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"Die Transformation verlange eine Konzentration auf Kernfähigkeiten"

Verteidigungsminister Peter Struck stellt die Planungen der Bundeswehr für 2005 vor - Pressekonferenz in Berlin

Im Folgenden dokumentieren wir ein paar Texte, die wir der Homepage des Vertedigungsministeriums entnommen haben. Sie illustrieren den Inhalt der Streitkräftereform, die Verteidigungsminister Dr. Peter Struck mit Nachdruck vorantreibt. Am 21. Januar 2005 legte er bei einer Pressekonferenz in Berlin seine Planungen für das Jahr 2005 vor.


Bundeswehr 2005

Berlin, 21.01.2005 - Auf einer Pressekonferenz in Berlin hat Verteidigungsminister Peter Struck seine Pläne für die Bundeswehr des Jahres 2005 bekannt gegeben.

Das Jahr 2005 steht vor allem im Zeichen eines Jubiläums: seit nun 50 Jahren betreiben die deutschen Streikräfte erfolgreiche Friedenssicherung. Entschieden für Frieden lautet das Motto der Jahresfeier. Für manche ist ja 2005 das Jahr der Geschlossenheit oder der Entschlossenheit, so Struck zu Beginn der Pressekonferenz, Für die Bundeswehr ist es das Jahr der Entschiedenheit. Mit zahlreichen Veranstaltungen in Parlament und Gesellschaft wird dieses Ereignis gefeiert werden.

Weiterentwicklung der Bundeswehr

Die Transformation der deutschen Streitkräfte wird unverändert weiter betrieben. Das im November 2004 beschlossene Stationierungskonzept muss nun umgesetzt werden. Ende März wird hierfür der Generalinspekteur die Zeitplanung vorlegen, damit unmittelbar die neue Feinstruktur der Bundeswehr eingenommen werden kann. Struck nimmt die Konversionsproblematik ernst. Am 18. April hat er deshalb Bürgermeister und Landräte zu einem Gespräch eingeladen.

Die Transformation verlange eine Konzentration auf Kernfähigkeiten, so Struck. Dazu sollen auch 2005 neue Ausrüstungsvorhaben angestoßen werden. Im Fordergrund stehen hierbei die Verbesserung der Führungs-, Informations- und Kommunikationssysteme, die Fähigkeit zur weltweiten Aufklärung und den Ausbau des geschützten Transports.

Wehrpflicht

Deutlich äußerte sich der Minister zur Frage der Wehrpflicht. "Wir haben gewonnen", betonteer bezugnehmend auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hatte bestätigt, dass die Einberufungspraxis der Bundeswehr rechtmäßig sei. Er selbst werde sich weiter uneingeschränkt für die Wehrpflicht einsetzen.

Beeindruckt zeigte sich Struck vom Selbstbewusstsein der Wehrpflichtigen und dem Verantwortungsgefühl der Ausbilder, das er bei drei unangemeldeten Besuchen in Kasernen vorgefunden habe. Viele Wehrpflichtige, so Struck, betrachteten die Wehrdienstzeit als Chance für ihr berufliches Weiterkommen.

Berliner Erlass

Um die Bundeswehr noch stärker für ihre Aufträge "fit" zu machen, hat Verteidigungsminister Peter Struck aktuell eine Weisung zur militärischen Spitzengliederung erlassen. Der sogenannte Berliner Erlass löst den Blankeneser Erlass von 1970 ab und stärkt die Position des Generalinspekteurs.

Deutschland und seine Partner

Deutschland wird sich auch im kommenden Jahr an den laufenden Engagements von NATO und Europäischer Union beteiligen. Seit dem 15. Januar stehen rund 4.000 Soldaten der Bundeswehr für die NATO Response Force (NRF) bereit. Ab 2007 wird sich Deutschland an den Battlegroups der Europäischen Union beteiligen.

Bundeswehr im Einsatz


Struck lobte das Engagement deutscher Soldatinnen und Soldaten. Mit ihrem weltweiten Einsatz sorgten sie für Stabilität und Sicherheit . In Südostasien helfen derzeit 380 Soldaten, die Folgen der Flutkatastrophe zu beheben. Dort, so Struck werde man auch bleiben, so lange es notwendig sei.

