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Das letzte Gefecht

Bundestag beschließt Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes - Die wichtigsten Reden im Wortlaut

Am 28. September 2005 wurde der alte (der 15.) Bundestag (ein neuer - der 16. - Bundestag war inzwischen, am 18. September, gewählt worden) zusammengerufen, um über den Antrag der Bundesregierung zur "Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan" zu beraten. Der Ausgang dieses "letzten Gefechts" war von vorneherein klar: Alle Fraktionen stimmten dafür, die beiden Abgeordneten der PDS stimmten - wie immer bei Auslandseinsätzen - dagegen. Zu den Nein Stimmen von Gesine Lötzsch und Petra Pau (PDS) kamen noch weitere 12 Nein-Stimmen dazu, darunter die von Peter Dreßen (SPD), Dr. Wolf Bauer, Wolfgang Börnsen (Bönstrup) und Norbert Schindler (CDU/CSU), Winfried Hermann und Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Rainer Funke, Joachim Günther (Plauen), Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp und Jürgen Koppelin (FDP) sowie des aus der CDU ausgeschlossenen fraktionslosen Abgeordneten Martin Hohmann. Die Stimmenthaltungen kamen von Dr. Christine Lucyga (SPD), Ursula Sowa und Dr. Antje Vogel-Sperl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie von Michael Kauch (FDP).
Insgesamt wurden 553 Stimmen abgegeben: 535 stimmten mit Ja, 14 mit Nein und 4 enthielten sich.
Ein Novum bescherte die Debatte: Die neu gewählten Abgeordneten der Linkspartei.PDS ließen es sich nicht nehmen, mit einem Transparent vor dem Bundestag gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan zu protestieren. Mit dabei einige Vertreter der Friedensbewegung (siehe hierzu: "Hindukusch ist die Metapher für die Großmachtrolle, die Deutschland wieder zu spielen bereit ist".)

Im Folgenden dokumentieren wir aus der Plenardebatte folgende Reden:

Auf die Dokumentation der Zwischenrufe und Beifallskundgebungen haben wir verzichtet.

A u s z u g a u s d e r D e b a t t e d e s D e u t s c h e n B u n d e s t a g s
187. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 28. September 2005
(Plenarprotokoll 15/187, Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht)

Dr. Peter Struck, Bundesminister der Verteidigung:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 6 000 Kilometer von Deutschland entfernt leisten zurzeit 2 208 Soldatinnen und Soldaten in Kabul, Kunduz und Faizabad ihren Dienst im Rahmen der internationalen Sicherheits- und Unterstützungsmission der Vereinten Nationen für Afghanistan. Die Temperaturschwankungen in Afghanistan betragen im Laufe des Jahres bis zu 60 Grad. Die Soldatinnen und Soldaten schlafen in Zelten oder Containern. Für eine Fahrstrecke von 200 Kilometern werden in der Regel mindestens 14 Stunden gebraucht. Das sind nur einige der Umstände, die den Dienst bestimmen. Wichtiger ist, dass unsere Soldatinnen und Soldaten bei ihrem Einsatz Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt sind. Wir haben seit Beginn des Einsatzes ab Dezember 2001 17 Soldaten verloren. 22 Soldaten wurden bei einem Selbstmordattentat teilweise schwer verletzt und leiden noch heute unter den Auswirkungen dieses Anschlags. Allen Soldatinnen und Soldaten, die gerade jetzt in Afghanistan sind oder in den vergangenen fast vier Jahren dort waren, gebührt hoher Respekt für ihre Arbeit und unser aller Dank.

Der Einsatz in Afghanistan birgt ein hohes Risiko, aber er ist von uns allen zu verantworten. Wir handeln nicht leichtfertig. Wir müssen und wollen den Afghanen weiterhin zur Seite stehen und zur Sicherheit im Land beitragen. Indem wir dabei helfen, den Wiederaufbau voranzubringen, machen wir die Abkehr Afghanistans von einer Brutstätte internationalen Terrorismus unumkehrbar. Damit trägt der Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten auch zur Sicherheit in Deutschland und Europa bei. Vor zehn Tagen, am 18. September, mündete der auf der Afghanistan-Konferenz 2001 begonnene Prozess des Wiederaufbaus und der Demokratisierung in einen herausragenden politischen Erfolg. Millionen Männer und vor allem auch Frauen haben mutig die Chance ergriffen, selbst in freier Wahl über ihre politischen Führer zu bestimmen. Das ist auch dem Einsatz der internationalen Friedenstruppe zu verdanken.

Mehr als 50 000 afghanische Sicherheitskräfte, unterstützt von rund 12 000 ISAF-Kräften und rund 18 000 Soldaten der Antiterrorkoalition, haben für einen nahezu ungestörten Ablauf der Wahlen gesorgt. Der Leiter der Wahlbehörde in Afghanistan hat die Sicherheitslage bei der Wahl als "generell sehr gut" bezeichnet. Die erste Parlamentswahl seit gut 35 Jahren war ein Meilenstein auf dem Weg in eine bessere Zukunft. Sie folgte der Verabschiedung der Verfassung im Januar 2004 und der Präsidentschaftswahl im Oktober 2004.

