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"Die Sicherheit der Bundesrepublik wird auch am Hindukusch verteidigt."

Verteidigungsminister Struck will die "Reform der Bundeswehr" fortführen

Der entscheidende Satz steht nicht in der offiziellen Presseerklärung, sondern wurde mündlich in der Pressekonferenz geäußert: "Die Sicherheit der Bundesrepublik wird auch am Hindukusch verteidigt", sagte Vereteidigungsminister Peter Struck am 5. Dezember 2002 und kündigte eine Überarbeitung der "Verteidigungspolitischen Richtlinien" aus dem Jahr 1992 an. Der Kern der neuen Bundeswehr: Nicht mehr Landesverteidigung (Aufgabe gemäß Grundgesetz Art. 87), sondern "Krisenbewältigung".
Wir dokumentieren im Folgenden den offiziellen Pressetext des Verteidigungsministers.



Do, 05.12.2002
Die Reform der Bundeswehr wird fortgeführt.


Bundesverteidigungsminister Peter Struck stellte am 5. Dezember 2002 in einer Pressekonferenz die Konzeptionen zur Bundeswehrreform vor. Die Wehrpflicht steht für den Minister nicht zur Diskussion. Die Erfahrungen anderer Länder mit Berufsarmeen hätten die Notwendigkeit der Wehrpflicht deutlich gezeigt.

Unverändertes Ziel der Fortsetzung und Weiterentwicklung der Reform der Bundeswehr ist es, Auftrag, Aufgaben und Ausrüstung der Bundeswehr mit den zur Verfügung stehenden Mitteln in Einklang zu bringen. Bundesverteidigungsminister Peter Struck stellte am 5. Dezember in einer Pressekonferenz die Konzeptionen zur Bundeswehrreform vor. Dabei stellte der Minister den Volkswirtschafter Werner Engelhardt als "One-Euro-Man" vor. Er ist der Beauftragte für wirtschaftliche/industrielle Angelegenheiten. Seine Aufgabe wird darin bestehen, strategische Partnerschaften zwischen Wirtschaft und Bundeswehr weiterzuentwickeln und die Zusammenarbeit mit dem Mittelstand zu fördern. Darüber hinaus soll er Konzepte zur Konsolidierung und strategischen Ausrichtung der deutschen wehrtechnischen Industrie im europäischen Verbund entwickeln.

Reform der Reform

Anschließend informierte Struck über die Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Bundeswehrreform und damit verbundene Sparmaßnahmen. "Es handelt sich dabei nicht um eine Reform der Reform. Wir justieren nach, wir steuern nach," sagte der Minister. Er betonte aber, dass die bereits in der vergangenen Legislaturperiode eingeleitete Verstetigung des Verteidigungshaushaltes uneingeschränkt erhalten werde. Zwischen 2003 und 2006 stehen der Bundeswehr in jedem Jahr 24,4 Milliarden Euro zur Verfügung. Dazu kommen in diesem Zeitraum 1,15 Milliarden Euro für die Terrorbekämpfung. Wirtschaftlichkeit und Effizienz sowie die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft sollen weiterhin verstärkt werden. Die verteidigungspolitischen Richtlinien befinden sich derzeit in der Überarbeitung. Im Frühjahr 2003 soll die Überarbeitung abgeschlossen sein.

Erste Entscheidungen bei militärischen Beschaffungen schaffen Handlungsspielraum und stellen die Finanzierbarkeit der laufenden Vorhaben und den Einstieg in Entwicklungs- und Beschaffungsprojekte sicher. Zu den Projekten stellte der Bundesminister im einzelnen dar:

EUROFIGHTER 2000
Die Beschaffung erfolgt wie geplant mit erforderlicher Bewaffnung.

IRIS-T
Der Bedarf wurde von 1.812 auf 1.250 Flugkörper reduziert. IRIS-T ist die Standardbewaffnung für den Eurofighter 2000 und auch für den Tornado. Eine Beschaffungsentscheidung ist für das Frühjahr 2003 vorgesehen.

METEOR (Bewaffnung Eurofighter 2000)
Möglichst noch in diesem Jahr soll eine Entscheidung für die Entwicklung mit fünf weiteren Nationen getroffen werden. Der Beschaffungsumfang wird von 1.488 auf 600 Flugkörper reduziert.