Aber auch die Einsätze in Afghanistan und auf dem Balkan seien keine Routine. Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor schwierig. So stünden die Parlamentswahlen im April bevor und gleichzeitig werde der Kampf der Afghanen gegen den Drogenanbau in ihrem Land verstärkt. Die Bundeswehr müsse sich darauf einstellen, hier logistische Unterstützung zu leisten.

Struck zeigte sich zufrieden mit den Leistungen der Bundeswehr im Jahr 2004. "Wir hatten schwierige Aufgaben zu bewältigen." Eine davon sei die Behandlung der Misshandlungsvorwürfe gegen Ausbilder in Coesfeld gewesen. Es habe sich gezeigt, dass es sich dabei um Einzelfälle handele. Struck: "Coesfeld ist nicht die Bundeswehr".

(bho)



Ausgesuchte Vorhaben 2005

Berlin, 21.01.2005 - Auf seiner Pressekonferenz gab Verteidigungsminister Peter Struck folgende Planungen für 2005 bekannt:

Luftverteidigungssystem MEADS

Die Transformation der Streitkräfte verlangt die Konzentration auf Kernfähigkeiten. Die bedarfsgerechte Ausrüstung der Bundeswehr steht in einem engem Zusammenhang mit den industriellen Kapazitäten.

Ausgewählte Ausrüstungsvorhaben der Bundeswehr, die im Jahr 2005 dem Haushaltsausschuss vorgelegt werden:
  • Ausbau der Führungs-, Informations- und Kommunikationssysteme
  • Deutschland will sich im Rahmen der NATO an AGS (Allied Ground Surveillance) beteiligen.
  • Als Nachfolgesystem für PATRIOT beabsichtigt Deutschland in Kooperation mit den USA und Italien das bodengebundene Luftverteidigungssystem MEADS (Medium Extended Air Defence System) zu entwickeln.
  • Diese Vorhaben gehen auf Prager NATO-Gipfel zurück.
Es handelt sich hierbei um bedeutende transatlantische KooperationsvorhabenVerbesserung der Fähigkeit zum geschützten Transport

Privatisierung

Bestimmte Fähigkeiten werden, soweit wirtschaftlich und militärisch vertretbar, durch Dienstleister zur Verfügung gestellt werden. Die Bundeswehr wird so von Aufgaben entlastet, die nicht zu militärischen Kernfähigkeiten gehören.

Einige Privatisierungsvorhaben wie das neue Bekleidungs- und Fahrzeugflottenmanagement wurden bereits erfolgreich umgesetzt. Ein weiteres Privatisierungsvorhaben ist die "Heeresinstandsetzungslogistik"




Fit für veränderte Aufgaben - Die Transformation der Bundeswehr nimmt Gestalt an

Berlin, 19.01.2005 - Artikel von Verteidigungsminister Peter Struck in der Zeitschrift "Europäische Sicherheit" vom Januar 2005.*

Wenn die Bundeswehr in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert, wird zweierlei deutlich werden: Die Bundeswehr ist eine Armee im globalen Einsatz, und sie ist eine Armee im tief greifenden Wandel. Beide, eng miteinander verknüpften Entwicklungen kennzeichnen den Weg der Bundeswehr zu einer modernen Armee des 21. Jahrhunderts.

Deutschland übernimmt verlässlich gewachsene internationale Verpflichtungen in NATO, Europäischer Union und Vereinten Nationen und beteiligt sich in vielfältiger Weise an multinationalen Friedenseinsätzen. Für die verbesserten Krisenreaktionsfähigkeiten von NATO und EU stellt Deutschland seinen Möglichkeiten entsprechende substanzielle militärische Fähigkeiten bereit. Politisch wie militärisch leistet unser Land, auch in entfernten Regionen und außerhalb Europas, einen Beitrag zur Gefahrenabwehr und zur Sicherung des Friedens.

Seit Jahren gehört Deutschland zu den größten Truppenstellernationen für internationale Friedensmissionen. In Afghanistan und in Bosnien stellt die Bundeswehr die größten Kontingente innerhalb der internationalen Sicherheitspräsenz. Gleichzeitig ist die Bundeswehr auch in Deutschland selbst in der Lage, bei Katastrophen und Notfällen zu helfen und einen Beitrag zu leisten, um neuartigen Bedrohungen für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu begegnen.

