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Guttenberg: Arbeit wuchs mir "teilweise über den Kopf"

Universität Bayreuth legt Abschlussbericht zu Plagiatsvorwürfen vor

Schlamperei in Folge von Dauerstress führt Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg (CSU) für die vielen Fehler in seiner Doktorarbeit an. Er räumt ein, die Arbeit sei ihm über den Kopf gewachsen.

Der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat gravierende Fehler und massive Überforderung bei seiner Doktorarbeit eingeräumt. In seiner Stellungnahme zum Abschlussbericht wegen der Plagiatsvorwürfe erklärte Guttenberg, dass ihm die Arbeit "teilweise über den Kopf gewachsen" sei.

In ihrem mehr als 40-seitigen Bericht kam die Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft" an der Universität Bayreuth am Mittwoch zu dem Schluss, dass Guttenberg die Prüfungskommission bei seiner Doktorarbeit vorsätzlich getäuscht und die Standards guter wissenschaftlicher Praxis grob verletzt habe. Fremde Texte seien in einem kaum vorstellbaren Ausmaß in allen Einzelheiten ohne Kennzeichnung der Autorenschaft übernommen worden.

Kein Guttenberg-Tribunal

Der Vorsitzende der Kommission, Prof. Stephan Rixen, erklärte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz, die Kommission sei kein Guttenberg-Tribunal. Sie wolle aber auch nichts weichspülen und reinwaschen. Fest stehe, dass über alle Teile der Arbeit Plagiate festgestellt worden. "Angesichts der Fülle der Einzelplagiate kann man nicht mehr von bloßen Bagatellverstößen sprechen", heißt es in dem Bericht. Hinweise auf einen Ghostwriter bei der Doktorarbeit gab es nach Angaben der Universität nicht. Guttenbergs Doktorvater Prof. Peter Häberle habe Guttenberg gewiss vertraut, sagte Rixen. Er habe sich nicht vorstellen können, dass er getäuscht wurde.

Ermittlungen

Die Staatsanwaltschaft im bayerischen Hof ermittelt gegen Guttenberg wegen Verstößen gegen das Urheberrechts. Dort liegen mehr als 100 Anzeigen vor. Zum Stand des Verfahrens wollte sich Oberstaatsanwalt Reiner Laib am Mittwoch nicht äußern. Für Juni kündigte er einen Zwischenbericht an. Es werde auch Auskunft gegeben, ob Strafanträge von Betroffenen vorliegen.

Die Universität Bayreuth will aus der Plagiatsaffäre um die Doktorarbeit von Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Konsequenzen ziehen. Es sollen einheitliche Qualitätsmaßstäbe für Promotionsverfahren erarbeitet werden, sagte Uni-Präsident Prof. Rüdiger Bormann am Mittwoch bei der Vorlage des Abschlussberichtes zu der Affäre. Bormann kündigte an, dazu externen Sachverstand hinzuzuziehen.

Die Hochschule hatte Guttenberg bereits am 23. Februar den Doktortitel aberkannt. Am 1. März legte Guttenberg dann sein Ministeramt und sein Bundestagsmandat nieder.

Rückkehr in die Politik

Entgegen seiner Ankündigung, sich von allen politischen Ämtern zurückzuziehen, hat sich Guttenberg nach Angaben eines Parteisprechers vom CSU-Kreisverband Kulmbach als Delegierter für den Bezirks- und Landesparteitag wählen lassen. Ob er die Wahl auch angenommen hat, blieb zunächst unklar.

Der ehemalige bayerische Wissenschaftsminister und CSU-Generalsekretär Thomas Goppel geht nicht von einer Rückkehr des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg in die Politik aus. "Das ist im Prinzip vorbei", sagte Goppel am Mittwoch im Deutschlandfunk. "Ich glaube allen Ernstes, dass man in einer solchen Geschichte mit einem solchen Ergebnis mit solchen Vorgaben nicht davon reden kann, dass man morgen in der Politik wiederkommt."

