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Chávez sucht Strategiepartner

Venezuelas Präsident sondiert in Moskau

Von Irina Wolkowa, Moskau *

Es ist bereits der sechste Russland-Besuch, den Venezuelas Präsident Hugo Chávez am Montag in Moskau begann. Bei den Konsultationen geht es vor allem um weitere Waffenlieferungen und um Zusammenarbeit bei der Ölförderung.

Seit die USA 2006 ein Waffenembargo gegen Venezuela verhängten, ist Russland wichtigster Lieferant. Russische Unternehmen kassierten für Verkäufe von Rüstungsgütern - darunter 100 000 Kalaschnikow-Maschinenpistolen - von Caracas umgerechnet bereits über vier Milliarden US-Dollar.

Weitere Verträge mit einem Volumen von rund einer Milliarde Dollar haben Experten beider Seiten unterschriftsreif ausgehandelt. Neben Raketenwerfern, Kampfhubschraubern und dieselgetriebenen U-Booten hat Russland auch die Lieferung von Küstenwachschiffen und Patrouillenflugzeugen für die Marine angeboten.

Mit dem staatsnahen Lukoil-Konzern und der russisch-britischen TNK BP will Chávez zudem über gemeinsame Projekte bei der Erschließung venezolanischer Ölvorkommen verhandeln. Diese sollen durch eine russisch-venezolanische Bank mit Sitz in Moskau finanziert werden. Vorbild ist eine Bank, wie sie Venezuela mit Iran zur Finanzierung ähnlicher Vorhaben gegründet hat.

Ein Abkommen über den gegenseitigen Schutz von Investitionen, wie es Venezuela mit Kuba und Bolivien aushandelte, ist ebenfalls geplant. Chávez wünscht sich eine strategische Partnerschaft mit Russland, die weit über eine einfache militärisch-technische Zusammenarbeit hinausgeht.

Moskau reagierte jedoch bisher kühl: Obwohl sich Russlands Verhältnis zu den USA rapide verschlechtert hat, ließen sich weder Premier Wladimir Putin noch Präsident Dmitri Medwedjew oder Außenminister Sergej Lawrow auch nur Andeutungen entlocken, die auf Sympathien für Venezuelas »antiimperialistischen Kampf« hindeuten.

Anders die KPRF, deren Vorsitzenden Gennadi Sjuganow Chávez ebenfalls treffen will. Angesichts wachsender Bedrohungen durch die NATO müsse Russland sich auf alte Verbündete besinnen, heißt es in einem Offenen Brief der Petersburger KPRF-Regionalorganisation. Die Unterzeichner fordern die Wiederinbetriebnahme der sowjetischen Basen auf Kuba und die Errichtung neuer in Venezuela, Bolivien, Simbabwe und Angola. Dort sollten auch Schiffsverbände dauerhaft stationiert werden.

* Aus: Neues Deutschland, 22. Juli 2008

Aktuelle Meldungen von RIA Novosti

Venezuelas Staatschef Chavez an Kauf von russischen Militärmaschinen interessiert

MOSKAU, 22. Juli (RIA Novosti). Der venezolanische Präsident Hugo Chavez, der am Dienstag in Moskau angekommen ist, trifft mit der Führungsriege des russischen Flugzeugbauers "Il" zusammen. Laut inoffiziellen Informationen aus der venezolanischen Delegation geht es dabei um Waffengeschäfte.

Chavez ist am Dienstag (22. Juli) auf Einladung von Präsident Dmitri Medwedew zu einem zweitägigen Arbeitsbesuch in Russland eingetroffen.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass der venezolanische Staatschef nach seinen Verhandlungen mit Medwedew außerdem mit Premier Wladimir Putin zusammentreffen wird.

Die Verhandlungen von Chavez in Russland haben zum Ziel, die strategischen Partnerbeziehungen im politischen, im ökonomischen und im militärischen Bereich zu festigen.

Wie Chavez zuvor im venezolanischen Bundesstaat Aragua bei einer Veranstaltung der von ihm geleiteten Sozialistischen Partei äußerte, wird die Kooperation mit Russland, das Vorzugskredite für die Neuausrüstung der venezolanischen Armee mit modernen Waffen einräumt, fortgesetzt. Venezuela plane, auch weiterhin russische Militärtechnik, einschließlich Flugzeuge und Hubschrauber, zu kaufen, um die Verteidigungsfähigkeit des Landes zu festigen, sagte Chavez.

Laut der spanischen Agentur Efe wird beim Russland-Besuch des venezolanischen Präsidenten möglicherweise der Kauf von russischen Panzern erwogen.

Venezuela hatte in der Vergangenheit bereits 50 Hubschrauber, 24 Kampfjets vom Typ SU-30MK2 und 100 000 Maschinenpistolen AK-103 gekauft und einen Lizenzvertrag über deren Produktion geschlossen.