AIRBUS A 400M
Die Beschaffung des Airbus A 400M steht außer Frage. Die Bestellung wird von 73 auf voraussichtlich 60 Stück reduziert. Eine Reduzierung ist verantwortbar, da es nicht notwendig ist, gleichzeitig sowohl Evakuierungskapazitäten und normale Lufttransportkapazitäten zur Verfügung zu haben. Mit den Partnern liefen dazu Verhandlungen. Der Minister geht nicht von einer Erhöhung des Stückpreises aus. Die Gesamtbeschaffungszahl aller Partnerländer beträgt jetzt durch diese Reduzierung und die Reduzierung Portugals (um drei Maschinen) 180 Stück (ehemals 196).

TRANSALL
Der bislang unzureichende elektronische Schutz des Transportflugzeuges Transall wird verbessert. Die Transall wird unter anderem auch für Flüge in Einsatzgebiete wie Kabul benutzt.

TORPEDO DM 2 A 4
Der Einstieg in die Serienvorbereitung zur Ausrüstung der neuen U-Boote der Klasse 212 wird gesichert.

NH 90 (Transporthubschrauber)
Es werden CSAR-Pakete (Combat Search and Rescue-Fähigkeit) entwickelt, die der Rettung und Rückholung abgeschossener oder notgelandeter Piloten /Besatzungen dienen (zum Beispiel Möglichkeit der Luftbetankung, Datenfunk).

Schützenpanzer "IGEL"
Die Beschaffung des Nachfolgepanzers zum Marder ist sichergestellt. Damit werden die Soldaten im Einsatz besser als bisher in die Lage versetzt, ihre Aufgaben vor allem bei erhöhter Minengefährdung zu erfüllen.

In einem zweiten Schritt sollen Aufgaben und Fähigkeiten mit dem Ziel geprüft werden, die Planung von Betrieb und Investition mit der Finanzplanung zu synchronisieren. Dieses wird beispielsweise von folgenden Leitlinien bestimmt:
  • Altes und im Betrieb besonders aufwändiges, teures Material frühzeitig aus der Nutzung nehmen
  • Konzentration auf Material, das für die wahrscheinlichsten Einsätze erforderlich ist
  • Multinationale Kooperationslösungen suchen
  • Den Betrieb effizienter ausrichten
Handlungsoptionen

Bis zum Frühjahr nächsten Jahres sollen folgende Handlungsoptionen weiter verfolgt und ausgeplant werden:
  • Die Beschaffungsumfänge von Hubschraubern (TIGER, NH90) und die Außerdienststellung bzw. Nutzungsdauerverlängerung für die BELL UH-1D und CH 53 ist aus streitkräftegemeinsamer Sicht zu prüfen.
  • Art und Anzahl der erforderlichen Kampfflugzeuge (TORNADO-Flotte und PHANTOM F4F) sind zu prüfen.
  • Die Raketensysteme HAWK und ROLAND sollten hinsichtlich des hohen Aufwands überprüft werden.
  • Schiffe und Boote sollen rascher als bisher außer Dienst gestellt werden. Der Minister kann sich auch dort eine Kooperation mit anderen Ländern vorstellen, um evtl. auftretende zeitlich begrenzte Lücken zu schließen.
  • Die Fähigkeit zur Seefernaufklärung ("Breguet Atlantic") wird erhalten bleiben. Auch dabei soll eine multinationale Kooperation erfolgen.
  • Umfang und Beschaffungsplanung beim Heer vor allem des Gepanzerten Transportfahrzeugs GTK sowie alternative Beschaffungen sollten untersucht werden.
  • Die Führungsorganisation der Streitkräfte kann noch weiter konzentriert und verschlankt werden.
  • Auswirkungen auf die Stationierung, die sich aus veränderten Planungen ergeben, werden sorgfältig untersucht.
Unverändertes Ziel der Fortsetzung und Weiterentwicklung der Reform ist es, Auftrag, Aufgaben und Ausrüstung der Bundeswehr mit den zur Verfügung stehenden Mitteln in Einklang zu bringen. Der Minister betonte, dass es ihm wichtig sei, wenn möglich, die Belastungen der Soldatinnen und Soldaten zu begrenzen oder zu reduzieren. Die Wehrpflicht steht für den Minister nicht zur Diskussion. Die Erfahrungen anderer Länder mit Berufsarmeen hätten deutlich die Notwendigkeit der Wehrpflicht gezeigt.

Quelle: Homepage der Bundesregierung (www.bundesregierung.de)


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