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Ab März nur noch freiwillig zur Armee

Kabinett beschließt Bundeswehrreform, weiteren Freiwilligendienst und Hartz-IV-Vermittlung

Zum Dienst bei der Bundeswehr werden im Januar 2011 zum letzten Mal junge Männer zwangsweise eingezogen. Bereits beim zweiten Einberufungstermin im nächsten Jahr – am 1. März – werden nur noch Freiwillige ihren Wehrdienst antreten. Gesetzlich hätte die Bundeswehr bis zum 1. Juli die Möglichkeit, junge Männer auch gegen ihren Willen einzuziehen. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) versicherte am Mittwoch (15. Dez.) aber, davon nur noch im Januar Gebrauch zu machen.

Das Kabinett beschloss am Mittwoch neben dem Aussetzen von Wehrpflicht und Zivildienst auch die Verkleinerung der Bundeswehr von rund 240 000 auf bis zu 185 000 Soldaten. Damit stehen die wichtigsten Eckpfeiler der bisher tiefgreifendsten Reform der Streitkräfte. Weitere Maßnahmen wird Guttenberg im Januar oder Februar vorstellen. Eine Strukturkommission hat dafür bereits Vorschläge gemacht.

Guttenberg rechnet mit 7000 bis 15 000 Freiwilligen im Jahr. Derzeit gibt es rund 28 500 Grundwehrdienstleistende und 23 300 freiwillig länger Dienende. Zum 3. Januar werden voraussichtlich noch einmal weit mehr als 10 000 Wehrpflichtige eingezogen.

Das Kabinett hat am Mittwoch (15. Dez.) parallel zur Aussetzung der Wehrpflicht auch die Einführung des Bundesfreiwilligendienstes beschlossen. Der neue Freiwilligendienst soll ab dem 1. Juli 2011 für alle Altersgruppen und für Frauen offenstehen. Für rund 35 000 Männer und Frauen will der Bund die Möglichkeit zum gemeinnützigen Einsatz bieten. Der Zivildienst könne damit nicht vollständig ersetzt werden, sagte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU).

Wer 27 Jahre und älter ist, soll einen Teilzeit-Dienst wählen können. Der Bundesfreiwilligendienst soll in der Regel ein Jahr dauern. Er kann aber auf ein halbes Jahr verkürzt oder auf bis zu zwei Jahre verlängert werden. Zivildienstleistende sollen im kommenden Jahr zum 30. Juni entlassen werden, spätestens aber zum 31. Dezember. Gegenwärtig leisten rund 90 000 junge Männer Zivildienst, die Mehrheit von ihnen sechs Monate.

Die Bezahlung soll insgesamt an die der Jugendfreiwilligen angeglichen werden, während Zivildienstleistende heute mehr bekommen als Freiwillige. Eine Konkurrenz zu den Angeboten der Länder mit derzeit rund 35 000 Plätzen im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) will der Bund vermeiden.

Die Länder bekommen vom Bund künftig statt 72 Euro 200 Euro pro Platz in den Jugendfreiwilligendiensten. Das hatten sie ihrerseits zur Bedingung gemacht für ihre Zustimmung zum Bundesfreiwilligendienst.

Die Bundesregierung fasste überdies am Mittwoch einen sogenannten Vorratsbeschluss zur Anrufung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat, falls die Hartz-IV-Reform wie erwartet am Freitag in der Länderkammer keine Mehrheit findet. Schwarz-Gelb verfügt im Bundesrat über keine Mehrheit mehr. Dabei wird die Forderung lauter, Verbesserungen auch ohne Gesetzesänderung einzuführen. So fordert die Opposition im Bundestag, die höheren Regelsätze unabhängig von den Verzögerungen ab Januar auszuzahlen. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bereitet unterdessen zum 1. Januar ein vorläufiges Bildungspaket für Kinder vor. Ob ein solches Grundangebot auch ohne gesetzliche Grundlage möglich ist, prüfen laut BA derzeit Juristen im Bundesarbeitsministerium.

* Aus: Neues Deutschland, 16. Dezember 2010


Dokumentiert: Meldungen der Bundesregierung

Ab Juli 2011 nur noch freiwillig bei der Bundeswehr

Mi, 15.12.2010

Die Wehrpflicht wird zum 1. Juli 2011 ausgesetzt. Sie bleibt aber im Grundgesetz erhalten. Daneben wird ein freiwilliger Wehrdienst für Frauen und Männer eingeführt.

Die Bundesregierung hat heute die "Eckpunkte für die Neuausrichtung der Bundeswehr" beschlossen. Damit werden erste Weichen für die Zukunft der Bundeswehr gestellt. Im Vordergrund stehen aber weiter die nationale Sicherheitsvorsorge und internationale Verpflichtungen Deutschlands. Diese Eckpunkte werden zukünftig die Bundeswehr als leistungsfähiges Instrument unserer Sicherheitspolitik stärken, betonte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg heute im Bundestag.

