurde 1980 von dem deutsch-schwedischen Publizisten, Philatelisten und ehemaligen Europa-Abgeordneten Jakob von Uexküll gestiftet. Mit dem Preis werden Personen und Initiativen geehrt, die auf verschiedene Weise Lösungen für Probleme unserer Zeit erarbeiten. Alle Preisträger eint die Vision von einer humanitären Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung, das Bestreben, die Vielfalt und die Ressourcen unseres Planeten zu bewahren, sowie einer Ethik der Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Vor allem in den Ländern der „Dritten Welt – in kaum eines ist jemals ein ‚echter’ Nobelpreis gegangen – hat der ‚Right Livelihood Award’ einen sehr hohen Stellenwert, weil er die Perspektiven dieser Länder und ihr berechtigtes Interesse an selbstbestimmter Entwicklung betont und unterstützt.

Von der Briefmarke zum Nobelpreis

Alles begann mit dem Traum eines Philatelisten. Ein gutes Vierteljahrhundert ist es her, dass der deutsch-schwedische Briefmarkensammler Jakob von Uexküll sich eines Tages fragte, ob man guten Gewissens sein Leben mit dem Sammeln kleiner bunter Papierchen verbringen dürfte, während zeitgleich die Welt immer mehr in Stücke fiel. Er entschloss sich, seine Sammlung zu verkaufen, gründete mit dem Erlös die Right Livelihood Stiftung und schrieb den „Preis für die richtige Lebensführung aus. Dass man ihn heute den ‚Alternativen Nobelpreis’ nennt, ist nicht die Idee des Stifters, sondern ein indirektes Lob der Öffentlichkeit, die ihn längst mit dem wichtigsten Wissenschaftspreis vergleicht. Und tatsächlich umfasst der „Right Livelihood Award’ (RLA) heute ein so breites Spektrum, dass man ihn getrost mit seinem großen Bruder vergleichen kann: Mit dem Alternativen Nobelpreis werden Friedens-, Umwelt- und soziale Projekte sowie Konzepte alternativer und nachhaltiger Entwicklung in der Ersten und der Dritten Welt ausgezeichnet. Mit ihm werden die Nutzung regenerative Energien und die Entwicklung entsprechender Technologien, die biologische Landwirtschaft und ganzheitliche Gesundheitsversorgung unterstützt. Der Preis belohnt den Schutz biologischer und kultureller Vielfalt, den Ausbau der Demokratie, den Schutz der Menschenrechte. Er belohnt all jene kleinen Lösungen, die für die großen Probleme im Ansatz längst vorhanden sind.

Die Right Livelihood-(RLA)-Stiftung ist in Schweden als gemeinnützig eingetragen und hat Vertretungen in England, Deutschland, Indien und den Vereinigten Staaten. Sie ist unabhängig von jedweden politischen oder religiösen Gruppierungen. Der Right Livelihood Award wird jährlich im Schwedischen Parlament in Stockholm am Tag vor der Nobelpreispräsentation vergeben. Alfred Nobel wollte diejenigen ehren, die „der Menschheit die größte Wohltat erweisen. Vom selben Geist getragen unterstützt die „Right Livelihood Award-Stiftung diejenigen, die an anwendbaren und beispielhaften Lösungen von den tatsächlichen Problemen unserer Zeit arbeiten. Der alternative Nobelpreis wird für keine Kategorien vergeben, sondern ehrt sehr unterschiedliche Beiträge für eine bessere Zukunft der Welt. Die Stiftung zieht es auch vor, ihre Preisträger nicht „Gewinner zu nennen, da dies den Eindruck erweckt, als seien die anderen Verlierer.

Seit 1980 121 Projekte aus 65 Ländern ausgezeichnet

Seit 1980 wurden etwa 121 Menschen und Projekte in 65 Ländern aus mehr als 650 Nominierungen ausgewählt und ausgezeichnet. Die jährliche Preissumme von zirka zwei Millionen Schwedischen Kronen (zirka 220.000,00 Euro) teilen sich drei oder vier Preisträger – zugunsten ihrer Projekte und Arbeiten, nicht zu ihrem eigenen, persönlichen Nutzen. Mit einem nicht monetären Ehrenpreis würdigt die Jury Personen oder Projekte, um sie so einer internationalen Öffentlichkeit näher zu bringen.

