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Weg mit dem "Teufelszeug"

Weltweit gedenkt die Friedensbewegung der Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki - Pressemitteilungen im Wortlaut - "Who is threatening whom?"

Im Folgenden dokumentieren wir zwei Pressemitteilungen aus der deutschen und eine kurze Stellungnahme aus der US-amerikanischen Friedensbewegung zum diesjährigen Gedenken an Hiroshima und Nagasaki. Internationale Stellungnahmen können der wie immer sehr informativen Hiroshima-Website der österreichischen Friedensbewegung in Wien entnommen werden: www.hiroshima.at.



Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag zum Hiroshimatag 2007

Hiroshima mahnt: Atomwaffen abziehen

  • Weg mit dem "Teufelszeug"
  • Gefahr des Einsatzes atomarer Waffen heute größer denn je
  • Gefahr geht vor allem von den USA aus
  • Nahen Osten muss atomwaffenfreie Zone werden
  • Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland
  • Tut endlich was!
Kassel, 4. August 2007 - Am 6. und 9. August jähren sich zum 62sten Mal die Atombombenabwürfe über die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki. Für die Friedensbewegung weltweit ist dies Anlass, jedes Jahr an diesen Tagen an die verheerenden Auswirkungen dieser Explosionen zu erinnern, der 150.000 Toten zu gedenken, die infolge der Bombenangriffe starben, sowie an die Staaten der Welt zu appellieren, die atomare Rüstung zu beenden und das "Teufelszeug" (Willy Brandt) endlich zu verschrotten.

Die Friedensbewegung hat dabei mit der Schwierigkeit zu kämpfen, dass heute in der breiten Öffentlichkeit - anders als in der 80er Jahren des 20. Jahrhunderts - die Angst vor einem Atomkrieg weitgehend verdrängt ist. Allenfalls wird von Regierenden die Gefahr der Proliferation von Atomtechnologie an sog. Schurkenstaaten bzw. an Terroristen thematisiert. Demgegenüber muss betont werden, dass die die Gefahr des Einsatzes atomarer Waffen heute größer denn je ist. Und diese Gefahr geht zur Zeit hauptsächlich von den USA aus. Deren Administration vertritt offen die Doktrin nuklearer Erstschläge und senkt mit der Entwicklung von bunkerbrechenden "Mini-Nukes" und dem geplanten Raketenabwehrsystem die Einsatzschwelle für Atomwaffen. Großbritannien modernisiert zur Zeit die Trident-Atomwaffen - unter Missachtung des Abrüstungsabkommens innerhalb des Atomwaffensperrvertrags (Art. 6). Auch dies stellt eine Bedrohung für die internationale Sicherheit dar. Der Atomdeal zwischen den USA und Indien, der vor kurzem vom US-Kongress endgültig genehmigt wurde, honoriert ausdrücklich die illegale atomare Rüstung Indiens.

Im Nahen Osten befindet sich Israel im Besitz von Atomwaffen. Die westliche Welt weiß das und - schweigt. Der Versuch Irans, mit einer eigenen Urananreicherungsanlage den "nuklearen Kreislauf" herzustellen (und damit dem Statut der Internationalen Atomenergiebehörde zu entsprechen!), wird dagegen mit Sanktionen und offenen Kriegsdrohungen von Seiten der USA und der EU beantwortet. Eine richtige Antwort wäre, sich politisch für die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten einzusetzen. Die Ankündigung der US.Außenministerin Condoleezza Rice vor wenigen Tagen, die Nachbarstaaten des Iran massiv aufzurüsten, werden den Iran in seinem Streben nach eigenen Atomwaffen nur noch bestärken.

Internationale Experten sprechen heute davon, dass in zehn bis zwanzig Jahren mindestens 20 Staaten über Atomwaffen verfügen würden. Dies bedeutete nicht nur das endgültige Aus des Nichtverbreitungsregimes, sondern erhöht selbstverständlich auch die Gefahr eines atomaren Infernos.

In Deutschland lagern heute immer noch US-Atomwaffen, und zwar in Ramstein und Büchel. Über deren genaue Anzahl herrscht Stillschweigen. Vor einem Monat sickerte eine Meldung durch, wonach der größte Teil der in Deutschland (und zwar in Ramstein) lagernden US-Atomwaffen mittlerweile still und heimlich aus Deutschland abgezogen worden sei. Übrig blieben demnach hier zu Lande "nur" noch 20 bis 30 Atomsprengköpfe, die im Fliegerhorst Büchel gelagert werden. Sollte es stimmen, dass die US-Atomwaffen aus Ramstein abgezogen sind, dann muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass dieser Schritt unumkehrbar gemacht wird. Für die Friedensbewegung heißt das, dass Deutschland endlich aus der nuklearen Teilhabe im Rahmen der NATO aussteigt, dass auch die restlichen Atomwaffen aus Deutschland verschwinden und dass sich Deutschland für atomwaffenfrei erklärt und dies - einer Forderung der Internationalen Juristen gegen Atomwaffen zufolge - auch im Grundgesetz verankert wird.

Die Friedensbewegung in Deutschland begeht das Gedenken an Hiroshima und Nagasaki mit rund 100 Veranstaltungen, zumeist unter freiem Himmel. Über 60 davon sind im Terminkalender des Bonner Friedensnetzwerks aufgeführt (http://www.friedenskooperative.de/hir07ter.htm). Die Aktionen beginnen am Sonntag (5. August) mit der Enthüllung des Mahnmals "Atomwaffen abschaffen" im Hiroshima-Park in Köln und enden am 9. August mit der traditionellen Lichteraktion des Kasseler Friedensforums auf der Fulda.

