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Ende einer nuklearen Weltraummission

Am 21. September zerschellt die Raumsonde "Galileo" auf dem Jupiter

Im Folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung des Trägerkreises "Atomwaffen abschaffen".


Presseerklärung
18. September 2003

Galileoabsturz erinnert an nukleare Gefahren

Die US-amerikanische Weltraumbehörde NASA wird am 21. September die mit 22 kg Plutonium-238 beladene Raumsonde Galileo gezielt auf den Jupiter stürzen lassen, wobei die Sonde durch die Hitzeentwicklung verglüht.

In zwei sogenannten RTGs (radioisotope thermoelektrische Generatoren) wird das hochgiftige und radioaktive Plutonium verwendet, um Strom für die Bordinstrumente zu erzeugen. Die NASA will durch den geplanten Absturz verhindern, dass Galileo mangels Treibstoff außer Kontrolle gerät und unbeabsichtigt auf dem Jupitermond Europa zerschellt. Dort werden Spuren außeriridschen Lebens vermutet, und eine Kontamination mit irdischen Bakterien soll daher unbedingt vermieden werden.

Zum Ende dieser nuklearen Weltraummission fordert das Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space ein Ende des Einsatzes von Nuklearenergie in der Weltraumfahrt. Im jetzigen Moment sei die Entscheidung der NASA für die treibstofflose Sonde möglicherweise richtig, aber die Gefahren beim Start und fehlende Pläne für die ordentliche Entsorgung von nuklearen Weltraumsonden nennt das deutsche Vorstandsmitglied Regina Hagen "höchst unverantwortlich."

Schon vor dem Start von Galileo 1989 wollten besorgte US-Bürger die Mission stoppen. Die NASA mußte in späteren Umweltverträglichkeitsstudien für die ebenfalls mit RTGs bestückte Saturnsonde Cassini einräumen, dass bei einem Startunfall soviel Radioaktivität in die Erdatmosphäre entweichen könnte, dass mit 1.300 Toten zu rechnen wäre.

"Deutschland hat Mitverantwortung für die Gefahren aus den beiden nuklearen Raumflügen." beklagt Wolfgang Schlupp-Hauck von der Pressehütte Mutlangen und Beirat im Global Network. Bei Galileo war die deutsche Regierung der wichtigste internationale Kooperationspartner der NASA, weil sie das Antriebssystem der Raumsonde und zwei wissenschaftliche Instrumente lieferte. Der Antrieb wurde von MBB (Messerschmitt-Bölkow-Blohm, heute Teil von EADS) entwickelt und gebaut. Zur Cassini-Mission steuerte die europäische Weltraumagentur ESA die Schwestersonde Huygens bei.

Aus früheren russischen und US-amerikanischen Raumfahrtmissionen umkreisen heute Hunderte von Kilogramm Plutonium-238 und etwa eine Tonne hochangereichertes Uran-235 die Erde und stellen aufgrund ihrer Umlaufbahnen auf lange Sicht eine Gefährdung der Erdatmosphäre durch nukleare Verseuchung dar. Bei solchen Missionen wurden in der Vergangenheit durch den unbeabsichtigten Wiedereintritt in die Erdatmosphäre bereits beträchtliche Mengen von Plutonium freigesetzt, die weltweit zu Krebstoten führten.

Hagen verweist darauf, daß Alternativen bestehen. Bereits vor dem Start von Galileo kam eine NASA-Studie zu dem Schluß, dass Galileo mit Solarenergie zu betreiben wäre. Dennoch verfolgte die US-Raumfahrtbehörde die nukleare Option, und in Deutschland wurde das hingenommen.

Der gefährliche Kurs wird fortgesetzt. Zur Zeit verfolgt die NASA das Projekt Prometheus, mit dem u.a. für den Flug zum Mars nukleare Antriebs- und Energiesysteme erforscht und entwickelt werden sollen. Mehr als drei Milliarden US-Dollar werden in den nächsten Jahren in diese Forschung gesteckt.

"Wenn die Sorge um das Leben auf der Erde ebenso groß wäre wie um mögliche Lebensspuren auf dem Jupitermond Europa, dann würden nukleare Weltraumflüge sofort gestoppt." Hagen und Schlupp-Hauck fordern die deutsche Bundesregierung, das deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum sowie die ESA auf, den nuklearen Kurs der NASA nicht durch Beteiligung an entsprechenden Missionen zu unterstützen.


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