Zwei Alternative Nobelpreisträger aus Salzburg

Salzburg ist die einzige Stadt der Welt, die zwei Alternative Nobelpreisträger aufweisen kann: Prof. Dr. Leopold Kohr (1983), den visionären Wirtschafts-Philosophen, und Dr. Robert Jungk (1986), den Zukunftsforscher. Diese Tatsache war mit ein Grund, warum der Gründer des Alternativen Nobelpreises, Jakob Uexküll, schon das 20-Jahre-Jubiläum nach Salzburg gebracht hat und auch 2005 das 25-Jahre-Jubiläum des ANP wiederum hier gefeiert hat. Diese Auszeichnung für Salzburg sei aber auch der breiten Unterstützung über alle Partei- und Interessengrenzen hinweg zu verdanken, die nicht zuletzt durch das gemeinsame Engagement von Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer verdeutlicht werde.

Auszeichnung und Wirkung

Der RLA (Right Livelihood Award) unterstützt nicht nur direkt und unmittelbar. Wissen und Erfahrungen der Preisträger werden einer breiten Öffentlichkeit zuteil. Dabei zeigt sich, dass Einzelne oder kleine Gruppen oft unlösbar erscheinenden Problemen entgegentreten; sie handeln gemeinsam, mobilisieren andere und bringen so den Stein im Interesse aller ins Rollen. Der alternative Nobelpreis soll außerdem immer wieder Debatten über unsere Wertvorstellungen und Ziele in Gang setzen. Er bringt Menschen unterschiedlichster Interessen und Projekte zusammen, stärkt sie und unterstützt ihre Ideen, um Zukunftsmodelle zu formen und zu verwirklichen.Das sind jene, die sich für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte, für Frieden und Abrüstung, für die Rechte von Minderheiten, für den Schutz der Umwelt und für viele andere Aspekte menschlicher Entwicklung einsetzen, angefangen von kultureller und geistiger Erneuerung bis hin zu Wissenschaft und Technologie zum Nutzen der gesamten Menschheit.

Sie alle eint die Vision unteilbarer Humanität, die Verpflichtung unseren Planeten zu bewahren und behutsam mit seinen Ressourcen umzugehen, sowie eine Ethik, die Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit verpflichtet ist.

Wie werden die Preisträger ausgesucht?

Jede/r kann eine Person oder Organisation vorschlagen, deren Arbeit er/sie kennt. Ein Informationsblatt mit Konditionen und Nominierungsrichtlinien kann bei der Stiftung in Schweden angefordert werden. Die eingegangenen Unterlagen werden überprüft und, falls erforderlich, die Nominierten besucht. Die Berichte über alle vorgeschlagenen Kandidaten werden der internationalen Jury vorgelegt. Neue Nominierungen und jene Nominierungen, die von der Jury aus ver-gangenen Jahren zwecks weiterer Nachforschungen beibehalten wurden, werden gleich behandelt. So können Kandidaten über mehrere Jahre auf der Vorschlagsliste bleiben, bevor die Juroren ihre abschließende Entscheidung treffen. Die Jurymitglieder wechseln kontinuierlich

Die derzeitigen Mitglieder sind: Marianne Andersson, Frank Bracho, Paul Ekins, Anuradha Mittal, Ahmedou Ouls-Abadallah, Vithal Rajan, Ursula Schulz-Dornburg, Frank Schwalba-Hoth sowie David Krieger.

Quelle: Website des Landes Salzburg: www.salzburg.gv.at



Hier geht es zu einem Bericht über den Alternativen Nobelpreis 2003:
"Für seinen seit Jahren beharrlichen Kampf für eine Welt ohne Atomwaffen"


Zurück zur Seite "Friedenspreise"

Zurück zur Homepage