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Uranmunition muss geächtet werden - Atomwaffen aus Deutschland abziehen

Erklärungen zum Hiroshima-Nagasaki-Gedenken vom Bundesausschuss Friedensratschlag, von der Wiener Friedensbewegung und vom Netzwerk Friedenskooperative


Im Folgenden dokumentieren wir aus der Vielzahl bundesweiter, internationaler sowie regionaler und lokaler Aktionsaufrufe zum diesjährigen Hiroshima- und Nagasaki-Gedenktag drei Erklärungen: eine vom Bundesausschuss Friedensratschlag, die zweite [im Kasten] von der Wiener Friedensbewegung und die dritte vom Netzwerk Friedenskooperative.


Hirohima, Nagasaki und Fukushima mahnen: Raus aus der Atomrüstung

Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
  • Mit der Abrüstung ernst machen!
  • Atomwaffen aus Deutschland abziehen!
  • Aus der Kernenergie aussteigen
  • Uranmunition verbieten
  • Über 70 Veranstaltungen zum Hiroshima-Tag
Kassel, 5. August 2012 - Zu den bevorstehenden Aktivitäten der Friedensbewegung zum 6. und 9. August erklärte der Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag:

67 Jahre nach den verheerenden Atombombenabwürfen über Hiroshima (6. August) und Nagasaki (9. August 1945) ist das Kapitel Atomwaffen noch längst nicht geschlossen und die Menschheit immer noch von einer atomaren Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes bedroht.

Am Morgen des 6. August 1945 warf ein Bomber der USA-Luftwaffe die erste Atombombe der Geschichte auf die japanische Stadt Hiroshima. In Bruchteilen von Sekunden verwandelten die ungeheure Explosion und die unmittelbar folgenden Feuerwellen die Stadt mit ihren 350.000 Einwohnern in ein gigantisches Inferno. Drei Tage später, am 9. August, wurde auf Anordnung des damaligen US-Präsidenten Truman eine weitere Atombombe auf die Stadt Nagasaki geworfen. In diesen beiden Städten starben mehr als 100.000 Menschen sofort. 400.000 Menschen starben bis heute auf schreckliche Weise an den Folgen der atomaren Verseuchung.

67 Jahre danach: kein Grund zur Entwarnung

Vor eineinhalb Jahren, Im März 2011, kam es infolge eines heftigen Erdbebens in Japan zum bislang schwersten atomaren Unfall seit Tschernobyl (1986). Die Reaktorblöcke 1 bis 4 des Kernkraftwerks Fukushima wurden vollständig zerstört; erhebliche Mengen radioaktiver Stoffe wurden freigesetzt und machten die Umgebung auf Jahrzehnte unbewohnbar. Die Friedensbewegung hat daraus gelernt: Auch die zivile Nutzung der Atomenergie ist nicht beherrschbar; Atomkraftwerke müssen stillgelegt werden.