Mit der Konstituierung des neuen afghanischen Parlaments ist der so genannte Bonn-Prozess beendet. Es kommt jetzt darauf an, dass die internationale Gemeinschaft den weiteren Aufbau des Landes mit allen Kräften unterstützt. Ich habe dazu auf der Konferenz der NATO-Verteidigungsminister vor zwei Wochen hier in Berlin eine weitere Afghanistan-Konferenz unter Beteiligung der NATO und anderer Geberstaaten in Kabul vorgeschlagen. Im Kern muss es darum gehen, dass die Afghanen nach und nach mehr Verantwortung für ihr Land übernehmen. Darin wollen wir sie weiterhin unterstüt-zen - auch durch die ISAF-Schutztruppe. Ohne die ISAF-Kräfte hätte Afghanistan die erfolgreiche politische Entwicklung der vergangenen vier Jahre nicht vollziehen können. Wir führen keinen Kriegseinsatz, sondern eine Friedensmission durch.

Ohne ISAF würde das Land in den kommenden Jahren ohne jeden Zweifel Gefahr laufen, in einen Zustand der Instabilität und des Zerfalls zurückzufallen. Neue Gefahren, auch durch wieder erstarkende Terroristen im Lande, wären die Folge.

Afghanistan steht noch immer am Beginn des Weges zu einem stabilen demokratischen Staat. Die neu geschaffenen Institutionen sind noch nicht belastbar. Es gibt eine geschwächte, aber immer noch handlungsfähige militante Opposition, wie wir sie nennen. Der Drogenhandel bleibt ein Riesenproblem und die Armut wird nur durch eine entsprechende wirtschaftliche Entwicklung in diesem Land verringert werden können.

Das Erreichte bedarf daher weiterhin der militärischen Absicherung durch ISAF. Die Bundeswehr stellt künftig mit bis zu 3 000 Soldaten das größte ISAF-Kontingent. Die deutschen Streitkräfte werden in den ISAF-Regionen Kabul und Nord eingesetzt.

Im Norden übernimmt Deutschland die Führungsverantwortung. Der deutsche Regionalkoordinator wird seine Aufgaben von Mazar-e Scharif aus wahrnehmen. Der in der Nord- und Westregion bewährte zivil-militärische Ansatz der regionalen Wiederaufbauteams soll auf andere Provinzen ausgedehnt werden. Auch dies ist ein Erfolgsmodell. Die Zusammenarbeit zwischen den Nichtregierungsorganisationen und der Bundeswehr in diesem Bereich klappt hervorragend.

ISAF und OEF - darauf lege ich großen Wert - bleiben weiterhin getrennte Missionen. Daran wird sich auch nichts ändern.

Im Zuge der weiteren Ausdehnung von ISAF sollen deutsche Soldaten aber auch in anderen Regionen zeitlich und im Umfang begrenzt zur Unterstützung eingesetzt werden können, wenn dies der ISAF-Gesamtauftrag unabweisbar erfordert. Das betrifft vornehmlich Aufgaben in den Bereichen Aufklärung, Führung, Transport oder Logistik. Wenn das geschieht, werden wir das Parlament selbstverständlich darüber informieren. In dem Mandat ist eine Personalobergrenze von 3 000 Soldaten vorgesehen. Die bisherige regionale Obergrenze für Kunduz entfällt. Dadurch gewinnen wir die Flexibilität, die wir für den Einsatz der deutschen Soldatinnen und Soldaten benötigen.

Ich will herausheben, dass die Verlängerung und Modifizierung des Mandats für den Einsatz der Bundeswehr keine Veränderung in der Frage der Drogenbekämpfung mit sich bringt. Der Gouverneur von Kunduz sagte anlässlich der Parlamentswahlen in einem Zeitungsinterview:

Ohne sie
- die deutschen und anderen ISAF-Truppen -
würde hier das reine Chaos herrschen - wie in alten Zeiten. Im Moment kann man Afghanistan nicht allein lassen. Wir sind den militärischen und den zivilen Helfern dankbar,
- so der Gouverneur -
daß sie die Polizei, die Armee und die Infrastruktur des Landes reparieren.

Er sagte auch:
Wir brauchen die Deutschen. Ihre Arbeit ist sehr wichtig.

