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Töten aus dem heimischen Sessel

In den nächsten vier Jahren wird Deutschland Kampfdrohnen anschaffen

Von René Heilig *

Die Debatte um unbemannte Flugzeuge brauche mehr Sachkenntnis und Differenzierungsvermögen, sagt Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und handelt.

Aufwuchs. Mit diesem Begriff bezeichnen Militärs den Ausbau von Fähigkeiten, sie sprechen von neuen Waffen und neuem Gerät, die neue taktische und strategische Möglichkeiten eröffnen. Dazu gehören Kampfroboter – zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Automaten sollen morden. Das ist so heimtückisch wie risikolos. Die US-Militärs, die daheim in den Staaten am Steuerknüppel sitzen und über Pakistan oder Jemen Drohnen zum Angriff steuern, zeigen den Gang der Entwicklung. Experten sind sich sicher, dass in der Folge politischer Massenmord insgesamt automatisiert wird.

In Deutschland gibt es eine – nicht sehr lebhafte – Debatte darüber, ob die Bundeswehr Drohnen beschaffen soll. Sie geht an den Tatsachen vorbei, denn Deutschland setzt bereits seit Langem Drohnen ein. Zunächst zur Gefechtsfeldaufklärung, doch mit den von Israel geleasten »Heron 1« hat man das Blickfeld in Afghanistan enorm erweitert. Beschwichtigend heißt es, dass die Fluggeräte unbewaffnet seien. Stimmt, sie klären »nur« Ziele auf, die mit anderem Gerät vernichtet werden.

»Alle Erfahrungen aus den Einsätzen, insbesondere aus Afghanistan zeigen: Ohne die Überwachung aus der Luft und die Unterstützung aus der Luft kann keine Patrouille irgendwo mehr rausgehen und ihren Auftrag erfüllen«, sagte der Inspekteur der Deutschen Luftwaffe, Generalleutnant Karl Müllner, jüngst dem Kollegen Thomas Wiegand vom Blog »Augen geradeaus«. Müllner ergänzte: »Wenn man sowohl die Überwachung als auch die Unterstützung zusammenfasst, dann kann man das am Besten mit einer Plattform, also einer bewaffneten Drohne.«

Längst sind von den USA Anfragen zum möglichen Kauf von kampferprobten »Predator B«- oder »Reaper«-Drohnen positiv beschieden. Noch fragten die deutschen Beschaffer nicht nach der Bewaffnung, noch gibt man eigenen Rüstungsprofiteuren die Chance, Mordroboter anzubieten. Der Rüstungsriese »Airbus« hat schon einiges im Fluge erprobt und Minister Thomas de Maizière betont, all diese Fragen würden »jetzt nach und nach vorbereitet, und dann in der nächsten Legislaturperiode ... einer Entscheidung zugeführt.« Dabei ist offenkundig einerlei, wer mit wem regiert.

* Aus: neues deutschland, Montag, 14. Oktober 2013


"Hunter" über Deutschland

Flugsicherung bestätigt: US-Drohnen haben Flugfreigabe – egal wo der Pilot am Knüppel sitzt

Von René Heilig **


Drohnen über Deutschland? Im Untersuchungsausschuss des Bundestages verworfen, scheint der Einsatz von unbemannten Flugobjekten der US-Armee jedoch kein Problem zu sein.

Es sei eine Premiere, sagt die US-Armee. Sie will ab heute zwei Drohnen vom Typ MQ-5B »Hunter« – zu deutsch Jäger – quer über Bayern fliegen lassen. Die »Hunter« sind derzeit die größten und modernsten Drohnen ihrer Art, erklären die US-Militärs. Die von einer Bodenstation ferngesteuerten Luftfahrzeuge navigieren in Höhen zwischen 11 000 und 14 000 Fuß, das sind etwa 3300 bis 4300 Meter.

Man wolle nicht spionieren über Deutschland, sagen die Gastsoldaten, nur üben. Dazu brauchen die himmlischen Aufklärer Auslauf. Es nutze nichts, sie nur über einem eng begrenzten Truppenübungsplatz kreisen zu lassen. So kamen sie auf die Idee, die in Deutschland stationierten Maschinen künftig zwischen den US-Übungsfeldern Grafenwöhr und Hohenfels pendeln zu lassen. Die deutsche Flugsicherung, so erfuhr »nd« auf Nachfrage, habe nichts dagegen. Hauptsache, es liegt ein gültiger Flugplan vor. Ob der Pilot in einem Cockpit, in einem Dorf der Oberpfalz oder am Strand von Florida sitzt, sei egal.

Jüngst hatte das deutsche Verteidigungsministerium (BMVg) Ärger bekommen, weil es eine in den USA gebaute und vom europäischen Rüstungsriesen EADS ausgestattete Drohne namens »EuroHawk« einsetzen wollte. Als die Aussicht auf Zulassung des über 680 Millionen Euro teuren High-Tech-Gerätes gegen null tendierte, blies Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) das Projekt ab. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages bewertete diese Entscheidung zwar als eine, die reichlich spät getroffen worden sei, stimmte ihr jedoch inhaltlich zu.

Da wundert man sich schon, dass unbemannte Fluggeräte der US-Armee, die dem Bereich der allgemeinen Luftfahrt viel näher kommen als die extrem hoch fliegende »EuroHawk«, eine Flugerlaubnis erhalten. Noch mehr wundert man sich, dass die Deutsche Luftwaffe am Freitag den eiligen Drang verspürte mitzuteilen, dass die endgültige Genehmigung für den Betrieb der Aufklärungsdrohnen vom Typ »Hunter« außerhalb von Übungsplätzen noch nicht erteilt worden sei.

Das allerdings widerspricht offenbar dem, was das Ministerium auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag geantwortet hatte: »Die unbefristeten Genehmigungen für die UAS »Shadow« und »Hunter« wurden im Jahr 2005, für das UAS »Raven« im Jahr 2007 durch das damals zuständige Fachreferat im BMVg in Abstimmung mit dem Leiter des Musterprüfwesens für Luftfahrtgerät der Bundeswehr erteilt. Grundlage für die Entscheidungen waren die eingereichten Unterlagen zur Zertifizierung der Systeme durch die Betreibernationen.«

* Aus: neues deutschland, Montag, 14. Oktober 2013


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