* Aus: Neues Deutschland, 12. Mai 2011


Plagiat: Uni Konstanz entzieht Edmund Stoibers Tochter den Doktortitel

Edmund Stoibers Tochter Veronica verliert Doktortitel - Uni Konstanz erklärt Arbeit im Fach Jura zum Plagiat **

Die Tochter des langjährigen CSU-Chefs Edmund Stoiber, Veronica Saß, hat wegen Plagiatsvorwürfen ihren Doktortitel im Fach Jura verloren. Wie die Universität Konstanz am Mittwoch (11. Mai) mitteilte, entzog die Uni den Titel, weil "erhebliche Teile der Arbeit Plagiate darstellen". Uni-Rektor Ulrich Rüdiger erklärte, die jüngere der beiden Stoiber-Töchter habe gegen die Regeln wissenschaftlicher Redlichkeit verstoßen. "An der Universität Konstanz erklärt jeder Doktorand bei Abgabe der Dissertation, dass die Arbeit selbst verfasst und fremde Literatur als solche gekennzeichnet ist. Wird diese Grundregel wissenschaftlicher Redlichkeit nachweislich verletzt, ist es an der Universität, ihr wieder Geltung zu verschaffen."

Die Konstanzer Uni hatte nach eigenen Angaben zwei Tage vor dem Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe gegen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Hinweise auf Plagiate in der Doktorarbeit von Saß erhalten. Wie nun Saß war auch Guttenberg der ebenfalls im Fach Jura erreichte Doktorgrad wieder aberkannt worden. Die Universität Bayreuth wollte am Mittwoch einen abschließenden Bericht veröffentlichen, aus dem hervorgeht, dass der wegen der Affäre zurückgetretene Guttenberg beim Verfassen seiner Dissertation vorsätzlich getäuscht habe.

** Aus: Neues Deutschland, 12. Mai 2011

Plagiatsvorwurf: Silvana Koch-Mehrin tritt von ihren Ämtern zurück

Die FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin hat auf die Plagiatsvorwürfe im Zusammenhang mit ihrer Doktorarbeit reagiert und "mit sofortiger Wirkung" alle ihre Ämter niedergelegt. Sie trete als Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament sowie als Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments zurück, erklärte sie am 11. Mai in Brüssel. Außerdem legte Koch-Mehrin ihre Mitgliedschaft im FDP-Präsidium nieder.

"Ich hoffe, dadurch meiner Partei den Neuanfang mit einem neuen Führungsteam zu erleichtern", erklärte die Politikerin. Ihren Rücktritt vom Amt der Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments begründete sie damit, sie wolle "nicht in führender Position ein Ziel für Angriffe auf die einzige demokratisch legitimierte Institution der Europäischen Union" bieten. "Ich möchte mit diesem Schritt auch verhindern, dass meine gesamte Familie durch die öffentliche Diskussion weiter belastet wird", erklärte sie.

Zu ihrer Dissertation erklärte Koch-Mehrin, sie habe die Arbeit 1999 an der Universität Heidelberg eingereicht, und dort werde sie jetzt überprüft. Sie wünsche, dass diese Prüfung nun "vertraulich, fair, nach rechtsstaatlichen Maßstäben und ohne Ansehen der Person durchgeführt" und nicht dadurch belastet werde, dass sie herausgehobene Ämter innehabe.

Laut einem Bericht des "Tagesspiegel" hatten sich die Plagiatsvorwürfe gegen die prominente FDP-Politikerin erhärtet. Die Zeitung berichtete in ihrer Mittwochsausgabe unter Berufung auf Kreise der Universität Heidelberg, die Hochschule habe ein förmliches Entziehungsverfahren zur Aberkennung des Doktortitels eingeleitet. Grund seien mehrere festgestellte Plagiate in ihrer Dissertation, die als erheblicher Regelverstoß gewertet würden.

Einer Untersuchung der Internet-Plattform "VroniPlag Wiki" zufolge hat Koch-Mehrin gezielt abgeschrieben. "Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurden auf 56 von 201 Textseiten Plagiatstellen nachgewiesen. Dokumentiert sind Textübernahmen aus insgesamt 15 verschiedenen Quellen", heißt es in dem Bericht.

Quellen: AFP, dpa, Spiegel-online, 12. Mai 2011




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