Der Gouverneur hat Recht. Deshalb bin ich mir sicher, dass dieses Haus das Mandat für die Bundeswehr heute mit großer Mehrheit verlängern wird. Dies wäre im Interesse der Soldatinnen und Soldaten, deren unbeschadete Rückkehr wir uns alle, denke ich, wünschen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Dr. Friedbert Pflüger (CDU/CSU):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den Terrorcamps der Talibanregierung in Afghanistan wurden nach Angaben des Bundesnachrichtendienstes bis 2001 etwa 20 000 Terroristen ausgebildet und in alle Welt geschickt. Sie waren für die Anschläge von al-Qaida überall auf der Welt mitverantwortlich. Es ist gut und richtig gewesen, dass die Weltgemeinschaft 2001 unter Führung der UN dem terroristischen Treiben der Taliban und der al-Qaida ein Ende gesetzt hat. Es ist richtig, dass die Staatengemeinschaft dann das geschundene Afghanistan nicht alleine gelassen hat, sondern den Wiederaufbau- und Entwicklungsprozess Afghanistans bis heute fördert.

CDU und CSU stimmen dem Antrag der Bundesregierung zu, weil wir verhindern müssen, dass die Terroristen und Taliban zurückkehren und uns erneut bedrohen. Wir stimmen zu, weil der Prozess der Stabilisierung, des Wiederaufbaus und der Errichtung demokratischer Institutionen noch nicht abgeschlossen ist. Wir stimmen zu, weil wir die Drogenproduktion in Afghanistan zum Wohle unserer Kinder eindämmen müssen. Wir stimmen zu, weil wir im multilateralen Rahmen ein verlässlicher Partner der Vereinten Nationen und der NATO sind. Die Verlängerung des Mandats in Afghanistan ist im deutschen Interesse. Deshalb werden CDU und CSU dem Antrag der Bundesregierung heute ihre Zustimmung geben.

Wenn wir nach Afghanistan schauen, dann stellen wir fest, dass es dort Licht und Schatten gibt. Am 18. September dieses Jahres haben in Afghanistan Parlamentswahlen stattgefunden. Sie sind im Großen und Ganzen erfolgreich durchgeführt worden. Aber wir alle wissen: Die neu geschaffenen Institutionen in Afghanistan sind nach wie vor wenig belastbar.

Mehr als 60 000 Kämpfer der registrierten Milizen wurden entwaffnet. Aber noch immer soll es nach Angaben der UNAMA in Afghanistan rund 680 illegale Milizen mit 80 000 Bewaffneten geben. Teile des Landes sind weder unter Kontrolle der afghanischen noch der internationalen Sicherheitskräfte. Zudem gelangen immer wieder Terroristen, insbesondere aus Pakistan, in das Land. Angriffe und Anschläge auf Soldaten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und die Zivilbevölkerung machen deutlich, dass noch größere Anstrengungen notwendig sind, um die Sicherheitslage zu verbessern.

Herr Verteidigungsminister Struck hat auf die großen Gefahren hingewiesen. Auch ich möchte für meine Fraktion allen Soldaten, aber auch den zivilen Aufbau- und Entwicklungshelfern für ihre großartige und gefährliche Arbeit fernab der Heimat herzlich danken.

Viel internationales Geld wurde bisher in den Aufbauprozess Afghanistans gesteckt. Doch am Ende des so genannten Bonn-Prozesses ist die Dividende sehr ambivalent. Für viele Afghanen haben sich die Lebensverhältnisse bisher eben nicht verbessert. Nur 6 Prozent der Menschen haben Strom. Das Straßennetz ist noch immer schlecht. Der Wiederaufbauprozess ist hinter den Planungen zurückgeblieben. Für Schönfärberei gibt es keinen Anlass. Trotz einiger Teilerfolge lastet die Drogenproblematik nach wie vor auf der Zukunft Afghanistans. Hier wird der Kollege Schmidbauer gleich das eine oder andere hinzufügen. Erlauben Sie mir eine grundsätzliche Bemerkung. In den sieben Jahren der rot-grünen Bundesregierung zwischen 1998 und heute hat es 36 Anträge der Bundesregierung gegeben, deutsche Soldaten ins Ausland zu senden. 36 Mal wurden wir als Opposition aufgefordert, Soldaten in Krisen-, Konflikt- oder gar Kriegsregionen zu schicken: Afghanistan, Kosovo, Bosnien, Mazedonien, aber auch Osttimor, Kongo, Sudan und Eritrea. In manchen Fällen hatten wir große Bedenken, zum Beispiel wegen der allgemeinen Finanzlage des Bundes und der Bundeswehr. Wir hatten Bedenken wegen mangelnder Ausrüstung und Erfahrung der Bundeswehr in bestimmten Regionen. Wir hatten Bedenken wegen ausbleibender Erfolge bei einem Friedensprozess. Wir haben trotzdem in allen 36 Fällen zugestimmt. Wir haben oft durch unsere Arbeit Protokollnotizen erreicht, die dann das Mandat mit gebunden haben, um mehr Sicherheit für unsere Soldaten zu ermöglichen.

