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Noch mehr Drohnen

Die US-Regierung will unbemannte Flugkörper über Nordwestafrika einsetzen. Zunächst nur für die Luftaufklärung, spätere Bewaffnung nicht ausgeschlossen

Von Knut Mellenthin *

Die Regierung des nordwestafrikanischen Staates Niger hat den USA die Erlaubnis zur Stationierung von Überwachungsdrohnen erteilt. Das meldete Reuters am Dienstag. Der Nachrichtenagentur zufolge hatte die amerikanische Botschafterin in Niamey, Bisa Williams, am Montag während eines Gesprächs mit Präsident Mahamadou Issoufou eine entsprechende Bitte vorgebracht und dieser habe sofort zugestimmt. Reuters beruft sich dabei allerdings nur auf eine anonyme »höhere Regierungsquelle«.

Bereits am Montag hatte die New York Times berichtet, daß das Regionalkommando Afrika der US-Streitkräfte Pläne für die Errichtung eines Drohnen-Stützpunkts in Nordwestafrika vorbereite. Allerdings fehle noch die endgültige Zustimmung des Weißen Hauses und des Pentagon. Auch in diesem Text tauchten als angebliche Informanten aber nur namenlose »officials« auf. Diesen zufolge sei Niger sehr wahrscheinlich der Platz für die Realisierung solcher Pläne. Das Regionalkommando stehe aber auch mit einigen anderen Staaten der Region in Verhandlungen, darunter mit Burkina Faso, das westlich von Niger liegt und wie dieser an Mali grenzt.

Die über Nordwestafrika eingesetzten Drohnen sollten zunächst unbewaffnet sein, doch werde nicht ausgeschlossen, sie später auch mit Raketen auszurüsten, »wenn die Gefahrenlage sich verschlimmert«. Der »unmittelbare Anstoß« für die Drohnen-Pläne sei die Absicht der USA, die französischen Operationen in Mali durch Luftaufklärung zu unterstützen, schreibt Times-Autor Eric Schmitt brav und naiv unter Berufung auf einen anonymen »military official«. Dabei ist er ein erfahrener Journalist, der selbstverständlich weiß, daß diese Pläne im Grundsatz schon fast so alt sind wie das 2007 gegründete Regionalkommando.

Ebenfalls am Montag war der Abschluß eines »Status-of-Forces Agreement« zwischen den USA und Niger gemeldet worden. Anonymen amerikanischen Quellen zufolge war über das Abkommen, dessen konkreter Inhalt bisher nicht bekannt ist, zuvor mehr als ein Jahr lang verhandelt worden. Vereinbarungen dieser Art sind in der Regel nur grobe Gerüste, deren Details noch auszuarbeiten bleiben und einfach geheimgehalten werden. In erster Linie wird in dem Agreement wahrscheinlich die Immunität der in Niger stationierten US-Soldaten, also ihr absoluter Schutz vor der Rechtssprechung des Gastlandes, garantiert sein. Das wäre, worauf Eric Schmitt richtig hinwies, eine entscheidende Voraussetzung für die Errichtung eines Drohnenstützpunkts in Niger, auf dem bis zu 300 Amerikaner – Militärs und Mitarbeiter sogenannter Zivilfirmen – eingesetzt werden könnten. Auch diese Angabe hat die New York Times selbstverständlich nur von anonymen »military officials«.

Niger liegt östlich von Mali, mit dem es eine über 800 Kilometer lange »poröse«, das heißt praktisch nicht wirksam zu schließende Grenze hat. Ein Teil der Rebellen, die sich jetzt aus Mali zurückziehen, werden voraussichtlich nach Niger ausweichen. Im Süden grenzt Niger an Nigeria, in dessen Norden ebenfalls militante Islamisten operieren. Einige Regionen Nigers befinden sich in der Hand von Aufständischen und sind für die Streitkräfte des Landes nicht zugänglich.

Vor diesem Hintergrund könnte die US-Regierung es letztlich vorziehen, sich wegen der Drohnen-Basis mit dem stabileren Burkina Faso zu arrangieren. Die USA unterhalten dort, wie die Washington Post im Juni 2012 berichtete, ohnehin schon einen kleinen Luftwaffenstützpunkt am Rande des Flughafens der Hauptstadt Ouagadougou.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 30. Januar 2013


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