Die vielfältigen Anforderungen an die Bundeswehr haben einen völligen Neuansatz für Streitkräfte und Verwaltung unvermeidlich gemacht. Das übergeordnete Ziel der von mir im Jahr 2003 eingeleiteten konzeptionellen und strukturellen Neuausrichtung der Bundeswehr sind einsatzbereite Streitkräfte, die den neuen Herausforderungen im 21. Jahrhundert gewachsen sind.

Streitkräfte für Morgen

Das bedeutet Abschiednehmen von Streitkräften, die sich immer noch viel zu sehr an den gleichermaßen statischen wie überholten Konfliktmustern des vergangenen Jahrhunderts orientierten, Abschiednehmen von hohlen Strukturen und Ineffizienz, Abschiednehmen von Standorten, die unter den neuen Bedingungen nicht mehr gerechtfertigt werden können.

Das heißt umgekehrt die Schaffung einer Bundeswehr, die kleiner, aber effektiver ist, deren Strukturen durch die Auslandseinsätze geprägt sind und deren Ausrüstungsplanung sich an den wahrscheinlichsten Aufgaben orientiert. Das verlangt, einen kontinuierlichen Wandel der Streitkräfte zu beginnen, der sich letztendlich nicht an Jahreszahlen, sondern an einer sicherheitspolitischen Weltlage orientiert, die durch hohe Dynamik, fehlende Berechenbarkeit und neuartige Risiken und Bedrohungen gekennzeichnet ist.

Die fortwährende Anpassung der Fähigkeiten an sich verändernde Sicherheitsbedrohungen und neue militärische Erfordernisse, die konsequente Nutzung von Innovationen im technologischen Bereich, die stärkere Integration, Vernetzung und Synergie von Konzepten, Ausbildung, Material und Technologien werden zu einer Konstanten in der Entwicklung unserer Streitkräfte. Das ist der Kern dessen, was ich als Transformation der Bundeswehr bezeichne.

Dieser Prozess ist auf allen Ebenen eingeleitet worden, und er verlangt den Angehörigen der Bundeswehr viel ab. Häufig werden zunächst auch nur gewisse Erschwernisse wahrgenommen, wenn Truppenteile aufgelöst oder umgegliedert werden. Die mittel- und langfristig angelegten Ziele der Transformation werden hingegen bisweilen noch nicht genügend wahrgenommen, was zu Verunsicherung führen kann. Doch es gibt zum eingeleiteten neuen Kurs für unsere Streitkräfte keine tragfähige Alternative.

Konzeptionelle Grundlagen

Die konzeptionellen Grundlagen der Bundeswehr sind mit den Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR) vom 21. Mai 2003 völlig neu gefasst worden. Auftrag, Aufgaben und Fähigkeitsprofil der Bundeswehr wurden an die neue Lage angepasst. Auf dieser Grundlage habe ich den Umfang der Bundeswehr neu festgelegt. Er wird bis zum Jahr 2010 auf 250.000 Soldatinnen und Soldaten und 75.000 Dienstposten im zivilen Bereich verringert.

Im August 2004 habe ich die neue Konzeption der Bundeswehr erlassen, deren Schwerpunkt die streitkräftegemeinsame Neuausrichtung und die Schaffung völlig neuer Kräftekategorien Eingreifkräfte, Stabilisierungskräfte und Unterstützungskräfte ist. Die Bundeswehr braucht für die große Bandbreite unterschiedlicher Aufgaben und operativer Anforderungen von Kampfeinsätzen über die Friedensstabilisierung bis zur Hilfeleistung eine stärkere Differenzierung ihrer militärischen Kräfte, die jeweils aufgabenorientiert ausgebildet, ausgerüstet und eingesetzt werden. Die Schaffung der neuen Kräftekategorien bis zum Jahr 2010 geht einher mit einer stärker für den Einsatz optimierten Führungsorganisation und der übergreifenden Bündelung knapper Ressourcen.

Landesverteidigung und Schutz Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger bleiben eine Kernaufgabe der Bundeswehr und sind natürlich - trotz konsequenter Einsatzorientierung - weiterhin gewährleistet. Dazu tragen nicht nur die 147.500 Soldaten der Unterstützungskräfte im Inland bei. Dafür stehen auch die 105.000 Soldaten der Stabilisierungs- und Eingreifkräfte im Inland zur Verfügung, wenn dies nötig sein sollte. Hinzu kommt schließlich noch ein Potenzial von bis zu 80.000 Reservisten, die künftig im gesamten Einsatzspektrum der Bundeswehr eingesetzt werden können, um die aktive Truppe zu ergänzen.