Es ist ein großer und wichtiger Schritt, wenn man Soldaten ins Ausland schickt. Jeder Einzelne von uns trägt nach unserer Verfassung dafür eine große Verantwortung. Wir haben in allen Fällen zugestimmt, weil wir letztlich von der sicherheitspolitischen Bedeutung überzeugt waren, wir haben aber vor allen Dingen zugestimmt, weil wir es unseren Soldaten schuldig sind, dass Konflikte und Interessenunterschiede hier im Deutschen Bundestag nicht auf ihrem Rücken ausgetragen werden. Sie haben das Recht darauf, vom ganzen Deutschen Bundestag in ihre gefährlichen Einsätze geschickt zu werden. Deshalb hat sich die CDU/CSU in keinem einzigen Fall in den letzten sieben Jahren ihrer Verantwortung entzogen.

Ich hoffe sehr, dass die zukünftige Opposition in diesem Haus ein ähnlich hohes Verantwortungsgefühl haben wird, dass das ganze Haus den Soldaten das Mandat für Auslandseinsätze erteilen wird und dass wir nicht noch einmal den Fehler machen - auch nicht in Wahlkämpfen -, den Eindruck zu vermitteln, als seien die einen Deutschen in diesem Haus verlässlichere Bündnispartner als die anderen oder wollten gar den Frieden mehr als die anderen.

Vielen Dank.

Joseph Fischer, Bundesminister des Auswärtigen:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 18. September haben in Afghanistan die ersten freien Parlamentswahlen seit In-Kraft-Treten der neuen Verfassung stattgefunden. Ich denke, das ist ein wichtiges Datum, das es hier in der Debatte festzuhalten gilt. Damit wird der so genannte Bonn-Prozess, der vor einigen Jahren auf dem Petersberg in Bonn begonnen hat, formal abgeschlossen; formal deswegen, weil damit der letzte Schritt nach den freien Präsidentschaftswahlen, nach den Erfolgen beim Wiederaufbau und der Stabilisierung der Sicherheit getan wurde. Selbstverständlich wird Afghanistan auch in Zukunft unserer Unterstützung bedürfen, und zwar in allen Bereichen, damit dieser Prozess weiter vorangehen kann. Es hat Wahlen zur Präsidentschaft und zum Parlament gegeben. Diese Wahlen wurden insgesamt positiv bewertet. An der Stabilisierung der Sicherheit wird weiter gearbeitet werden müssen. Diese Aufgabe wird aber gleichzeitig mehr und mehr auf afghanische Schultern übertragen werden. Deutschland war und ist bei der Polizeiausbildung führend. Es zeigt sich, dass der Beitrag der afghanischen Polizei und auch des afghanischen Militärs gemeinsam mit internationalen Einsatzkräften ein wesentlicher Beitrag zur Sicherheitsstabilisierung war. All das zeigt: Es hat sich wirklich rentiert, unter dem Dach der Vereinten Nationen zum Wiederaufbau beizutragen. Es hat sich moralisch rentiert, es hat sich aber auch politisch, ökonomisch und humanitär rentiert. Insofern möchte ich mich dem Dank des Verteidigungsministers an alle eingesetzten Kräfte anschließen. Ob es zivile oder militärische Kräfte waren: Sie haben viel riskiert. Sie haben es in unserem Namen getan. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken.

Ich habe gesagt, dass noch viel zu tun ist, aber ein kurzer Blick zurück macht klar, was schon erreicht wurde. Eine Beendigung des Mandats zum jetzigen Zeitpunkt würde bedeuten, dass wieder dasselbe politische Umfeld entstehen würde, das den Bürgerkrieg hervorgebracht hat. Ich möchte auch denjenigen, die bisher ihre Zustimmung versagt haben und die in dieses Haus wieder in Fraktionsstärke einziehen werden, die historische Verantwortung klar machen: Die afghanische Tragödie über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg hätte es ohne den kommunistischen Putsch und ohne den Einmarsch der Roten Armee in dieser Form nicht gegeben. Ich denke, dass man sich von dieser historischen Verantwortung nicht freisprechen kann.

Dieser Einsatz war und ist - ich denke, hierin sind sich alle Fraktionen im Hause, die diesen Einsatz unterstützt haben, einig - niemals Teil einer militärisch gestützten Außenpolitik, die auf nationalen Interessen begründet war. Das Ganze war vielmehr eine Anstrengung der Staatengemeinschaft nach jenem furchtbaren Verbrechen des 11. September, bei dem klar war, dass es von einer Terrorgruppe organisiert und ins Werk gesetzt wurde, die die Unterstützung der Taliban in Afghanistan gefunden hat, und dass diese Gefahr für den Weltfrieden nicht mehr hingenommen werden durfte und konnte. Deswegen hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die notwendigen Entscheidungen getroffen. Auf dieser Grundlage hat Deutschland seinen Anteil geleistet.

Wir hatten in diesem Hause durchaus Skepsis zu überwinden, etwa den Einsatz des Instruments der so genannten Provincial Reconstruction Teams betreffend. Ich verstehe zwar diese Einwände; sie haben sich aber - Gott sei Dank, füge ich hinzu - im Lichte der Realität als nicht belastbar erwiesen. Insofern können wir feststellen, dass sich gerade die deutsche Herangehensweise, nicht nur militärische Teams in die Region zu entsenden, sondern einen breiteren Ansatz des Wiederaufbaus - das heißt die Koordination von Militär, ziviler Wiederaufbauhilfe und allen anderen Bereichen, ob Erziehung, Polizei oder was auch immer - zu wählen, letztendlich doch bewährt hat.

