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Ohne Fremdeinwirkung

Milliardenteure Schützenpanzer der Bundeswehr schrottreif. Die Linke kritisiert Geldgeschenke an Rüstungskonzerne, aber freut sich über untaugliches Kriegsgerät

Von Frank Brendle *

Das Verteidigungsministe­rium will bei der Rüstungsindustrie 405 Schützenpanzer Puma bestellen, obwohl keines der Testfahrzeuge so funktioniert wie erwartet. In einem Sachstandsbericht, der dem Verteidigungsausschuß des Bundestages Ende der Woche vorgelegt wurde, räumt das Ministerium ein, »daß der Nachweis der vertraglich für den Puma vereinbarten Leistungen mit den fünf bisher bestellten Vor­serienfahrzeugen noch nicht erbracht werden konnte«. Der endgültige Kauf sollte eigentlich erst vereinbart werden, wenn die fünf Testpanzer abgenommen wurden. Davon will die Bundeswehr jetzt abrücken, weil sie die damit verbundene Zeitverzögerung von zwei bis drei Jahren »nicht für zielführend« hält. Statt dessen will sie »zur Beschleunigung« gleich in die Serienproduktion einsteigen. Versprechungen der Industrie, nachzubessern, sollen für den Deal genügen.

Das Ministerium kompensiert die technischen Pleiten mit euphemistischer Wortwahl. So habe die Industrie »die technischen Lösungsansätze« aufgezeigt und diese »mit guten Teilergebnissen weitergeführt«. Geradezu brillant ist die Formulierung, daß die Testpanzer zwar »nicht einzeln, aber zusammen das geforderte Leistungs- und Funktionsspektrum des Waffensystems« abbilden. Auf einen Autokauf übertragen: Das eine hat keine Bremsen, dafür hat das andere kein Licht – beide zusammen würden aber einwandfrei fahren.

Der Puma soll den alten Marder ablösen, schneller, wendiger und besser gepanzert sein und höheren Schutz gegen Minen bieten. Die Probleme liegen dem Bericht zufolge, den jW einsehen konnte, vor allem beim Laufwerk und Antrieb. Genannt werden auch die Sprengkörperwurfanlage und das Selbstschutzsystem gegen anfliegende Lenkflugkörper. Zu den Problemen am Laufwerk heißt es, erste Ergebnisse zeigten »eine deutliche verbesserte« Qualität. »Die Leistungsschwächen im Antriebsbereich sollen« (!) behoben werden. Ob der Panzer am Ende ins Kriegsgebiet verlegt werden kann, ist auch unklar. Für den Transport im Militärairbus A 400 M müssen erst noch »gewichtsreduzierende Maßnahmen« ergriffen werden.

Trotz allem ist die Bundeswehr entschlossen, 405 Panzer zu ordern und deren Einsatztauglichkeit im laufenden Betrieb auszutesten. Hauptsache, die Panzer rollen ab Ende nächsten Jahres. Kostenpunkt: Gegenwärtig 3,7 Milliarden Euro. Die Beute teilen sich Krauss Maffei Wegmann und Rheinmetall.

Der Verteidigungsausschuß nahm den Bericht wohlwollend zur Kenntnis, mit Ausnahme der Linksfraktion. Deren abrüstungspolitische Sprecherin Inge Höger schwankt im jW-Gespräch zwischen Fassungslosigkeit und Belustigung: Einerseits seien funktionsuntaugliche Panzer ganz nach ihrem antimilitaristischen Geschmack. Andererseits schockiert sie die irrsinnige Verschwendung. Der Puma sei eine klare Angriffswaffe, das Geld wäre besser in soziale und Bildungsprojekte oder in die Entwicklungshilfe investiert, so Höger. Kommende Woche befaßt sich der Haushaltsausschuß mit dem Vorhaben.

* Aus: junge Welt 2009

Im Wortlaut:

Die Presseerklärung von Inge Höger, MdB, 6. Mai 2009

Milliarden-Ausgaben für funktionsunfähigen PUMA-Schützenpanzer

Zum Rüstungsvorhaben Schützenpanzer PUMA, dessen Antriebsprobleme nicht gelöst werden können, erklärt Inge Höger, Mitglied im Verteidigungsausschuss für die Fraktion DIE LINKE:

„Ein Schützenpanzer, der nicht fährt, ist ganz im Sinne meiner Antikriegshaltung. Bevor eine spätere Konversion durchgesetzt werden muss, können in diesem Fall die Ausgaben von weiteren 3,7 Mrd. Euro für diesen teuren High-Tech-Panzer besser gleich gespart werden. Der Einstieg in die Serienproduktion eines funktionsuntüchtigen Prototypen wäre ein Irrsinn. Statt in Rüstung – in diesem Fall sogar untaugliche - sollte in soziale und Bildungsprojekte oder in die Entwicklungshilfe investiert werden.

Das derzeit größte und teuerste Streitkräfte-Beschaffungsprojekt der Bundeswehr, der Schützenpanzer PUMA, verfügt auch nach über vier Jahren Entwicklungs- und Erprobungszeit nicht einmal über einen funktionierenden Antrieb. Auch weitere Leistungsmerkmale können nicht nachgewiesen werden wie beispielsweise ein Gewicht, dass die Lufttransportfähigkeit ermöglichen würde. Das legt nur eine einzige Konsequenz nahe: Ausstieg aus diesem Rüstungsprojekt, mit dem globale Kriege auf High-Tech-Niveau führbar gemacht werden sollen.

Fünf Vorserienfahrzeuge wurden produziert, doch keines ist funktionsfähig. Die Firmen Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann haben in den letzen Jahren die Vertragsvereinbarungen bereits mehrfach nicht erfüllt. Vertragsänderungen ermöglichten trotzdem die Weiterarbeit am gewinnträchtigen Großrüstungsprojekt PUMA.

Der bestehende Vertrag legt eines eindeutig fest: Mit der Serienproduktion von 405 Schützenpanzern PUMA kann erst nach dem erfolgreichen Nachweis der vollen Leistungsfähigkeit begonnen werden. Für diese Entwicklungsphase wurden fünf PUMA-Panzer mit 387 Mio. Euro als Vorserie bereits finanziert. Jetzt ist eine Änderung gerade dieser Option beabsichtigt.

Obgleich laut dem Sechsten Sachstandsbericht diese entscheidende Vertragsbedingung nicht erfüllt wurde, soll ab 2010 in die Serienproduktion eingestiegen werden. Die ersten produzierten Panzer sollen den Nachweis dann sozusagen nachliefern. Dieses Vorhaben muss gestoppt werden.“




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