Lösungssuche für Zypern geht weiter
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon besuchte die geteilte Mittelmeerinsel
Von Christiane Sternberg, Nikosia *
Ban Ki Moon hat bei seinem Besuch in Zypern viele enttäuscht, die auf
deutliche Aussagen zu den Zwischenergebnissen bei den
Friedensverhandlungen hofften.
Die beiden »Volksgruppenführer« auf der Insel hatten nach dem intensiven
Beratungsmarathon im Januar mit ihren abschließenden Erklärungen auf die
Ankunft des UNO-Generalsekretärs gewartet. Doch an seiner Seite gaben
der griechisch-zyprische Präsident Dimitris Christofias und sein
türkisch-zyprischer Verhandlungspartner Mehmet Ali Talat schließlich
eine gemeinsamen Erklärung ab, die statt Details nur diplomatische
Formeln enthielt: »In den vergangenen drei Wochen haben wir hart an der
Lösung des Zypernproblems gearbeitet und beträchtliche Fortschritte bei
den Kapiteln Staatsführung und Machtverteilung erzielt.«
Mit seinem dreitägigen Besuch schien Ban Ki Moon den beiden
Verhandlungsführern vor allem symbolisch den Rücken stärken zu wollen.
Er kam mit leeren Händen, ohne Forderungen oder Vorschläge - und bewies
damit durchaus diplomatische Sensibilität. Immer wieder betonte er, dass
die UNO keinerlei Einfluss nehmen wolle und eine Lösung von den Zyprern
für die Zyprer gefunden werden müsse.
Diese Zusicherung ist der Haltung der Zyperngriechen geschuldet, die den
UNO-Friedensplan von Bans Vorgänger Kofi Annan als Einmischung empfanden
und in einem Referendum 2004 mit deutlicher Mehrheit ablehnten.
Der jüngste Besuch des UNO-Generalsekretärs wird auf der Insel aber auch
als politische Unterstützung für Mehmet Ali Talat gewertet. Bei den
türkisch-zyprischen Präsidentschaftswahlen im April stehen die Chancen
schlecht für den Amtsinhaber. Sein stärkster Konkurrent,
Ministerpräsident Dervis Eroglu von der rechtsorientierten Nationalen
Einheitspartei (UBP), lässt durchblicken, dass er für eine endgültige
Teilung der Insel statt für eine Wiedervereinigung plädiert. Ban Ki
Moons Besuch wurde von der einheimischen Presse denn auch als »Talats
Wahlkampfauftakt« betitelt. Tatsächlich fanden sich rund 1000
Zyperntürken ein, die den UNO-Generalsekretär bei seinem Besuch im
türkisch-zyprischen Nordteil der Hauptstadt Nikosia mit euphorischen
Rufen nach »Einheit« und »Frieden« begrüßten.
Ban Ki Moon ist bereits der sechste UNO-Generalsekretär, der sich mit
dem Zypernproblem befassen muss. Seine Vorgänger scheiterten an den
festgefahrenen Ressentiments zwischen Zyperngriechen und Zyperntürken
und an der politischen Unreife der einen oder anderen Verhandlungsseite.
So lernte auch er umgehend die politischen Tabuzonen in Zypern kennen.
Bevor sich Mehmet Ali Talat - wie im Protokoll vorgesehen - in seiner
privaten Residenz mit Ban Ki Moon zum Mittagessen traf, empfing er den
Gast einer plötzlichen Eingebung folgend im Präsidentenpalast. Für die
Zyperngriechen ein Fauxpas! Denn völkerrechtlich ist die Türkische
Republik Nordzypern nicht anerkannt und hat folglich auch keinen eigenen
Präsidenten, ergo keinen präsidialen Amtssitz. Die offizielle Visite
eines UNO-Generalsekretärs in diesem Gebäude, so der Vorwurf, komme
streng genommen einer Anerkennung des »illegalen Regimes« gleich. Aus
Protest blieben die Führungsspitzen von vier griechisch-zyprischen
Parteien prompt dem Empfang fern, der am Montagabend zu Ehren des
höchsten Vertreters der Vereinten Nationen gegeben wurde.
Über die Medien sickerte im Laufe der vielen Treffen und Gespräche dann
doch die eine oder andere Einzelheit über den Stand der Verhandlungen
durch. So sei die türkisch-zyprische Seite von ihren Forderungen
abgerückt, in einer Föderalen Republik Zypern auf einen zweigeteilten
Luftraum und einer eigenständigen Außenpolitik der beiden Bundesstaaten
zu bestehen. Auch eine Einigung über die Amtszeit des jeweiligen
türkisch- oder griechisch-zyprischen Präsidenten nach dem
Rotationsprinzip stehe kurz bevor. Umso ermutigender war die einzige
konkrete Aussage, die Präsident Dimitris Christofias in diesen Tagen
machte: Er werde sich trotz der bevorstehenden Wahlkampfperiode im
Norden weiter mit Mehmet Ali Talat zu Gesprächen treffen. Nur wann - das steht noch nicht fest.
* Aus: Neues Deutschland, 3. Februar 2010
Hier geht es zu einschlägigen UN-Resolutionen zur Zypernfrage:
Ausgewählte Resolutionen des UN-Sicherheitsrats
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