"Der Hiroshima-Tag mahnt, im Streben für eine atomwaffenfrei Welt nicht nachzulassen. Das ist gut so", schreibt der Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen in einer Grußbotschaft an das dortige Friedensforum. Die deutsche Friedensbewegung weiß sich darin einig mit Hunderten von Bürgermeistern in aller Welt ("Mayors for peace"), mit tausenden von Friedens-Initiativen und -Organisationen sowie mit (fast) allen Menschen dieser Erde. An die Regierenden hier zu Lande, in den USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich, Indien, Pakistan, Israel, Nordkorea, Iran usw. appellieren wir: Tut endlich etwas!

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)


August: Demand No Nukes, No Wars, No Profiteers!

From: Leslie Cagan, United for Peace and Justice

Sixty-two years after the U.S. dropped the first atomic bombs on two densely populated cities, killing more than 200,000 civilians, nuclear weapons remain a cornerstone of U.S. national security policy. Today, the U.S. retains about 10,000 nuclear weapons, is designing new ones, and is pouring billions of dollars into its nuclear weapons complex, while warning Iran that "all options are on the table." Who is threatening whom?

On the occasion of the August anniversaries of the U.S. atomic bombings of Hiroshima and Nagasaki, join with groups across the country who are working to expose the escalating threat to the world posed by U.S. nuclear hypocrisy, and to confront the corporations that are perpetuating and profiting from a worldwide nuclear crisis and the wars in the Middle East. (...)

Quelle: http://unitedforpeace.org




Pressemitteilung 3. August 2007

Hiroshimatag-Aktionen für atomwaffenfreie Zukunft

Friedenskooperative: Aufrüstung am Golf treibt Iran zur Atombombe

Bonn: Mit 60 Mahnwachen, Kundgebungen und Diskussionsveranstaltungen fordern Friedensgruppen zum 62. Jahrestag des Atombombenabwurfes auf Hiroshima die Ächtung der Atomwaffen und das Ende der sog. "nuklearen Teilhabe" der Bundeswehr.

Am Freitag hat die Weltkonferenz gegen A- und H-Bomben in Hiroshima begonnen. Die deutschen Friedensinitiativen unterstützen die weltweite Bewegung der Bürgermeister für den Frieden ("Mayors for Peace"). Am Wochenende finden in der Bundesrepublik zahlreiche Mahnwachen, Demonstrationen, Konzerte, Kundgebungen und Lichteraktionen statt, u.a. in Berlin, Cochem, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Hamburg, Hannover, Heilbronn, Kiel, Krefeld, Lüdenscheid, Ramstein und Ulm.

Der dritte "Pacemakers"-Radmarathon für eine Welt ohne Atomwaffen führt am Samstag über 340 km von Heilbronn nach Ludwigsburg und bildet den Auftakt zur längerfristigen Kampagne "unsere zukunft atomwaffenfrei" (www.atomwaffenfrei.de). 40 Organisationen wollen erreichen, dass Deutschland bei der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages im Jahr 2010 vor den Vereinten Nationen verkündet: "Deutschland ist atomwaffenfrei: Wir haben die nukleare Teilhabe beendet, als Schritt zu einer atomwaffenfreien Welt."

In Köln wird am Sonntag das Mahnmal "Atomwaffen abschaffen" im Hiroshima-Park enthüllt. Auch die traditionellen monatlichen Protestaktionen gegen die militärische Nutzung der Colbitz- Letzlinger und der Kyritz-Ruppiner Heide (Bombodrom) setzen den Schwerpunkt auf die Ächtung der Atomwaffen.

Am Jahrestag am Montag werden die Aktionen u.a. in Berlin, Bonn, Bremen, am letzten Atomwaffenstandort in der Bundesrepublik Büchel, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Fürth, Hannover, Heilbronn, Karlsruhe, Kiel, Köln, Mannheim, München, Nürnberg, Nottuln, Oberhausen, Oldenburg und Wuppertal fortgeführt. Auch in den Niederlanden, Belgien. Großbritannien und Österreich finden Aktionen zum Gedenken an die Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki statt.

Das Bonner Netzwerk Friedenskooperative äußert sich besorgt über die geplante massive Aufrüstung der Golfregion durch die USA. Damit würden alle Bemühungen um eine umfassende Friedenslösung und die Beilegung des Atomstreits mit Iran torpediert, die dortige Mullah- Regierung geradezu in die Rückversicherung durch die Beschaffung "der Bombe" getrieben. Dass andere Maßnahmen gegen Atombombenbesitz möglich sind, zeige das nordkoreanische Beispiel des Verzichts durch wirtschaftlichen und politischen Interessenausgleich.

Um die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu verhindern halten Friedensorganisationen und Friedensforschung die Erfüllung der Verpflichtungen der Atommächte auf nukleare Abrüstung gemäß des Atomwaffensperrvertrags für unverzichtbar. Der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen stellt in seiner Erklärung zum Hiroshimatag dagegen zutreffend fest: "Mittlerweile ist in der internationalen Politik eher das Gegenteil festzustellen: Atomwaffen werden "modernisiert", mit ihrer Entwicklung und ihrem Einsatz wird gedroht, ihr Besitz wird zur Prestige- und angeblichen Sicherheitsfrage für immer mehr Staaten, während keinerlei Abrüstungswillen bei den Atomwaffenstaaten festzustellen ist."

Manfred Stenner
Geschäftsführer des Netzwerks Friedenskooperative


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