Neues Stationierungskonzept

Ich habe schließlich als weiteren zentralen Baustein für die neue Bundeswehr Anfang November 2004 ein neues Stationierungskonzept bekannt gegeben, das sich zwingend aus der Umstrukturierung der Streitkräfte und des zivilen Bereichs und den veränderten Aufgaben der Bundeswehr ergibt.

Eine weltweit operierende Bundeswehr benötigt andere Standorte in Deutschland als die Bundeswehr in den Jahrzehnten der militärischen Ost-West-Polarität in Europa. Eine Bundeswehr, die in Zeiten knapper Ressourcen auf größtmögliche Wirtschaftlichkeit und Effizienz setzt, muss betriebswirtschaftlichen Überlegungen bei der Stationierung größeren Raum einräumen als Überlegungen zur regionalen Strukturentwicklung und Wirtschaftsförderung.

Deshalb ist die Schließung von 105 Standorten sowohl militärisch notwendig als auch betriebswirtschaftlich geboten. 45 Standorte wachsen um 200 und mehr Dienstposten auf, die durchschnittliche Belegungsdichte wird erhöht. Das heißt, Truppenteile und Dienststellen werden konzentriert, wodurch sich auch die Versetzungshäufigkeit mittel- und langfristig reduziert.

Das neue Stationierungskonzept sichert also zukunftsfähige Standorte und verbessert die persönliche Planungssicherheit der Angehörigen der Bundeswehr. Die Bundeswehr wird durch Stationierungsschwerpunkte leistungsfähiger, und sie bleibt auch bei verringerter Standortzahl fest in der Gesellschaft verankert.

Text: Peter Struck




Die Bundeswehr auf neuem Kurs

Um künftigen Gefahren mit internationalen Partnern dort zu begegnen, wo sie entstehen, passt sich die Bundeswehr mit dem Prozess der Transformation an die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen an.

Ein Element der Transformation: Infanterist der Zukunft

Ziel der Transformation der Bundeswehr ist die nachhaltige Verbesserung ihrer Fähigkeit in dem Einsatzspektrum, das in den Verteidigungspolitischen Richtlinien vorgegeben wird. Dieses sind vor allem multinationale Einsätze zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung. Was diesem Ziel nicht dient, ist nachrangig. Strukturen, Organisationsabläufe und Ausbildung werden hieran angepasst, Material- und Ausrüstungsplanung auf diesen Schwerpunkt konzentriert und an den finanziellen Möglichkeiten ausgerichtet.

Für den zwar unwahrscheinlichen, aber nicht grundsätzlich auszuschließenden Fall einer herkömmlichen Landesverteidigung gegen einen Angriff mit konventionellen Kräften wird die Rekonstitution konzeptionell vorbereitet. Die grundsätzliche Befähigung hierzu wird durch die allgemeine Wehrpflicht erreicht.

Der beginnende Transformationsprozess zielt auf einen ganzheitlichen sicherheitspolitischen Ansatz zur Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts und zur Lösung der Frage, welchen Beitrag Streitkräfte und Bundeswehrverwaltung dazu leisten können.

Kern der Transformation ist die Schaffung von drei Kräftekategorien: Eingreifkräfte, Stabilisierungskräfte und Unterstützungskräfte. Diese werden für ihre jeweiligen Einsätze zielgerichtet ausgebildet und ausgerüstet. Die Entfaltung der Gesamtfähigkeit entsteht im streitkräftegemeinsamen Handeln von Heer, Luftwaffe, Marine, Streitkräftebasis und Zentralem Sanitätsdienst.

Die Bundeswehr wird jetzt konsequent auf die Verbesserungen ihrer Fähigkeiten ausgerichtet. Dies geschieht mit Masse ab dem Jahr 2007 und findet seinen Ausdruck in neuen Strukturen, einer angepassten Material- und Ausrüstungsplanung und einer bedarfsgerechten Stationierung. Die so neu gestaltete Bundeswehr wird besser in der Lage sein, den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden und den Schutz der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. (bmvg/bö)

Quelle: Homepage des Bundesverteidigungsministeriums (www.bmvg.de)


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