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Auch BND hat Drohnen-Probleme

EuroHawk sollte für den Geheimdienst lauschen

Von René Heilig *

So schnell kann es gehen – gestern für die meisten Medien noch Merkels Vorzeigeminister, heute der, den alle prügeln. Verteidigungsminister Thomas de Maizière ist mit dem Euro- Hawk-Drohnen-Debakel für seine Union zum Problem geworden.

Merkel hat soeben de Maizière ihr »volles Vertrauen« ausgesprochen. Jetzt wird's eng für den Minister, lästerte daraufhin Thomas Oppermann, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, gestern Nachmittag. Seine Partei und die Grünen feuern derzeit aus allen Rohren – so als ob keine Rohrkrepierer drohten. Doch das EuroHawk-Geschäft mit USKonzern Northrop-Grumman und dem europäischen Rüstungsriesen EADS-Cassidian hat auch rot-grüne Flecken.

De Maizière, der sich gestern erstmals seit Tagen zu Wort gemeldet hat, versprach, dass der Bundesrechnungshof nun doch alle Unterlagen und zwar ungeschwärzt erhalten wird. Darüber hinaus will der Minister drei Expertengruppen einsetzen, die die Daten zum Drohnenprojekt auswerten sollen. Am 5. Juni will er dann dem Verteidigungsausschuss des Parlaments einen lückenlosen Bericht über das vorerst gescheiterte Drohnenprojekt vorlegen.

Ursprünglich hatte die Bundeswehr geplant, neben dem bereits im Test befindlichen Flugroboter weitere vier Maschinen zu kaufen. Gesamtpreis: 562 Millionen Euro. Wissend, dass der EuroHawk – so wie er jetzt zum Test in Manching steht – keine Zulassung bekommen wird, hat das Ministerium nach der Lebensweisheit gehandelt: Wenn du glaubst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. Diese Fehlkalkulation hat nicht nur politische Auswirkungen, denn nicht nur die Bundeswehr hat das global einsetzbare Aufklärungssystem fest eingeplant. Die Deutsche Marine hat drei sogenannte Flottendienstboote.

Die »Oker« fuhr gestern ein paar Trainingsmanöver vor Eckernförde. Wo die »Alster« und die »Oste« sind, ist geheim. Man liegt sicher nicht falsch, zumindest eines der beiden Spionageschiffe unweit der syrischen Küste zu vermuten.

Auch Dank denen weiß der BND, dass das syrische Militär derzeit so stark wie seit langem nicht mehr ist und dass Assads Truppen noch in diesem Jahr die Kontrolle über den gesamten Süden wiedererlangen könnten.

An Bord der Flottendienstboote ist ein ganzer »Schwung« Agenten des deutschen Auslandsgeheimdienstes. Dessen Abteilung TA (Technische Aufklärung) – so liest man auf der Website des BND – »betreibt Informationsgewinnung mit technischen Mitteln (SIGINT). Dabei werden nachrichtendienstlich relevante Erkenntnisse über das Ausland durch gezielte Filterung der internationalen Kommunikationsströme gewonnen.«

SIGINT bedeutet Signal Intelligence. Die EuroHawk-Drohne war die große Hoffnung der Spione, denn schon seit einigen Jahren verfügt die Bundeswehr – und damit der BND – über kein luftgestütztes System.

Wenn die Drohnenstaffel des Aufklärungsgeschwaders 51 in Jagel mit seinen fünf EuroHawks einsatzbereit ist, kann man auf die betagten und behäbigen Flottendienstboote verzichten, hieß es. Doch schon im Mai 2011 – also zwei Monate nach dem Amtsantritt von de Maizière – wurde beschlossen, drei Spionageschiffe länger im Dienst zu lassen. Für SPD-Verteidigungsexperten Hans-Peter Bartels ist das ein Indiz dafür, dass man dort bereits nicht mehr an einen raschen Einsatz der fliegenden Spionageroboter glaubte. De Maizière wird es demnächst als große Leistung feiern, dass es gelungen ist, die Sensortechnik des Euro- Hawk auf eine neue Plattform zu packen. Vielleicht muss die Flugbereitschaft dafür einen kleinen Airbus als Übergangslösung abgeben.

Das Rüstungsprojekt folgt einem ungeschriebenen Gesetz. Alles, was vom Militär bestellt wird, bringt entweder nicht die geforderte Leistung, kommt zu spät oder wird teurer. In der Mehrzahl der Fälle mischen sich die drei Komponenten. Das war so beim Schützenpanzer HS-30, beim Starfighter, bei den ersten U-Booten, beim Eurofighter, beim fliegenden Transporter A400M, bei den Helikoptern »Tiger« und NH-90, den Korvetten vom Typ K 130 und dem MEADS-Raketensystem.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 23. Mai 2013


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