Heute können wir feststellen, dass das neue Mandat auf diese Grundtatsache eingeht, nämlich erstens, dass der Bonn-Prozess zum Ende gekommen ist. Zweitens - diese Debatte hat gerade in unserer Fraktion eine Rolle gespielt; insofern möchte ich das hier noch einmal aufgreifen - sind die Ausdehnung des Mandats und die Aufstokkung der Truppen nicht Ausdruck einer Krise, sondern des genauen Gegenteils. Dass in Afghanistan so genannte Regionalkommandos unter Führung jeweils einer Nation gebildet werden, wobei Deutschland den Norden Afghanistans übernimmt, ist darin begründet, dass Großbritannien sein bisheriges Team in den Süden entsendet und dort Verantwortung übernimmt, sodass es im Raum Kandahar mehr Stabilität gibt. Italien wird die Verantwortung im Westen - im Raum Herat - und Deutschland diese im Norden übernehmen. Der Osten gibt nach wie vor Anlass zur Besorgnis. Darum möchte ich nicht herumreden. Er wird deswegen aus guten Gründen von den USA übernommen werden.

Mehr regionale Flexibilität ist notwendig - auch das ist eine Erfahrung aus dem Kosovo -, um mit den vorhandenen Kräften unmittelbar auf eine Krise reagieren zu können. Ein solcher Einsatz kann schlicht und einfach nur ohne nationale Vorbehalte mit der nötigen Flexibilität durchgeführt werden. Ich hoffe, dass das, was wir in den vergangenen Jahren gezeigt haben, auch für die kommenden Jahre stilbildend bleibt, nämlich dass der Bundesverteidigungsminister wie auch die Bundesregierung insgesamt weder mit Obergrenzen noch mit Einsatzkompetenzen, die das Mandat umfasste, jemals extensiv umgegangen sind, sondern immer auf der Grundlage der zeitnahen Information des Parlaments und mit der gebotenen Zurückhaltung; übrigens auch im Interesse der Zusammenarbeit dieser beiden Verfassungsinstitutionen und der notwendigen Unterstützung der Soldatinnen und Soldaten, die schließlich im Einsatz viel riskieren. Die Bundesregierung hat bereits eine entsprechende Zusage gegeben.

Das sind die wesentlichen Punkte, auf die es von politischer Seite ankommt. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat am 13. September eine entsprechende Verlängerung des Mandats beschlossen; das heißt, wir werden es jetzt - im Übrigen auf Bitte der afghanischen Regierung - um weitere zwölf Monate verlängern. Die Stärkung der demokratischen Institutionen, die Verbesserung des Schutzes der Menschenrechte, die Armutsbekämpfung, die Modernisierung der Verwaltung, die Bekämpfung der Korruption und der Kampf gegen den Drogenanbau und den Drogenhandel werden - selbstverständlich gemeinsam mit der Stärkung der regionalen Zusammenarbeit, damit auch die regionalen Kriegsgründe beseitigt werden können - den jetzt beginnenden Post-Bonn-Prozess bestimmen.

Drogenanbau und Drogenhandel spielen dabei eine große Rolle. Hierbei gibt es aber keine kurzfristigen Lösungen. Man sollte sich nichts vormachen: Überall dort, wo es gelang, dies erfolgreich zurückzudrängen, gelang dies nur mit langem Atem und vor allen Dingen durch den Einsatz und den Aufbau ökonomischer Alternativen für die Landbevölkerung. Das ist von entscheidender Bedeutung. Hinzu kommt eine wirksame Antikorruptionsstrategie, das heißt wirksame Polizeiarbeit und der notwendige politische Druck, damit eventuelle politische Verflechtungen aufgedeckt und entsprechende Konsequenzen gezogen werden können. Das alles ist in das Mandat eingeflossen. Gleichzeitig haben wir auf Bitte der Fraktionen die Protokollerklärung in das Mandat aufgenommen.

Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Ich denke, dass wir hier ein Mandat haben, das den Herausforderungen des Post-Bonn-Prozesses gerecht wird, dass Afghanistan weiterhin unsere Unterstützung braucht und dass gleichzeitig die eingesetzten Soldatinnen und Soldaten, aber auch die zivilen Kräfte, die Polizisten, die hervorragende Arbeit leisten, und die Diplomaten Anspruch auf breite Unterstützung und Anerkennung für ihre gefährliche Arbeit haben. Deswegen bitte ich Sie im Namen der Bundesregierung um breite Unterstützung.