Den sicherheitspolitischen Anforderungen gerecht werden

Der Personalumfang wird bis zu 185.000 Soldatinnen und Soldaten betragen. Darin enthalten ist eine Anzahl von bis zu 15.000 Frauen und Männer, die freiwillig ihren Dienst leisten werden. Mit dieser Zielgröße können die heutigen und heute absehbaren sicherheitspolitischen Anforderungen bewältigt werden. Das erfordert eine weitere Effizienzsteigerung der Einsätze der Bundeswehr. Derzeit umfasst die Bundeswehr noch rund 250.000 Soldatinnen und Soldaten. Durch die Verringerung der Streitkräfte wird auch die Anzahl der zivilen Beschäftigten reduziert werden können.

Wie sich die Truppenreduzierung auf die Standorte auswirkt, kann noch nicht gesagt werden. Entscheidungen dazu sollten ab Mitte nächsten Jahres möglich sein. Im Koalitionsausschuss erläuterte Verteidigungsminister zu Guttenberg, dass die Bundeswehr auch weiter "in der Fläche" vertreten sein müsse. "Die Bundeswehr ist nicht dazu da, regionale Strukturpolitik zu betreiben", machte der Minister deutlich. Es müsse aber auch an das Band zwischen Gesellschaft und Bundeswehr gedacht werden.

Freiwillig zum Bund

Mit der Aussetzung der Wehrpflicht wird der freiwillige Wehrdienst fortentwickelt. Er steht künftig auch Frauen offen. Jungen Menschen wird damit eine Option geboten, für ihr Land einzustehen. Sie können sich ein persönliches Bild von der Bundeswehr machen, ohne sich als Soldat auf Zeit verpflichten zu müssen. Geplant ist ein sechsmonatiger freiwilliger Grundwehrdient als Probezeit. Anschließen kann sich ein bis zu 17 Monate dauernder freiwilliger zusätzlicher Wehrdienst.

Quelle:www.bundesregierung.de


Bundesfreiwilligendienst soll im Juli 2011 starten

Mi, 15.12.2010

Das Kabinett hat heute den Gesetzentwurf zum neuen Bundesfreiwilligendienst verabschiedet. 35.000 Bürger sollen jährlich für den Nachfolgedienst des Zivildienstes geworben werden.

Die Aussetzung der Wehrpflicht führt auch zur Aussetzung des Zivildienstes. Die Bundesregierung will deshalb einen neuen Bundesfreiwilligendienst einführen. Ziel des neuen Dienstes ist es, möglichst vielen Menschen einen Einsatz für die Allgemeinheit zu ermöglichen.

Wegfall des Zivildienstes teilweise kompensieren

"Mit dem Bundesfreiwilligendienst haben wir ein überzeugendes Konzept erarbeitet, mit dem wir die Freiwilligendienste in Deutschland stärken und den Wegfall des Zivildienstes zumindest teilweise kompensieren können", erklärte Bundesfamilienministerin Schröder. 90.000 Zivis leisten derzeit noch jährlich ihren Dienst, vor allem in Einrichtungen der Pflege und Betreuung, aber auch im Umwelt- und Naturschutz sowie in der Landschaftspflege.

Offen für Männer und Frauen jeden Alters

Der Bundesfreiwilligendienst soll im Juli 2011 an den Start gehen und zwischen sechs und 24 Monaten dauern. Anders als der Zivildienst soll er Männern und Frauen jeden Alters offen stehen. Der Freiwilligendienst ist grundsätzlich in Vollzeit zu leisten. Sofern die Freiwilligen aber älter als 27 Jahre sind, ist auch Teilzeit von mindestens 20 Wochenstunden möglich.

Der neue Dienst ergänzt die bisherigen Freiwilligendienste wie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und Freiwilligen Ökologische Jahr (FÖJ). Beide liegen in der Zuständigkeit der Länder. Neben traditionellen Bereichen wie Pflege oder Behindertenbetreuung soll der neue Dienst auch in weiteren Einsatzfeldern wie Sport, Bildung, Integration oder Kultur möglich sein.

Höhere Bundesförderung für Jugendfreiwilligendienste

Um eine Konkurrenz zu den bestehenden Jugendfreiwilligendiensten zu vermeiden, wird auch die Bundesförderung der bestehenden Jugendfreiwilligendienste ausgebaut. Jeder FSJ- und FÖJ-Platz wird dann mit 200 Euro im Monat (statt wie bisher 72 Euro) gefördert.

Die Bedingungen bei Jugendfreiwilligendiensten und im neuen Bundesfreiwilligendienst werden angeglichen. Eine finanzielle Besserstellung des Bundesfreiwilligendienstes ist nicht vorgesehen. Insgesamt fördert der Bund den Bundesfreiwilligendienst sowie die Freiwilligendienste künftig mit 350 Millionen Euro pro Jahr.

Keine Verdrängung von regulären Arbeitsplätzen

Der Bundesfreiwilligendienst soll dem Gesetz zufolge ebenso wie der Zivildienst keine regulären Arbeitsplätze kosten, sondern allein unterstützende Tätigkeiten beinhalten. Dies soll das Bundesamt für den Zivildienst bei jedem einzelnen Platz überprüfen.

Quelle:www.bundesregierung.de




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