Die nukleare Realität dieser Tage ist deprimierend:
  1. Die fünf offiziellen Atommächte USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China sowie die "inoffiziellen Kernwaffenmächte Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea verfügen nach Schätzung des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI über die riesige Menge von über 20.000 atomaren Sprengköpfen. Jede von ihnen hat mehr Sprengkraft als die Hiroshima-Bombe. Allein die USA und Russland haben jeweils 1550 aufeinander gerichtete strategische Nuklearwaffen in Bereitschaft. Alles menschliche Leben auf dieser Erde könnte damit mehrfach total vernichtet werden.
  2. Die USA und die NATO beharren noch immer auf dem angeblichen Recht zum "Erstschlag" mit Atomwaffen. Das hatte der NATO-Gipfel in Lissabon im Dezember 2010 ausdrücklich bestätigt. Russland und Frankreich verhalten sich ähnlich. Und das, obwohl ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag 1996 den Besitz und den Einsatz von Kernwaffen für völkerrechtswidrig erklärt hat.
  3. Weder die Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag im Mai 2010 noch die START-Verhandlungen zwischen den USA und Russland haben einen wirklichen Durchbruch zur atomaren Abrüstung gebracht. Die Atomwaffenstaaten sind weiterhin nicht bereit, ihre Arsenale abzurüsten, obwohl Art. 6 des Vertrags dies vorsieht. Trotz der Ankündigungen des US-Präsidenten Obama, für eine Welt ohne Atomwaffen zu kämpfen ("Global Zero"-Rede im April 2009), sind die USA nicht einmal bereit, auf die Modernisierung ihrer Atomwaffen zu verzichten.
  4. Neben den fünf offiziellen Kernwaffenstaaten verfügen schon heute vier weitere Staaten (Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea) über atomare Kapazitäten. Andere Länder wie der Iran werden möglicherweise folgen, wenn die Großmächte nicht mit gutem Beispiel vorangehen und endlich abrüsten.
  5. In diesem Zusammenhang muss auf die Scheinheiligkeit Israels und des Westens hingewiesen werden, die vom Iran die Einstellung seines zivilen Atomprogramms fordern, selbst aber für sich jedes Recht in Anspruch nehmen, Kerntechnologie zu Zwecken der Energieversorgung einzusetzen. Hier wird mit zweierlei Maß, mit „doppelten Standards“ gemessen. Internationales Recht ist unteilbar: Was Deutschland, Finnland oder Saudi-Arabien recht ist, darf Iran nicht vorenthalten werden. Unser Plädoyer für den Ausstieg aus der Kernenergie gilt allen Staaten dieser Erde.
  6. In Deutschland lagern Atomwaffen auf dem US-Stützpunkt Büchel (ca. 20 Atomwaffen). Sie würden im Ernstfall auch an Kampfjets der Bundeswehr zum Einsatz kommen – was einen klaren Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag bedeutete. Die Bundesregierung hätte die Möglichkeit, von den USA den Abzug der Waffen zu verlangen. Sie tut es aber nicht.
  7. Die Produktion und der Einsatz von Uranmunition gehören zu den dirty secrets der Krieg führenden Staaten – sei’s im Zweiten Golfkrieg 1991, im NATO-Krieg gegen Jugoslawien 1999, im Afghanistan-Krieg oder im Krieg gegen Irak. Die gesundheitsschädliche Wirkung der mit abgereichertem Uran (depleted uranium) gehärteten Projektile von Granaten oder Raketen auf die betroffenen Soldaten und Zivilbevölkerung steht außer Frage. Dennoch weigern sich die Kriegsregierungen, allen voran die USA, Langzeituntersuchungen über die Erbschädigungen von kontaminierten Personen durchzuführen. Uranmunition muss geächtet, ihre Produktion sofort eingestellt werden.
Angesichts solcher Befunde darf die Friedensbewegung hier zu Lande und weltweit nicht nachlassen in ihrem Bemühen, auf die atomaren Gefahren hinzuweisen und für eine atomwaffenfreie Welt zu kämpfen.

In der Bundesrepublik Deutschland finden anlässlich des Hiroshima-Nagasaki-Gedenktages zwischen dem 6. und 9. August über 70 Veranstaltungen statt, wobei in manchen Fällen die Friedensbewegung von Städten und Gemeinden aktiv unterstützt wird.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)

Hiroshima-Gedenken in Wien

Die Wiener Friedensbewegung wird auch heuer wieder gemeinsam mit der Hiroshima Gruppe Wien ihre traditionelle Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki durchführen.

Das renommierte Stockholmer Friedensinstitut SIPRI stellt in seinem neuen Jahresbericht 2012 fest, dass weltweit 4.400 Atomsprengköpfe einsatzbereit sind, 2.000 davon in höchster Alarmbereitschaft. Auch wenn sich insgesamt die Zahl der Atomwaffen seit dem letzten Jahr verringert hat, so werden diese von acht besitzenden Nuklearwaffenstaaten immer wieder technisch „verbessert“ und damit noch gefährlicher gemacht. Auch die Vorbereitungstagung für den Nichtweiterverbreitungsvertrag (NPT), die im Mai in Wien stattfand, ging ohne konkrete Ergebnisse zu Ende. Es scheint, Abrüstung ist kein Thema mehr!

Aber: All dies zeigt, dass die Lehren aus Hiroshima und Nagasaki immer noch traurige Aktualität besitzen: Die Vernichtung aller Atomwaffen ist eine weiterhin nicht erfüllte Forderung, unser Engagement für eine Welt ohne Atomwaffen und ohne Krieg ist notwendiger denn je! Ein Jahr nach der nuklearen Katastrophe in Fukushima ist diese nicht gelöst und nicht einmal eine Lösung in Aussicht. Ein Nein zur Kernenergie ist auch ein Nein zu Atomwaffen und ein Eintreten für eine atomwaffenfreie Welt.