Weil Sie, Herr Kollege Pflüger, es angesprochen haben, möchte ich mich ausdrücklich für die 36 Entscheidungen der CDU/CSU-Fraktion in den vergangenen Jahren recht herzlich bedanken. Sie können davon ausgehen: Sie werden immer eine verantwortungsvolle Opposition haben. Aber nun brauchen wir zuerst eine neue Regierung. Das wird noch viel Arbeit.

Vielen Dank.

Günther Friedrich Nolting (FDP):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP-Bundestagsfraktion hat in den Jahren 2001 und 2002 den jeweiligen Mandaten zugestimmt. Anders war die Situation vor zwei Jahren, als die Bundesregierung eine weder in der NATO noch in der EU abgestimmte Einzelentscheidung traf, den Aufbau eines PRT in Kunduz beschloss und dies in das ISAF-Mandat vom 13. Oktober 2003 integrierte. Die FDP hatte eindringlich vor einem derartigen Alleingang gewarnt, der offensichtlich nur auf eine Wiedergutmachung gegenüber den USA zielte und zu diesem Zeitpunkt keinerlei internationale Unterstützung fand. Deshalb lehnte die FDP die Mandatsausweitung ab, ich betone ausdrücklich: nur die Ausweitung.

Die Bundesregierung war mit ihrer Politik nicht nur lange Zeit isoliert. Sie hat darüber hinaus in Kauf genommen, dass unsere Soldatinnen und Soldaten einem nur schwer kalkulierbaren Risiko ausgesetzt waren. Herr Kollege Pflüger, wenn wir abgelehnt haben, dann waren wir uns als FDP-Bundestagsfraktion sehr wohl unserer Verantwortung vor allem gegenüber den Soldatinnen und Soldaten bewusst.

Bei der letzten Mandatsverlängerung musste die FDP erneut ablehnen, da die Bundesregierung zwischenzeitlich zwar alle möglichen Versprechungen abgegeben hatte, Verbesserungen aber nicht erkennbar waren. Mein Kollege Dr. Werner Hoyer führte in der Debatte hierzu am 30. September 2004 aus: Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ist ein langfristiger Einsatz. Wir reden dabei über sehr viele Jahre. Das sollte die Bundesregierung den Bürgerinnen und Bürgern klar sagen. Wenn man das tut, braucht man ein umfassendes und überzeugendes Konzept. Hierfür fehlen drei essenzielle Elemente:
Erstens fehlen das internationale und insbesondere das westliche Einvernehmen über das Engagement einer sehr viel größeren Anzahl von Partnern bei den PRTs in einer wirklichen Netzwerkstruktur.
Zweitens fehlt das abgestimmte Zusammenwirken der Bundeswehr mit den zivilen Hilfsorganisationen.
Drittens fehlt eine überzeugende Vorstellung der internationalen Partner und der afghanischen Autoritäten davon, wie man mit dem Drogenthema umgehen will.

Ich bin erfreut, dass diese Mahnungen berücksichtigt wurden. Das heutige Bild stellt sich für uns, die FDP, anders, besser dar:
Erstens. Es engagieren sich jetzt 35 Nationen im Rahmen von ISAF, davon 26 in zwischenzeitlich neun PRTs im Norden und Westen Afghanistans.
Zweitens. Die Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und den zivilen Hilfsorganisationen hat sich positiv entwickelt.
Drittens. Die Bundesregierung hat am 22. April dieses Jahres ein Konzept zur Drogenbekämpfung in Afghanistan vorgelegt.

Herr Minister Fischer, wir begrüßen ausdrücklich, dass die Protokollnotiz Gegenstand des Mandates geworden ist.

Darüber hinaus hat die FDP-Bundestagsfraktion zur Kenntnis genommen, dass die Bundesregierung ihre ursprüngliche Absicht aufgegeben hat, das Mandatsgebiet der Bundeswehr auf ganz Afghanistan auszudehnen. Die jetzige Formulierung entspricht den Vorschlägen der FDP. Ich bedanke mich an dieser Stelle ausdrücklich bei Außenminister Fischer, der auf die Frage des Kollegen Dr. Hoyer heute im Auswärtigen Ausschuss für die Bundesregierung klipp und klar erklärt hat, dass der Bundestag mit einem neuen Mandat befasst wird, wenn RECCE-Tornados zur Aufklärung in Afghanistan eingesetzt werden sollten; die Hinweise unter Ziffer 5 des Antrags der Bundesregierung deckten den Einsatz nicht ab. Ich denke, der Deutsche Bundestag wird, wenn es dazu kommen sollte, auf diese Aussage zurückkommen.

Die FDP wird dem vorliegenden Antrag der Bundesregierung mehrheitlich zustimmen. Aber die FDP wird immer wieder die Frage nach Sicherheit und Schutz für unsere Soldatinnen und Soldaten stellen. Wir stehen hier fürwahr in der Verantwortung und in der Fürsorge. Die FDP wird immer wieder eine politische Perspektive anmahnen. Die Soldatinnen und Soldaten setzen sich tagtäglich vor Ort auch unter Gefährdung ihres Lebens - Bundesminister Struck hat es hier erwähnt - für ein friedliches Afghanistan ein. Die Bundesregierung und vor allem der Außenminister wären gut beraten, diesen Einsatz politisch stärker zu unterstützen und voranzutreiben.

