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Zoff zwischen Amber- und Beachland

Kriegsflotten auf der Ostsee: "Northern Coasts", das größte Manöver im Nordosten, begann

Von René Heilig *

2000 Marinesoldaten aus 13 Nationen, 40 Schiffe und Boote sowie sieben Helikopter und fünf Aufklärungsflugzeuge werden zwei Wochen lang die Ostsee (un-)sicher machen. Das Manöver, es ist das größte im NATO-Nord-Bereich überhaupt, hat den Codenamen »Northern Coasts«.

Am Freitag (16. Okt.) traf man sich in Kiel, heute geht es los. Zwischen Eckernförde und Rügen trainieren Marinesoldaten weltweite Kriseneinsätze. Von allen etwas: Konvoischutz und Abwehr von Piratenattacken – dafür wurde extra ein ziviles Schiff gechartert –, Embargoaktionen wie einst in der Adria, Evakuierungsoperationen oder humanitäre Hilfeleistungen. Vergleichbare Übungen gab es bereits in den vergangenen zwei Jahren.

Flottillenadmiral Georg von Maltzan kommandiert das multinationale Kriegsspiel, zu dem die Deutsche Marine NATO-Partner und andere befreundete Marinen eingeladen hat. Hauptziel ist die Verbesserung der Zusammenarbeit und von Maltzan ist froh über so viele Zusagen. So habe man »mehr Spielpartner« zusammenbekommen. Der Mangel an nationalen Übungseinheiten erklärt sich leicht: Anders als in früheren Jahren, so der Admiral, sei »unsere Flotte ja leider nicht mehr immer schön in der Nord- und der Ostsee, sondern im weltweiten Einsatz«.

Um möglichst realitätsnah üben zu können, erstellte das Flottenkommando ein Szenario mit einem Konflikt zwischen den zwei fiktiven Staaten »Amberland« und »Beachland«. Szenario: Nach einer zwischenzeitlichen Phase der Ruhe zwischen den Ländern hat sich »das Blatt zum Schlechteren gewendet: Umsturz in Amberland, Auflösungserscheinungen in den Streitkräften, terroristische Zellen, Piraterie im Küstenvorfeld, …«

Die Karte des Manövergebietes zeigt die Grenze zwischen dem östlichen »Amberland« und dem westlichen »Beachland«. Man kennt sie aus deutsch-deutschen Zeiten als Trennlinie zwischen den Systemen.

Anders als von Maltzan, der vom Schreibtisch aus führt, werden die Verbände auf See von je einem schwedischen und einem niederländischen Offizier befehligt. Deutschland stellt – neben zahlreichen Elitekräften – mit der Fregatte »Mecklenburg-Vorpommern« eines der Führungsschiffe, dazu kommen der Einsatzgruppenversorger »Frankfurt am Main«, zwei Minenjagdboote, drei Schnellboote und zwei U-Boote. Der Tender »Werra« musste – weil defekt – vom Schwesterschiff »Elbe« ersetzt werden.

Nicht vertreten sind übrigens die neuen K-130er Korvetten. Wer sich wundert, dass dieser jüngste Stolz der Marineführung ausgespart bleibt, schaue sich mal in Werften um. Kaum vom Stapel gelaufen, müssen die Getriebe gewechselt werden. Und während man diesen Pfusch beseitigt, versucht man gleich noch ein paar Neuerungen einzubauen. So kann man auch wachsende Rüstungskosten kaschieren.

Mit dabei ist aber ein Schiff, dass in früheren Zeiten recht oft mit Vorpostenauftrag Richtung Kiel getuckert ist. Damals fuhr die »Viesturs«, mit der die lettische Marine bei »Northern Costs« aufkreuzt, noch als MSR-Schiff »Kamenz« der DDR-Volksmarine.

* Aus: Neues Deutschland, 19. Oktober 2009


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