Russland plant, ab dem zweiten Halbjahr 2009 die Lieferung von Hubschraubern Mi-28H aufzunehmen. Die Seiten hatten auch über die Lieferung von russischen Diesel-U-Booten verhandelt.


Medwedew und Chavez nehmen Energiekooperation unter persönliche Kontrolle

BARWICHA (Gebiet Moskau), 22. Juli (RIA Novosti). Die Präsidenten von Russland und Venezuela wollen die Zusammenarbeit im Bereich der Energetik und der Infrastruktur unter ihre persönliche Kontrolle nehmen.

Das sagte der russische Präsident Dmitri Medwedew am Dienstag auf einer Pressekonferenz zu den Ergebnissen seiner Verhandlungen mit Hugo Chavez im Schloss Meiendorf in Barwicha, Gebiet Moskau.

„Wir haben uns nicht nur auf die Unterzeichnung eines Abkommens verständigt, sondern auch vereinbart, die Umsetzung einzelner Projekte, die als Schlüsselvorhaben besonders vorteilhaft und umfangreich sind, unter Kontrolle zu nehmen. Das sind die Kooperation im Erdölbereich und beim Gashandel sowie Infrastruktur-Projekte“, sagte Medwedew. Ihm zufolge kam auch die Frage des Baus eines Eisenbahnnetzes in Venezuela und auf dem südamerikanischen Kontinent ins Gespräch.
„Das ist eine durchaus sachliche, solide Zusammenarbeit, die auf eine hohe vertragsrechtliche Basis gestellt wird“, so Medwedew.

Zu den signierten Dokumenten sagte der russische Präsident: „Wir haben einander gegenüber sehr solide Möglichkeiten in der Energetik - unsere Staaten sind bedeutende Energieträger-Exporteure.“
„Die jetzt von Gazprom, Lukoil und TNK-BP unterzeichneten Dokumente sollen die Grundlage für ernste, umfassende Investitionen, für die Entwicklung der Zusammenarbeit in allen Richtungen bilden“, sagte Medwedew.

Er äußerte auch, dass sich die Zusammenarbeit beider Länder nicht auf den Energiebereich beschränke. „Wir haben Projekte auf dem Gebiet der Bergbauindustrie, des Maschinenbaus und der Verkehrsinfrastruktur sowie Möglichkeiten für die Schaffung von Projekten im Bereich der ingenieurtechnischen Infrastruktur und der Hochtechnologien erörtert“, sagte Medwedew.
Ihm zufolge werden demnächst Sitzungen der zuständigen Regierungskommission und des russisch-venezolanischen Geschäftsrates durchgeführt.

Der Präsident äußerte die Hoffnung, dass die heute getroffenen Entscheidungen konkretisiert und zusätzliche Beschlüsse gefasst würden, welche für die Umsetzung dieser Großvorhaben notwendig seien.
Laut Medwedew ging es bei den Verhandlungen auch um internationale und regionale Probleme.

„Unsere Beziehungen werden zu einem Schlüsselfaktor der Gewährleistung der regionalen Sicherheit“, so Medwedew. „Wir haben eine gemeinsame Aufgabe: durchsetzen, dass unsere Umwelt gerechter, demokratischer und sicherer wird. Und der Präsident und ich sind bereit, darauf hinzuarbeiten“, sagte der russische Staatschef.


Chavez hofft auf enge Bande mit Russland als Schutz gegen USA

MOSKAU, 22. Juli (RIA Novosti). Russland und Venezuela müssen dem venezolanischen Staatschef Hugo Chavez zufolge strategische Verbündete im militärpolitischen Bereich und in der Ölindustrie werden.

"Russland und Venezuela müssten zu strategischen Verbündeten im Ölbereich und bei der militärtechnischen Zusammenarbeit werden", betonte Chavez am Dienstag kurz nach seiner Ankunft in Moskau. "Dies würde Venezuelas Souveränität garantieren, die jetzt von den USA bedroht wird."

Chavez äußerte seine Hoffnung, in Moskau Verträge über die Zusammenarbeit in der Energiewirtschaft und im militärtechnischen Bereich unterzeichnen zu können.
"Ich hoffe, wir werden eine Reihe von Verträgen unterzeichnen, an denen wir in den letzten Jahren gearbeitet haben", hieß es. "Ich hoffe auch auf ein Finanzabkommen, das zur Herstellung einer neuen Finanz-Architektur beitragen würde. Seit mehreren Jahren arbeiten wir an der Gründung einer Bank."
Wie Chavez hinzufügte, ist dies bereits sein sechster Besuch in Russland, mit Präsident Dmitri Medwedew muss er sich erst noch bekannt machen.
"Heute hängt sehr viel von der persönlichen Diplomatie ab, und eine persönliche Bekanntschaft ist überaus wichtig, wenn man etwas aufbauen möchte", sagte er. Von der Begegnung mit Russlands Führung erwarte er einen Impuls für die weitere Entwicklung der Zusammenarbeit.

Quelle: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 22. Juli 2008




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