Krieg ist immer eine Niederlage der Menschheit - trotzdem ist Krieg vielfach ein Mittel der Politik. Aufrüstung steht in vielen Ländern auf dem Programm. Soziale Gerechtigkeit heißt auch die Rüstung einsparen, damit mehr Mittel für alle da sind

Die Hiroshima-Veranstaltung beginnt am Montag, 6. August 2012 ab 18.00 Uhr auf dem Wiener Stephansplatz und wird mit einem Laternenmarsch zum Teich vor der Karlskirche um ca. 20.30 Uhr abgeschlossen.

Im Rahmen der Aktion wollen wir, wie in den Vorjahren, die Grußbotschaften als Zeichen unseres gemeinsamen Eintretens für eine atomwaffenfreie Welt präsentieren.

Die größte Sammlung von Grußadressen anlässlich des Hiroshima-Gedenkens findet sich jedes Jahr auf der speziell dafür eingerichteten Website der Wieder Friedensbewegung: www.hiroshima.at



Gedenken an Hiroshima

Friedensgruppen fordern vollständige Ächtung der Atomwaffen und Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland und Europa sowie den Ausstieg aus der Kernenergie

In etwa 60 Veranstaltungen erinnern Friedensgruppen an die Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki vor nunmehr 67 Jahren und fordern den Abzug der als Relikte des Kalten Krieges in der Bundesrepublik, der Türkei, Italien, Niederlande und Belgien verbliebenen US-Atombomben und die weltweite Ächtung der Atomwaffen durch eine Nuklearwaffenkonvention.

Vielerorts wird bei den Aktionen auch an Tschernobyl und Fukushima erinnert und der vollständige Ausstieg aus der Atomenergie gefordert.

Am Fliegerhorst Büchel in der Eifel, wo immer noch etwa 20 Atombomben im Rahmen der "nuklearen Teilhabe" einsatzbereit gehalten werden, wollen Friedensaktivisten bis zum 9. August, dem Jahrestag des Abwurfes auf Nagasaki, öffentlich für "Eine Welt ohne Atomwaffen" fasten. Auch der Bundestag hatte sich 2010 einmütig für den Abzug eingesetzt. Eine Forderung, die von der US-Regierung ignoriert und von der Bundesregierung nicht durchgesetzt wird.

Der auch radsportlich mit 338 km anspruchsvolle "Pacemakers-Radmarathon" in Baden-Württemberg führt an diesem Samstag (4.8.) von Bretten über Heidelberg, Mannheim, Kaiserlautern und Ramstein mit Stationen an US-Militäreinrichtigungen.

Der Radmarathon wie die vielen weiteren Friedensaktionen zum Hiroshimatag unterstützt die Kampagne "atomwaffenfrei.jetzt" und die weltweite Initiative der "Bürgermeister für den Frieden", die sich in über 5.000 Städten in mehr als 150 Ländern für die verbindliche Vereinbarung eines Zeitplans für die Abschaffung aller Atomwaffen und eine Nuklearwaffenkonvention engagieren.

Im gemeinsamen Aufruf kritisieren die Friedensorganisationen die für das Jahr 2012 geplanten Ausgaben für Atomwaffen von weltweit über mehr als 100 Milliarden US-Dollar, die Bedrohung der Menschheit durch 20.000 Atomsprengköpfe und die Pläne der USA zur Modernisierung statt Abrüstung ihres Atomwaffenarsenals.

Der mangelnde Abrüstungswille der Großmächte ist aus Sicht der Friedensbewegung auch das größte Hindernis für die Unterbindung der Proliferation von Atomwaffen und dem Beitritt aller Staaten zum Atomwaffensperrvertrag.

Für den Nahen und Mittleren Osten plädieren die Friedensorganisationen für die Einrichtung einer atomwaffenfreien Zone.

"Atomwaffen sind unbenutzbar, unmoralisch und illegal", heißt es im Appell von www.pace-makers.de, www.atomwaffenfrei.de und www.mayorsforpeace.de.

Die meisten der von lokalen Gruppen ausgerichteten Gedenkverstaltungen mit Rezitationen, Kerzen- und Blumenaktionen, Lichterprozessionen, Friedensgebeten und Mahnwachen finden nach Angaben des Netzwerks Friedenskooperative am Vorabend und am 6. August, dem Jahrestag der Hiroshimabombe, statt.

Eine Veranstaltungsliste findet sich unter www.friedenskooperative.de/netzwerk/hir12ter.htm

Auskünfte gibt das Büro des Netzwerks Friedenskooperative unter 0228/692904

Manfred Stenner
Geschäftsführer des Netzwerks Friedenskooperative


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