Meine Damen und Herren, ich werde dem 16. Deutschen Bundestag nicht mehr angehören; ich habe mich nicht mehr zur Wahl gestellt. Ich war in den vergangenen fast 19 Jahren durchgehend Mitglied im Verteidigungsausschuss, mehr als zehn Jahre verteidigungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Mehr als zehn Jahre war ich auch Mitglied im Petitionsausschuss. Minister Struck ist übrigens der sechste Verteidigungsminister, dessen Ausführungen ich im Ausschuss und auch hier im Plenum - so denn notwendig - ab und zu kritisieren durfte.

Ich will an dieser Stelle aber auch festhalten, dass wir im Verteidigungsausschuss kollegial, fast freundschaftlich über die Fraktionsgrenzen hinweg zusammengearbeitet haben. Dafür will ich mich ausdrücklich bedanken. Zu dieser Kollegialität hat auch der jetzige Verteidigungsminister Struck beigetragen. Auch das will ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen.

Herr Minister, ich hoffe, dass Ihnen dieses Lob nicht schaden wird.

Zu Beginn meiner parlamentarischen Arbeit 1987 in Bonn war Deutschland noch geteilt. Eine unmenschliche Mauer stand mitten in Berlin, nur wenige Meter von hier entfernt. Kalter Krieg herrschte. Bundeswehr und Nationale Volksarmee standen sich ebenso gegenüber wie NATO auf der einen Seite und Warschauer Pakt auf der anderen Seite. Deutschland glich einem Heerlager. Deutschland ist jetzt seit 15 Jahren vereint. Der Kalte Krieg ist beendet. Der Deutsche Bundestag tagt seit sechs Jahren hier in Berlin. Wir haben hier in Europa in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine Friedenszone bekommen, wie wir sie noch nie hatten. Ich füge hinzu: Unsere Soldatinnen und Soldaten und die zivilen Mitarbeiter der Bundeswehr haben Großartiges geleistet, gerade als Armee der Einheit. Ihnen ist viel abverlangt worden, damals wie heute. Deshalb will auch ich für die FDP-Bundestagsfraktion den Dank an die Angehörigen der Bundeswehr hier und heute weitergeben. Ich denke, dieser Dank kann nicht oft genug ausgesprochen werden.

Die größte Veränderung für die deutschen Streitkräfte vollzog sich zweifelsfrei mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Juli 1994, das den außen- und sicherheitspolitischen Handlungsrahmen Deutschlands signifikant erweiterte. Vorbehaltlich der jeweiligen Zustimmung des Deutschen Bundestages ist die Bundeswehr zu einem uneingeschränkt einsetzbaren Instrument der Außenpolitik im Rahmen internationaler Friedensbewahrung geworden. Ich betone ausdrücklich: im Rahmen internationaler Friedensbewahrung.

Die Reichweite des militärischen Engagements Deutschlands hat sich schrittweise entwickelt. Ich erinnere zum Beispiel an Kambodscha, an Somalia, an IFOR und an SFOR.

Im Rahmen der Luftangriffe der NATO zur Beendigung des Genozids im Kosovo beteiligte sich die Bundeswehr 1999 erstmalig an einer Frieden schaffenden Operation. Schon wenig später übernahm sie die Führung einer multinationalen Brigade im Kosovo und zeitweilig sogar die Gesamtführung bei KFOR. In Mazedonien haben wir Gesamtverantwortung übernommen. Wir haben Führungsverantwortung bei ISAF in Afghanistan und auch bei der maritimen Taskforce übernommen. Hier zeigen unsere Partner auch Vertrauen in die Führungs- und Leistungsfähigkeit der deutschen Streitkräfte.

Bei jedem Beschluss über einen Auslandseinsatz müssen wir uns aber immer wieder fragen: Können wir den Einsatz verantworten? Ist dieser Einsatz sinnvoll? Ist dieser Einsatz notwendig? Mit der Entsendung von Angehörigen der Bundeswehr zu Auslandsmissionen muss äußerst verantwortungsvoll umgegangen werden. Grundsätzlich sollte eine Kultur der Zurückhaltung gepflegt werden, und zwar nicht nur, um eine Überlastung der Soldatinnen und Soldaten sowie eine Überdehnung des Auslandsengagements der deutschen Streitkräfte zu vermeiden, sondern auch, um deutlich zu machen, dass der Einsatz von Militär weder Allheilmittel ist, noch unserer Interessenwahrung immer gerecht wird.

Bei der heutigen Entscheidung sind die Forderungen, die ich jetzt noch einmal nennen möchte, weitgehend erfüllt worden, nämlich: Vorlage eines Mandats des UN-Sicherheitsrats, Einbindung in eine Gemeinschaft sich engagierender Staaten, unmissverständliche Beschreibung des politischen Ziels inklusive der angestrebten Nachkonfliktordnung, Wahrung bzw. Wahrnehmung deutscher Interessen und klar umrissener Auftrag für die Streitkräfte sowie Bereitstellung der von ihnen benötigten Mittel, auch der Finanzmittel. Dies wird noch ein Punkt der Haushaltsplanberatungen 2006 sein.

Bei jeder Entscheidung über einen Einsatz der Bundeswehr im Ausland muss die Beurteilung des Risikos für Leib und Leben der Soldatinnen und Soldaten eine herausragende Bedeutung haben. Der Mensch muss immer im Mittelpunkt stehen. Wir tragen hier als Abgeordnete für unsere Parlamentsarmee eine besondere Verantwortung. Ich habe eine Bitte, meine Damen und Herren: Sorgen Sie dafür, dass wir auch weiterhin eine Parlamentsarmee haben!

Ich bedanke mich bei all denjenigen, mit denen ich den letzten 19 Jahren zusammenarbeiten durfte. Mir hat die Arbeit Spaß gemacht. Mir macht die Arbeit immer noch Spaß. Deshalb höre ich jetzt auch auf. Herr Präsident, ich melde mich ab.

Vielen Dank.

Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos):

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verlängerung und Ausweitung des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan ist aus Sicht der Linkspartei.PDS nicht zu rechtfertigen. Wir lehnen das Mandat ab.

Ich möchte Ihnen dafür nur drei Gründe nennen:
Erstens. Der Krieg gegen den Terror hat nicht zur Beendigung des Terrors geführt, sondern den Terror noch verstärkt.
Zweitens. Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan hält der US-Regierung den Rücken frei für den völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak. Die Bundesregierung unterstützt und verlängert damit indirekt den Krieg im Irak.
Drittens. Der Einsatz der Bundeswehr ist durch das Parlament nicht mehr kontrollierbar.

Die KSK, eine Antiterroreinheit der Bundeswehr, operiert in Afghanistan ohne ein Mandat des Bundestages. Kein Abgeordneter kann mit gutem Gewissen sagen, dass er wirklich weiß, was die Bundeswehr im Augenblick in Afghanistan tut.

Der grüne Außenminister erklärte am 8. November 2001 die Notwendigkeit eines militärischen Eingreifens in Afghanistan wie folgt:

Die entscheidende Frage ... ist ...: Können wir in dieser Situation, in der die Bevölkerung und die Regierung der Vereinigten Staaten angegriffen wurden, unseren wichtigsten Bündnispartner ... allein lassen ...?

Die Bundesregierung hat die US-Regierung nicht allein gelassen und sich am unheilvollen Krieg gegen den Terror beteiligt. Die Bundesregierung glaubte - in völliger Selbstüberschätzung -, dass sie auf diese Weise die US-Regierung in eine multilaterale Verantwortungspolitik einbinden könne. Dieser Ansatz ist gründlich gescheitert.

Die US-Regierung ließ sich nicht durch die Bundesregierung einbinden. Im Gegenteil: Sie begann einen neuen Krieg, diesmal gegen den Irak. Syrien und der Iran stehen noch auf der Kriegsliste der US-Regierung. Auch wenn Deutschland nur indirekt am Krieg gegen den Irak beteiligt ist, gehört es doch zu einer Krieg führenden Allianz.

Die Bundesregierung hat unser Land in diesen unüberschaubaren Krieg gegen den Terror geführt und damit leichtfertig Opfer in Kauf genommen.

Wir als Linkspartei.PDS haben in unserem Wahlprogramm die Verlängerung des Afghanistanmandates abgelehnt. Dazu stehen wir auch nach der Wahl. Wir fordern den Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Der Kampf gegen den Terror kann gewonnen werden, ein Krieg gegen den Terror niemals.

- Das stimmt nicht. Aber wir sind der festen Überzeugung - Herr Kollege Löning von der FDP, wenn Sie sich mit Zwischenrufen hervortun, kann ich darauf reagieren -, dass eine friedliche Lösung in Afghanistan nur durch friedliche Mittel möglich ist und gerade der Einsatz der Bundeswehr die Anwendung vieler dieser friedlichen Mittel behindert. Dazu haben sich deutsche und auch internationale Hilfsorganisationen eindeutig geäußert.

Wer von Ihnen, meine Damen und Herren, heute der Mandatsverlängerung zustimmt, der stimmt also auch für eine Fortsetzung des Krieges gegen den Terror. Ich appelliere an alle Abgeordneten, diese lebensgefährliche Strategie nicht weiter zu verfolgen. Sie tragen Mitverantwortung, wenn Deutschland Ziel von Terroristen werden sollte.

Stimmen Sie deshalb mit uns gegen die Verlängerung des Bundeswehrmandates.

Vielen Dank.

Quelle: www.bundestag.de


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